Faksimile 0395 | Seite 387
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fähig Fähigkeit
Fǟhig, a. (~keit, f.; –en): mit dem Ggſtz.:
Un-, Etwas in ſich faſſend; den Keim, die Anlage,
die Möglichkeit dazu in ſich ſchließend; dazu im Stande
ſeiend, es könnend; dazu, dafür geeignet: 1) mit bei-
gefügter Ergänzung: a) durch Präpoſ., gewöhnl. zu,
z. B.: Er iſt zu dem Amte f., un-f. [ihm gewachſen ꝛc.];
Er iſt zu allen Schandthaten f. [im Stande, ſie zubegehn];
Ich wüßte nicht, wozu mein gekränktes Herz jetzt nicht Alles f.
wäre. G. 10, 196; Die einmal konſtatierte Un-F–keit zu
einer Leiſtung. Wigand Jahrb. 2, 336 ꝛc. (ſ. c). Zuw.
auch mit für, doch mehr mit paſſivem Sinne = empfäng-
lich, empfindlich, z. B.: Daß eine Seele in mir lebt, f.
für Alles, was ſchön und gut iſt. Sch. Lengf. 358.
b) mit Gen. = zu und für (a): Auch nicht eines Gedan-
kens von Rachſucht f. Forſter R. 1, 243; Er gab dem Herzen
ſeine Freiheit wieder und machte es der Liebe f–er. G. 14,
251; Tief un-f. jedes göttlichen Gefühls. Hölderlin H. 2,
112; F. der Würden dieſes Reichs. Lohenſtein Ibr. 23 v.
517; Zu richten unſern Sinn auf deine Niedrigkeit, | auf
daß wir f. ſein der Gottheit nach der Zeit. Opitz 1, 17; Ich
geſtehe, daß ich dieſer Auffaſſung nicht f. bin. Radowitz 36 ꝛc.
Bei allgem. ſächl. Fw. (ſ. Das 4; Es 9 ꝛc.) auch
mit Accuſ.: Dieſer Mann iſt Alles f. Heine Sal. 1, 131;
Lut. 2, 193 ꝛc. c) durch einen abhängigen Satz:
Dasſelbe, was ihn zur Sache un-f. [a] macht, macht ihn auch
un-f., ſeine F–keit zur [a] Sache zu beurtheilen. Fichte Nic.
33; Ein Herz, f., gerührt zu werden. G. 33, 18 ꝛc. Zuw.
auch (ſ. Und): Er iſt f. und ſagt es ihm ins Geſicht.
d) auch durch Zſſtzg., die theils aktiven, theils paſſiven
Infinitiven entſprechen (ſ. a—c), vgl.: Jch ſchreibe ſo-
wohl der objektiven als der ſubjektiven Unterhaltungs-F–keit
[dem Geeignetſein, Andre zu unterhalten und von ih-
nen unterhalten zu werden] eine Quantität .. zu. Men-
delsſohn 4, 1, 121. So z. B.: Anregungs-f. Gutzkow R.
7, 362; Ausdrucks-F–keit der eignen Sprache. WHumboldt
3, 14; War ſeine Koſtüme ball-f., hof-f. oder noch etwas
mehr. Monatbl. 1, 360b; Der bau-f–e Boden längſt zu an-
dern Kulturen benutzt. Tſchudi 38; Eine kleine beſchluß-unf–e
Minorität. Auerbach Tag. 123; Der Jtaliener hat große
Bildungs-F–keit. Monatbl. 2, 442b; Ehren-f. [zu Ehren-
ſtellen berechtigt]. Gotthelf Sch. 192; Die Flammen-F–keit
der Begeiſtrung. Heine Lut. 1, 297; Dies freude-f–e Völk-
chen der Jugend. Ruge Rev. 2, 93; Die Glaubens-F–keit
jener Ahnherren. G. 20, 165; Heiraths-f–e Tochter. Waldau
Nat. 3, 30; Einen alten verſchimmelten Betteljuden him-
mel-f. [vgl. hof-f. ꝛc.] zu machen. Heine Reiſ. 4, 68; Hof-
oder Kour-f., zum Zutritt bei Hof berechtigt; Nun da
wir jagd-f. [paſſ., ſoweit, daß man auf uns Jagd macht]
ſind, treten die Dämonen mit Weidmannsgeräth in das Re-
vier. Tieck Acc. 2, 101; In den Jahren, wo der Mann erſt
liebe-f. wird. G. 15, 16; Das Unmöglichmachen einer in-
nern Nähr-F–keit. Waldau Nat. 2, 100; Raths-f–e Ge-
ſchlechter. Friſch [berechtigt zur Aufnahme in den Rath];
Die Reifungs-F–keit, dem Drama ohne das Impfreis der al-
ten Kunſt eine genießbare Frucht abzugewinnen. Gervinus Sh.
