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Fluth
Flūth, f.; –en:
Anschwellung von Wasser: 1) die periodische des Meeres, im Ggstz. der Ebbe (s. d.) und danach auch übertr.: Wind und F. warten auf Niemand; Bei widerkehrender F. Chamisso 3, 273; Bei denen das Geld in einer ewigen Ebbe und F. ab- und zufließt. Merck’s Br. 2, 68; Nach Schiller trat eine Ebbe, oder vielmehr eine F. von Armseligkeiten ein. Platen 5, 31; Die hohe F. des Reichthums ist zerflossen | und tiefe Ebbe ist in deinem Schatz. Sch. 453a; Mit eintretender Meeres-F. (versch. 2a). 861b; Unter diesen .. Ebben und F–en seiner Empfindungen. Willkomm Pom. 2, 72 etc. So eig.: Abend-F., im Ggstz. der Morgen-F. Littrow 608; Sommer-, Winter-F. (versch. 2b) etc. Achter-, Hinter-F., das Ende; Ggstz. Vor-F., Beginn (HSmidt Devr. 252), u. Halb-F., Mitte der Fluth. Nipp-F., eine niedrige, wie sie nach dem ersten und letzten Mondviertel eintritt, Ggstz. Spring-F. (versch. 2a), hohe Fluth, wie sie um die Zeit des Voll- und Neumonds eintritt: Wenn der relative Stand der anziehenden Weltkörper auch hier Spring-F–en erregen muß. Humboldt K. 1, 180; Es ist eine abscheuliche Ebbe in den Herzen dieser Menschen, doch die F. und eine Spring-F. wird darauf folgen. Ruge Rev. 1, 185; Freiligrath 2, 224; V. Sh. 3, 512. Sturm-F., vom Sturm höher aufgetriebne F.: Das Zusammentreffen von Spring- und Sturm-F. Grube Geogr. 3, 23; Die Sturm-Springfluthen. Willkomm Wald 78. 2) überh. eine große Wasser- oder Flüssigkeitsmasse, z.B.:
a) Mit brauner F. erfüllt er [der Saft] deine [der Schale] Höhle. G. 11, 32; So folg’ ich ihr durch Feuer und durch F–en. W. 11, 216 etc., bes. von der Wassermasse großer Flüsse, des Meers etc.: 2. Mos. 15, 8; In die Rhein-F. senk dein Weh. Freiligrath G. 2, 310; Die F–en des Rheinstroms. G. 5, 11; F. [Meer] und Himmel schien | im Feu’r zu glühn. EvKleist 1, 78; 103 etc. und übertr.: Ach, trüg’ uns die fährliche F. | des Lebens so friedlich! Salis 68 etc. So z. B. nach dem Glanz: Gold-. Platen 2, 234; Krystall-. 231; Silber-; Spiegel-F. G. 11, 31; so auch von einem Springquell (vgl. b): Aus den Urnen aber stieg die Spring-F. [versch. 1] | rein empor. Platen 4, 346 etc. Ferner z. B.: Grund-F., Meeresgrund. Baggesen 1, 21; 347; Zogen .. das Schiff .. in die heiligeMeer-F. V. Od. 11, 2; Zog .. das Schiff in die Salz-F. 2, 390; Die Morgennebel steigen | aus der See-F. Heine Rom. 108; Schlammthiere krabbeln zahllos rings | auf schlamm’ger Moder-F. Freiligrath G. 1, 333 etc. So auch übertr., vgl. Meer: Hesperus, wenn er .. | in Äther-F. die Glieder eingetaucht. Sch. 14a; Heiß löschend die Glanz-F. [die mächtige Fülle des Glanzes, von der ins Meer tauchenden Sonne]. WHumboldt 1, 360; Wo aus nimmer versiegenden Bächen | Lebens-F–en [belebende, versch. c] der Durstende trinkt. Scherr Sch. 4, 305 etc.
b) nam. eine starkbewegte große Wasser- (Flüssigkeits-) Masse, vgl. Woge, Guß, Uberschwemmung etc.: Daß die F–en mich umgaben, alle deine Wogen und Wellen gingen über mich. Jon. 2, 4; Er wird wie eine F. daherfahren. Dan. 11, 10; 9, 26; Sir. 21, 16; Die deukalionische, die noachische F. [Uberschwemmung]; Der Damm zerreißt, das Feld erbraust, | die F–en spülen. G. 1, 147; Hoch auf der F–en Gebirg’ wiegt sich entmastet der Kahn. Sch. 76b etc. Über die Fuhrten der schon anschwellenden Berg-F. V. 3, 34; Feld-F., nach starkem Regen etc. ein Feld überschwemmend; Gegen-F. [entgegenströmende]. Kohl J. 2, 340; Lokal-F., örtliche, im Ggstz. der allgemeinen oder Sind-F. Humboldt KlSchr. 1, 116; Aus der Meeres-F. gerettet. Rückert Morg. 1, 40; Der Garten lag für Sturm und Regen-F–en völlig offen. Prutz Hel. 1, 16; Die Schlamm-F–en, welche der Vulkan bei großen Ausbrüchen veranlasst. Humboldt KSch. 1, 69; Schnee-F. Reithard 36; Schutt-F. Scherr Nem. 2, 165; Sind- oder Sünd-F. (s. Anm.); Stürz-F., über Etwas hinstürzend, s. 2c; Strömt meine Thränen-F. Heine Lied. 159; Mag .. eine zweite Wasser-F. [Sind-F.] | herwogend alles Athmende verschlingen! Sch. 430a; Wie Winter-F. (versch. 1) vom Rohrdach tropft [fluthender Winterregen]. V. Sh. 1, 90 etc.
