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fassen Um-Fassen Um-Fassen Unter-Fassen Un-Fassen
Fáſſen, tr.: 1) eig. Etwas in ein Faß, Gefäß,
Behälter füllen, z.B.: Moſt in Schläuche. Matth. 9, 17;
Thränen in einen Sack. Pſ. 56, 9; Bier. Karmarſch 1, 223;
Wein. W. HorBr. 1, 99; Waſſer in ein Sieb. Lichtwer 252;
Haber in die Säcke. Hebel 3, 295; Korn f. Gotthelf Sch. 56;
Stumpf 392b; Ein Venetianer Maſt, | der ... Waſſer hier
neben Cyperwein gefaſſt. Uhland 487; Bienen in einen Korb
f., ſ. auch Leerſaß ꝛc.; Bricht der ſüßen Frucht, ſoviel in
ſeine Taſchen ſich f. ließ. W. 20, 198. Ungw.: Milch
in einer Schale f. Tieck NovKr. 2, 306. 2) Etwas in
eine die Seiten begrenzende Umſchließung bringen: Ein
Bild in einen Rahmen, ein Brillenglas, eine Scheibe in Blei.
Lewald W. 3, 2; Edelſteine f.; Eine Perſon verdient in
Gold gefaſſt zn werden ꝛc.; Einen Bach f., um ihn auf
die Mühle zu leiten. G. 1, 165; bergm.: Einen Stollen
f., auszimmern; mundartl.: Ein Buch f., ein-f. = ein-
binden. Stalder. 3) ſ. 1: Raum für Etwas gewäh-
ren, es in ſich aufnehmen der Möglichkeit nach oder
(zuw.) in Wirklichkeit, doch dann mit Bezug auf einen
beſt. Zeitpunkt, während „halten“ (ſ. d. 4 und ent-
halten) auch abgeſehn von jeder beſt. Zeit aufden wirk-
lichen Inhalt ſich bezieht (von Beiden iſt das Paſſ.
ugw.): Ein Scheffel hält 16 Metzen, vgl. 2. Chron. 4, 5;
Das weite Rheims faſſt nicht die Zahl der Gäſte. Sch. 474a;
Jch habe ein enges Herz, Liebe zu Ihnen und dem Himmel
kann es nicht zugleich f. Leiſewitz Jul. 35; Des Wüthrichs
Schloß mit Allem, was es in ſich faſſt, aufgebrannt. Klinger
F. 203 ꝛc.; Vollbracht, was keine Worte f. [auszudrücken
fähig ſind]. Chamiſſo 4, 147. 4) Etwas, Einen f., er-
greiſen, packen, auch hier (ſ. 1) von dem dauernden
„Halten“, als dem fortgeſetzten F. verſch.: Etwas mit
den Händen, Zähnen, Klauen f.; Er faſſt ihn ſicher, er hält
ihn warm. G. 1, 146; 13, 175; 5, 8; Was der Teutſche
einmal gefaſſt hat, davon läſſt er nicht ab. Klinger F. 51;
Mein Nachbar weiß den Aal ganz anders zu f. L. 10, 116,
die Sache anders anzufaſſen ꝛc. Man unterſcheide
(vergl. Herrig 15, 61): Ich faſſe wohin? in
dein Haar, dir ins Haar, in den Kragen; Jch faſſe dich
wo? beim Haar, beim Kragen (übertr. Gutzkow
3, 302), bei der Hand. Platen 4, 278, an der [d. i.
an deiner] Hand. V. Od. 3, 37, bei der Naſe. G. 19, 89,
unterm Arm. Gutzkow R. 5, 29 ꝛc.; Ich faſſe dich [bringe
dich faſſend] wohin? án die [d. i. an meine]
Hand, unter den Arm, in die Arme [ſchließe dich]. Sch. 346b
ꝛc. An 1—4 ſchließen ſich Übertr., nam.: 5) (ſ. 4),
inſofern die Handhabe (G. 20, 196), Das, woran man
Einen zu halten ſucht, unkörperlich iſt: Einen bei ſeinem
Wort, Verſprechen, bei einer Schwäche f.; Hochmuth iſt’s,
woran der Höllengeiſt die Menſchen faſſt. Sch. 449b; Wenn
Sie mich ſo f. [mir höflich begegnen]. 712b. 6) (ſ. 4)
mit ſachlichem oder abſtraktem, gleichſam perſonificiertem
Subj. (ſ: ergreifen): Des Gatten denke, den das ſcharfe
Schwert, | der Kinder, die des Hauſes Flamme tobend faſſt.
