Faksimile 0481 | Seite 473
Faksimile 0481 | Seite 473
Faksimile 0481 | Seite 473
Fluss
Flúſs, m., –es; Flüſſe; Flüßchen, lein; -: das
Fließen (ſ. d.); etwas Fließendes; auch etwas leicht
Fließendes und ſo das Fließen oder Schmelzen andrer
Körper Beförderndes; etwas durch Fließen od. Schmel-
zen Entſtandnes, in einzelnen Fällen, nam.: 1) ein
fließendes Waſſer, doch gw. zum Unterſch. von Bach
(ſ. d., Anm.), ein größeres fließendes Waſſer von be-
trächtlicher Breite (vgl. auch Strom): Quelle, Mündung,
Fall, Ufer, Bett, Gebiet eines Fluſſes: Schiffbarer F.; Der
F. theilt ſich in mehrere Arme; Der F. fällt in einen andern
F., ins Meer; Der gelbe, der blaue F. in China ꝛc.; Die
Quellen ergießen ſich und werden Bäche; die Bäche fließen zu-
ſammen und werden Flüſſe; die Flüſſe ſtürzen zuſammen und
werden Ströme. Koſegarten Rh. 2, 153; Abgelenkt zum
zweitenmale, wird der F. herbeigezogen, | mächtig in ihr al-
tes Bette ſchäumten die Buſentowogen. Platen 1, 203 ꝛc.
So z. B.: Küſten-F., der nach kurzem Lauf das Meer
erreicht; Steppen-F., in einer Steppe fließend und
im Sand oder in einem Moraſt endigend; Haupt-F.
(verſch. 5), Ggſtz. Neben-F., der in jenen mündende:
Entſtürzte ſchäumend | abgrundwärts der Höhlen-F. Schef-
fel Tr. 172; Höllen- F. (Mythol.), der Styr;
Silber-F. [ſilberhell]. Mühlpforth Hochz. 8 ꝛc. Zuw.
auch von andern als „Waſſerflüſſen“ (ſ. Schm. 1,
593), z. B.: Zwiſchen neuen Erdſchichten windet ſich der
Lavaſtrom im ſelbſtgebildeten Bette zu einer Tiefe, in wel-
cher ihm die Fallhöhe fehlt und der zähe F. in ſich einen Halt-
punkt findet. Burmeiſter Gſch. 79; ſ. Flaſer. Eis-F.
[Gletſcher]. Kohl A. 1, 27; Das Licht .. netzt mit ſeinem
Strahlen-F. | noch ſanft des Abends Rand. Seume Gd.
248; Waffen-F. [von blinkenden Gewehren marſchie-
render Soldaten]. G. 25, 48, vgl. 1, 94 ꝛc. (ſ. 4). 2)
Metallurgie ꝛc.: a) das Flüſſigmachen, Schmelzen:
Die Maſſen ſind im F. Sch. 77b; Das giebt der zähen
[Glocken-] Speiſe | erſt einen vollen F. WMüller 1, 395;
Metall in F. bringen. Rückert 2, 322; Den F. befördern ꝛc.
b) jede als Zuſatz die Schmelzbarkeit von Erzen
und erdigen Körpern erhöhende Subſtanz, vgl.
Fluß-Spath: Weißer [ſ. 5 Mutter-F.], ſchwarzer, ro-
ther, ſchneller F.; Der Baumé’ſche Schnell-F. ꝛc., ſ. Kar-
marſch 1, 837; 3, 70 ꝛc. c) ein geſchmolzener oder
durch Schmelzung erzeugter Körper: Den F. [das ge-
ſchmolzne Eiſen] durch den Stich in den Vorherd laſſen;
Den F. [das erkaltete geſchmolzne Eiſen] zerſchlagen ꝛc.;
Daß die in den Laven .. enthaltenen Augiter .. nimmermehr
aus dem Schmelz-F–e entſtanden ſein können. VolgerEE.
483. So: Blei-F., kryſtalliniſch angeſchoſſnes Bleierz;
Glas-F. (nach b Körper, die als Zuſätze die Vergla-
ſung andrer befördern, Berg-F.), auch: ein zur Nach-
ahmung von Edelſteinen dienendes Glas oder glasarti-
ger Spath: Mainzer F., Straß (ſ. d.), farblos, die
Grundlage der verſch. Glaspaſten: Feuererzeugnis ihrer
Kalköfen .., eine Art Glas-F. .. . Dieſe Klumpen werden in
dünne Tafeln geſchnitten und anſtatt Lapis Lazuli angewen-
det. G. 23, 312 ꝛc. Nach den verſch. Edelſteinen hat
man z. B.: Amethyſt-, Beryll-, Diamant-, Gra-
nat-, Hyacinth-, Rubin-, Saphir-, Smaragd-,
Topas-F. ꝛc. 3) Seifenſieder-F., Chlorkalium.
