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Frucht
Frúcht, f.; Früchte; -:
1) Botan.: Alles, was nach dem Blühn aus dem Centrum der Blume dem Fruchtknoten sich weiter ausbildet, also die Samenkörner mit den sie umgebenden Hüllen; imengern Sinn: bloß die den Keim umschließenden Samenkörner, im weitesten: jedes Pflanzengebilde, woraus wieder eine Pflanze hervorgehn kann, also auch Knolle, Zwiebel etc. In dem zuerst angegebnen Sinn („Gehäuse, die den sogen. bedeckten Samen einschließen“ G. 36, 43) untersch. man versch. Arten, s. Zsstzg.
2) Im gewöhnl. Leben aber gilt F. im weitesten Sinne von 1, doch mit der Beschränkung auf die eßbaren Pflanzenerzeugnisse; so heißt hier z. B. bei der Kartoffel nicht das ungenießbare Samenbehältnis, die Beere, sondern die eßbare Wurzelknolle die F. etc.: Wir essen von den Früchten der Bäume im Garten. 1. Mos. 3, 2; Ernte der Früchte, die du auf dem Felde gesäet hast. 2, 23; 16; Die Erde brachte ihre F. Jak. 5, 18 u. v.; Ein anderer Sester für glatte F., ein anderer für rauhe [s. d.]. Hebel 3, 470. Nam. gilt F. so:
a) als Sammelwort und daher gw. in der Ez. für Feld-F., insonderheit Getreide, vgl. Korn und z. B.: Die F. der Ähren. Sch. 54a; 55b; Wo das Weizenkorn erstirbet, so bringet’s viel Früchte. Joh. 12, 24 etc. Wir bringen die F. herein, wie das Heu schon herein ist, | trocken. G. 5, 5; Als Schüttboden für F. benützt. Waldau Nat. 2, 33 u. v.; F. bringen, tragen. Matth. 13, 8 etc. Die Mz., wo von versch. Arten die Rede ist, oder überhaupt gesondert wird: Ein reicher Mann, deß Feld hatte wohl getragen ... Ich habe nicht, da ich meine Früchte hinsammle. Luk. 12, 17 etc.
b) Früchte, Obst, zumeist Baumfrüchte: Eine F., eine einzelne; Früchte zum Nachtisch; Eingemachte Früchte; Wälsche oder Süd-Früchte, wie sie nam. aus Jtalien zu uns kommen, z. B. Datteln, Agrumen etc.: Wenn sie Orangen und Citronen in Blüthe sich entfalten und Früchte zugleich aus dem dunklen Laube hervorglühend erblickten. G. 18, 278; 1, 97; Schwellender Früchte voll und lieblich geordneter Blumen, | .. der Feston. Sch. 83a; V. Od. 7, 119 etc. Auch hier kollektiv in der Ez., nicht bloß: Der Grafensteiner Apfel, die Weintraube, die Erdbeere etc. ist eine schöne F. etc., sondern auch: Nährten auch von wilder F. sich, | die sie schüttelten aus den Pinienästen, | die vom Erdbeerbaum sie durstig pflückten. Platen 4, 281 etc.
c) Hierzu auch (vgl. 1. Mos. 2, 17) übertr.: Die verbotene F., z. B.: Betrachtet euch als Bruder und als Schwester, | daß der verbotnen süßen F. | euch ja nicht vor der Zeit gelüste. W. 20, 143; 149; Heißer Hunger nach der süßen F. | der Minne. 11, 145 = Genuß; Was soll ich thun, da ich zu spät gekommen | und Der, der früher kam, die F. gepflückt [ihre Liebe genossen]. Streckfuß Rol. 1, 41, vgl. Blume 2.
3) übertr., wie das sich Entwickelnde überh. unter dem Bilde des Wachsenden dargestellt wird, vgl. Baum 3, Blüthe 1g, Pflanze etc.: Wo der Sinn am herrlichsten blüht, da mangelt die F. der That. Börne 5, 2; Und so stellet auf die Blüthe | bald und bald die F. sich ein. | Ist Gehorsam im Gemüthe, | wird nicht fern die Liebe sein. G. 1, 194; O daß sie [die als Pflanze dargestellte Liebe] F., o daß sie Freude bringe! 13, 139; Wie unendlich Vieles wird bloß Blüthe oder Frucht, ohne zum Baume zu gedeihen? Heinse A. 2, 158; Das Samenkörnchen der Hoffnung, das er aussäete, ist schon aufgeschossen, Wünsche sind seine Blüthen und wahrscheinlich Verzweiflung seine F. Leisewitz Jul. 39 etc. [s. 4].
