Faksimile 0494 | Seite 486
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Fratze
Frátze, f.; –n; Frätzchen, lein; –n-: 1) Narrethei;
Poſſe; wunderliche, tolle Abgeſchmacktheit: So mag es
bei der F. bleiben! [das ſich dem Teufel mit Blut Ver-
ſchreiben]. G. 11, 71; Soll der Neider zerplatzen, | begieb
dich deiner F–n. 3, 88; Eine liebliche Zärtlichkeit ſchleicht
ſich durch zwiſchen den albernſten und barockeſten F–en, die
man ſelbſt einem ſo gründlichen und anſpruchloſen Humor,
einer wahrhaft komiſchen Gabe kaum verzeihen kann. 22,
187; Wir begegnen hier einer bis zur F. geſteigerten Aben-
teuerlichkeit. Heine Lut. 2, 191; Unnatürliche Dinge, inſo-
fern das Erhabene darin gemeinet iſt, ob es gleich wenig oder
gar nicht angetroffen wird, ſind F–en. Kant Sch. 16, 39;
Kahle F–en. Rachel 8, 93; Den lieb’ ich, der ſich läſſt von
meinen Scherzen berücken | und nicht zürnet meinen F–n.
Rückert M. 1, 39; Mit Euren F–en! [geht mir mit euren
Albernheiten]. Sch. 322a; 355a; Dergleichen F–n liegen
gänzlich außer dem Bereiche der Kunſt. Tieck N. 5, 232; V.
3, 92; Keine F–n, Herr! denn wir erſchrecken | ſo leicht
nicht. Werner Febr. 126 ꝛc. 2) wunderlich tolle Ge-
bärden, nam. Geſichtsverzerrung: Worauf er lachte ..
und dann ſang mit F–n. Rückert Mak. 1, 98 ꝛc. Sie
zogen gräuliche F–n. G. 5, 275; Reinh. 101; Die Wol-
kenzüge .. ſchnitten mir allerlei fatale F–n. Heine Verm. 1,
32; Scherzbilder, welche, von der einen Seite angeſehen, ein
lächelndes Geſicht, von der andern betrachtet, eine verdrieß-
liche F. zeigen. Immermann M. 1, 194 ꝛc. 3) häß-
liches Geſicht; Geſicht (verächtlich): Wenn man hübſch
iſt, wird man eher vermiſſt, als wenn man, wie ich, leider!
mit einer ſo fatalen F. herumläuft. Tieck Acc. 1, 61; Was
ſich das Geſchöpf auf ſeine F. einbildet ꝛc. 4) wie Fratz
(ſ. d.), mit deſſen Mz. es auch in der Form zuſam-
menfällt: ein widerlich verzerrtes Weſen; Zerrbild,
Karikatur (,,Fratzenbild.“ G. 19, 357): Der Kupfer-
ſtich war erbärmlich ſchlecht und eine vollkommene F. G. 22,
274; Solche ercentriſche F–n [wie Hogarth’s Bilder]. 27,
50; Von den F–n an den Kapitälern. Immermann M. 3,
394; Und dieſe Bilder wirken Wunder, zu dieſen F–n wird
gewallfahrtet! Waldau N. 2, 141 ꝛc. Auch: Da ſteht
des Elends F. [das verzerrt ausſehnde Elend, d. h. die
Elenden, Armen]. Bec Arm. 161; Die F. Eiferſucht | am
Bettfuß angebannt. G. 2, 176. Selten aber wie Fratz
(2), ſo nach Campes Anführung: Eine F. [G. 14, 99
ſteht: „Narrin“], die ſich abgiebt, gelehrt zu ſein.
Anm. Abſtammung zweifelhaft, meiſt auf ital. frasche,
Poſſen bezogen. Vgl. Diez 404 und Poſſe.
Zſſtzg. vielfach, z. B.: Ihre ganze Selbſtändigkeit
liegt in der Affen-F. [1] ihres Anzuges. Kürnberger Am. 196;
auch [3]. Der .. die Schöpfung meiner regen Bruſt |
mit tauſend Lebens-F–n [1; wie fie das Leben darbietet]
hindert. G. 11, 64. Eine alberne Mönchs-F. [1]. L. 6,
509; aber auch [3]. Tauſend Schul-F–n [1] auszu-
hecken. Kant Sch. 109. Beſchützt von Teufels-F–n, den
reinſten Gottesdienſt zu vollenden. G. Zelt. 2, 50; Hüt’ dich
mein Freund vor grimmen Teufels-F–n, | doch ſchlimmer
ſind die ſanften Engelsfrätzchen [4; vgl. Fratz 3]; | ein
ſolches bot mir einſt ein ſüßes Schmätzchen. Heine Lied 101.
Drinnen ſahen ihn von den Wänden Tropfſtein-F–n [4]
an. Immermann M. 3, 171 ꝛc.