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fechten
I. Féchten, focht, föchte; gefochten; fich(t)ſt; ſicht;
ſicht, intr.: 1) Etwas oder ſich raſch hin und her be-
wegen,fuchteln (ſ. d.): Das hinten am Altar f–de Ding
war kein unerwartetes, ſondern der Paſtor. IP. 2, 147;
Jndem er mit den Armen durch die Luft focht. Prutz Eng. 3,
75; Hin und her f. 1, 100; Die .. blähend mit dem Fächer
ficht. Sch. 9b ꝛc. Schwzr. auch (ſ. Stalder) raſch und
wacker arbeiten ꝛc., z. B.: Sie hatten Flachs und Hanf
gekehrt und fochten jetzt in den Bohnen. Gotthelf U. 2, 42;
Die Frau iſt wie eine Uhr und mit Pflanzungen und Gärten
fichtet ſie [ſpringt ſie um, weiß ſie ſchnell fertig zu wer-
den], es iſt zum Verwundern. Sch. 405 ꝛc. 2) Hieb-
und Stoßwaffen handhaben, zunächſt zur Übung: Sich
im F. üben. G. 16, 103; Mit Rappieren, Degen f.; F. ler-
nen; Das Hieb-, das Stoß-F. ꝛc. (ſ. Zſſtzg.). Dann
übertr. = kämpfen (ſ. d., auch Anm.), ſtreiten: Beide
Heere fochten tapfer; Jch fechte alſo, nicht als der in die Luft
ſtreichet. 1. Kor. 9, 26; Mit den wilden Thieren gefochten.
15, 32; Er ficht halsſtarrig wider Gott. Hiob 15, 26; Die
Ketzer f. nur mit dem Luft. Fiſchart B. 46a [führen ihre
Streiche in die Luft, vergeblich]; Mit einem Schatten
[eingebildeten Gegner] f.; Das iſt der Krieg in dieſem
geiſtlichen Reich, daß man fichtet und kämpfet, wie man ge-
recht werde. Luther 6, 129b; Dawider [wider dieſe Lehre]
fichtet der andre Haufe. ebd.; Ließ Gott die menſchliche Natur
in Chriſto mit dem Teufel f. 479a; Nu will ich hie nicht f.
[ſtreiten gegen Andrer Meinung]. 5, 530a; Ficht mit
mir! Müllner 2, 157; Mein Zeugnis und mein Augenſchein,
der für die Fremde ſicht [für ſie, zu ihren Gunſten ſpricht],
wird in Verdacht gezogen. Nicolai 1, 268; Wenn ich be-
gehre, | was mit. dem Lauf der Dinge ficht [dagegen ſtrei-
tet]. 118; 165; Vergebens fochten ſie [ringend]. Rückert
100b (ſ. Stalder); Wie .. Aurorens Glanz mit grauen Ne-
beln ficht. W. 12, 265; 320 ꝛc. Um Etwas [als Preis]
f.; ſo auch: Jetzt haben wir nicht ſo Viel zu thun, um einen
halben Tag iſt’s nicht gefochten. Gotthelf Sch. 247 = dar-
auf kommt’s nicht an. 3) auch tr.: Ein Gefecht, einen
Kampf, Streit f. ꝛc., z. B.: Wo Held Roger die hellen
Wunder ſicht [durch ſein Fechten gleichſam Wunder
wirkt]. Lenau Alb. 177; Daß ich .. in ihren Armen raſch
und frei | den ſüßen Kampf der Liebe fechte. Nicolai 2, 32;
Der .. des Denkens Kampf gefochten. Scheffel 261; Wir f.
[entſcheiden fechtend, f. aus] ihre Schlachten. Sch. 491;
Ich fecht’ erſt dieſen Gang (ſ. d.). Schlegel Haml. 5, 2 ꝛc.
4) ſo refl.: Ohne den kein Heergefecht ſich ficht [gefoch-
ten wird ꝛc.]. Rückert Roſt. 79a; aber auch: Wenn der
Strom .. mit Stößen ſich bis an die Kaſſe ficht. G. 11, 6
= ſich fechtend, kämpfend dahin arbeitet, durchdrängt
(vgl. 5). 5) von Handwerksburſchen (ſ. Anm.),
betteln, einen Zehrpfennig ſammeln: Der als Handwerker
auf der Landſtraße f. ging. Gutzkow R. 6, 116; 7, 276;
Hebel 3, 34; F. im ſchmutzigſten Knotenſinn; denn das eigent-
liche F. mit dem Schwert gehörte nicht zu ihren Handwerks-
gebräuchen. Heine Sal. 1, XXI; Ich fechte muthig in der
Schlacht, der Bettler ficht ſich durch das Land. Th. Chabert
Latiſi (1800) 153, vgl. 4.
Anm. Ahd. fëhtan, mhd. vëhten. S. fackeln, Anm.
und vgl. Stalder 1, 360. Die Bed. 5 ſchreibt ſich von
dem Reiſen der Handwerker zu ihren Fechterſpielen her, ſ.
Schmeller 1, 509, doch vgl. auch Garden. Nbnf.: Fechte!
