Faksimile 0487 | Seite 479
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Form
Fórm, f.; –en; -: die beſtimmte und unterſchei-
dende, eigenthümliche Art und Weiſe, in der Etwas
erſcheint, eine Thätigkeit wirkt, ein Mannigfaltiges
zum Ganzen verbunden iſt; die Geſtalt, in der ein
Stoff zur Erſcheinung kommt, ein Jnhalt ſich dar-
ſtellt: 1) die äußre Geſtalt eines einzelnen Körpers:
Die Erde hat die F. einer Kugel, Kugel-F. (ſ. 4d), abge-
plattete F.; Etwas hat eine runde, längliche, eckige F., die
F. eines lateiniſchen ; Becher-, Ei-, Glocken- (ſ. 4d),
Herz-, Kegel-, Kelch-, Nieren-, Tafel-, Wal-
zen-, Wellen-F. ꝛc., vgl. förmig; Des lieblichen Buſens|
F–en [Kontouren]. G. 1, 227; Geſichts-, Körper-
F–en; Zuſammenhang zwiſchen der F. (dem Umriß) des Kon-
tinents und dem wechſelnden Streichen der [Andes-]Kette.
Humboldt KlSchr. 1, 13; Nebel .. der die F–en zu erſäu-
fen | und zu verſchwemmen pflegt. W. 11, 198 ꝛc.
2) die Art und Weiſe des Erſcheinens, Sichdarſtellens,
inſofern ſich darin in Bezug auf das Erſcheinende, auf
den Inhalt ein allgemeines, das Einzelne umfaſſendes
Geſetz ausſpricht: Die verſchiedenen Thier-, Pflan-
zen-, Kryſtall- F–en; Die buntgemiſchten, verſchieden-
artigſten Baum- F–en. Burmeiſter gB. 2, 185; Berg-F.
Humboldt K. 2, 128 ꝛc.; Erdöl . . in ſeinen reinſten F–en
hellgelb. Burmeiſter Gſch. 264; Die reine Stamm- F. des
Negers. gB. 2, 101; Baſtard-, Miſch-F., Spiel-F.
[Spielart]; Grund-, Ur- F. ꝛc. Die verſchiedenen
Regierungs- F–en; Die patriarchaliſche F. ꝛc. Die F.
eines Schluſſes, Syllogismus, Beweiſes, die apagogiſche Be-
weis-F.; Anſchauungs-, Denk-F.; Der bisherige Begriff
der Logik beruht auf der im gewöhnlichen Bewuſſtſein ein für
allemal vorausgeſetzten Trennung des Inhalts der Erkenntnis
und der F. derſelben. Hegel Log. 3; Raum und Zeit .. ſind
bloße F–en des Anſchauns. G. 1, 307; Betrachtungs-
F–en der Dinge. Gutzkow R. 2, 272; Sich zu einer andern
Geiſtes-F. durchgearbeitet. Danzel 387 ꝛc. Nam. auch
auf ſprachlichem Gebiet die Art und Weiſe, in der die
Wörter einzeln oder in ihrer Verbindung als ent-
ſprechende Zeichen für den auszudrückenden gedanklichen
Inhalt erſcheinen: Grammatiſche F–en; Wort-, Ver-
bal-, Steigrungs-, Verkleinerungs-F–en, die
F–en des Aktivs, Paſſivs, Singulars ꝛc., die Konjunktiv-
F. ꝛc.;Haupt-F., Neben-F. eines Worts, die neben
jener vorkommt; Grund-, Stamm-. Wurzel-F.,
woraus die übrigen herkommen ꝛc. Bedingungsſätze
nehmen die F. des Frageſatzes, Frag- F. an ꝛc.; Der Über-
ſetzer hat die metriſche F. geopfert, um den Geiſt getreu wie-
derzugeben; Die Alexandriner-, Hexameter- F.;
Die Balladen-, Roman-F.; die dramatiſche F. ꝛc.;
Die Poeſie war gegenſtandlos geworden und die F. war das
Höchſte. Gervinus Sh. 1, 66; Den Stoff ſieht Jedermann
vor ſich, den Gehalt findet nur Der, der Etwas dazu zu thun
hat und die F. iſt ein Geheimnis den Meiſten. G. 3, 190;
Selbſt der Geiſt erſcheint ſich nicht erfreulich, | wenn er nicht,
auf neue F. bedacht, | jeder todten F. ein Ende macht. 4, 23;
1, 98; 31, 14 ff.; 39, 62; Sch. 1132b ꝛc.; Darſtel-
lungs-, Kunſt-F. ꝛc. 3) zuw. prägnant: die ge-
hörige Geſtalt, die Etwas haben ſoll oder muß: a) ſ.
1: Einen Hut in die F. bringen (vgl. 4a): Weder F. noch
Geſtalt haben; Einem Dinge (übertr., z. B.: Einer Lüge.