G. 6, 304; Die Elemente f. ſich [einander], die tobenden.
306; Chamiſſo 4, 54 ꝛc.; Ein Graun (3, 21), eine Schauer
(G. 11, 14), bleiches Entſetzen faſſt Einên. V. Od. 12, 243
ꝛc., auch) unperſ.: Es faßte mich mit wolluſtvollem Grauen.
Sch. 46a. 7) inſofern das Obj. nicht ein körperlich
Greifbares, ſondern ein durch die Sinne oder geiſtig
zu Er- und Begreifendes iſt (vgl. handgreiflich). Der
Faſſende kann dabei theils (ſ. 1) gleichſam das Gefäß
ſein, welches Mitgetheiltes in ſich aufnimmt, theils
(ſ. 4) ſelbſtthätig Etwas zu ergreifen ſtreben: a) Eine
Form, die . .. nicht mit Händen gegriffen, die gefühlt ſein
will. Unſer Kopf muß überſehen, was ein andrer Kopf f.
kann. G. 31, 15; Daß ihr tiefſinnig faſſt, | was in
des Menſchen Hirn nicht paſſt. 11, 79; Sollt ihr’s
mit Händen greifen und f. Sch. 328a; 358b ꝛc. b) Eine
Rede zu Ohren. 2. Moſ. 15, 26; Zu Herzen und in
die Seele f. 5. Moſ. 11, 18 ꝛc.; Den Geſang wohl f. [hö-
ren]. Ramler F. 2, 289; Der Sinn ergreift und denkt ſich
’was .. Ein flüchtig Bild, es iſt gefaſſt, | allein es läſſt ſich
nicht erhalten. G. 3, 75. c) Ein Ziel ins Auge, aufs
Korn (ſ. d.) f., um es zu treffen: Ihr habt mich gut ge
faſſt [ſchießend getroffen]. Chamiſſo 4, 127. 8) (ſ. 1)
Etwas f., in eine beſtimmte Form, nam. auch der Dar-
ſtellung, bringen (vgl. 13; ab- u. ver-f.): Die Ferne
ſchien in Formen ſich zu f. | Jch ſah. den blauen Nebel halb
zerronnen | und halb erſtarren zu begrenzten Maſſen. Chamiſſo
4, 29; Hübſch iſt das Regiment gefaſſt [in Ordnung].
Waldis Pſ. 133, 1; Die höchſte Weisheit in Fabeln gefaſſt.
Mattheſius Luth. 98b; In klare Worte faſſen deine Meinung.