Börne 2, 209; Du fechteſt. G. 33, 347; Anfechteten.
Baggeſen 1, 169; Hatte verfechtet. Claudius 5, 128 ꝛc.
Veralt.: du fichteſt, er fichtet, ſ. Sanders Orth. 69; ferner
Jmpf.: Facht. Luther 6, 480a; Zwingli 2, 2, ꝛc. Fech-
tung, gw. nur von Zſſtzg., ſ. auch Fechter. Ungefoch-
ten: auch aktiv: Viel, die ſchmähten ungefochten, hat man
fechtend laufen ſehn. Logau.
Zſſtzg. vgl. die von kämpfen, z. B.: Áb-: tr.:
Einem Etwas a., kämpfend abnehmen. IP. 2, 120; Sch.
332b ꝛc.; Sich a., fechtend abmatten; auch [4]: Eine
Straße a. ꝛc. An-: tr.: 1) mundartl., veralt., Per-
ſonen ꝛc. als Feind unmittelbar angreifen: Echtermeyer
114; Die Eidgenoſſen a. Stumpf 725a; Selbſt kleine Vögel
ficht er an. Tſchudi Th. 140; Weichmann 3, 200 ꝛc.
2) gw. Etwas angreifen (mittelbar), feindlich dagegen
auftreten, verſuchen es zu erſchüttern ꝛc.: Ein Teſtament,
Urtheil a.; Kunſtrichter, die mehr den Buchſtaben als den
Geiſt anzufechten verſtehen. B. 133b; Erſt wächſt das Glück,
dann wird es angefochten. G. 11, 9; Wo angefochten wird,
ſtatt anerkannt. Platen 3, 288; Auf dem [von der Stuart]
angefochtnen Thron. Sch. 438a. 3) Etwas Böſes, Übles
ficht Einen an, tritt ihm nahe, ſo daß er die ſchlimmen
Einwirkungen verſpürt: Wen eine Krankheit, böſe Laune
ꝛc. anficht (anwandelt), Der verſpürt ihr Nahen; wen
die Krankheit angreift, als ein davon Gepackter ihre Nach-
wirkungen; Dem widerfähret kein Leid, ſondern wenn er an-
gefochten [vom Leid berührt] wird, wird er wieder erlöſet
werden. Sir. 33, 1; Keine Verlegenheit | ficht uns an. G.
8, 287; Fichtet mich Sünd, Tod, Welt und Teufel an
[quält ꝛc.] und wollen mir das Herz nehmen. Luther 6,
177b; Die dreierlei Anfechtungen, darmit der Teufel
Chriſtum in der Wüſten hat angefochten [,,verſucht“ Luk.
4, 2]. 477a; Nicht Tod und nicht Verderben ficht mich an.
Tieck Mak. 5, 3; Gewiß .., über dieſen Punkt nicht wie-
der angefochten [beläſtigt] zu werden. W. HorBr. 2, 124 ꝛc.
Nam. oft: Etwas ficht mich nicht an, ich laſſe es mich nicht
a. = es kümmert mich nicht: Was Teufel ficht uns
Alexander an? Chamiſſo 4, 85; Was ficht Das mich an?
Sch. 355b; Laſſt euch Nichts a., es geſchehe, was wolle. G.
8, 142 u. v. 4): a) zu dem Part. angefochten, oft
= gequält, geängſtigt ꝛc. Chamiſſo 3, 320; Hebel 4, 80;
Hölderlin H. 1, 8; 12; 2, 50 ꝛc.; auch der Ggſtz.: Läſſt
Jedem ſein Weſen und Treiben unangefochten [2]. Chamiſſo
5, 221; Das Land unangefochten zu verlaſſen. Sch. 883b
u. v.; veralt.: Dem unangefochtenen und gutherzigen Leſer.
Stumpf Vorr. 2a [nicht gegen Etwas eingenommen?].
b) Die Anfechter [2] dieſer weltlichen Sitte. Gervinus
3, 89 ꝛc.; veralt. (ſ. 1): Daß er mit etlichen ſeinen An-
fechtern zu keinem Vertrag gelangen könnte. Zinkgräf 1, 83 ꝛc.
c) Die Anfechtung eines Teſtaments ꝛc., nam. theo-
logiſch = Verſuchung ꝛc.: Wachet und betet, daß ihr nicht
in A. fallet. Matth. 26, 41; Luther 6, 476b ff. (ſ. o. 3);
veralt.: Anfechtigung. Wackernagel 3, 1, 299 Z. 3 ꝛc.
Aūs-: tr.: Etwas durch Streiten ausmachen, ent-
ſcheiden: Leſſing focht mit Gottſched noch manchen Strauß
aus. Danzel 393; Das laß die Gelehrten a. Luther 1, 166b;
Fechten wir den Strauß | anſtatt mit ſcharfen Schwertern,
mit vollen Bechern aus. Reithard 84; 88; Talvj 2, 236;
Als dieſer Kampf ſich ausfocht. Vogt Köhl. 10. Be-
(veralt.): 1) bekämpfen, angreifen: Samſon . . als er
ward befochten. Opitz. 2) = er-f.: Den Sieg befoch-
ten. Günther 872; Zu Siegen . . .
| welche vor dir kein
Kater befochten [,,erſtritt“ 1, 283]. Zachariä Murner 7.
