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fein
Fēīn, a.:
Ggstz. grob (s. d., indem dabei hierauf verwiesen ist): 1) dünn und zart, oft mit dem Nebenbegriff des Zierlichen: F–e Fäden, Spitzen, Härchen, Zähne, 54* Knochen, Glieder etc.; Wasser spritzt in f–en Strahlen empor; F–e [spitze, dünne Striche gebende] Federn, Pinsel, Grabstichel etc.; Ein zu .. f–es [schwaches] Rüstzeug, so plumpe Massen in Bewegung zu setzen. L. 11, 76; F–e [dünne] Stimme; Der f–este Laut .. schwirrt hervor. V. Ov. 1, 215 etc. 2) aus kleinen, zarten Theilen etc. bestehnd: F–es Pulver, Mehl; F–er Staub; Etwas f. stoßen, reiben, mahlen, spinnen, ziehn; F–es Zeug [s. 4], aus feinen Fäden; F–er Kamm, dessen Zähne, f–es Sieb, dessen Löcher, f–er Regen, dessen Tropfen klein und dicht beisammen sind. 3) sorgfältig ausgearbeitet bis ins Einzelne, sauber, zierlich: Etwas aus dem Groben ins F–e bringen. L. 13, 631; Ins F–ere und Genauere gehen. G. 39, 438; Ins F–e malen. W. 12, 52; Machet das Bild mit aller Kunst auf das f–este. Weish. 14, 19; F–e Holz-, Hand-Arbeit etc. 4) allgem.: in seiner Art vorzüglich, von besondrer Güte, so nam. kaufm.: Grobe, mittel-f–e, f–e, hoch, extra-, super-f–e Waaren, Sorten, F–e (puik-f–e) Wechsel, Handlungshäuser [gut und sicher], vgl.: Da werden wir f–e Gesellen sein, Christo .. gleich. Luther 5, 529; Geht die Sonne des Morgens auf und verspricht einen f–en Tag. G. 14, 79 etc. Sich f. machen, putzen (s. 7). 5) F–es [von unedlen Zusätzen reines] Gold, Silber; Silber f. brennen (s. d. 7t); Berg-f–es Silber, das in der Mark nur noch 2 Grän Kupfer enthält. 6) gehörig, wie es sein soll, gut, recht, passend, hübsch: Wie f. und lieblich ist’s, wenn Brüder einträchtig etc. Ps. 133, 1; Wie f. sind deine Hütten! 4. Mos. 24, 5; Ihr führet euer Amt nicht f. Weish. 6, 5 etc.; Sie kriegt .. einen f–en Thaler Geld. Gellert; Bescheidenheit ist f., | wenn das Mädchen blüht ... Auch ist gut Bescheidenheit, | spricht ein weiser Mann. G. 4, 13; Die du .. löblich und f. gewartet. 6, 45; So ist es recht und f. Luther 6, 233a; Das ist nicht f., einen alten Knecht so zum Besten haben. Sch. 131a. Oft ironisch (vgl. sauber, nett etc.): Wie f.! 4. Mos. 16, 14; Mark. 7, 9; 15, 29; F–e Knaben. G. 6, 45; Ein f–er Ersatz! W. 15, 2; In einer f–en Lage. 11, 202 etc. Oft als Adv., wie hübsch, schön etc., zur Verstärkung und Hervorhebung, auch iron.: War ich nicht f. stille? Hiob 3, 26; F. lustig bleiben. Ps. 46, 5; 2. Mos. 32, 25; Sonst wär’ Ihr f. daheim geblieben. Geibel Rod. 56; F. naseweis! L. 1, 278; Lasst ihm f. starke Beineisen anlegen! 3, 61; 341; 7, 144; Schreiben Sie mir doch ja f. bald und f. Viel! 12, 111; F. warm und dicht in Dummheit eingehüllt. W. 12, 7; Der .. f. lange auf sich warten lässt. 18. 7) von körperlicher Zierlichkeit und Wohlgestalt. 2. Mos. 2, 2; 1. Sam. 8, 16; 9, 2; Esth. 2, 7; Hätte feiner Federn denn kein Pfau. Luther 6, 317a; Ein f–er Knab. Uhland 386; Feines Liebchen etc. (s. 4). 8) gewandten Benehmens, abgeschliffen, weltmännisch, höflich, von gefälligen, einnehmenden Formen, vgl.: Die zwar so f. wie unsre [Zeit] nicht gewoben, | doch desto derber war und besser Farben hielt. W. 20, 69; Einen „f–en Mann“, worunter ein sicheres Auftreten in der Gesellschaft, ein rücksichtsvolles Benehmen gegen Vornehme und Niedere, gelernt in der Schule des Hofes, zu verstehen ist. Gutzkow Börne 27; Wir f–ern Leute (im Ggstz. des „Volks“). Klinger F. 59; Die f. und zierlich ist, mit der es leicht | sich leben lässt. G. 13, 130; Herren der f–eren Welt. 1, 223; F. und artig. Tieck Acc. 1, 238; F–e Lebensart, Sitten, f–er