Sch. 438; G. 2, 118 ꝛc.; Etwas in kurze Worte faſſen, zu-
ſammen-f.; Es (Hebel 3, 149), ſeinen Gedanken, ſich kurz f.;
Ein langes Unglück ſpracheſt kurzgefaſſt du aus. WHumboldt
3, 54; Etwas in Eins f. G. 6, 30, zuſammen-f., es ver-
einigen. 9) vielleicht gehört zu 8 auch: Einen Be-
ſchluß, Rathſchluß (Sch. 492b) f., dazu kommen, Etwas
beſchließen. Daran reihen ſich ähnl. Ausdrücke, worin
das Obj. etwas noch nicht Vorhandnes, ſondern erſt
durch das Faſſen Entſtehendes, Werdendes bez., z. B.:
Entſchlüſſe (G. 13, 106), Vorſätze, Anſchläge, eine Anſicht
(Lewald W. 1, 266), Meinung, Zuneigung, Liebe zu Einem,
Abneigung, Haß gegen Einen, Argwohn (Luther 6, 5a) f. ꝛc.;
auch: Muth, ſich ein Herz f. (Rückert Roſt. 50a) ꝛc.; doch
vgl.: Das Herz in die Hände nehmen. Uhland 45, und:
Das Herz entfällt Einem ꝛc. 10) (ſ. 1 und 8): Die
Seele mit Geduld f. Luk. 21, 19, gw.: Sich f. = ſich
zuſammenehmen, Ggſtz.: außer ſich gerathen, alſo:
bei ſich, ruhig und beſonnen ſein, namentl. bei etwas
Schlimmem, das Einen betroffen hat oder bedroht,
z. B.: Wenn ich mich bedenk’ und faſſe. G. 1, 48; 13, 177;
Sch. 358a u. o., ſelten mit Genit.: Ehe ſich B. noch dieſes
für ihn ſo beſchämenden Befehls f. konnte. König Jer. 2,
176 ꝛc. Ferner: Das Wetter, das in den erſten Tagen
meiſt Regen brachte, hatte ſich gefaſſt und verſprach beſtändig
zu bleiben. Mörike N. 482. a) beſ. oft das Part.:
Gefaſſt = ruhig, beſonnen, auf etwas Bevorſtehndes
vorbereitet, früher allgem. = gerüſtet, verſehn mit
Etwas. Schmeller, und vgl. ver-f. 1 und 4, wie auch
Stalder 1, 356; Auf einen Gaſt g. Chamiſſo 3, 227; G.,
mein Schickſal zu vernehmen. 4, 251; Man war auf das
Äußerſte g. Droyſen Y. 1, 277; Mache dich auf etwas Un-
angenehmes g. G. 20, 252; Eh ich g–er bin. 13, 157; Der
g–e Blick. Heinſe A. 2, 75; So bin ich zu Allem ſehr g. L.
12, 425; Ein Auftritt, .., auf den das weiſe Paar ſich nicht
g. gehalten. W. 3, 38 u. o. Ungew. von einer thätigen
Vorbereitung gegen einen Andern: Ihn zu ermorden, g.
V. Od. 4, 823. Dazu: Mehr Gefaſſtheit und Ruhe.
G. 31, 262; Den Anblick der Ruhe und ernſten G–heit.
Auerbach Tag. 148; Danzel 207; Keller gH. 3, 46, gw.
Faſſung (ſ. 3). 11) refl.: ſ. 8 und 10; ferner (ſ.
Sich): Etwas faſſt ſich, läſſt ſich f. = iſt zu faſſen: Wie
glänzt das Gefäß! O wie faſſt es ſich ſchlank! [4]. G. 10,
289; Dieſer Edelſtein faſſt [2] ſich ſchlecht; Solche Beſchlüſſe
f. ſich [9] nicht leicht ꝛc. Verſch.: Die Knaben f. ſich
[= einander] ringend ꝛc. 12) ohne Obj., alſo ſchein-
bar intr.; z. B. werden Hunde gehetzt mit dem Ruf:
Faß! [4 = beiß, pack an!]; Der Knabe faſſt [7a] leicht;
Der erſte Nagel faſſt [dringt ein, ſitzt feſt]. Chamiſo 4,
147; Weil ſeine Oberfläche rauh iſt und die Nägel der Berg-
ſchuhe leicht darauf f. Kohl Alp. 1, 48; mit ähnl. Sinn:
Hier faß ich Fuß. G. 12, 82; Auf jedem Vorſprung f. Fich-
ten Wurzel. 14, 177 ꝛc., was zu erklären ſein dürfte:
den Fuß ſetzen, ſo daß er faſſt ꝛc., vgl. noch: Das
will aber doch nirgend [Platz] greifen und [Wurzel] f.
G. 3, 123. 13) dazu: Fäſſung, f.; –en: a) o.
Mz., das Faſſen z. B.: Die F. des Biers [1]; eines
Bilds, Edelſteins, Stollens [2]; eines Vorſatzes [9] ꝛc.
b) wie Ein-F. (ſ. einfaſſen), Das, worin Etwas gefaſſt
iſt. c) [8] die dem Inhalt einer Schrift gegebne
Darſtellungsform: Je weniger ſie gegen das Werk ſelbſt
vorbringen konnten, deſto mehr mäkelten ſie an der F. ꝛc.,
nam. auch prägnant = die knappe Form: Aus dem
formloſen Schweifen ſich zuſammenziehen und die Bildungs-
gabe, die ihm angeboren war, mit kunſtgemäßer F. benutzen.
