Faksimile 0450 | Seite 442
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Figur
* Figūr (lat.), f.; –en; Figürchen, lein; –en-:
1) die äußere Geſtalt eines Körpers, nam. nach ſeinen
Umriſſen: Faſſt . . von Gaſſe, Haus und Garten | F. und
Lage ins Geſicht. W. 11, 201; Sie hat übertr. auch:
Sie iſt (ſ. 6) eine hübſche F. [iſt hübſch gewachſen].
2) Math.: ein von Linien begrenzter Raum:
Grad-, krummlinige F. ꝛc.; auch: eine zur Veranſchau-
lichung des zu Beweiſenden ꝛc. dienende Zeichnung.
W. 3, 10 (ſ. 3). 3) Geſtalten, Zeichnungen und
Bilder, oft inſofern ſie zur Veranſchaulichung einer
Darſtellung durch Worte dienen, z. B.: Ein Buch mit
vielen in den Text eingedruckten Figuren, wohl auch ſcherzh.
in ganz latein. Form: Wie Figura [der Augenſchein]
zeigt ꝛc., aber auch allgm. z. B. in der Damaſtweberei:
Sieht man den Grund dunkel und die F. hell. G. 37, 359;
Zu Kreuzen, Pyramiden und andern Figürchen zurechtge-
ſchnitten. Kohl Irl. 1, 97 ꝛc. Bei vielen Handw. und
Gewerben ſteht dem Glatten das Figurierte (Paſſige),
mit F–en Verſehne gegenüber. 4) ſo auch z. B. im
Schachſpiel die Steine, weil ſie Verſchiedenes dar-
ſtellen (ſ. 5), Schach-F–en, vgl. dagegen: Dambrett-
ſteine. Ferner die Bilder im Kartenſpiel, wozu
zuw. noch das und die Zehn gerechnet werden.
Wappenk.: Alles was ſich außer der Tinktur in den
Sektionen findet. 5) im engern Sinn in den bil-
denden Künſten F. für menſchliche Geſtalt, Perſon:
Ein prächtiges Stück [Gemälde] . ., worauf, mit F–en in
Lebensgröße, die Wahl des Herkules geſchildert war. W. 15,
38; Die Haupt-, Neben-F–en einer Gruppe; Die F–en
waren auf 9“ berechnet und obgleich zwölf Perſonen ſitzen ..,
daher als Halb- F–en anzuſehen ſind. G. 31, 74; 75;
Die zerbrochenen Figürchen. 20, 69; Gips-, Marmor-,
Wachs-F–en ꝛc. Dazu: Da bekommen die Geſtalten etwas
Wachsfigurenes. Auerbach Ab. 157; SchV. 101
[Wachsfiguren-Artiges]; Nipp-Figürchen, kleine aufden
Nipptiſch zu ſtellen ꝛc. 6) daher auch ſonſt = Per-
ſon, beſ. in Bezug auf die äußre Geſtalt: Eine kleine F.
humpelt herum. Tieck Nov. 5, 174 ꝛc.; ferner: Wenn die
Haupt-F–en ſich entfernen. G. 15, 151; Die Neben-
F–en eines Schauſpiels ꝛc. Daher auch: Eine F. ſpie-
len, machen, ſich ſo und ſo darſtellen, z. B.: Ich fürchte
nur, daß wir im Karren eine böſe F. machen können. G. 10,
194; Die alberne F., die ich mache. 14, 42; Die Beſchä-
mung u. ſ. w. ließen mich eine höchſt erbärmliche F. ſpielen.
20, 71; Was für eine F. würden wir in der Geſellſchaft
ſpielen! 34, 216 ꝛc., und im prägnanten Sinn ohne
Artikel: Blondine, die neben den erſten Schönheiten . . noch
F. machen [Etwas vorſtellen] würde. Sch. 185a; Nied-
licher als wohlgeſtaltet, Taille, aber keine F. L. 7, 147 ꝛc.
7) Tanzk.: der von den Tänzern beſchriebene
Weg, nach ſeiner beſtimmten Geſtalt: Sie fingen einen
Engliſchen an . .. Als ſie auch in der Reihe die F. mit uns
anfing. G. 14, 26; Es giebt verſchiedene Tanz-F–en:
Kreis- oder Cirkel-, Schlangen-, Diagonal-
F–en ꝛc. (ſ. Düringer 420). 8) Muſ.: a) Ton-F.,
das an verſch. Stellen mit wechſelnder Modulation
wiederkehrende Stück einer Melodie. b) die Zer-
gliedrung melodiſcher Hauptnoten in Noten geringern
Werths, wohl wegen der durch die zur Bezeichnung
nothwendigen Linien und Striche auf dem Notenſyſtem
entſtehnden Figuren. c) Die Chladni’ſchen Klang-
F–en, die regelmäßigen F–en (2), die ſich auf einer mit
feinem Sand beſtreuten Scheibe, wenn ſie zum Tönen
gebracht wird, darſtellen. 9) Rede-F., Bild, über-
tragner, uneigentlicher Ausdruck, bildliche Darſtellung;
auch die verſchiednen Wendungen, als Formen und Ge-
ſtaltungen der Rede, von den Grammatikern mit be-
ſtimmten Namen bez.: Ohne F. und unverblümt von der
Sache zu reden. B. 136b; Wenn man nicht zu den Eſeln
gehörte; ſo wurden die Ritter [vom Orden zum grünen
Eſel] nach einer abkürzenden Rede-F. benannt. Immermann
M. 1, 200; Es muß der Zinskauf ein F. und Anzeigen ſei,
daß die Welt .. dem Teufel verkauft ſei. Luther 1, 314b;
Nu ſoll ja das alte Teſtament des neuen F. oder Fürbilde
ſein. 6, 322b; Wenn die Ähnlichkeit nur mit wenigen Wor-
ten gleichſam angezeigt wird, ſo heißt die F. eine Metapher;
wird ſie ausgeführt, eine Allegorie. Mendelsſohn 4, 1, 177;
Wobei die ſchöne Klägerin weder Rede-F–en noch Thränen
ſparte. W. 16, 52 ꝛc.