Flügel
Flügel, m., –s; uv.; –chen, ein; -:
1) die Flugwerkzeuge der Vögel — wovon die meisten sprchw. Wendungen ausgehn —, andrer fliegender Thiere und allgm.: alles fliegend oder beschwingt Vorgestellten: F. des Adlers, der Taube, der Gans etc.; Einen Gänse-F. essen; Die Ruder- F. sind spitz auslaufend, die Segel-F. vorn abgerundet etc. — F. der Bienen, Schmetterlinge, Käfer etc.; Vorder-, Hinter-; Ober-, Unter-; Deck-, Horn-, Haut-F. bei den Insekten; Den gelben Ober- F–n eines Buttervogels. 21, 104. — Fledermaus- F. 10, 166 (s. 2a). — Drachen-, Schlangen- F. etc. — Merkur-F.; Der mit gebreiteten Schulter- F–n durch die Luft herwandelt. Myth. 1, 125; F. der Engel, der Cherubim, Seraphim; Der Herr . . breitete seine Fittige aus .. und trug sie auf seinen F–n. 5. 32, 11 etc.; Der Wind mit seinen F–n. 4, 19; F. der Morgenröthe. 139, 10 etc.; Wonne weht mit weichem F. 72b; Des Geistes F–n. 11, 46; Auf den F–n der Einbildungskraft hatte sich Wilhelms Begierde erhoben. 16, 8; Auf F–n des Gesanges, | Herzliebchen, trag’ ich dich fort. Lied. 117; Die Nacht schwang ihre feuchten F. 119; Wo dein [der Freude] sanfter F. weilt. 19a; Indeß Spiegelberg mit ausgespreiteten F–n zum Tempel des Nachruhms emporfliegt. 108a etc. — Der Größe Adler-F. 2b; Trübsinn . ., der mit Eulen-F–n lauert. 20, 228; Der Schwermuth Raben-F. schattet. 2, 135; Mit deckenden schneeweißen Schwanen-F–n | ein goldner Engel. 11, 252; Sturmwinds-F. 20, 92 etc. — Sprchw.: Die Zeit hat F., eilt; Einem F. machen, geben, leihen etc., ihn eilen machen, beflügeln etc. 1, 19; 26b; 555b; Einem die F. beschneiden, seine Kräfte beschränken; Die F. wachsen ihm schon, er bekommt F.; Man muß nicht höher fliegen, als man F. hat etc.; Die F. hängen, sinken lassen, niedergeschlagen sein etc.; Jemand unter seine F. [Schutz] nehmen; Sich unter Jemandes F. begeben, flüchten; Von Jemandes F–n geschützt, gedeckt sein; Sich die F. verbrennen, aus Leichtsinn Schaden leiden (hergenommen von Insekten, z. B. Mücken) u. ä. m. — Vgl. Fittig (1 und 2) und wie dies (3) auch bibl. von den fliegenden Kleider-Enden. 3, 9 (vgl. nam. F.-Kleid), und so auch: Einen beim F. erwischen, nehmen etc. = ihn packen, festhalten; Wups! hatte sie einen deutschen Maurer beim F. [gepackt, aufgegriffen]. Am. 200; Sprang .. auf, hob den Jungen an beiden F–n [Armen] empor. Haus 61 etc. — 2) außerdem übertr. in einer Menge von Anwendungen mit Rücksicht auf Ahnlichkeit in der Gestalt (z. B.: Das Haar in Tauben-F–n gepudert. Jer. 1, 190 etc.), der Stellung, der Bewegung etc.:
a) Anat.: Lungen-F., die beiden Lappen oder Haupttheile der Lunge. 9, 36 etc.; Nasen-F., die ausgebognen untern Seitentheile. W. 66; F. des Ohrs. 198a, die obern Theile des Ohrläppchen; F. des Keilbeins, flügelförmige Fortsätze desselben, wovon der untre Gau- men-F. heißt; Fledermaus-F., der Theil des breiten Mutterbands zwischen Eierstock und Trompete etc. —
b) Bauk.: die Nebengebäude an den beiden Enden des Hauptgebäudes; auch die von der Mitte abstehnden beiden Seiten eines langen Gebäudes; ein der Hauptmasse eines Gebäudes angehängter Theil; F. einer Kirche, die Abseiten; In einem Seiten-F. dieses Schlosses. 8, 30; 15, 6; 19, 203 etc.; ähnlich auch: Zu beiden Seiten des Pfades in der Senkung der Berg- F. Or. 2, 8 etc. — Auch die beweglichen Hälften von Thüren, Thoren, Fenstern: Die F. flogen klirrend auf. 15b; Die Thüren thaten sich von selbst auf, beide F. 10, 8; Der Thore weite F. 56b; Fenster-F., vgl. F.-Fenster, -Thür. —
c) Bergb. (s. b): seitwärts vom Stollen ins Hangende oder Liegende getriebne Orter. —
d) Botan.: die Kronenblätter einer Schmetterlingsblume zwischen Fahne und Schiff; ausgebreitete häutige Ansätze am Samen, der dadurch im Winde fliegt etc. —
e) Drechsl.: flügelförmiges Brett an der Hohldocke der Drechselbank. —
f) Festgsb. (s. b): die vom Hauptwall oder den Außenwerken bestrichnen langen Seiten eines Horn- oder Kronwerks. —
g) Fischer.: die Verlängrungen an den Seiten eines Sacknetzes. —
h) Kriegsk.: die beiden äußersten Enden eines in Schlachtordnung aufgestellten Heers, Ggstz. Centrum (s. b): Der eine der beiden Reiter-F. ist stets Offensiv-F. [Angriffs-F.], der andere Defensiv-F. [Vertheidigungs-F.]. grK. 361. —
i) Mühlenb.: an Windmühlen die den Wind auffangenden und die Mühle in Bewegung setzenden Theile. — k) Mus.: ein flügelförmiges Tonwerkzeug, jetzt gw. ein solches Pianoforte: In Trillern an dem F. Lieb. 142; Hatte Nichts gelernt als ein bischen Filet und den F. 190b etc. —
1) Pumpenb.: die mit zwei Ringen an den Steckelkiel befestigten zum Eintreiben desselben in die Kolbenröhren dienenden Theile. — m) Schiff.: kleine Windfahne am Top der Masten; die äußersten Schiffe einer in einer Linie segelnden oder haltenden Flotte (s. h); Anker-F.: Ankerhand, das Ende des Ankerarms. — n) Spinner.: F. der Spule, die bei der Umdrehung im Kreise fliegen. — o) Wasserb.: Buhnen (s. d.), z. B. Rausch-F., den Lauf des Stroms zu verstärken und den Sand fortzuführen etc. — p) weidm.: die rechte oder linke Seite eines Jagens und die dort befindlichen Leute (s. h); auch: die von einem Ende des Walds bis zum andern durchgehauenen Wege oder Durchhiebe, Alleen, so: Abjagungs-, Kreuz-, Quer-, Stell-F. — q) Zoolog.: s. 1; auch die flügelförmig ausgebreitete Lippe der deßhalb F.-Schnecken genannten Schnecken.
Anm. Vgl. die Anm. zu Flegel, Flucht, Flunkern.
Zsstzg. s.o., außerdem z. B.: Kurz-, Lang-F. etc. ein Wesen (Vogel) mit kurzen, langen Flügeln; Breit- F., eine Ordnung der Flügelschnecken etc.
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