G. 22, 189. d) [10] der Zuſtand, in dem Jemands
Gemüth ſich befindet (vgl. ver-f. 4 und 5): Doch that
er ſeiner F. [Gemüthsſtimmung] viel Gewalt. Schlegel
Haml. 3, 1; Die der Seelen-F. analogen Veränderungen.
Engel 7, 201, und prägnant der Zuſtand Deſſen, der
ſich zuſammennimmt, Gefaſſtheit [10a]: Zerſtreutes We-
ſen führt uns nicht zum Ziel, | erſt müſſen wir in F. uns ver-
ſühnen. G. 12, 20; Meine Wanderjahre mit mehr F. und
Stätigkeit zu vollenden. 18, 274; Weiſere F. | ziemet dem
Alter. Sch. 490b; Biſt du deiner F. auch gewiß? | wirſt du’s
vermögen, ruhigen Geſichts | vor dieſen Mann zu treten?
358a; 377b ꝛc. Sehr oft: Die F. verlieren, aus der
F. kommen, Einen aus der F. bringen; ſeltner: Ohne ſich
aus der F. zu geben [bringen zu laſſen]. G. 19, 195 ꝛc.
Vgl. auch Be-f. 3; Ver-f. 5; Schmeller 1, 569 ꝛc.
Anm. Vom ſelben Stamm mit fangen, ſ. d. u. Zſſtzg.,
auch Futter, vgl. ahd. fazza, Gebund, fazon, packen, bela-
den ꝛc. Graff 3, 732, vgl. Schmeller 1, 569. Nbnf. im
Präſ.: Du, er fäſſt, z. B.: Ihn fäſſt es. Droyſen Ar. 1, 398.
Zſſtzg. (vgl. die von fangen), z. B.: Áb-: 1) [1]
Bier a.: kaufm.: Waaren a., ſie in beſtimmten Quan-
titäten im Voraus abwägen und einpacken; weidm.:
Eine Leine a.; abwickeln; Verbrecher a., ſie faſſen u. ab-
führen. Scherr Pr. 145 ꝛc.; ſ. auch Face. 2) [9]:
Um Dem zuvorzukommen, | hab ich’s mit ſchleuniger Ent-
ſchließung ſo | mir abgefaſſt [feſtgeſetzt]. Schlegel Haml. 3,
1. 3) [8]: Etwas a., einen gegebnen Inhalt un-
ſelbſtändig und abhängig anordnen und formulieren,
im Ggſtz. von Ver-f., das auch das freie und ſelbſtän-
dige Ausarbeiten bez.; Abfaſſ-er, -ung. Án-
[4]: angreifen, anpacken, eigentl. mit den Händen,
Zähnen ꝛc.: Daß man ſie wegen ihrer Unreinlichkeit mit kei-
ner Zange hätte a. ſollen. Stilling 3, 10; Das Tuch bei allen
vier Zipfeln, die Sache am andern, beim rechten Ende, ein-
mal anders a.; Etwas oder Einen hart, unſanft a.; Den
Schuldner a., zur Bezahlung anhalten; Alles mit Glacé-
handſchuhen a., ſäuberlich, rückſichtsvoll ꝛc.; Jch faſſe
Alles noch ſtramm mit an [ſchaffe, arbeite mit]. Immermann
M. 3, 33; Der Rettende faſſt an und klügelt nicht. G. 13,
306; ferner [5]: Wir faſſen ein Geſetz begierig an [brau-
chen es als Handhabe], | das unſrer Leidenſchaft zur Waffe
dient. 75 ꝛc.; auch refl.: Meine Hände faſſen [fühlen] ſich
härter an als einſt. Gutzkow R. 9, 454; nam. aber auch
übertr. [6] = packen, ergreifen: Ein Schauer (G. 11,
22); Der Menſchheit ganzer Jammer (198); Die Erinnrung
(8, 110) faſſt mich an; Wie ſcharf der Trompete Schmet-
tern Ohr und Eingeweid | zerreißend anfaſſt. 12, 186; Bei
dieſem herz-a–den Anblick. Muſäus M. 1, 44 ꝛc.; ferner
[12]: Wenn der Troſt nimmer recht an den geſchlagnen Ge-
müthern a. [haften wurzeln] wollte Hebel 3, 30.
