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fern
Férn, a.:
Ggstz. von ,nah“, durch einen großen Zwischenraum von Etwas getrennt, entlegen:
1) räumlich, vgl. das oft damit verbundne „weit“, das sich aber nicht bloß auf die Länge, sondern auf die Ausdehnung nach allen Richtungen hin bezieht (z. B. Ein weiter Rock etc.), ferner nicht eig. auf die von einander abstehnden Punkte, sondern auf die Ausdehnung des Dazwischenliegenden: David trat von f–e, daß ein weiter Raum war zwischen ihnen. 1. Sam. 26, 13; Paris liegt f. von Moskau; wie weit liegen beide Städte von einander?; So weit (bis hierher; ungw.: So fern. Jer. 51, 64, doch s. 3); F. ist das Ziel und weit der Weg etc., doch natürlich auch in leicht erklärlichem Ubergang: Erist einen f–en Weg gezogen. Spr. 7. 19 (aber eig.: Laß deine Wege f–e von ihr sein und nahe nicht zur Thüre ihres Hauses. 5, 8); vgl.: Ich bin ihr nah, und wär’ ich noch so f. G. 11, 145; 6, 99; H. 16, 97 etc.; Sie ist nah und ewig weit. Sch. 49b etc. Rein örtlich: f. von; mit Hervorhebung innrer, persönlicher Beziehung des Getrennten (s. 2 und Herrig 15, 54) mit bloßem Dativ: Von Etwas, aber: Von Einem oder Einem f. sein: Weh Dem, der, f. von Eltern und Geschwistern, | ein einsam Leben führt. G. 13, 3; Der so lange den Seinigen f–e sich abhärmt. V. Od. 1, 49; All-f. dem Schwarm der Prasser, | lebt er im härnen Rock. Reithard 274 etc.; Er zog f. über Land. Luk. 15, 13; Opfert in der Wüste, allein daß ihr nicht f–er zieht. 2. Mos. 8, 28; Der blaue Nebel f. und f–er glitt. Chamisso 4, 29; [Die] halt’ ich .. f–e mir vom Leib. 82; Das im Weiten und im F–en | nimmer will Entbehrung lernen. G. 6, 96; Ein Stamm, | der stets f. aus und weit und breit umher gesinnt [dessen Sinn in die Ferne steht]. 10, 280; Der Ahnung heil’ges, f–es [in die Ferne dringendes] Mitgefühl. 13, 292; F–ere Völker. 5, 252; Herr des f–sten Abendlandes. Platen 4, 279; Ins F–e wandern. ebd.; Der Strahl der Kaisersonne scheucht jede Wolke f. [fort, verscheucht sie]. Reithard 93; Süß erinnernd Pfand, | daßdie F–en [Getrennten] sich noch lieben. Sch. 54b; Man muß ihnen nicht f–er und weiter Glauben zustellen, als Einem die Nas lang. Weidner 19 (s. 3) etc. Man beachte die adverbiellen Verb.: F.- ab, hin, her, wofür auch oft das bloße f. stehn kann: Das Haus liegt f. ab (oder f.) vom Wege; Er zieht f. hin, f. weg (Ps. 55, 8; Jes. 6, 12) (oder f.) in fremdes Land; Er kommt f. her (von f. her, vonf., f.), aus fremdem Land; Von f. her kommen wir gezogen. Sch. 57a; Herbeigeströmt von f. und nah. 58a; Ich stand von f. und wagte mich nicht nah. 46a etc.; veralt. auch: Von F–em. Zinkgräf 1, 298 (vgl. von Weitem), vgl.: Von Fernus [Fern-nis = Ferne]. Stumpf 400b (s. 2b).
2) auch übertr., mit von“ oder, bei hervortretender persönlicher Beziehung (s. 1) mit Dat., vgl.: Er steht f. von mir (nicht nahe bei mir), mir f. (mir nicht nahe, in keiner nahen Beziehung zu mir); Jch bin f. von dem [sachlichen] Gedanken, von Geniehascherei (Gutzkow R. 5, 98) etc.; aber: Solch ein Gedanke ist, liegt mir [persönlich, dann auch z. B.: meinem Kreise. Waldau Nat. 2, 76; Gesichtskreis etc.] f., od. f. von mir. Was ich nicht fassen kann, Das ist, liegt, steht mir (zu) f.; zwei Städte aber liegen f. von einander etc., z. B.:
a) Ich bin f. [weit entfernt] davon, Das zu verlangen = verlange es durchaus nicht; Daß du im Grunde trostlos warst und daß auch ich nicht f. [nahe dran] war, es zu werden. Hölderlin H. 2, 69 etc.
b) [Das] dachte er von f–e nicht. Gotthelf Sch. 238 = nicht im entferntesten; er hatte auch nicht einmal den entferntesten Gedanken dran; Palermo ist .. auch nicht von f–e mit Neapel zu vergleichen. Platen 7, 405; Ob er sich gleich dieselben bei Fernem nicht in ihrer ganzen Ausdehnung und Größe vorzustellen vermochte. Pestalozzi 4, 27 etc., seltner: Soll zwischen uns kein f–ster Zwist sich regen. G. 12, 62.
