Faksimile 0479 | Seite 471
Faksimile 0479 | Seite 471
Flug
Flūg, m., –(e)s; Flüge; -: 1) das Fliegen (ſ. d.)
eig. und uneig.: Der F. eines Vogels, Balls, Pfeils, des
Geiſtes, der Begeiſtrung, der Gedanken ꝛc.; Im F–e [in
der größten Geſchwindigkeit, vgl. flugs]; Es war kein
Ritt, es war ein F. Alxinger D. 105; Die Rache kam, wie-
wohl mit trägem F. 114; Doch er im F. [erwiderte ſchnell].
Chamiſſo 4, 136; Die Träumerei der Liebe .. in ihrem fort-
gehenden Rauſch und F–e. H. 7, 15; Daß er Flüge des Ad-
lers auf Sonnenbahnen erfliege. Koſegarten Po. 1, 31; Der
Vater trifft den Vogel ja im F. Sch. 537a; Der ſchwärme-
riſche F. ihrer Leidenſchaft. 728b; Des Windes F. 6a; 27b;
Ich mache .. von da wohl einen kleinen F. [Abſtecher, gew.
Aus-F.]nach Rom. W. 12, 57 ꝛc. 2) Bühnenſpr.:
außer 1 auch wie F.-Maſchine, -Wagen, -Werk, die
Vorrichtung, wodurch Perſonen oder Ggſt. fliegend er-
ſcheinen, z. B.: Bellerophons-F., eine beſondre
Art ꝛc., ſo auch veralt., mundartl. (ſ. Flucht 2) das
Flügelpaar der Vögel, doch nur noch in der Wap-
penk.: Ein einzelner Flügel iſt ein halber F., Halb-F.
Bernd 2, 207. 3) das Fliegende, ſ. Zſſtzg., nam. ein
Haufe zuſammenfliegender Thiere, ſ. Flucht 2a: Ein F.
Bienen (Geßner 3, 27), Tauben; Die Staare, die ſich jetzt
ſchon in großen Flügen ſammelten. Auerbach Leb. 2, 11;
Tſchudi Th. 75; dann auch, nam. bei Zugvögeln, die
Zeit und der gewöhnliche Ort ſolcher Flüge: Auf den
Schnepfen-F. gehn ꝛc. 4) Kriegsk.: der obre Theil
des Mörſers (ſ. d.), woraus die Kugel fliegt.
Zſſtzg. leicht zu mehren nach folgenden Bſp., z. B.
mit Hw. als Bſtw.: Zu wagen | den Adler-F., den
Gemſenſprung. Freiligrath 2, 318; G. 6, 101; Zum
Schneckengang verdorben, was Adler-F. geworden wäre. Sch.
1⁰7a ieſer Bauer hat einen ſtarken Bienen-F.,
Bienenflucht [Bienenzucht]. Den höchſten Zweck mit
Blitzes-F. erreicht. G. 10, 261 ꝛc. Bogen-F., Flug in
einem Bogen. IP. 34, 117. Donner-F.: mit donner-
ähnlichem Schall; auch eine Pflanze Fumaria bulbosa.
Durch das größte aller Meere | trägt es dich mit Gedan-
ken-F. Sch. 73b ꝛc. Halb-F. [2]. In vollem Him-
mels-F. [F. gen Himmel]. G. 2, 142. Den Hoch-F.
und das Hochgewilde [das zur hohen Jagd gehörige Ge-
flügel u. Wild]. Sch. 526a; hoher F. KlenckeStolb. 1, 101.
So lärmet durch die Luft ein Kranich-F. [3]. B. 151a.
Kreis-F.: F. im Kreis. Ein Repphuhn-F. [3] ſchoß
ſchwirrend auf. Ramler Fab. 3, 27. Ein Schifflein ſah ich
reiten | vollen Segel-F–s. Arndt 418. Das Heer, ...
zum Sieges-F. fertig. Müllner 3, 92. Es iſt ein Som-
mer-F. [vorüberfliegender, ſchnell vorübergehnder Wind,
wie er im Sommer zu kommen pflegt]. Rachel 4, 347.
Sonnen-F. des Geiſtes [ſ. Himmel-F.]. Fallmerayer M.
1, III. Wo man nur immer doch den Straußen-F. geht.
Merck’s Br. 2, 36 [nichtvon der Erde empor ſich ſchwingt].