4) das aus Etwas Erwachsende, Hervorgehnde, das Ergebnis, Erzeugnis etc., vgl. Ernte 2:
a) das Erworbne, die Einkünfte, Ertrag etc.: Von den Früchten ihrer Hände. Spr. 31, 16; Die Früchte seines Schweißes. Forster A. 1, 100; Sch. 1010b; Die Früchte [Aufkünfte] eines Guts, Kapitals etc.
b) das Ergebnis, die Folgen und zwar sowohl gute Erfolg als auch schlechte: Ich gebe einem Jeglichen nach seinem Thun, nach den Früchten seiner Werke. Jer. 17, 10; 32, 19; Sie werden die F. ihrer Werke essen. Jes. 3, 10; Spr. 1, 31; Einem Manne wird vergolten, darnach sein Mund geredet hat und wird gesättiget von der F. seiner Lippen. 18, 20; Ihr pflüget Böses und erntet Übelthat und esset Lügenfrüchte. Hos. 10, 13 [euch treffen als Lohn die Folgen eurer Lügen] u. o.; Schon lange verflucht’ ich mein ehliches Glück, | Das sind nun die Früchte [s. d] der Blüthen (vgl. 3). G. 1, 142, aus der Mißehe mit der Bettlerin mußten solche entartete Kinder hervorgehn; In dem Augenblick, da ich die Früchte der aufgeopferten Blüthe einzuernten gedachte, verlassen! 9, 340; Die vorläufig bekannten Früchte dieses Gefechts sind mehrere hundert Gefangene. Hackländer SoldKr. 131; Da seht ihr die Früchtchen [s. 5: die schlechten Folgen, ironisch] der Gleichheit. Lichtenberg 2, 228; Des kühnen Tausches | F. genießen laß den sel’gen Fremdling. Platen 4, 292; Es ist aber die Handlung mehrentheils ohne F. [ohne Erfolg, häufig: fruchtlos] abgegangen. Schweinichen 3, 16; Deß hatt’ er wenig F. [Erfolg, es nützte ihm Wenig]. W. 11, 133; Die Eroberung von Sardes, welches die unmittelbare F. dieses Sieges war. 29, 136; Alles, was er sagte, wurde bewundert; Alles, was er that, war recht. Nun, da die Früchte [s. 3] einer solchen Aussaat in üppigster Fülle stehen, wehklagen sie. 29, 168; Das sind die Früchte des Leichtsinns, des Ungehorsams etc.
c) ein Erzeugnis, z. B. ein geistiges: Ein Ding von einem Madrigal | war die Geburt. .. Unverliebt in seine F., | war er sich selbst der allerkältste Richter. Ramler F. 2, 539. Häusiger von Thieren und Menschen: Daß du die erste Menschen-F. [Erstgeburt eines Menschen, in dieser Zsstzg. ugw.] lösen lassest und die erste F. eines unreinen Viehes auch. 4. Mos. 18, 15; 1, 30, 2; Jes. 14, 29; Ihre F. [Nachkommenschaft]. Ps. 21, 11; Die F. werde noch,die Mutter umbringen. Zinkgräf 2, 31 etc. Jetzt zumeist, wie auch das gleichbed. Leibes-F., von noch Ungebornen im Mutterschoß, s. Embryo, Fötus: Sich die F. abtreiben; Eine unzeitige F. gebären; Trinkt von Diesem ein Weib, stirbt ihr im Schoße die F. Schmidt- Phiseldeck Neugr. 19 etc.
d) Häufig aber (c) ist die Verbindung (s. b) mit Genit.: Beschloß, diese späte gesetzmäßige F. der Liebe mit eben der Sorgfalt zu verheimlichen, als man sonst die frühern zufälligen Früchte der Neigung zu verbergen pflegt. G. 17, 369; Sch. 750a etc.