Ryff Th. 23) F. und Geſtalt geben; Die Jrländer kommen
Einem ganz ohne F. und Facon, ganz aus Rand und Band
vor. Kohl J. 1, 178 ꝛc. b) ſ. 2: das für beſtimmte
Verhältniſſe im Allgemeinen Hergebrachte und Feſt-
ſtehnde, wie es ſich dafür herausgebildet und entwickelt
hat, vgl. Formel: Die F–en des geſellſchaftlichen Lebens;
Höflichkeits-F.; Juriſtiſche F–en; In F. Rechtens; In
aller F.; In beſter F.; Wie durch eine verfehlte Rechts-F. die
triftigſte Rechtsſache verloren gehen kann. G. 40, 39 ꝛc.
c) aber auch als Ggſtz. des Inhalts: etwas Inhalts-
loſes, Weſenloſes, Höflichkeitsredensart ꝛc.: Die Ein-
ladung war bloße F.; Wollte nur noch der F. wegen einen
Abſchiedsbeſuch machen. G. 18, 227 ꝛc. 4) in vielen
Gewerben Das, wodurch einem Körper eine beſtimmte
Geſtalt gegeben wird: a) indem er ſich dehnend dieſe
annimmt, z. B.: Hut-F.; Stiefel-F. (ſ. Leiſten);
Strumpf-F. ꝛc. ſ. Haut-F. b) indem der Körper
beſtimmte Eindrücke empfängt, z. B.: Blei-F. der
Goldarbeiter, dem Blech erhabne Figuren einzuprägen.
c) ähnlich auch: Model mit Relief-Figuren zum
Aufdrucken von Farben, allgm.: Druck-F. z. B. der
Karten-, Kattundrucker, in den Tapetenfabriken, vgl.
Zſſtzg. und Formſchneider. d) nam. Hohlräume,
worin Etwas feſt werdend die entſprechende Geſtalt an-
nimmt: Verlorene (ſ. d.) F.; F. der Glocke. Sch. 77a;
Milch in den F–en [Käſe-F.]. V. Ov. 2, 321 ꝛc. So
z. B.: Back-F., worin Kuchen ꝛc. gebacken; Gieß-F.,
worin Etwas gegoſſen wird; Streich-F., worin Zie-
gel ꝛc. geſtrichen werden ꝛc.; nach dem Stoff der
Form: Gips- (ſ. u.), Holz-, Lehm-, Metall-,
Papier-(ſ. f), Papp-, Sand-, Schwefel-, Stein-,
Thon-. Zinn-F. ꝛc.; nach dem zu Formenden:
Gips- (ſ. o.), Glocken- (ſ. 1), Kachel-, Kanonen-,
Käſe-, Knopf-, Kuchen-, Kugel- (für Bleikugeln
zum Schießen. G. 9, 90 ꝛc., verſch. 1), Licht-, Talg-,
Torten-, Wachs-, Waffel-, Ziegel-, Zucker-
F. ꝛc., vgl. Zſſtzg. e) zuw. ein hohler, Etwas um-
gebender Raum, nam. (Hüttenb.) die Röhren für
den Blasbalg der Schmelzöfen: F–en oder Blas-F–en.
Karmarſch 1, 571; 253 ꝛc. f) Papierm.: der Rah-
men, womit der Zeug zum Büttenpapier geſchöpft wird
und der die Größe und Geſtalt des Bogens beſtimmt;
nach der Verſchiedenheit des Drahtgitters: Gerippte,
Velin-F.; ferner (vgl. Format): Regal-, Median-
F. ꝛc. g) Buchdr.: der Rahmen, worin die geſetzte
Schrift feſtgeſchroben wird, nam. der gefüllte: F. des
Schön-, des Widerdrucks ꝛc. h) übertr.: Etwas in andre
F. gießen, umgeſtalten (ſ. d); Helene war aus einer völlig
andern F. weiblicher Schönheit geprägt. Gutzkow R. 4, 66 ꝛc.
Anm. Aus lat. forma; bei HSachs ꝛc.: Der Furm, Mz.
Fürm ſ. Schm. 1, 563 und darnach (von Hans Sachs): Be-
ſpöttet eines Jeden Fürm [Arten, Unarten]. G. 2, 121.
Zſſtzg. unerſchöpflich, ſ. 1— 4, wonach ſie leicht zu
mehren und zu verſtehen ſind. Wir erwähnen hier nur
noch wenige: Ab-: eine von einem Körpergenommene
Form, um einen ähnlichen darin zu bilden. Campe, vgl.
Abbild ꝛc. Báck- [4a]. Báſtard- [2].
Báſter-: ſ. Zucker-F. Bílder-: z. B. für den
Druck der Bilder im Kartenſpiel; bei den Töpfern For-
men für die Verzierungen der Geſchirre ꝛc. Blās-
[4e]. Blēī- [4b]. Blóck- [4c]: der Kattun-
drucker zum Blockdruck. Drúck- [4c]. Eīn-:
bei Campe für Uniform (ſ. d.). Gīēß- [4a].