I. Dúrch-: tr.: Etwas fechtend durchführen, zu
Ende bringen; auch: Alles der Reihe nach be-
kämpfen; refl.: ſich durchſchlagen, durchkommen; auch
[4] ſich durchbetteln: Doch ficht es durch der Rieſenheld.
Arndt 311; Die Verhältniſſe der Natur und der Religion
. .. wurden von meinem Bruder aufs Heftigſte durchgefoch-
ten [alle angefochten]; Nichts ſchien ihm heilig. G. 17,
371; Sich durchzufechten war nicht räthlich, man mußte ſich
alſo zu einem Umweg bequemen. 4, 274; Der Held . ..
ſicht [im Geiſt] alle ſeine Schlachten durch. Ramler 307;
Wußte nicht, wie er es mit ſcinen zwei einzigen Augen d.
werde, alle dieſe Merkwürdigkeiten genug zu ſehen. Hebel 3,
51; Und wenn ich mich nach Amerika d. [durchbetteln]
müßte. Spindler Stadt 1, 31 ꝛc. II. Durch-: tr.:
fechtend [2 u. 4] durchziehn: Die durchfochtene Stadt ꝛc.
Empōr-: refl.: ſich hinauf-f. Er-: tr.:
Etwas durch Fechten erringen: Er erſicht im Felde Ruhm.
G. 34, 155; Ruhm, ſogar Unſtérblichkeit | läſſt ſich e.
Göckingk 1, 212; Den Sieg mit e. helfen. L. 6, 329; Er
mußte die Wahrheit des Gegenſatzes erſt e. 11, 522; Licht-
wer 248; Sobald . . Karl .. Neapels Thron erficht. Nicolai
1, 165; Sch. 338b ꝛc. Hêr- ꝛc.: Focht [1] damit in
der Luft hin und her. Immermann M. 4, 86; Indeß ſich
nach Winckelmann griechiſche Staaten nur durch und für
Freiheit zur Kunſt hinauffochten. IP. 36, 34, durch
Fechten, Kämpfen hinaufgelangen; Sich mit ihr herum
zu fechten [zu ſtreiten]. W. 12, 50 ꝛc. Hīēb- [2]:
ſ. Stoß-F. Klópf-: als Fechter von Profeſſion
mit Lärm auftreten: Keine Sklaven werden k., ſondern
lauter Freigelaſſene. Heinſe Petr. 1, 121; oft übertr. auf
ſtreitſüchtige Schriftſteller ꝛc., gw. nur im Infin.:
Durch allerlei dialektiſches K. G. 22, 293; K. und Ge-
bell [galt auf der Bühne] für Leidenſchaft. Gotter 1,
342; Worüber zu k. er ſeiner Perſon nicht gemäß achtet.
Paulus Voß 28 ꝛc., ſ. Klopffechter. Nāch-: (veralt.)
einer Sache n., nachſtreben. Schmeller. Spīēgel-:
gw. nur im Inf.: das Scheinfechten, Blendwerk: Den
Leuten ein Sp. machen [Etwas vorſpiegeln]. Luther 6,
480a; Mit Larven und Sp. betriegen. 1, 289b ꝛc.; doch
auch: Was ſpiegelficht er dann mit erdichteten Worten?
Luther, ſ. Spiegelfechterei. Stoß- [2]: Ggſtz.:
Hieb-f., Beides gw. nur im ſubſtant. Jnfin. Um-
hêr-: Stock, mit dem er vielfach in der Luft umherfocht
[1]. GvSee Egoiſten 1, 145 ꝛc., ſ. hin- und her-f. [4].
Ver-: tr.: Etwas fechtend und dann allgem.
vertheidigen: Und verfocht voll Trutz | und Stärke, wie
ein Leu, den Leib. B. 162a; Der das Rechte nur verfocht.
Chamiſſo 4, 22; Einen Satz, die Wahrheit v. ꝛc.; Wer
Alles will v., hat Viel zu rechten. (Sprchw.) Ein Ver-
fechter des chriſtlichen Glaubens. Hammer RH. 421; Frei-
heitsverfechter. Sch. 948b ꝛc. Vōr-: intr.:
Einem v., als Muſter; auch vor Einem ſtehnd und ihn
dadurch ſchirmend fechten. S. Vorfechter. Wider-:
tr.: veralt., gegen Etwas ſtreiten, bekämpfen, wider-
legen: Luther SW. 26, 263; Bücher, darin er ſeine Wider-
ſacher mit der Schrift widerficht. Mattheſius Luth. 29b; 38a;
164a; Ryff Th. 181; Hat die Mißbräuch widerfochten und
angetaſtet. Stumpf 354b; Das wollen wir nit w. 390a;
Überwindung des Fleiſches, Widerfechtung des Teufels.
351a; Eppendorf 27; Zinkgräf 1, 187 ꝛc.