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Form
Fórm, f.; –en; -:
die bestimmte und unterscheidende, eigenthümliche Art und Weise, in der Etwas erscheint, eine Thätigkeit wirkt, ein Mannigfaltiges zum Ganzen verbunden ist; die Gestalt, in der ein Stoff zur Erscheinung kommt, ein Jnhalt sich darstellt: 1) die äußre Gestalt eines einzelnen Körpers: Die Erde hat die F. einer Kugel, Kugel-F. (s. 4d), abgeplattete F.; Etwas hat eine runde, längliche, eckige F., die F. eines lateinischen ; Becher-, Ei-, Glocken- (s. 4d), Herz-, Kegel-, Kelch-, Nieren-, Tafel-, Walzen-, Wellen-F. etc., vgl. förmig; Des lieblichen Busens| F–en [Kontouren]. G. 1, 227; Gesichts-, Körper- F–en; Zusammenhang zwischen der F. (dem Umriß) des Kontinents und dem wechselnden Streichen der [Andes-]Kette. Humboldt KlSchr. 1, 13; Nebel .. der die F–en zu ersäufen | und zu verschwemmen pflegt. W. 11, 198 etc. 2) die Art und Weise des Erscheinens, Sichdarstellens, insofern sich darin in Bezug auf das Erscheinende, auf den Inhalt ein allgemeines, das Einzelne umfassendes Gesetz ausspricht: Die verschiedenen Thier-, Pflanzen-, Krystall- F–en; Die buntgemischten, verschieden- artigsten Baum- F–en. Burmeister gB. 2, 185; Berg-F. Humboldt K. 2, 128 etc.; Erdöl . . in seinen reinsten F–en hellgelb. Burmeister Gsch. 264; Die reine Stamm- F. des Negers. gB. 2, 101; Bastard-, Misch-F., Spiel-F. [Spielart]; Grund-, Ur- F. etc. Die verschiedenen Regierungs- F–en; Die patriarchalische F. etc. Die F. eines Schlusses, Syllogismus, Beweises, die apagogische Beweis-F.; Anschauungs-, Denk-F.; Der bisherige Begriff der Logik beruht auf der im gewöhnlichen Bewusstsein ein für allemal vorausgesetzten Trennung des Inhalts der Erkenntnis und der F. derselben. Hegel Log. 3; Raum und Zeit .. sind bloße F–en des Anschauns. G. 1, 307; Betrachtungs- F–en der Dinge. Gutzkow R. 2, 272; Sich zu einer andern Geistes-F. durchgearbeitet. Danzel 387 etc. Nam. auch auf sprachlichem Gebiet die Art und Weise, in der die Wörter einzeln oder in ihrer Verbindung als entsprechende Zeichen für den auszudrückenden gedanklichen Inhalt erscheinen: Grammatische F–en; Wort-, Verbal-, Steigrungs-, Verkleinerungs-F–en, die F–en des Aktivs, Passivs, Singulars etc., die Konjunktiv- F. etc.;Haupt-F., Neben-F. eines Worts, die neben jener vorkommt; Grund-, Stamm-. Wurzel-F., woraus die übrigen herkommen etc. Bedingungssätze nehmen die F. des Fragesatzes, Frag- F. an etc.; Der Übersetzer hat die metrische F. geopfert, um den Geist getreu wiederzugeben; Die Alexandriner-, Hexameter- F.; Die Balladen-, Roman-F.; die dramatische F. etc.; Die Poesie war gegenstandlos geworden und die F. war das Höchste. Gervinus Sh. 1, 66; Den Stoff sieht Jedermann vor sich, den Gehalt findet nur Der, der Etwas dazu zu thun hat und die F. ist ein Geheimnis den Meisten. G. 3, 190; Selbst der Geist erscheint sich nicht erfreulich, | wenn er nicht, auf neue F. bedacht, | jeder todten F. ein Ende macht. 4, 23; 1, 98; 31, 14 ff.; 39, 62; Sch. 1132b etc.; Darstellungs-, Kunst-F. etc. 3) zuw. prägnant: die gehörige Gestalt, die Etwas haben soll oder muß:
a) s. 1: Einen Hut in die F. bringen (vgl. 4a): Weder F. noch Gestalt haben; Einem Dinge (übertr., z. B.: Einer Lüge. Ryff Th. 23) F. und Gestalt geben; Die Jrländer kommen Einem ganz ohne F. und Facon, ganz aus Rand und Band vor. Kohl J. 1, 178 etc.