c) Das sei f–e von uns, daß wir abtrünnig werden. Jos. 22, 29; Es sei f–e von mir, mich also zu versündigen. 1. Sam. 12, 33 u. v. (ohne „zu“ Gal. 6, 14); Das lasse der Herr f–e von mir sein, daß ich etc. 1. Sam. 24, 7 etc.; Ist das Gesetz Sünde? Das sei f–e! Röm. 7, 7 u. v., = behüte, bewahre! etc., zuw. auch bloß: F–e, daß jenes Manns, des Odysseus, trautester Sohn mir | dort auf des Schiffes Verdeck sich lagere! V. Od. 3, 352.
d) F. = unfaßbar: Erwerben kann ich’s nicht; | es steht mir gar zu f. G. 1, 70; Das Nächste liegt oft unergreifbar f. 13, 323; 317; Süße Liebe denkt in Tönen; | denn Gedanken stehn zu f. Tieck etc.
3) So auch in einigen adverb. und konjunktionellen Verbind. zur Bez. der Beziehung, worin der und des Bereichs, wofür Etwas gilt, z. B. demonstrativ: Insofern (insoweit) hast du Recht, im Übrigen aber entschieden Unrecht = in dieser Beziehung, bis zu diesem Punkt, bis zu dieser Grenze. Relativ: Eure weltliche Obrigkeit, so fern und weit sie immer Macht und zu gebieten hat. Luther 6, 12a etc. Interrogativ: In wie f. hab ich Unrecht? etc.
a) Daférn, conj. der Bedingung, vgl.: wenn, wenn anders, eig.: wenn Etwas und in soweit es eintritt (s. c): Nun fürcht’ ich, wir werden den vorigen Irrweg | rückwärts müssen ziehn, d. wir entrinnen dem Tode. B. 186a [wenn wir und so Viele von uns entrinnen, s. 142a]; 189 v. 299; D–e nun .. Etwas zu erörtern übrig bleiben sollte, so soll Solches .. schriftlich geschehen. Erbvergl. 158; D. den Bast man wegwirft und die Scheere, | d. ja nun, ich meine nur: d. Freiligrath 2, 127; Doch nur, d. wir ernst bereun. Geibel Rod. 4; Hagedorn 3, 159 etc.
b) Woférn = dafern (a), als gewöhnlichere Form (auch als sächl. Hw.): Der Künste Chor | tritt nie behaglich auf, w. er nicht bequem | gebahnte Wege findet. G. 6, 344; Sicherheit ist nicht für euch, w. | der Landvogt lebend diesem Sturm entkommt. Sch. 541a; Einem Schlag, | von dem, w. der Ritter nicht zurücke | gesprungen wär’, er halb zerschmettert lag. W. 20, 91; 12, 40; Sie könnten den Abgang ersetzen, | w. er ersetzlich wäre. Ein böses W. 15, 256; Die ernstlichste Beschwörung von dem König, | w. ihm England treu die Lehnspflicht hielte, w. | ihr Bund blühn sollte wie die Palme, | w. der Fried’ in seinem Ährenkranz stets Beider Freundschaft bindend sollte stehen | und manchem wichtigen W. der Art. Schlegel Sh. 3, 341 etc. Veralt., mundartl. = wie ferne? Rachel 4, 385.
c) Soférn, conj. (relat.) und adv. (demonstrativ), s. o.: Er ehrt die Wissenschaft, s. sie nutzt, | den Staat regieren, Völker kennen lehrt; | er schätzt die Kunst, s. sie ziert etc. G. 13, 119 = in der Beziehung, in dem Verhältnis ihres Nutzens etc.; nam. in der heutigen Prosa oft: insofern: Daß unsere Dichter, wenn und i. sie dichteten, sich in dieser Beziehung ihrer Deutschheit zuvor entledigen zu müssen glaubten. Danzel 123; Ich gebe Nichts auf diese dunkeln Anregungen, i. sie nur solche wären; äber es sind meistens unbewußte Er- innerungen. G. 15, 10; 274; Man ist nur i. zu achten, als man achtet. Zelter 2, 262; Daß er nur i. seiner Natur gemäß lebt und vollkommen ist, i. er zur Vollkommenheit des Ganzen mitwirkt. W. HorBr. 1, 43 etc., auch als sächl. Hw.: Aus diesem Denn, aus dieser Ursache, macht Corneille ein J., eine bloße Bedingung, unter welcher es tragisch zu sein aufhört. L. 7, 367.