c) daher übertr. auf Alles, was in mächtiger Fülle dahinströmt: Hörte der gewalt’gen Rede F–en, | melodisch schwellend, werden zum Gesang. Chamisso 4, 18; Einen mit einer F. von Schimpfwörtern überschütten etc.; Die Bilder-F. [eine große Masse von Bildern]. Heine Lied. 12; Jetzt klagt man zwar über die Bücher-F.; allein sonst war die F. und Klage auch, aber nur die Klage ist geblieben und die F. vertrocknet. IP. 31, 24; Um so heftiger brechen die . heißen Föhn-F–en [der massenhaft einströmende Föhnwind] ins Thal. Tschudi Th. 20; Das Wort vergessen, womit er diese Geister-F. wieder zur Ebbe bringen könnte. G. 16, 219; In Lebens-F–en [in mächtig bewegtem Leben], in Thatensturm | wall’ ich auf und ab. 11, 23; In jenen Schreckensläuften, | wo Menschen-F–en [eindringende Menschenmassen] Land und Volk ersäuften. 12, 15; Eine Menschen-Stürzfluth. Freiligrath Pol. 2, 65; Kamen uns die Vorwellen der Volks-F. entgegen. DMuseum 1, 1, 119; Auf der Zeit-F. zu uns herübergeschwemmt. G. 39, 117, die von der Zeit fortgeführte F. etc.
d) Salzsied.: die Fülle der Soole, wenn einige Tage nicht daraus geschöpft worden, und die Arbeit bei solcher Fülle.
e) Bergb.: das vom Pochwerk abfallende Wasser und dessen Ansammlung; Aus-F., das Aufschlagwasser abführende Rinne, ähnl. bei Teichen, Gräben etc., Rinne, die das unnöthige Wasser ableitet; Herd-F., über den Planenherd in den Aftergraben fließender Schlamm etc., vgl. Fluthner.
Anm. Ahd. fluot, vgl. fließen, Flott. Veralt. Mz. mit Umlaut: Mit allen deinen Flüthen. Waldis Ps. 88, 3 etc. Sind-F., ahd. sin(t)vluot, allgemeine, dauernde Fluth, Überschwemmung, noch bei Luther: Sein Segen .. tränket die Erde wie eine Sind-F. Sirach 39, 27; 1. Mos. 7, 6; Ps. 29, 10; Luther 8, 23b; 53b etc.; vgl.: Meistens stellte man diese Umwälzungen sich vor als Sintfluthen. Volger EE. 141 etc.; doch schon früh kirchlich umgedeutet: Sünd-F., mit Bezug auf die durch die Sündhaftigkeit der Menschen veranlaßte noachische Fluth; auch von andern Überschwemmungen, z. B. V. Ov. 2, 105, und übertr. z. B. G. 21, 47; L. 11, 25; Schlegel Sh. 6, 98etc.: vgl.: Sündfluß. Stumpf 311a; Sündenfluß. Logau 9, 6 etc., und: Das Ablaß in alle Welt getrieben als eine Taufe, ja als eine Sündfluth, das Sünde abwasche. Luther SW. 26, 18. Über das veralt. „Sin(t)“ vgl. Sinngrün, sinwel (veralt. = überall wellig, rund) etc. Schm. 3, 254 ff.; Pischon, Abhandlung über Sindflut etc.
Zsstzg. leicht zu mehren und zu verstehn nach den obigen: Abend-[1]; Áchter-[1]; Án-: s. anfluthen; Äther- [2a]; ūs- [2e]; Berg- [2b]; Bilder- [2c]; Bücher- [2c]; Féld- [2b]; Föhn- [2c]; Gêgen- [2b]; Geīster- [2c]; Glänz- [2a]; Göld- [2a]; Gründ- [2a]; Hälb- [1]; Hêrd- [2e]; Hinter- [1]; Kryställ- [2a]; Lêbens- [2a und c]; Lokäl- [2b]; Meer(es)- [1; 2a; 2b]; Menschen- [2c]; Mōder- [2a]; Mörgen- [1]; Nipp- [1]; Rêgen- [2b]; Rhēīn- [2a]; Sälz- [2a]; Schlämm- [2b]; Schnēē- [2b]; Schütt- [2b]; Sēē- [2a]; Silber- [2a]; Sind- [2b]; Sömmer- [1]; Spīēgel- [2a]; Spring- [1: 2a]; Stürm- [1]; Stürz- [2b und c]; Sünd- [2b und Anm.]; Thränen- [2b]: Völks- [2c]; Vör- [1]; Wásser- [2b]; Winter- [1; 2b]; Zēīt-F. [2c] u. ä. m.