4) das Fließen (ſ. d.), übertr. die leichte Beweg-
lichkeit, im Ggſtz. des Stockens (vgl. 2), das Hin-
ſchwinden, Verfließen, z. B. der Zeit ꝛc.: Bemerkten wir
in einem ſteten Traum | von Seligkeit den Fluß der Stunden
kaum. W. 12, 198; Er fand .. erſt Ruh und mit dem
ſtillen F. der Jahre | zuletzt Zufriedenheit. 20, 219; Ein
ins Unendliche ſich fortentwickelndes und immer höher ſtei-
gendes Leben in einem Z e i t - F–e, der kein Ende hat.
Fichte 6, 362 ꝛc. Den F. (gw.: Ab-, Aus-F. ꝛc.)
des Waſſers hemmen, befördern; Den F. der Metalle (2a)
befördern; Etwas Stockendes in F. [in Gang] brin-
gen; Dadurch kam die Unterhaltung wieder in F.; Im F.
der Rede; Die euch .. durch ihrer Laune guten F. ergötzten.
G. 6, 366; Von Zeit zu Zeit unterbrach der Fürſt den
Rede-F. des Magiers. Scherr Sch. 3, 166 ꝛc. (ſ. Stalder
1, 387). Daher auch: Kartenſpiel: eine ununter-
brochne Reihe v. Blättern einer Farbe. 5) Arzn.:
Der weibliche F., Menſtruation. Opitz 2, 49. F., eine
vielfach ſchwankende Bez. krankhafter Zuſtände, wobei
Andrang von Säften an einer Stelle des Körpers wahr-
genommen oder angenommen wird, ohne Zuſatz nam.
= Rheumatismus (ſ. d.): Spottet über F. im Zahn.
Claudius 4, 87; Da ſetzte es Flüſſe ab, der meinige fiel auf
einen hohlen Zahn. Forſter Br. 2, 184; Laß die Güſſ’ | ſo
laſſen dich die Flüſſ’. Franck Laſt. C. 2b; Der F. war ihrer
fürſtl. Gnaden ſo ſtark in den Schlung und Bruſt gefallen.
Schweinichen 3, 129; Schickt er uns alle möglichen Flüſſe u.
Fieber an den Hals. W. 13, 157 ꝛc. Augen-F., Augen-
triefen, Epiphora ꝛc. Bauch-F., ruhrartiger Durch-
fall. Blut-F., Hämorrhagia, ein ſtarkes Bluten,
z. B. aus der Naſe, aus der Gebärmutter, aus den
Adern des Maſtdarms (Maſtader-F.) ꝛc., nam. auch:
rothe Ruhr. Eiter-F., auch: fließende Eiterbeule.
Gi cht- F., Rheumatismus in den Gelenken.
Harn-F., unwillkürlicher Abgang des Harns; Harn-
ruhr. Haupt-F. (verſch. 1). Zinkgräf 1, 219, Kopf-
F., Rheumatismus im Kopf. Lêber-F., Bauchfluß
in Folge von Leberverſtopfung. Maſtdarm- F.,
Hämorrhoiden, ſ. Blut-F. Monats-F., Menſtrua-
tion (ſ. o.). Mutter-F., der weiße F., Ausfluß
einer ſchleimigen Feuchtigkeit aus der Gebärmutter,
Gonorrhoea mulierum, Samen-F. Sálz-F., Haut-
ausſchlag, der, abtrocknend, eine weiße Rinde zurück-
läſſt. Sāmen-F., der beſtändige unwillkürliche Ab-
fluß des Samens, Gonorrhoea, ſ. Tripper. Schlag-
F., Apoplerie, Schlag (ſ. d.). Schleim-F., überreich-
liche Schleimausſcheidung. Speichel-F., widernatür-
lich reiche Abſondrung von Speichel, zuweilen als Kur
künſtlich erregt. Steck-. Heinſe A. 2, 226, Stick-F.,
wobei der Kranke erſtickt: Als das Haupt unſerer Bande
an einem nicht ganz natürlichen Steck-F. ſtacb [gehängt].
Pfeffel Pr. 1, 193.
Zſſtzg. vielfach, ſ. 1; 2c; 4 und 5; außerdem mit
Vorſilben, vgl. Zſſtzg. von fließen, z. B.: Áb-: Ggſtz.
Zu-F.: Dieſen Flüſſen .. war ihr regelmäßiger A. wenig-
ſtens theilweiſe geblieben und bloß der Zufluß war vermehrt
worden. Burmeiſter Gſch. 25; Ihr Verfall war nicht Quelle,
ſondern A., nicht Urſache, ſondern Folge [des Lurus]. H.; Eine
Öffnung .. geſtattet der flüſſigen Schlacke den nöthigen A.
Karmarſch 1, 572; Er ſteigt und fällt, wie ſeine Fläche | Ab-
flüſſe niedern hier und ſteigern dort Zubäche. Rückert Br(s.