Perlen a. [2], an eine Schnur anreihn, u. ſo übertr.:
Was auch ſich ſucht und flieht, ſich liebt und haſſt, | Eins
wird vom Andern ſchicklich angefaſſt. G. 6, 435, ſich an ein-
ander reihend. Āūf-: faſſen u. aufnehmen, z. B.:
Wenn der Trank zureichend gegoren, faſſet man ihn auf [1].
Stralſ. Kochb. 2, 14; Das Waſſer klatſcht herab, von einem
großen Becken | aus Jaspis aufgefaſſt. W. 12, 284; Daß
ich hiemit kein falſches Ende [des Fadens] aufgefaſſt [4].
L. 11, 504; Faſſt alle Schwerter auf [ergreift ſie]. Sch.
169a; Ich will ... a. [auffangen] für dich jeden Tropfen
aus dem Becher der Freude. 184a; Er faſſt Amanden auf
[faſſt und hebt, trägt ſie] | und flieht mit ihr dahin. W.
20, 190; 11, 235; Der Fürſten, die .. in ihrer hohen Tha-
ten unbedingten Kreis | auch uns, mit Vaterarmen, gütig
aufgefaſſt [aufgenommen]. G. 6, 344; Empfangt mich
dann, ihr Wellen, faſſt mich auf! 13, 342; Deßhalb ſuchen
ſie einen Hauptmann ... und ſie haben mich aufgefaſſt [mil-
der als: aufgegriffen = mich, den ihnen Aufgeſtoßnen,
gefaſſt] und angeſprochen. 35, 116; Unaufgefaſſte [nicht
auf eine Schnur gereihte] Perlen. H. Rel. 7, 77 ꝛc.
Namentl. aber: etwas Mitgetheiltes, Gegebnes, Vor-
handnes geiſtig faſſend [7] in ſich aufnehmen, beſon-
ders mit Rückſicht darauf, wie man es in ſich aufnimmt
und ſich aneignet: Ein richtiges Apercü a. G. 39, 203;
Eine ins Leben eingreifende Handlung zum Text geiſtreicher
Geſpräche a. 27, 171; Poetiſch frei faſſen ſie die Welt und
Schönheit an und auf. IP. 41, 62; Das Buch iſt von einem
Franzoſen deutſch aufgefaſſt und franzöſiſch abgefaſſt. Rahel
1, 417 ꝛc. So auch: Ein Herz, das ſie nach ihrer Auf-
faſſung auf dem Wege der Verdammnis ſah. Gutzkow R.
2, 151; Meine Lebens-Auffaſſungen, wie ich ſie mir
nun einmal gebildet habe. 4, 307 ꝛc. Āūs-: ſelten:
Bier a. [1], aus dem Faß zapfen ꝛc. Be-: 1) tr.:
veraltend: Etwas in ſich begreifen, umfaſſen: Ange-
fangne Plane, wenn ſie zu viel-b–d waren. Engel 7, 14;
Das Weltall zerfällt, in unendliche, immer von größern Wel-
ten wieder befaßte Welten. Novalis 1, 167; Wie die Sonne
.die verſchiedenen Materien in ſich vereinigt befaſſet. IP.
17, 119; Unter dem Namen Orpheus b. die Griechen die
älteſten Entwilderer ihrer Nation. W. 5, 150. 2) retl.
ſich mit Einem, mit Etwas b. = ſich damit ab-
geben, bemengen, ſich auf oder in Etwas einlaſſen:
Wer will ſich mit den Narr’n b.? G. 11, 109; Sie
ſollten ſich mit ſolchen Händeln nicht b. 20, 203 ꝛc.