Ton; Die schlüpfrigsten Gedanken, wenn sie nur in f–e, un- anstößige [Ggstz. „grobe, plumpe“] Worte gekleidet sind. L. 11, 175; Es wär an uns nicht f., | ihm diese Freude zu versagen. W. 12, 57 etc. 9) (s. 1 und 3) auch geistig für etwas einem stumpfern Gefühl Entschlüpfendes u. Entgehendes, z. B.: F. komische Rolle; F–e Unterschiede, Nüancen, Anspielungen; Ein f–es Lob; F–e Schmeichelei; F. angelegte List; Ihnen will ich das ganz F–e von diesem Handel [vgl. le fin de cette affaire] Zeit genug entdecken. L. 12, 147; Wo edle Frauen zu Gerichte saßen, | mit zartem Sinn alles F–e schlichtend. Sch. 453a etc., u. so auch v. Geist, Sinn, Gefühl, insofern ihnen so Feines zugänglich ist: F. hören, riechen, fühlen, schmecken, sehen Ein f–es Gehör, Ohr etc. haben; Diese grobe Vorstellungsart wollte f–eren Geistern nicht gefallen. G. 40, 92; Hätte einen so f–en Verstand, daß man ihn wohl in eine Nadeln fädeln könnte. Grimm M. 270; Wir .. hören f–er, was sie flüstert. Immermann M. 4, 189; Was zum f–eren Gefühl gehöret. Kant SchE. 109; Jhre Nase muß die f–ste nicht sein, wenn Sie hier nicht die Jronie gemerkt haben. Mendelssohn 4, 2, 366; Keinem f–en Züngler [F.-Schmecker]. Musäus M. 1, 124; F. bemerkt. Tieck DrBl. 2, 59; F–er Takt; Ein f–er Kenner etc. 10) F. = schlau, s. 9 und vgl.: Ein f–er Plan! f. zugespitzt! nur Schade, | zu f. geschärfet, daß die Spitze brach. Sch. 432b; Der Plan war wunder-f. Müllner 7, 182; Er webte f. mit falschem Munde | das Netz. Chamisso 3, 287; F. sein mit Einem [hinterlistig gegen ihn]. 5, 81; Daher habt ihr euren Argwohn? Wie ihr f. seid! G. 10, 112; Die Kunst, von Weitem ein Gespräch nach seiner Absicht f. zu lenken. 13, 9; Der f–en Vorsicht nicht bedürfen. 139; Der F–ste betrügt sich oft, gerade weil er zu Viel sichert. 18, 86; 9, 200; Ich mag | nicht f. sein, mag nicht überreden. L. Nath. 4, 1; So f., als eine dicke Seele, | wie er, nur immer kann. W. 12, 42; 119; 7, 134 U. V., nam.: Ein f–er Vogel. G. 8, 47; Immermann M. 1, 301; Kauz. Hebel 3, 123; Ein alter, f–er, | verschmitzter Kauz. W. 11, 172; „Ein f–er Zeisig.“ F., sagen Sie? Er hat’s faustdick hinter den Ohren. Gotter 3, 168 etc. 11) daher auch: versteckt, scheinheilig: Ein Vorurtheil des Pietismus erweckt; Jeder hielt ihn für einen Mann, der denn doch immer ein f–er Schwärmer sei. Stilling 2, 147; Die Feinen, eine frömmelnde Sekte in Holland, s. Campe, der auch die Verklein.: Das Feinchen anführt.
Anm. Aus frz. fin schon ahd. Der Superl. gw. feinst, doch findet sich auch feinest (s. o.).
1) hierzu in allen Bed.: Fēīnheit, f.; –en: das Feinsein und etwas Feines selbst (s. nam. 9 und 10), z. B.: Von ihm könnte man die F. fordern, da er sich mit nichts Rohem zu beschäftigen hat. G. 15, 197; Die F. des Mundes [der feingeschnittne Mund]. 31, 45; 26, 258; 29, 259; Jene plumpe F., schwerfällige Leichtigkeit. Heine Reis. 4, 172; Ein Ausbund von F. des Geistes und Geschmack. Knebel 3, 66; Dir geziemt es nicht, in solchem Spiel | die Hand zu haben. Nicht doch! meiner F. | bleibt Alles überlassen. Sch. 345b; Die F–en eines Schriftstellers nicht merken; Für die Über-F–en der abgestorbenen, uns in ihrem prosodischen Zeitverhalte großentheils unbekannten Sprachen das Gehör des Knaben zu raffinieren. Wurm Spr. 41 etc. Nbnf.: Fēīne, f.; 0: Die verschiedene F. des Garns. G. 19, 43; Die F. oder Grobheit derselben. SClara EfA. 2, 693; Des Weindufts F. Kinkel 443; Weil hitziger Wein abstümpft die F. des Gaumens. V. Hor. 2, 200 etc. Fēīnigkeit, f.; –en: Eine gewisse F. des Gefühls. Kant SchE. 43; Alle diese F–en und Zärtlichkeiten der Empfindung. 80; 64 etc.
