Faksimile 0477 | Seite 469
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fluchen
Flūchen, intr. (haben) u. tr.:
einen Fluch (s. d.) thun:
1) ohne abhäng. Kasus: Flüche ausstoßen, auch mit Flüchen schwören (vgl. 2): F. wie ein Landsknecht; wie ein Bootsmann. W. 15, 71; wie ein Türk. Hebel 3, 242; wie ein Heide; daß sich die Erde aufthun möchte etc.; „Der Teufel! seht, Das war ein rechtes Rad!“ | fing endlich Einer an zu f. Gellert 1, 198 etc., mundartl. auch = einen feierlichen (gerichtlichen) Eid leisten. Gotthelf U. 2, 321.
2) mit Dativ, ungw. Gen., oder abhäng. Präp.: Einem f., Flüche gegen ihn ausstoßen, ihn verwünschen, ihm Böses anwünschen. 1. Mos. 27, 29; 2. Kön. 2, 24 u. o. (s. 3), auch ohne Nennung ciner Person: F. sie, so segne du. Ps. 109, 28 etc., und so im Jnfin.: Der Gottlosen Mund ist voll F–s. 10, 7 etc. Dagegen ungw.: Ob sie des Wüthrichs flucht. L. 3, 348. Auf Einen, auf Etwas f., sie verwünschend: Jch fluche drauf, aber verstohlen. G. 2, 304; Ein Brandmal wird er euch, worauf in späten Tagen | ein beßrer Enkel flucht. Ramler; aber auch (mundartl.): Darauf kannst du f., schwören etc. Über Etwas [was zum Fluchen aufregt] f. etc.
3) tr.: Schwere Flüche f.; Was flucht er seinen Morgensegen? G. 1, 168 etc.; auch mit Angabe der Wirkung: So f. sie uns das höllisch Feuer und alles Unglück [gw.: an den Hals]. Luther 8, 89a, vgl. an-f.; O fluche, Freund, nicht alles Wetter | auf deinen eigensinn’gen Vetter. L. 1, 72 etc.; Der zu Tod Gefluchte. Luther SW. 26, 72; Der du die Gottesfurcht | vom Bord fluchst. Schlegel Sh. 3, 126 etc.
Anm. Ahd. fluohon etc., mhd. vluochen. Abst. unsicher.
Zsstzg. z. B.: Áb-: Einem Etwas a., durch Flüche abzwingen; Etwas a., fluchend hersagen; Sich a., fluchend abmatten, erschöpfen etc.: Die ersten Versikel des abgefluchten Strafpsalms. IP. 1, 148; Der ihm sein Adeldiplom abzufluchen und abzubetteln suchte, um es für sein eignes auszugeben. 22 etc.
Än-:
1) Einen a., fluchend anfahren. Gotthelf U. 2, 317 etc.
2) Einem Etwas a. [3], fluchend anwünschen etc.; Der nach der Sünde uns angefluchte [durch Gottes Fluch zu Theil gewordne] Tod. Geßner 1, 184; Was ihr schöner Mund uns Böses angeflucht. W. 12, 269 etc. Die Anfluchung. Āūf-: Donnerwetter! fluchte der Förster auf. DMus. 1, 2, 297; bei Spate auch = an-f. 2. Āūs-: Laß ihn (sich) nur erst a. [mit seinen Flüchen zu Ende kommen]. Be-: mit Flüchen beladen etc.: Betasten, | b. mein armes Gepäck. Thümmel 1, 26. Durch-: Er durchfluchte [durchzog fluchend] das Haus etc. Fórt-:
1) fortfahren zu fluchen.
2) weg-f. Hêr- etc.: Alles Unglück auf Einen h.; Die alle Blitze des Himmels auf die Widersacher herabflucht. Börne 3, 265; Die Bescherung, die auch ihr Mann nicht zum Hause hinaus-f. wird. Kurz W. 184; Predigen Liebe des Nächsten und f. den 80jährigen Blinden von ihren Thüren hinweg. Sch. 122 etc.; Donnerworte im tiefsten Brummbaß hervor-f. Heine B. 167 etc.; Im Haus herum-f. Hebel 3, 242 etc. Nāch-: Einemn., Flüche nachsenden. Geßner 1, 246; L. 1, 126 etc.; auch (Ggstz.: vor-f.) Jemandes Flüche nachsprechen etc. Ver-:
1) in leidenschaftlicher Erregung einen Ggstd. zur Strafe u. Vergeltung mit Flüchen, deren Wirkung freilich von der Macht des V–den abhängt, treffen: Da sprach Gott ..: Verflucht sei der Acker um deinetwillen. 1. Mos. 3, 17; Verflucht sei, wer seinem Vater flucht! 5, 27, 16 ff.; Hiob verfluchte seinen Tag. Hiob 3, 1; Da hob er an, sich zu ver-f. und zu schwören [unter Flüchen, die ihn im Fall des Meineids treffen sollten, zu schwören]. Matth. 26, 74; Jemand verflucht Einen oder sich selbst (Talvj 2, 260), ruft die Strafe Gottes oder der Götter für sein Thun auf sein Haupt herab; Jemand verflucht Etwas, verwünscht es, erklärt es in leidenschaftlicher Erregung für strafwürdig, böse oder doch schlecht, für die Quelle seines Unglücks etc.: Schönheit war die Falle meiner Tugend, auf der Richtstatt hier verfluch ich sie. Sch. 5b etc. Das Partic.: Verflucht (vgl. verflirt und verdammen
2) im angegebnen Sinn, doch oft auch nur als lebhafte Bez. des Einem Argerlichen und Verdrießlichen, ja selbst als Ausruf der Bewundrung, zur Bez. eines hohen - Grades etc.: Die gottverfluchte Hand. Talvj 2, 304; Wie nur so viel verflucht Gesindel l im engen Hause sich verkroch! G. 1, 169; Das verfluchte Würfelspiel! 11, 128; Ihr tragt ein verflucht weites Gewand. 7, 189; Ihr habt ja verflucht viel Geld. Waldau N. 3, 175; Ein verflucht schlauer Kerl! vgl.: Blitz (2c) etc. und Zsstzg. wie: Blitz-, Teufels-, Wetter-, Donnerwetterkerl etc. Ferner: Es war seine verfluchte Schuldigkeit, z. B. Paellske Sch. 1, 195 u. o., wofür er keinen besondern Dank verdienf etc.; Die Verfluchung. Mundartl.: Etwas, z. B. das Spielen, Trinken ver-f., verschwören. S. auch Verflummen, Anm. Wég-: fluchend wegschaffen oder wegzuschaffen suchen, wegwünschen. G. 12, 110; Wenn die Schmerzen kommen, so fluche ich sie weg. Sturz 1, 25 etc., s. Flucher. Zū: Einem Etwas z., fluchend zurufen; mundartl. auch = zuschwören. Haller 124 u. ä. m.