Glēīch-: gleiche Form, Gleichförmigkeit. Gló-
cken- [1; 4d]. Grúnd-: 1) [2] Haupt-, Ur-F.;
G. des Denkens, eines Kryſtalls, Worts; Zufälligkeiten der
Bildung für G. zu, halten. G. 22, 211. 2) [4c] Druck-
F. zum Bedrucken des Grunds, vgl. Paß-F. Hāūt-:
Form bei den Goldſchlägern, das Packet quadratiſcher Blätter,
wozwiſchen das zu ſchlagende Gold liegt. Zuerſt liegt es in
einer F. aus Kalbspergament, Pergament- oder Quetſch-F.,
dann kommt es in eine aus Goldſchlägerhaut, Haut-F., ſ.
Karmarſch 2, 187. Kárten- [4c]: zum Bedrucken
der Spielkarten. Man unterſcheidet die Muſſier(ungs)-F.,
zum Bedrucken der Rückſeite, und die Vor-F. und für dieſe,
je nachdem es Bilder- oder Steinkarten ſind: Bilder- und
Stein-F–en. Klápp-: eine Form, die aus einander
zu klappen iſt, z. B. in Glashütten die aus zwei durch
Charniere verbundne Form für Flaſchen ꝛc. Karmarſch 2,
144. Klátſch- [4c]: Druckform, wodurch aufTa-
peten, Teppichen ꝛc. die Stellen, wohin Blumen ꝛc.
kommen ſollen, mit weißer Farbe vorgedruckt werden
oder vielmehr wurden. Kūgel- [1; 4d].
Kúnſt- [2]. Lúmpen-, Mēlis-: ſ. Zucker-F.
Míſch- [2]: im Ggſtz. der reinen F. Burmeiſter gB.
1, 234. Miß- [ſ. 3a]: häßliche, entſtellende Form,
Mißgeſtalt. Waldau N. 3, 225. Nāch-: eine einem
Modell ꝛc. nachgebildete Form. Nêben- [2].
Papīēr- [4d und f]. Páß- [4c]: Druckformen
für die verſchiednen Farben eines zu bedruckenden Zeu-
ges, die mittels der ſogen. Rapportſtifte richtig in ein-
ander paſſen. Pergamént-: ſ. Haut-F.
Plátt- (frz. plate-forme): ein flaches Dach, darauf
umherzugehn (vgl. Altan). G. 21, 175; Heine Rom.
101; eine Terraſſe; eine Hochebene; Stückbettung ꝛc.
Quétſch-: ſ. Haut-F. Réchts- [3b].
Schālen- [1], aber auch in der Eiſengießerei dick-
wandige, mit Graphit oder Steinkohlentheer ausge-
ſtrichne gußeiſerne Formen für Ggſtde, die bedeutende
Härte verlangen. Karmarſch 2, 117; 1, 681. Spīēl-
[2]. Stámm- [2]. Stēīn- [1]; ſ. Karten-
F. Stémpel-: womit Etwas geſtempelt wird; ſo
früher in Tapetenfabriken ꝛc. die Form, wodurch auf
den Vordruck der Klatſchform der Umriß nebſt der An-
lage der Füllung aufgedruckt wurde. Stíppel-,
Típpel-, Tüpfel- [4c]: zum Aufdrucken eines ge-
tüpfelten (punktierten) Grunds. Strēīch- [4a].
Un- [ſ. 3a]: ſtärkex als Miß-F.; auch unförm-
liche häßliche Ggſtde, ſ. Schm.: Aus dem Gemeinen das Edle,
aus der U. das Schöne zu entwickeln. G. 3, 184; Indeſſen
die [aus einer winkeligen in eine nach der Schnur ge-
regelte umzubauende] Stadt wunderlich genug zwiſchen
Form und U. ſchwankte. 21, 199; Da kamen die wunder-
lichſten Geſtalten zum Vorſchein, an Fiſchen, Krebſen und
ſeltſamen U–en. 23, 179; 303; 31, 75; 36, 88; Dem
Meere .., | das doch nicht iſt der Form, nur der U–en Wiege.
Rückert BE. 440; Was wir wirklich fürchten dürfen, erſcheint
nicht in Larve und U. Tieck N. 1, 73; V. 4, 170. Mund-
artl.: unrichtige Form in Rechtsverhandlungen; Un-
art, auch: unartige Perſon, als masc., ſo auch von
einigen unförmlichen Weſen, nam. von einer Art platt-
gedrückter Infuſionsthiere, Gonium, und von einer
Pflanze, falſcher Jndigo, Amorpha fruticosa. Ūr-
[2]: urſprüngliche Form, ein Weſen in ſolcher: Keine
U. läſſt ſich weder ſchaffen noch zerſtören. Heinſe A. 2, 157.
Velin- [4f]. Vōr-: ſ. Karten-F.; auch[4c]:
Form, zum Vordrucken, z. B. zum Aufdrucken der
bloßen Umriſſe; auch eine Form, wonach etwas Andres
gebildet wird, Modell. Wórt- [2]. Wúrzel-
[2]. Zúcker- [4d]: Zur Kryſtalliſation dienen die be-
kannten Z–en. .. Der Größe nach unterſcheidet man Melis-,
Lumpen- und Baſterformen, erſtere von etwa 30, die zweiten
von 60, die dritten von 120 Pfd. Füllung. Karmarſch 3, 726.