b) s. 2: das für bestimmte Verhältnisse im Allgemeinen Hergebrachte und Feststehnde, wie es sich dafür herausgebildet und entwickelt hat, vgl. Formel: Die F–en des gesellschaftlichen Lebens; Höflichkeits-F.; Juristische F–en; In F. Rechtens; In aller F.; In bester F.; Wie durch eine verfehlte Rechts-F. die triftigste Rechtssache verloren gehen kann. G. 40, 39 etc.
c) aber auch als Ggstz. des Inhalts: etwas Inhaltsloses, Wesenloses, Höflichkeitsredensart etc.: Die Einladung war bloße F.; Wollte nur noch der F. wegen einen Abschiedsbesuch machen. G. 18, 227 etc. 4) in vielen Gewerben Das, wodurch einem Körper eine bestimmte Gestalt gegeben wird:
a) indem er sich dehnend diese annimmt, z. B.: Hut-F.; Stiefel-F. (s. Leisten); Strumpf-F. etc. s. Haut-F.
b) indem der Körper bestimmte Eindrücke empfängt, z. B.: Blei-F. der Goldarbeiter, dem Blech erhabne Figuren einzuprägen.
c) ähnlich auch: Model mit Relief-Figuren zum Aufdrucken von Farben, allgm.: Druck-F. z. B. der Karten-, Kattundrucker, in den Tapetenfabriken, vgl. Zsstzg. und Formschneider.
d) nam. Hohlräume, worin Etwas fest werdend die entsprechende Gestalt annimmt: Verlorene (s. d.) F.; F. der Glocke. Sch. 77a; Milch in den F–en [Käse-F.]. V. Ov. 2, 321 etc. So z. B.: Back-F., worin Kuchen etc. gebacken; Gieß-F., worin Etwas gegossen wird; Streich-F., worin Ziegel etc. gestrichen werden etc.; nach dem Stoff der Form: Gips- (s. u.), Holz-, Lehm-, Metall-, Papier-(s. f), Papp-, Sand-, Schwefel-, Stein-, Thon-. Zinn-F. etc.; nach dem zu Formenden: Gips- (s. o.), Glocken- (s. 1), Kachel-, Kanonen-, Käse-, Knopf-, Kuchen-, Kugel- (für Bleikugeln zum Schießen. G. 9, 90 etc., versch. 1), Licht-, Talg-, Torten-, Wachs-, Waffel-, Ziegel-, Zucker- F. etc., vgl. Zsstzg.
e) zuw. ein hohler, Etwas umgebender Raum, nam. (Hüttenb.) die Röhren für den Blasbalg der Schmelzöfen: F–en oder Blas-F–en. Karmarsch 1, 571; 253 etc.
f) Papierm.: der Rahmen, womit der Zeug zum Büttenpapier geschöpft wird und der die Größe und Gestalt des Bogens bestimmt; nach der Verschiedenheit des Drahtgitters: Gerippte, Velin-F.; ferner (vgl. Format): Regal-, Median- F. etc.
g) Buchdr.: der Rahmen, worin die gesetzte Schrift festgeschroben wird, nam. der gefüllte: F. des Schön-, des Widerdrucks etc.
h) übertr.: Etwas in andre F. gießen, umgestalten (s. d); Helene war aus einer völlig andern F. weiblicher Schönheit geprägt. Gutzkow R. 4, 66 etc.
Anm. Aus lat. forma; bei HSachs etc.: Der Furm, Mz. Fürm s. Schm. 1, 563 und darnach (von Hans Sachs): Bespöttet eines Jeden Fürm [Arten, Unarten]. G. 2, 121.
Zsstzg. unerschöpflich, s. 1— 4, wonach sie leicht zu mehren und zu verstehen sind. Wir erwähnen hier nur noch wenige: Ab-: eine von einem Körpergenommene Form, um einen ähnlichen darin zu bilden. Campe, vgl. Abbild etc. Báck- [4a]. Bástard- [2].
Báster-: s. Zucker-F.
Bílder-: z. B. für den Druck der Bilder im Kartenspiel; bei den Töpfern Formen für die Verzierungen der Geschirre etc. Blās- [4e]. Blēī- [4b]. Blóck- [4c]: der Kattundrucker zum Blockdruck. Drúck- [4c].
Eīn-: bei Campe für Uniform (s. d.). Gīēß- [4a].
Glēīch-: gleiche Form, Gleichförmigkeit. Glócken- [1; 4d]. Grúnd-:
1) [2] Haupt-, Ur-F.; G. des Denkens, eines Krystalls, Worts; Zufälligkeiten der Bildung für G. zu, halten. G. 22, 211.
