Faksimile 0502 | Seite 494
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Freund Freundin
Frēūnd, m., –(e)s; –e; –chen, lein; -: (~in, f.; –nen):
eig. (s. Feind, Anm.) ein Liebender, Einem herzlich Zugethaner; dann ein mit Jemand durch nähere oder fernere Beziehungen Verbundner: 1) der (die) Geliebte. Hohel. 1, 9; 13 etc., im Allgemeinen veralt. und nur noch als verdeckendes Wort für das Liebesverhältnis: Seine F–in [Maitresse], vgl. Ehe-F. 2) ein Verwandter, Bluts-F. 4. Mos. 27, 11; 3, 25, 25; War mir ein lieber und naher F. Berlichingen 112; Daß Braut und Bräutigam müssen der Mutter Maria nahe Freundlin gewest sein. Luther 8, 128a etc. Diese Bed. ist jetzt nam. in der Volksspr. üblich. 3) eine durch Wohlwollen und Zuneigung verbundene Person. In dieser für die heutige Schriftspr. gewöhnlichsten Bed. finden sich natürlich mancherlei Abstufungen, s. die folgenden Wörter und Zsstzg.: David und Jonathan, Damon und Pythias waren F–e; Wahre, treue, innige, vertraute F–e; Falsche F–e; Die Reichen haben viele F–e. Spr. 14, 20; F–e in der Noth | gehen viel’ auf ein Loth; Wem der große Wurf gelungen, | eines F–es F. zu sein. Sch. 19a; Er hätt viel Verwandten, aber wenig Freund’ (vgl. 2). Weidner 51 etc.; Sie ist mein F. nicht [mir nicht befreundet]. Gutzkow Liesli 31; Die Bestürzung der beiden F–e [Wilhelm u. Natalie]. G. 17, 311; 313. 4) eine mehr durch eine äußre Beziehung mit Einem verbundne Person, z. B.:
a) Hier wendet sich der Gast mit Grausen: „So kann ich hier nicht ferner hausen, | mein [Gast-] F. kannst du nicht ferner sein“. Sch.57b.
b) so nennen nam. Kaufleute Die, mit denen sie in geschäftlicher Beziehung stehn, F–e (Geschäfts-, Handels-F.): Unter dem F. versteht er seinen Korrespondenten. Kant Sch. 93; vgl. den auch sonst häufigen Briefanfang: Geehrter F. etc.
c) ferner = Verbündete, Parteigenossen, Gefinnungsgenossen, Kameraden etc.: Frankreich und England waren in diesem Kriege F–e; Die östreichischen Vorposten riefen ihn an: „Wer da?“ Gut F. „Wer ist gut F.?“ Hebel 3, 215; Gott bewahre mich vor meinen F–en, vor meinen Feinden will ich mich schon selbst schützen; Von F. und Feinden geschätzt. G. 20, 18; Die Quaker nennen einander F–e; Mitbürger, F–e, Römer! Schlegel Cäs. 3, 2 etc.
d) auch bloße Anrede unbekannter Personen niedern Standes unter einander, s. Freundschaft 2b, oder von Höhern in einer Art Herablassung: Wir haben mit der See gefochten, F.! Sch. 545b; Stirb, F.! [die Jungfrau von Orleans zu dem sie um das Leben flehenden Montgomery]. 465a; nam. oft: Guter F.! Hebel 3, 267; 312 etc.; auch drohend etc.
e) Guter F., auch oft mit ironischer Beziehung auf das Nichtssagende der Formel: Gute F–e in der Heide bringen draußen Manchem Leide (Sprchw.). Alexis H. 1, 1, 90; Wünschen, dein Vater hätte bessere gute F–e gefunden, als seine Gläubiger waren. Gutzkow R. 2, 154; Bist du der gute F., der mir mein Obst gestohlen?! Ramler F. 2, 475 etc.
f) F. Hain [s. d.], Bez. des Todes. 5) F. von Etwas, von Einem, das Genannte liebend, ohne Bezug der Wechselseitigkeit: Ein F. vom Trinken, Saufen, Spielen, vom weiblichen Geschlecht, kein F. von Redensarten, Komplimenten sein; Er ist ein F. von Kuchen [isst ihn gern]; Ein F. der Wahrheit, der Tugend, der Kunst, Gottes, der Bauern, Bürger, Unterdrückten, Kinder; der Zöllner und Sünder. Luk. 7, 34; Diana, der F–in der Jagden. Sch. 497a etc., und so in Zsstzg.: Einen Menschen- und Bürger-F. G. 20, 18; Bauern-, Adels-, Menschen-, Volks-, Kinder-, Jugend-, Vaterlands-, Wahrheits-, Tugend-, Kuchen-, Jagd-, Garten-, Blumen-, Kunst- (Kunstliebhaber), Berg- (Geognost. G. 17, 343), Stern- (18, 143 = Astronom), Weisheits-F. (Philosoph), Bogen-F–in (Diana. V. Od. 11, 198, vgl. 72) u. ä. m. Selten ist dabei das Bstw. als Subj. zu fassen, z. B.: Jbykus, der Götter-F. Sch. 57b, der von den Göttern Geliebte, vgl.: Gottes-F. und Pfaffen-F., Gott liebend und die Pfaffen hassend etc. Wenn (G. 11, 129) Frau Marthe sagt: Jch bin von je der Ordnung F. gewesen, so ist wohl richtiger freund (s. Anm.) mit kleinem Anfangsbuchstaben zu schreiben, als Partic. (vgl. FeindI.), wovon der Dat. der,,Ordnung“ abhängt. 6) auch von mehr oder minder personifizierten Ggst.: Es bedarf nur sovieler Aufmerksamkeit, als uns jeder Gegenstand selbst abnöthigt, so sehen oder fühlen wir, ob er F. oder Feind [richtiger freund oder feind, vgl. 5 nützlich oder schädlich] ist. W. 29, 155; ferner: Die Nacht ist keines Menschen F.; Dein F., dein Jagdhund. B. 20a; Du Cikade .. lebest unter Ackersleuten,| ihre F–in, unbeschädigt. G. 2, 346; Die Harfe .., die dem Mahle zur F–in gaben die Götter. V. Od. 17, 271 etc. So auch die Titel von Schriften wie: Bauern-, Bürger-, Haus-, Jugend-, Kinder-, Volks-F. etc.