1, 101; Eine ſalz-f–e Baſis [die Salze bilden kann].
Karmarſch 3, 320; Bei aller Schrift-F–keit [Gewandtheit
im ſchriftlichen Ausdruck]. Auerbach SchV. 19: zuweilen
auch = ſchriftſäſſig (ſ. d.); Sing-f–e Schauſpieler; Ich,
von ſtifts-f–em Geſchlechte. Ramler F. 3, 23 [= ſtifts-
mäßig, zur Aufnahme in ein adliges Stift berechtigt];
Seinen Degen gegen die Kammerherrenſchlüſſel und Stifts-
F–keiten in die Wagſchale zu werfen. Droyſen Y. 1, 67;
Succeſſions-unf. Immermann M. 4, 197; Von bergmänni-
ſchen Unternehmungen und den dazu erforderlichen Kenntniſſen
und That-F–keiten. G. 18, 40; Die leichtere oder langſamere
Verflüſſigungs-F–keit des Lavamaterials. Burmeiſter Gſch. 64;
Wenn unſer Geiſt waffen-f. wird. Hölderlin H. 1, 21; Zahl-f.
Heine Reiſ. 4, 184; Achtung vor der Zahlungs-F–keit eines
Londoner Hauſes. Gutzkow R. 7, 130; Der Unzahlungs-F–e.
Rückert Morg. 1, 93; Zahlungs-unf. ꝛc. [im Stande, oder
nicht im Stande zu zahlen, (in)ſolvent]; Er iſt nicht
zurechnungs-f. [in einem Zuſtand, wo er für ſein Thun
verantwortlich gemacht werden kann]; Unzurechnungs-f.
Gutzkow R. 8, 330; Unzurechen-f. Gervinus Sh. 1, 213;
Zucht-f–e Schweine. Landwirthſchaftl. Ztg. (55) 578au. v. ä.
2) ohne beſ. Ergänzung = mit Anlagen begabt,
talentvoll, geſchickt: Ein f–er Kopf; Höre den Rath, den
die Leier tönt; | doch er nutzt nur, wenn du f. biſt. G. 4,
39; F–keiten werden vorausgeſetzt, ſie ſollen zu Fertigkeiten
[fertig 5] werden. 15, 48; 14; So ſchließt ſich die ſchönſte
F–keit unvermuthet zur Fertigkeit auf. 18, 289; 344; Seine
[des Lichtes] F–keiten [die in ihm liegenden Eigenſchaf-
ten]. 38, 9 ꝛc. Zuw. auch: F–keit (wie Kapazität,
Talent, namentl. in Mz. = fähiger Kopf, Menſch:
Es gehört ſchon eine große Maſſe von gebildeten Künſtlern,
eine Menge von heranſtrebenden F–keiten dazu. 26, 279 ꝛ.
Anm. Von fahen (ſ. d. und Faden, Anm.) Bei Spate
noch: Der Becher iſt eines Nöſels f. [faſſt einen Nöſel];
Pictorius hat auch ſtatt Fähigkeit das abſtr.: Die Fähe.
Ferner: Der Glaube .. macht das Herz empfähig göttlicher
Gaben. Luther 1, 172b; Perſon, die der Tauf empfähig iſt
[ſie empfängt]. 6, 84a, vgl.: Empfänglich u. zu 2: Bald-
fähig = ſchnellfaſſend, raſch begreifend. Francke Chr. 73a ꝛc.