flehen
Flêhen, tr. und intr. (haben):
demüthig und inständig, dringend bitten: Zu bitten dacht’ ich; f–d siehst du nun | die Dringende: Du kannst, du wirst mich retten. 13, 313; Ich .. bitte nicht um mein Leben, | doch, willst du Gnade mir geben, — | ich flehe dich um drei Tage Zeit. 62a etc. —
1) Einen (zu Einem, vor Einem) um Etwas [als Das, worum es sich handelt, was man durchs F. erlangen will], für Einen oder für Etwas [dem das Erflehte zu Gute kommen soll] f. (vgl. an-f.); Jch slehe auch Gott für Israel, daß sie selig werden. 10, 1; Mose flehete vor dem Herrn. 2. 32, 11; Sie beten u. f. zu dir. 1. 8, 33; Ich muß um mein Recht f. 9, 15; Mein Vater, du sollst f.? | zu ihm? für mich? ter 2, 239; Zum tauben Himmel fleht ihr glühend Angesicht. 33a; 76a etc. — Ist das sachl. Obj. ein allgm. Fw., so wohl auch mit doppeltem Acc.: Dies flehe. ich dich. Hinterl. 68 etc. —
2) Einem f. (vgl. 1, z. B.: Nicht um Güter, die vergehen, | soll dich meine Seele f.,| nur um Demuth fleht sie dir. 2, 275) bibl. und in der gehobnen Rede: Ihm flehte der Kranke: | Doktor, helft mir! 5, 258; Flehet den Blitzen, ihn zu zerschmettern. 2, 348; 4, 148; Dem Troßknecht könnt’ ich | dem schlechtesten, der deiner Pferde pflegt, | gehängt am Halse, flehen: rette mich. Hinterl. 62; Od. 2, 112; M. 6, 356; 5, 643; U. Il. 18, 449; Wir flehten dem Gott um Vorbedeutung. Od. 3, 173; 4, 651; 17, 502; 20, 97; Jl. 9, 581 ff.; 688; Als ich um meinen Hals | zum letzten Male dir mit heißen Thränen flehte. 10, 310; Dem langsamen Tode f., daß er sie .. befreien möge. 27, 30; 11, 45; Um nicht .. dem Volk um seine Freiheit | von Neuem flehn zu müssen. HBr. 1, 21 etc. —
3) Etwas von Einem f. (vgl. er-f.): Sie flehten | Gunst und Frieden der Götter vor ihren geweihten Altären. 244b; Ich würde .. meine Vernichtung f. ner 1, 241; Mit gnade-f–der Gebärde. G. 17; Hilfe-f–d. R. 9, 127; Beglückte Wiederkehr .. dadurch zu f. von der Götter Gunst. 28b; F–d zuvor von der Mutter Kalliope Feuer und Andacht. Ov. 2, 165. —
4) das sachliche Obj. wird oft durch einen Satz mit „daß“ ausgedrückt, zuw. auch, wo sich Zweifel an dem Erfolg geltend machen, mit „ob“: 1, 10; Daß ich den Göttern | flehte, ob mir einer den Weg anzeigte. Od. 12, 334 etc. —
5) der subst. Inf. st. des außer den Zsstzg. ungw. Flehung (wie An-F. etc.): Merke auf die Stimme meines F–s. 86, 6 u. o. Mich neigt dein mächtig Seelen-F. 11, 23 etc. Veralt.: Ich bitt euch mit großer Fleh. (1450). — Der Fleher. gesen 1, 201; Po. 1, 37; gw. der Flehende. —
6) das Part. f–d oft mit der Endsilbe „lich“, wobei dann das d in t übergeht Orth. 67): Flehentlich bitten; Eine flehentliche Bitte etc. Veralt.: Erhör mein flehlich Bitt. Ps. 143, 1; 5, 68a etc.
Anm. Ahd. fléhón, nach Einigen aus goth. thláihan, kosen, mit zuw. vorkommendem Übergang desth in f., doch vgl. das veralt. be-f. = bejammern, bemitleiden Ps. 119, 27; 622b etc.) und goth. flêkan, lat. plango, also wohl urspr.: kläglich jammernd bitten. — Jn der Basler Bibel von 1523 noch als „ausländig“ erklärt durch „bitten, ernstlich begehren.“ — S. fleien, Anm.
Zsstzg.: Áb-: Einem Etwas a.:
1) es flehend von ihm erlangen. Br. 5, 279; Dich flehten | unsre ungestüinen Seufzer dem Himmel ab. 28, 4; Abzuflehen gedenkst du mir nun, was Trotz mir entwand nicht. — 2) ein Unrecht flehentlich abbitten: Fleht tiefgebeugt ihr Alles ab, | was sie ihr Leids begunnt. 8, 336. —Án-: Wir flehten um trinkbare Quellen, | Erde, dich an. 83a; 11, 35; Das flehen wir dich an. 1, 160 etc.; Auf alle meine Briefe, Bitten, Anflehungen. Br. 1, 16. — ūf-: empor-f.: Wenn wir unermüdet für ihn zu Gott a. 1, 195; D. 117; Il. 7, 298 etc. — Aūs-:
1) aufhören zu flehn. —
2) sich Etwas flehend ausbitten: Nur für meinen Sohn da will ich Etwas a. 54, 36. — Be- [Anm.]. — Empōr-: auf-f. 155a; Od. 20, 102. — Er-: Etwas von Einem e., es flehend von ihm erlangen od. zu erlangen suchen; Einen e., flehnd erweichen: Kommt, den Unmensch zu e. 3, 346; Hat vom Himmel Segen uns erfleht. 1, 190; Was sie flehte, sie von Gott erflehte [ward ihr gewährt]. 2, 37; Zum Schwäher | sollt’ ich, statt zu e., mit Gewalt erzwingen Erechtheus. Ov. 2, 3; 11, 157 etc. — Verzweifelnd an meiner Liebe Zurückerflehung. Mak. 1, 151. — Fórt-:
1) intr.: fortfahren zu flehen. —
2) tr.: Die Schöne fleht mich fort. 3, 264, treibt, drängt mich flehend fort. — Herbēī-: flehend herbeirufen: Das Ende erfolgte, von der Armen ungeduldig herbeigefleht, im Spital. Sch. 1, 331. — Hinán-: O du, dem ich von Jugend auf hinangefleht [zu dem ich emporgefleht]. 6, 305 etc. — Zurück-: Ein verlorenes Herz fleh ich umsonst zurück. 2, 343, s. er-, fort-f. u. ä. m. nach Analogie.
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