3) zuweilen auch: Daß dies zu Goethe’s Be-
faſſung mit der dortigen. Welt nicht ganz geſtimmt. Schöll,
ſ. G. Stein 3, 300; bei L. 10, 199 auch: Sich in einer
Befaſſung [Stimmung des Gemüths ꝛc.] fühlen.
Durch-: faſſend durchdringen ſelten: Gott, du mir
ſo fern und nah, | andringend mir in meinem Innerſten, |
d–d mich. H. 16, 97. Eīn-: 1) ſehr häufig = faſſen
[1, 2 und 8], z. B.: Wenn der eingefaßte [Bienen-]
Schwarm wieder entfliegt. V. Georg. 250; Mit waldbedeck-
ten Hügeln eingefaſſt. Forſter R. 1, 203; Immermann M. 1,
295; Den Liebetraut mag der Biſchof in Gold e. G. 9, 48;
Platen 7, 83; Das allgemeiner Gedachte ins Engere der Per-
ſönlichkeit e. G. 18, 276; zuw. auch: Unmöglich wär’s,
die Flüchtigen einzufaſſen. 12, 60 = ſie faſſend anzuhal-
ten und einzuziehn. 2) Einfaſſung, das Ein-
faſſen, auch Das, womit Etwas eingefaſſt wird: Auf
der E. des Börnleins. Kinkel Erz.421; Zur E. ſo herrlicher
Gedankenbilder dienen. HVoß JP. 70; Grüne Beet-E–en
umſchließen fremde Gewächſe. G. 23, 297; Den Schnörkeln
aller Altar-E–en. 31, 19 ꝛc. Er-: Etwas faſſend
erreichen, erlangen, verſtärktes faſſen: Führ ihn, kannſt
du ihn e., | auf deinem Wege mit herab. G. 11, 16; Sie
hatte den Drücker erfaſſt. Gutzkow R. 6, 177; Als er wieder
Boden erfaſſt [12]. Hebel 3, 361; Die nächſten Äſte viel zu
hoch, ſie zu e. Muſäus M. 1, 30; So mußer kecke. [angrei-
fen] die arge, böſe Welt. Uhland 56 ꝛc.; auch: Entſetzen
hat ihn erfaſſt. Chamiſſo 4, 175; 3, 191; 254 u. o.;
Dem Schmerzerfaßten. 4, 134 ꝛc. Hêr-, Hin-: nach
Etwas ꝛc. I. Um-: faſſend umgeben, allſeitig in
ſich ſchließen, umſchließen, umſchlingen, umfangen,
umarmen: Umfaßte mit ihrer | Linken ſeine Kniee. B. 192a;
Laß den Koloſſen | um-f. eine halbe Welt. Chamiſſo 4, 57;
Dieſelben Mauern um-f. nach des Landes Rath. 77; Die
Moresken .., die jedes Bild umfaßten. Freiligrath 1, 176;
Als das .. Netz im rechten Moment ſie umfaßte, | raſch die
Verſchlungnen umſchlang. G. 1, 239; Sie hielten ein-
ander umfaſſt; wer das Andere zuerſt ergriffen, wäre nicht
zu unterſcheiden geweſen. 15, 104; Der Geſchichtſchreiber
umfaſſt alle Fäden irdiſchen Wirkens. WHumboldt 1, 3; In
entſchloſſenem U. [Ergreifen] des Unvermeidlichen. 3, 8;
Zum erſten Mal .. umfaſſ’ ich meines Glückes Fülle ganz.
Sch. 492; Lautaufweinend umfaſſt ſie das Haupt des ..
Sohns. Stolberg Il. 18, 70 ꝛc. So auch: Bei deinem
trauten Arm-U. [Umarmen]. Jacobi Ir. 3, 149 und im
Part. = von weitem Umfang, Viel in ſich ſchließend:
U–de Unternehmung. Danzel 330; U–des Studium. 416; Den
weit u–dſten Übeln. L. 10, 277 ꝛc.; So all- u–d und ſo kon-
ſequent durchgeführt. Fichte Nic. 12. So auch: Der All-
Umfaſſer, | der All-Erhalter, | faſſt und erhält er nicht |
dich, mich, ſich ſelbſt? G. 11, 150; Gier’ger All-Umfaſſer.