2) [4c] Druck- F. zum Bedrucken des Grunds, vgl. Paß-F. Hāūt-: Form bei den Goldschlägern, das Packet quadratischer Blätter, wozwischen das zu schlagende Gold liegt. Zuerst liegt es in einer F. aus Kalbspergament, Pergament- oder Quetsch-F., dann kommt es in eine aus Goldschlägerhaut, Haut-F., s. Karmarsch 2, 187. Kárten- [4c]: zum Bedrucken der Spielkarten. Man unterscheidet die Mussier(ungs)-F., zum Bedrucken der Rückseite, und die Vor-F. und für diese, je nachdem es Bilder- oder Steinkarten sind: Bilder- und Stein-F–en. Klápp-: eine Form, die aus einander zu klappen ist, z. B. in Glashütten die aus zwei durch Charniere verbundne Form für Flaschen etc. Karmarsch 2, 144. Klátsch- [4c]: Druckform, wodurch aufTapeten, Teppichen etc. die Stellen, wohin Blumen etc. kommen sollen, mit weißer Farbe vorgedruckt werden oder vielmehr wurden. Kūgel- [1; 4d]. Kúnst- [2]. Lúmpen-, Mēlis-: s. Zucker-F. Mísch- [2]: im Ggstz. der reinen F. Burmeister gB. 1, 234. Miß- [s. 3a]: häßliche, entstellende Form, Mißgestalt. Waldau N. 3, 225. Nāch-: eine einem Modell etc. nachgebildete Form. Nêben- [2]. Papīēr- [4d und f]. Páß- [4c]: Druckformen für die verschiednen Farben eines zu bedruckenden Zeuges, die mittels der sogen. Rapportstifte richtig in ein- ander passen. Pergamént-: s. Haut-F. Plátt- (frz. plate-forme): ein flaches Dach, darauf umherzugehn (vgl. Altan). G. 21, 175; Heine Rom. 101; eine Terrasse; eine Hochebene; Stückbettung etc. Quétsch-: s. Haut-F. Réchts- [3b]. Schālen- [1], aber auch in der Eisengießerei dickwandige, mit Graphit oder Steinkohlentheer ausgestrichne gußeiserne Formen für Ggstde, die bedeutende Härte verlangen. Karmarsch 2, 117; 1, 681. Spīēl- [2]. Stámm- [2]. Stēīn- [1]; s. Karten- F. Stémpel-: womit Etwas gestempelt wird; so früher in Tapetenfabriken etc. die Form, wodurch auf den Vordruck der Klatschform der Umriß nebst der Anlage der Füllung aufgedruckt wurde. Stíppel-, Típpel-, Tüpfel- [4c]: zum Aufdrucken eines getüpfelten (punktierten) Grunds. Strēīch- [4a]. Un- [s. 3a]: stärkex als Miß-F.; auch unförmliche häßliche Ggstde, s. Schm.: Aus dem Gemeinen das Edle, aus der U. das Schöne zu entwickeln. G. 3, 184; Indessen die [aus einer winkeligen in eine nach der Schnur geregelte umzubauende] Stadt wunderlich genug zwischen Form und U. schwankte. 21, 199; Da kamen die wunderlichsten Gestalten zum Vorschein, an Fischen, Krebsen und seltsamen U–en. 23, 179; 303; 31, 75; 36, 88; Dem Meere .., | das doch nicht ist der Form, nur der U–en Wiege. Rückert BE. 440; Was wir wirklich fürchten dürfen, erscheint nicht in Larve und U. Tieck N. 1, 73; V. 4, 170. Mund- artl.: unrichtige Form in Rechtsverhandlungen; Un- art, auch: unartige Person, als masc., so auch von einigen unförmlichen Wesen, nam. von einer Art plattgedrückter Infusionsthiere, Gonium, und von einer Pflanze, falscher Jndigo, Amorpha fruticosa. Ūr- [2]: ursprüngliche Form, ein Wesen in solcher: Keine U. lässt sich weder schaffen noch zerstören. Heinse A. 2, 157. Velin- [4f]. Vōr-: s. Karten-F.; auch[4c]: Form, zum Vordrucken, z. B. zum Aufdrucken der bloßen Umrisse; auch eine Form, wonach etwas Andres gebildet wird, Modell. Wórt- [2]. Wúrzel- [2]. Zúcker- [4d]: Zur Krystallisation dienen die bekannten Z–en. .. Der Größe nach unterscheidet man Melis-, Lumpen- und Basterformen, erstere von etwa 30, die zweiten von 60, die dritten von 120 Pfd. Füllung. Karmarsch 3, 726.