d) Wieférn, in (abhängigen oder unabhängigen) Fragen: Was die Höfe gethan und w. [in welchem Grad] auch die newtonische Lehre zur Sprache gekommen, wird .. zu untersuchen sein. G. 39, 351; Zinkgräf 1, 252, vgl.: Wie fern seind wir kommen? 3, 333. —4) F., zeitlich, von der Gegenwart abstehnd, vom Vergangnen, wie vom Zukünftigen: Die Zeit ist noch nicht f., wo [es ist noch nicht lange her, daß] du von ihm entzückt warst; Möchte die Zeit deines Scheidens doch noch f. sein!; Lang ist .. die Nacht .., f. auch die Stunde, | schlafen zu gehn. V. Od. 11, 373 etc.; Über dem nämlichen Grün | wandeln die nahen und wandeln vereint die f–en Geschlechter. Sch. 77a; Einst, in f–en Tagen [künftig]. Scheffel 255; 2. Sam. 7, 19.
a) so auch = firn (s. d.), vom vorigen Jahr: Beklagend, daß ihr f. die Mandeln nicht geriethen. w. 20, 105 (spätre Lesart: jüngst), mit der Fortbildung: Heurige und fernige Früchte. Hohel. 7, 13; 9; mundartl.: Ferndig. Auerbach D. 4, 53; Mörike N. 447 etc., Schm. 1, 564 und Stalder 1, 366, auch: Vorferndig, zweijährig, vgl.: [Der Barsch heißt] im ersten Jahr Heuerling (s. d.), im zweiten Fernderling. Oken 6, 263; [Die Äsche heißt im zweiten Jahr] in Österreich Mailing und „Viertigerfisch“. 358, offenbar = ferndiger oder „firndiger“ Fisch.
b) nam. aber der Kompar., wie ,,weiter“, sowohl von der an die Gegenwart sich anschließenden Zeit (= länger etc.): So kann ich hier nicht f–erhausen, | mein Freund kannst du nicht weiter sein. Sch. 57b und gehäuft: Und will, so es Gott und dem König gefällt, | auch f–hin f. mich halten. Prutz Woch. 142, wie überhaupt von Dem, was sich an Etwas (Gesagtes etc.) als Fortsetzung anschließt, z. B.: Er gab diesen Grund an, f. aber auch etc.; Er sagte f.; Erstens ..., zweitens ..., drittens ..., f. etc.; Und so f. (fort, weiter). Mundartl. als Adv.: Ferners. JvMüller 1, 415, wie weiters. 146 etc. Auch als Ew.: Furcht | vor f–erem Verlust. G. 13, 339; Und dann wurde in noch ferneren solchen und noch stärkern Ausdrücken die Leute aufgefordert. Kohl Irl. 1, 150 etc., auch: Kein Zufall belehrte mich des Fernern [des Weitern, über das Weitre, dazu Gehörige]. Zschokke 1, 114 etc.
Anm. Veralt., mundartl. ferr, s. Schm. 1, 552, auch: Nicht ferren von der Stadt. Opitz 2, 91; Schaidenraißer 4b; Von ferrend. 66b; Eine ferre, ungläubliche Weite. 40a; Insel, die gleich bei Lindow ferrer [4b] im See liegt. Stumpf 391a; 302a u. o. Goth. fairra, ahd. fër etc. (s. Graff 3, 656) eines Stamms mit der Vors. „ver“, mit: vor, fort, fürder etc., s. fahren und vgl. lat. porro, gr. πóρρc etc.
Zsstzg. s. [3]; ferner z. B.: Was ihr nicht tastet steht euch meilen-f. G. 12, 15 [meilenweit, um ganze Meilen entfernt]; Alle diese Dinge lagen dem Publikum meilen-f. Stahr (Nat.Z. 8, 43); Zu einer Zeit, wo die socialen Fragen noch welt-f. [um eine Welt entfernt, in der weitesten Entfernung] von dem Horizont seiner meisten Zeitgenossen lagen. (125) etc. Auch: Das sternen-f–e Ziel. Chamisso 4, 188 [fern wie die Sterne]; Denkst du der Heimath, die so f–e, | so nebel-f–e dir verschwand? Heine Sal. 1, 147 [durch die Ferne wie in Nebel gehüllt] etc. Auch: Das leier-f–e | Lied der Erinnyen [das ohne Leier ertönt, vgl. Sch. 58b]. WHumboldt 3, 66; In sonne- f–em Dunkel. 102, versch.: Die äußeren sonnen-f–en [von der Sonne entfernten] Planeten. Humboldt K. 1, 96, im Ggstz. der innern sonnennähern; Der sonnenfernere Mars. ebd. etc. Nam. aber: Un-: unweit, nahe, z. B.: Aus einem u–en Kirchhof. Mörike N. 1, 10; HSmidt Dev. 21 etc., bes. adverb.: Unf. liegt Klopstock begraben. Heine Sal. 1, 259, mit „von“ oder Dat., z. B.: U. dem Kaukasus. Rückert Weish. 1, 202; Un-f. dem Thor. Sch. 623a; Un-f. den alten Gräbern. 624b; Un-f. dem großen Steine. 966a; gewöhnlicher aber mit Genit.: Un-f. des Feuers lagen ein paar große Baumstämme. G. 25, 83; Unf. des Thores anmuthig gelegen. 26, 201; B. 186 v. 48 etc. Nbnf.: Ohnfern Franzenbrunnen. G. 40, 255.