Chamiſſo 4, 187. II. Um-: 1) zuweilen ſtatt
I: Mit müder Umarmung | faſſt er ihn um. Kl. M. 2)
gw. = anders faſſen [2]: Daß ſie ihn [den Edelſtein]
habe um-f. laſſen. G. 29, 38; Der Brillantſchmuck ſoll um-
gefaſſt werden. I. Unter-: Einen, Etwas unter-f., von
unten faſſend unterſtützen, auch: Gegen Abend faßte ſie
mich unter [untern Arm]. Lewald Ferd. 1, 35. II. Un-
ter-: Einen von unten faſſen, um ihn umzuwerfen:
Als der wilde Mann ſchon unterfaſſt, der Pallaſch ihm aus
der Hand entwunden war. Alexis Dor. 1, Kap. 10.
Ver-: 1) eig., verſtärktes faſſen, zuw. mit dem Neben-
begriff der Verbindung, des Vereinigens, z. B.: Das
zweite Faß Jovis, in dem nichts Gutes verfaſſt [1] oder zu
finden. Weidner 131; Daß man ſie verfaſſt [2] für Dia-
mante halten ſollte. L. 11, 243 (vgl. 3) ꝛc. So auch
(Bauk.) heißt es von den Haupthölzern, daß ſie die
Ständer, über denen ſie liegen, zuſammen ver-f. [ver-
binden] und bibl.: Daß alle Dinge zuſammen unter ein
Haupt verfaſſet [vereinigt] würden in Chriſto. Epheſ. 1, 10;
Da er die Tiefen mit ſeinem Ziel verfaſſete [in ihre Grenzen
ſchloß]. Spr. 8, 27; Das wird in dieſem Wort verfaſſet
[begriffen, liegt darin]. Röm. 13, 9; Luther 5, 9b und
ſo auch noch: In dieſen fünfDefinitionen iſt die ganze new-
toniſche Lehre verfaſſt. G. 39, 257. Doch iſt in dieſer
Allgemeinheit das Wort veralt. oder doch veraltend,
ebenſo wie: ver-f. = mit Etwas verſehen, ausrüſten,
ſ. Schm. und z. B.: Welches Schloß .. befeſtigt und zur
Wehr noch baß verfaſſt iſt. Stumpf 391b (ſ. 4). 2)
allgm. üblich aber iſt ver-f. noch von der Anordnung
und Darſtellung eines Stoffs in einer Schrift, einem
Schriftwerk, zumal von der freien und ſelbſtändigen
Ausarbeitung, im Ggſtz. des Abfaſſens (ſ. d.): Ein
Werk ver-f.; Alle meine Handlung in Schriften zu ver-f.
Berlichingen 248; Jene ausführliche, in ihre Seele verfaßte
Schilderung. G. 21 152 ꝛc.; doch auch: [Ich] verfaßte
[faßte ab] das Verhör, wie ſich’s gehört. Chamiſſo 4, 26.
vgl. Dan. 7, 1 ꝛc. (ſ. 6). 3) zuw. auch: einen Edel-
ſtein ꝛc. ſchlecht faſſen: Der Diamant iſt verfaſſt, durch
die Faſſung entſtellt ꝛc. (vgl. 1). 4) Zu dem am
Schluß von 1 erwähnten „mit Etwas verfaſſt [ver-
ſehen] ſein“ gehört auch der jetzt veralt. ſubſt. Inf.,
eig. das Gerüſtet-, das Vorbereitet-ſein auf Etwas,
dann allgm.: der Zuſtand, worin man oder Etwas fich
befindet, wie Etwas eingerichtet iſt, die Lage, Gemüths-
ſtimmung ꝛc., z. B. in Burmann’s Fabeln (1773): ūber-
haupt herrſcht hier ein trauriges V. 16; Seines Herzens
Hälfte zu verlaſſen, | war ihm das traurigſte V. 28; Bei ſo
zärtlichem V. | muß jede Frau das Schlafen bleiben laſſen.