5) Ein Früchtchen, Früchtlein, Früchtel (iron.), ein mißrathner, junger Mensch: Nachdem endlich diesem Frücht’l [dem verlornen Sohn] das Saukonvikt nit mehr geschmeckt. SClara (Wackernagel 3, 1, 912 Z. 17); Er ist ein schönes Früchtchen geworden, der Lelio! L. 1, 471; So fahre auch hin, du edles, zartes Früchtlin [die „mit allen Teufeln beseßne Welt“]. Luther 6, 115a; Euer Früchtlin und Kräutlin zu Halle hat nun ausgeheuchelt. b; Prutz E. 1, 229; Mus. 3, 186; Schücking GsErz. 4, 77; Schon in der Schule sah man, welch Früchtchen Das geben würde! Sch. 627b. S. auch ironisch: Wenn mich nicht Xenophon, Lucian ... und andre Früchtchen, von sündlichem Samen gezeugt, .. wieder zurück auf die Erde geführt hätten. Heinse K. 1, 132; Petr. 1, 154. Vgl. ähnlich: Eine nette, saubre Pflanze! etc. und s. Blüthe 1f. Wie Dies, früher auch F. als Kosewort für die Geliebte, s. Weinhold 23b.
6) die befruchtende Kraft, Feuchtigkeit in der Erde.
Anm. Ahd. fruht, entlehnt von lat. tructus. Veralt.: mundartl. Mz.: Früchten. Zwingli 2, 207. Zuw. als Bstw.: Früchte- [st. Frucht-] Knoten. Sch. 341a; -voll. G. 6, 14 etc. S. Fruchtin.
Zsstzg. vielfach vgl. die von Getreide, Korn —, z. B.: Áb-: (mundartl.) Abfall von Früchten, nam. von Getreide, s. Abrechling: Die Abfrüchte beim Dreschen, als Spitzen, Abwurf. Würtemb. Zehentordn. (1668) 15. Ácker- [2a]. Ápfel- [1]: apfelartige, Pomum, aus mehrern quirlständigen und von dem fleischigen Kelch vollkommen umgebnen Schließfrüchten bestehnd. Bálg- [1]: Caryopsis, deren einziges Samenkorn mit der Fruchthaut so eng verbunden ist, daß es nackt scheint. Bāūm- [1 u. 2]: auf Bäumen wachsend. Burmeister gB. 2, 279, vgl. Obst: Weintrauben sind Obst, aber keine B.; Eicheln eine B., aber kein Obst etc. Bécher- [1]: eingebecherte: Die Eichel ist eine B.
Blūmen-: bei Oken eine in allen Theilen zart und fleischreiche Frucht, wie die Beere.
Brōt-: Frucht des Brotbaums. Forser R. 1, 215; auch: Frucht, woraus Brot bereitet wird. Büchsen- [1]: Pyxis, quer aufspringend ohne Längsnaht. Dólden- [1]: Carpadelium, von Doldenpflanzen. Erbzins- [4a]: Einkünfte von einem Erbzinsgut. JMöser 4, 323. Erd- [2]: in der Erde wachsend, z. B. Kartoffel etc. Féld- [2a].
Flēīsch-: fleischige Frucht, z. B. Āpfel, Birnen etc. Flügel- [1]: Samara, Samenzelle, mit häutigem flügelförmigem Ansatz; auch Name einer Gattung erotischer Bäume: Pterocarpus.
Gárten-: in Gärten wachsend, Ggstz. Feld-F. (möser Ph. 3, 199 nicht bloß von Rüben und Kartoffeln, sondern auch von Klafer, s. d.).
Gesámmt-: bei Oken eine Frucht, bei der selbst der Kelch fleischig wird, Fleisch-, Kelch-F.
Góld-: Pomeranzen etc. G. 24, 52. Háck: [2]: die mit der Hacke aus der Erde geschafft wird, z. B. Kartoffel. Gutzkow R. 7, 97. Hálm- [2a]: Getreide. Hä́nge- [1]: Mericarpium, aus zwei einsamigen zusammenhangenden, bei der Reife sich der Länge nach trennenden Früchten bestehnd. Hāūt- [1]: Vtriculus, wo der Same in einer Fruchthaut eingeschlossen ist.