Anm. S. Feind I u. II und freien II. Das urspr. Partic. zeigt sich noch zuw. s. 5 und 6, und vgl.: Einem und: Jemands F. sein, ferner: Un-f.
Zsstzg. s. 5 und 6, auch freunden; ferner z. B.: Ābend-: der Einen abendlich zu besuchen pflegt. König Kl. 2, 324; auch: spät ausharrender, langjähriger Freund. V. 3, 227.
Allerwélts-: der sich als Aller Freund zeigt und somit es für Keinen ist.
Äūgen-: der es nur unter unsern Augen ist: A., Rückenfeind. Sprchw.
Be-: s. freunden, Anm. Blūts- [2]: Verwandter. L. 1, 407 u. o., seltner: ein inniger Freund. Kosegarten Po. 2, 248; B–in. G. 20, 163 etc.
Búndes-: mit dem man einen Freundschaftsbund geschlossen. Todes-B. Heinse A. 2, 272, auf Tod und Leben, vergl. Bundesbruder.
Būsen-: vertrauter Freund, vgl. Joh. 13, 25, u. Herzens-F., zuw. (veralt.): Busen s-F. Heinse Petr. 1, 6. Ehe- [1]: veralt.: Dem Herrn Professor Siegfried und seiner E–in [Gattin]. Stiling4, 149, vgl. Eheliebste.
Erb-: mit demdie Freundschaft sich durch Generationen hindurch vererbt: Seitdem diese alten Erbfeinde [s. d.] deutscher Nation sich in unsere E–e verwandelt haben. Möser Ph. 2, 313. Gást- [4a]: mit dem man durch Beziehungen der Gastlichkeit verbunden ist: Ein Kleinod, das dir ein Denkmal | sei von mir, wie es liebend ein G. schenkt dem G. V. Od. 1, 314.
Ge-: s. freunden: Nach Vaterstadt und G–en. V. Il. 3, 140.
Gemēīn-: gemeinsamer Freund. JP. HV. 53.
Gemǖths-: dem Gemüthnach befreundete Person. G. 27, 27; Die Einsamkeit, die G–in der Phantasie. Hippel E. 191. Geschä́fts-, Hándels- [4b].
Glücks-: der uns nur im Glück, nicht in der Noth Freund ist. Wernike 1, 35, Ggstz. Noth-F.
Góld-:
1) zuverlässig, treu wie Gold.
2) der Einem nur des Goldes, des Reichthums wegen Freund ist, s. Maul-F. Hálb-: un- entschiedner. G. 27, 22. Hāūs-: der als Freund viel in ein Haus kommt, zuw. = Cicisbeo. Brachvogel FB. 3, 112 etc.; auch [6]. Hebel 3, 391 etc. Hérzens-: vertrauter, Busen-F. Sch. 494b. Hōf- [5]: auch F., wie er am Hof zu sein pflegt, Schein-F. Jūgend- [5; 6]: auch Freund aus der Jugendzeit. Lícht- [5]: Freund der Aufklärung, Name einer Sekte. DMu- seum 1, 2, 688. Māūl-: Freund nur mit dem Maul, in Worten, nicht in der That: Die alten Goldfreunde und M–e. V. Sh. 3, 671. Mēīn- (ungw., vgl. Meineid): falscher Freund. Jahn M. XII. Nácht-: N–in. [1] Maitresse. Weidner 366. Nōth-: s. Glücks-F. Rāths- [5]: auch Mitglied eines Raths, Rathsverwandter; bei Schaidenraißer 11b heißt Nestor ein R. der Himmlischen. Réchts- [5]: ein Freund, Schützer des Rechts; aber auch = Jurist. G. 18, 123. Sāūf-: Saufbruder. Schēīn: falscher Freund. Freiligrath Garb. 95; Hagedorn 3, 14. Schīēds-: Schiedsrichter. Jacobi Ir. 1, 2, 83. Schūl-: Freund von der Schule her, versch. Schulen- F. [5]. Tísch-: der nicht die Person, deren Freund er zu sein vorgiebt, sondern ihren Tisch, die leckern Mahlzeiten etc. liebt. Sir. 6, 10 etc. Un-: glimpflicher als Feind: Sie sind U–e geworden, haben sich entzweit; Sie hat hier .. U–e und Bewunderer gefunden. Zelter 1, 55; Gervinus Lit. 5, 304 etc. Auch als Ew.: Einen zum Schöffen zu nehmen, der mit Jemand im Dorf unfreund sei. Kinkel E. 99; Dem Baier sein Land zu schützen, | der dem Fürsten so unfreund ist. Sch. 321a. Universitǟts-: vgl. Schul-F. r-: Freund aus alter Zeit. G. 6, 444. Wāhl-: erwählter, im Ggstz. des Bluts-F. Wēīn-, Zéch-: Sauf-F. Zúngen-: Maul-F. u. ä. m.