218; Der gehemmte A. des Geldes nach Rom. Sch. 880aꝛc.,
auch (Hüttenw.): beim Siebſetzen das durchs Sieb ab-
fließende und noch weiter zu verwaſchende Erz. Ferner:
das Verfließen der Zeit: Jmmer nur auf einen Zeitraum
eingegangen und können wir etwa nach deſſen A. ſie entbeh-
ren. Fichte 8, 156. Án-: das Anfließen des Waſſers
u. das dadurch Angeſchwemmte, Angeflößte. Aūs-:
das Ausfließen, der Ort deſſelben u. das Ausfließende,
einem Gegenſtand Entſtrömende: Am A. [an der Mün-
dung] des Stroms; Ausflüſſe aus Gott. H. Gott. 172;
Aller Empfindungen Quell und aller Empfindungen A. Knebel
1, 10; Jene ununterbrochnen Ausflüſſe des ſpaniſchen Gel-
des. Sch. 777a; Der Viole balſamiſcher A. Wackernagel 2,
702 Z. 28; Dieſe Aus- und Einflüſſe aller Dinge auf jedes
und jeden Dinges auf alle. W. 29, 148; Dem großen Ocean
aller Gnaden ꝛc. nahe genug, um reichliche Ausflüſſe davon
auf ſeine Freunde ableiten zu können. HorBr. 1, 72 ꝛc.
Dúrch-: das Hindurchfließen: Der D. des Rheins durch
den Bodenſee. Eīn-: ſ. Aus-F.: Man unterſcheidet
das Waſſer des Rheins beim E. und dann noch eine ganze
Strecke deutlich von dem des Bodenſees ꝛc. Übertr.:
Einwirkung, die Etwas auf eine Perſon, auf einen
Gegenſtand ausübt: E. auf Einen, auf ſeine Anſichten ꝛc.
haben; Viel E. haben, Viel gelten, durch ſeine Anſehn
Viel wirken; Dieſer Umſtand hat, übt keinen E., iſt nicht
von E., iſt ohne E. auf mein Urtheil; Unter Jemandes E.
ſtehen; Seinen E. geltend machen, an Etwas ſtrecken. Tieck
A. 2, 124 ꝛc.
Anm. Früher auch übertr. meiſt: E. in ſtatt auf, z. B.
Fichte 6, 453; G. 36, 26; Knebel 1, 6; Mendelsſohn 4, 1,
181; 4, 2, 406; W. 13, 149 ꝛc. Jetzt öfters ein tranſ.
Zeitw.: beeinfluſſen: Während die Starrheit des Ba-
rons die junge Frau nachtheilig beeinflußte. Lewald W. 3,
211; Die Richtungen der Zeit wiederzuſpiegeln und zu b.
Mundt Kaiſerk. 2, 13; Stahr Jt. 2, 287 ꝛc.
Fórt-: In dem ununterbrochenen F. einer aus wirk-
lichem Leben ſich fortentwickelnden Urſprache. Fichte 7, 328;
8, 294; Dein F. .. von ſchwächeren zu ſchwächeren Geſchlech-
tern. H. 16, 114; Wo ſcheint hier F., allmähliche Entwick-
lung? 13, 281. Ūber-: ein überreicher Erguß,
überſtrömendes Maß von Etwas, Überfülle, Unnöthi-
ges, Ggſtz.: Mangel: Ü. an, von Etwas haben. 5. Moſ.
28, 11; Joel 2, 24; Ü. [veralt.: unnöthigen Aufwand]
treiben mit Etwas. Amos 6, 4; Zum Ü. [was eigentl. nicht
nöthig iſt]. Hebr. 13, 9; So diene euer Ü. ihrem Mangel.
2. Kor. 8, 14; G. 5, 9; Der Quell des Ü–es rauſcht da-
neben. 13, 121; Wie .. wir vor euch uns mühen, wiſſt ihr
wohl. | Darum ſcheint es ein Ü. .., unſern Kreis | aufs Neu
euch zu empfehlen. 6, 360; Wechſelhauch und Kuß | Liebes-Ü.
1, 192; Sie wußte ſich in manche Bequemlichkeiten und
Überflüſſe anfänglich kaum zu finden. Holtei Lammf. 1, 56;
Was der frohe Muth mich ſprechen ließ im U. des Herzen
[aus überfließendem Herzen]. Sch. Um-: Verfluß
einer Zeit, ſo daß ſie um, vorüber iſt: Nach U. von bei-
nahe 2000 Jahren. Fallmerayer Mor. 1, VIII; 52; 60;
Nach U. der Friſt. Linck Schl. 27. Ver-: das Verflie-
ßen einer Zeit, Um-F.: Die 6 Wochen, nach deren V.
mein Herr den Marcheſe bezahlen ſollte. Sch. 749a; Nach V.
vieler tauſend Jahre. W. 29, 176; 19, 302; 17, 44 ꝛc.
Zū-: Ggſtz. Ab-F.: Den Z. des Waſſers hemmen;
Die Zuflüſſe des Rheins; Die Zuflüſſe des Geldes; Der Z.
der Auswandrer nach dieſem Lande ꝛc. Zuſámmen-:
Koblenz liegt am Z. des Rheins und der Moſel; Der Men-
ſchen Z. Rückert Mak. 1, 88 U. a. m.