Himmels-: himmlische, köstliche Frucht [s. auch 3]: Eure [der Götter] Hand | bricht unreif nie die goldnen Himmelsfrüchte [die köstlichen den Menschen bestimmten Gaben]. G. 13, 46; Die Liebe . . ist eine edle, zarte H. | und still, allmählich reift das Köstliche. Sch. 449a; O schöne Blume | des Siegs, die gleich die edeln Himmelsfrüchte, | Fried’ und Versöhnung trägt. 457b. S. auch Himmelsbrot etc. Hülsen- [1; 2]: Legumen, (eßbarer) Samen in Hülsen (s. d.) und die sie tragenden Pflanzen: Erbsen, Bohnen, Linsen und andre Hülsenfrüchte, die sogenannte Schmalsaat. Kámmer- [1]: Camara, nußartig, einsamig, nicht aufspringend, mit Nähten. Kápsel- [1]: Die Einzelfrüchte kann man in drei große Gruppen theilen, in solche, welche zur Zeit ihrer Reife aufspringen und ihren Samen verlieren, die Kapselfrüchte [capsulae]; in solche, welche in einzelne Theile zerfallen, ohne daß ihr Same diese Theile verlässt, die Spaltfrüchte, und in solche, welche nicht aufspringen, die Beeren, Steinbeeren und Schließfrüchte. Schacht B. 281.— Kélch-: s. Gesammt-F. Kérn- [1]: Apfel-F. (s. Kern- obst), zuw. auch = Stein-F.
Krǟūter-: im Ggstz. der Baumfrüchte, z. B.: Artischocken, Gurken, Kürbisse, Melonen etc. Zink Ök. 1, 1635. Kürbis- [1]: Pepo, mehrfächrig vielsamige Beere mit lederartiger Hülle: Die Gurke ist eine K. Lēībes- [4c]: Schweinichen 3, 40 etc.
Lêse-: gewöhnl. Mz.: zusammengelesne Früchte, meist übertr. = Kollektaneen [4a]. Lügen- [4b]. Máng-, Ménge- [2a]: Mangkorn. vHorn rhD. 2, 30. Mêêr- [4]: Meeresprodukt: Trugen die Fische und Meerfrüchte in Körben weg. G. 24, 48. Ménschen- [4c]. Nāch- [2a]: die nach einer andern auf einem Felde gebaut wird, vgl. Vor-, Zwischen-F.; auch übertr.: nachträgliche Frucht [4b]. Zschokke Nov. 3, 333; [4c] Nachgeburt.
Sāmen-: bei Oken = Nuß. Schlāūch- [1]: Büchsen-F. Schlīēß- [1]: Die Schließfrüchte (Achenia) besitzen eine trockene, meistens verholzte Schale etc. Schacht 282, s. Kapsel-F.
Sómmer-:
1) [2a] im Frühling gesäet und noch im selben Sommer zur Reife kommend, im Ggstz. der schon im Herbst gesäeten und in der Erde überwinternden Winter-F., vgl.: Sommer- etc. Korn, -Getreide. 2) [6]: Die Winter-F. giebt den Gewächsen mehr Nahrung als die S. Spált- [1]: Schizocarpum, s. Kapsel-F. Stēīn- [1]: Drupa, der Same in einer harten Rinde, die wieder mit meist saftigem Fleisch umgeben ist, s. Stein- obst. Sǖd- [2b]. Trēībhaus-: künstlich zur Reife getriebne, auch übertr., vgl. Treibhauspflanze. Únter-: unter der Erde wachsend, wie Kartoffeln, Rüben etc.: Unterfrüchte finden hinlängliche Nahrung. Grube Geogr. 3, 96. Vōr-: s. Nach-F.: Lupinen als V. vor Winterroggen etc. Wáld-: Ggstz. Garten-F. etc. Winter-: s. Sommer-F. Zwillings- [1]: Fructus bigeminus, gedoppelte im Ggstz. der einfachen. Zwíschen-: vgl. Nach-F.: Eine passende Z. beim Anbau der Halmfrüchte. Landwirthschaftl. Zeit. (55) 943 etc.