Zeiten, wo .. meine Laun’ im Vogel-F. | mich auf leiſen
Flügeln trug. Matthiſſon A. 8, 306; Zwar kein kundiger
Seher noch Vogelflüge [zu deuten] verſtehend. V. Od.⏑1,
203. In Zickzack-Flügen. Immermann M. 3, 169 ꝛc.
Ferner mit Vorſ., ſ. Zſſtzg. von fliegen, z. B.: Áb-:
Der A. der Störche deutet auf Kälte; Der Geier im A.
Baggeſen 1, 69; Von Rom aus Abflüge [Abſtecher] machen;
Der A. der Bäume [der von ihnen abfliegende Samen,
vgl. An-F. 2]. An-: 1) Sie ſtürmten daher .. im A.
Baggeſen 2, 332; Sinkt in dem A. | gegen die Sonn’. 1,
146; Die Planeten, die .. herumtanzen .. ſich mit dem Lichte
zu vereinigen, aber .. nicht zum A. gelangen [hinan fliegen].
Heinſe A. 2, 115 ꝛc. 2) etwas Angeflognes, z. B.
von Vögeln: Sieh dieſe kleine Brut! Dieſen gefährlichen
A. G. 7, 351 ꝛc., nam. was ſich nur als Hauch, leiſe
Spur, als Keim künftigen Wachsthums zeigt, ſo
bergm.: angeflognes Erz; Hüttenw.: angeſchoßner
Salpeter; Forſtw.: der angeflogne Same u. der junge
daraus erwachsne Holzaufwuchs ꝛc.: A. und Selbſtbeſa-
mung ſind Bezeichnung für den nicht durch Menſchenhand ge-
legten Samen. A. iſt namentlich für geflügelte Samen, z.B.
für die Nadelhölzer und die Birke gebräuchlich. Schacht Baum
386 (vgl. Abflügeln); Nicht ohne einen leiſen A. von
Jronie. Guhrauer L. 1, 74; Ergriff ihn .. faſt ein A. von
Muthloſigkeit. Gutzkow R. 2, 268; Alſo waren jetzt wieder
ſo viele Juden, gleichſam ein neuer A., in der verödeten Hei-
math. Hebel 4, 144; Der Boden, vom erſten A. des ergrü-
nenden wilden Graſes überſchoſſen. Keller gH. 2, 422; 1,
114; Des Prinzen Gallakleid zu ſäubern | von allem A.,
Staub ꝛc. Roquette W. 29; Vom Spiegel des Gemüths ihm
wegzuhauchen | den A. der Betrübung. Rückert Erb. 26; Ge-
ſchmückt das Kinn mit dem Jugend-A. [Bartflaum]. Mak.
1, 75ꝛc. Āūf-: Flug in die Höhe, Aufſchwungꝛc.:
Den A. des Geiſtes beſchränken. G. 27, 211; 29, 210; Ge-
knickt in ihren Aufflügen zu einem freien eignen Willen.
Gutzkow R. 9, 130; Wenn es auch nicht die höchſten Schwin-
gungen der Dichtkunſt ſind, ſo bleiben es doch ehrenwerthe
Aufflüge. Jahn V. 400; Den rothkammigen Urhahn in
dem A. V. 3, 45; W. 19, 208. Āūs-: 1) Flügel
zum Aus- und Aufflug. Kerner B. 97; Der A. der Bie-
nen, der Vögel aus dem Neſt, eines jungen Menſchen in die
Welt; Ausflüge in die Umgegend machen ꝛc., ſ. Ausflucht 2.
2) weidm.: Auslauf, der freie Platz, wohin das
Wild beim Treiben gejagt wird. 3) Bienenz.: Aus-
flucht, Flugloch. Dúrch-: In unſerm D–e [durch
das Land]. Kohl Südr. 36. Eīn-: Der E., Aus- und
E. der Tauben ꝛc. Empōr-: E. des Vogels, des
Geiſtes ꝛc. Fórt-. Hēīm-. Hêr-, Hin- ꝛc.:
Während des Hin-F–s. Baggeſen 1, 197; Hin- und Her-F.;
Im Heran-F–e. Kohl A. 1, 49 ꝛc. Nāch-. Nīē-
der-. Rück- ꝛc. Ǖber-: 1) überdeckender An-
flug ꝛc.: Zarter Ü. von Licht. Schwab 53. 2) übermäßig
hoher Flug: Überflüge der Einbildungskraft. Heinſe A. 1,
274; K. 1, 317. Um-: F. rings umher. Baggeſen
2, 326. Vorbēī-. 347. Wīder-: Rück-F.,
Ggſtz. Hin-F. Krünitz E. 9, 366 u. ä. m.