111; Nun ſetzt er ſich erſt recht ins ſuchende V. [fängt erſt
recht an, zu ſuchen]. 161 ꝛc. 5) Statt V. (4) Ver-
fäſſung, f.; –en, z. B. bei Adelung: Sich auf einen
Krieg in gute V- ſetzen [rüſten]; Den Feind in ſchlechter V.
antreffen; Sich zu einem Bau in V. ſetzen; Außer aller V.
zu Etwas ſein; Man muß ihm wegen ſeiner jetzigen V. [Lage]
ſehr liebreich nachſehen ꝛc. Auch: Mehre Tage hindurch in
einer leeren V. [nüchtern] zu bleiben. Immermann M. 2,
275; Daß ich ganz aus der V. [Faſſung] kam. Keler gH.
2, 234; So verführeriſch, daß es nicht möglich war, ſich in
V. gegen ihn zu ſetzen. W. 3, 73. Doch dürfen auch dieſe
Anwendungen als veralt. und mundartl. gelten; allgm.
üblich aber iſt V. zur Bez. der Stimmung, worin ſich
das Gemüth in einer Lage befindet: V–en, wie meine,
wollen | geſchmeichelt ſein. Sch. 301b; In dieſer Gemüths-
V. W. 5, 8; 9, 25 ꝛc. und nam. wie Konſtitution (ſ. d.)
vonder geſetzlichen Anordnung und Einrichtung, wo-
durch die Form einer bürgerlichen Geſellſchaft und das
Verhältnis der Mitglieder zum Ganzen und ihre Rechte
feſtgeſetzt ſind: Den Eid auf die V. [das Staats-Grund-
geſetz] leiſten; Die V. verletzen ꝛc.; Von einer freien länd-
lichen Gemeinde-V. kaum eine Spur. Auerbach Tag. 42;
Eine Grille der alten Lehns-V. Kant Buchm. 12; Lan-
des-, Kreis-, Staats-V. ꝛc. 6) (Zu 2) Ver-
fáſſer, m., –s; uv.; -in, f.; –nen: Der V., die V–in
dieſer Schrift, dieſes Werks ꝛc., auch ohne ausgedrückten
Gen. = Autor. Dazu: Die Verfaſſerſchaft.
Danzel 190 u. ö. = Urheberſchaft in Bezug auf ein
Schriftwerk. Vōr-: Etwas früher, vorher in ſich
aufnehmen: Die Nähe des ſchönen Kindes mußte wohl in
der Seele des jungen Mannes, der noch keine natürliche oder
künſtleriſche Phyſiognomie vorgefaſſt hatte, einen ſo lebhaften
Eindruck machen. G. 15, 166, nam. aber im Part.
von Meinungen, Anſichten ꝛc., die man faſſt und ſich
bildet, ehe man den Ggſtd. derſelben erkannt hat, vgl.
Vorurtheil: Neigung oder Abneigung, vorgefaßte Meinung
der Kommiſſarien. G. 39, 230; 297; Nicht aus Kindern ..
etwas Vorgefaßtes zu machen, ſondern das Vorbeſtimmte
werden zu laſſen. König Kl. 1, 271; ſeltner: Ich will nicht
vor-f. [voreilig urtheilen]. Hippel (Campe). Zuſám-
men-: Etwas durch Faſſen zuſammenbringen, ver-
einigen [8]: In wenig Worte das Wichtigſte z. Alxinger D.
37; Schwer, die Summe von Gefühlen zuſammenzufaſſen.
Burmeiſter gB. 2, 186; So kann ich wohl in der Zeichen-
ſprache mich kürzlich z. G. 15, 45; Nach vielen Punkten hin-
zuwirken, damit man ſie in einem Brennpunkte .. zuſammen-
gefaſſt erkenne. 18, 341; Mein Zirk iſt ſehr enge zuſammen-
gefaſſt [2; begrenzt]. Knebel 3, 77; So zertrennte Stücke
in ein raumerfüllendes Ganze z. L. 11, 143; Die zum kühn-
ſten Wagnis ſich z–de [zuſammen-raffende, -nehmende]
Entſchloſſenheit. Stahr Jahr. 1, 380 ꝛc.