2) Fēīnling, m., –es; –e: ein allzufeiner Herr etc. Benzel Sternau.
3) Fēīnern, tr.: feiner machen, z. B.: Ziehn die gefeinerte Woll’. V. Ov. 1, 203; Bis ein prätorischer Schmecker die Zung’ erst feinerte. Hor. 2, 118 etc. Gw. in Zsstzg., z. B.: Über-: zu fein machen: Die durch Üppigkeit, Selbstigkeit, Witz überfeinerte Ausbildung. Klinger Teutsch. 146; Devrient 2, 416; Dem verwöhntesten und überfeinertsten Leser, so wenig wie dem rohesten. DMuseum 1, 2, 40; Die Aufklärung und Überfeinerung der höhern Stände. Boden- stedt 1, 6; Immermann M. 1, 297; Kinkel Erz. 241; Rumohr K. 10 etc. Ver-: Der Stengel, auf einmal verlängt und verfeinert. G. 36, 28; Ein Künstler, der seine Farben nicht genugsam wählen und v. konnte. 31, 61; Das Licht ist ihm eine Substanz, die er jedoch aufs äußerste zu v. sucht. 39, 184; Zu diesem Wust verfeinerter Verbrechen. 13, 347; Alles lässt sich v. und Alles lässt sich vergröbern. Lichtenberg 2, 44; Seinen Verstand auf Unkosten seines Herzens zu v. Sch. 102a; Da das Betragen des Ministers sich nicht gegen ihn verfeinerte. 714a; W. 5, 185; 7, 109 etc. Den Verfeinerern und Vergröberern des Christenthums. L. 13, 428 etc. Verfeinerung: So sind die Blätter ihre größre Ausbildung und V. dem Lichte und der Luft schuldig. G. 36, 24; Die V. [Raffinierung] des Stahls. Karmarsch 3, 345; Die Philosophie auf einen hohen Grad der V. getrieben. W. 29, 153; Der Über-V. Laster beginnen. Sonnenberg Don. 1, 332. Daneben: Fēīnen, tr.: fein machen; Ab-f.: raffinieren: Den Zucker a. etc. Ver-f.: Durch den Einfluß reinerer Säfte in einem hohen Grade verfeint [die Blätter]. G. 36, 28; 3, 231; H. 9, 450: 13, 21; Daß sich die Begierden bei dem Verfeinten, Versteckten, welches mehr errathen lässt als ausdrückt, weit besser befinden als bei dem plumpen Geradezu.. L. 8, 477; Verfeinte Gesinnungen. W. 15, 57; Der schon zum geist’gen Leib den Erdenstoff verfeint. 20, 254; Um seiner. .. auf den äußersten Grad verfeinten Künste willen. 29, 167; 3, 50 etc., vgl. bei Spate den Ggstz.: Verunfeinen. Auch: Die Sympathie ist so verfeinigt und durch Civilisation gemäßigt. H. Merck 2, 31; Ein sehr verfeinigter Geschmack. Kant SchE. 71; In der Verfeinigung des zärtlichen Gefühls. 72 etc. Auch zuw.: Fēīneln, tr., nam. aber intr. den Feinen, Feinling spielen etc.
Zsstzg. den Grad der Feinheit bez., s. [4], so auch (Buchdr.): Doppel-f–e Linien (vgl. fett); durch einen Vergleich: Mit demahl-f–en Schnabel. Tschudi Th. 84; Zur nadel-f–en Schwanzspitze. Linck Schl. 86; Spinnweb-f–e Strümpfe. Immermann M. 4, 262; Ein mehl- f–er Staub. Körner Sch. 3, 526; Haar-f–e Unterschiede etc. Ferner: Bérg- [5].
Dǘnkel-: in seinem Dünkel sich fein achtend. Schottel 1106.
Lúst-: L–e Dirnen. G. 12, 112, etwa = feine Lustdirnen, fein in Bezug auf Wollust.
Über-: zu fein.
Un-: Mangel an Feinheit verrathend, versch.: grob, als entschiedner Ggstz. von fein: U. | dürft’ ich euch wohl schelten. Chamisso 3, 196; Gar u. steht Das eurem Geschlechte. Hebel 3, 443; Die vor jeder u–en Berührung in sich zurückschrak. Stahr Par. 2, 265 etc.