Faksimile 0382 | Seite 374
Faksimile 0382 | Seite 374
Faksimile 0382 | Seite 374
erst
I. Erſt, a.: Superlat. zu „eher“ (ſ. Eh I),
als Ew., adverbiell und abhängig von Präpoſ. u. als
Adv.: 1) Ew., Ggſtz. von ,letzt“ und als Ordnungs-
zahl der Hauptzahl „eins“ entſprechend, der Reihen-
folge nach allen Andern vorangehend, ſei dies nun
eine zufällige oder eine wirkliche, z. B. nach der Zeit
oder nach dem äußern Rang oder der innern Güte ꝛc.
geordnete, z. B.: Die e–e Klaſſe, auf katholiſchen Schu-
len die unterſte, in der der Unterricht beginnt, auf
proteſtantiſchen die oberſte, die dem Rang nach den
übrigen vorangehnde (ſ. Enſe Denkw. 1, 29) u. ſo auch
gw.: Ein Lügner der e–en Klaſſe (a) ꝛc.; Der Schütze, der
den e–en Schuß gethan, bald der, welcher früher,
bald der, welcher beſſer als die übrigen geſchoſſen.
In der e–en Zeit, je nach dem Tempus des Zw.: in der
von der Gegenwart entfernteſten Vergangenheit, od. in
der in ihr nächſten Zukunft u. ä. m. a) im Sinn
von ,vorzüglich“, z. B.: Eine Arbeit vom e–en Meiſter;
Die e–e Geige ſpielen; Die e–e Stimme ſingen; Die e–e
Sängerin, Schauſpielerin; Dem E–en unter den Menſchen.
G. 9, 292; Solche Erfindungen ſind von der e–en Schön-
heit. Sch. G. 2, 83 ꝛc., zuw. auch mit dem unbeſt. Ar-
tikel (ſ. Am): Ein e–er und höchſt wichtiger Charakter
jedes tropiſchen Waldes. Burmeiſter gB. 2, 192; Gſch. 220,
vgl. d. b) oft verbunden mit dem Ggſtz.: Ich bin
der E–e und bin der Letzte und außer mir iſt kein Gott. Jeſ.
44, 6 ꝛc.; „Sollte nicht ein glückliches Naturell als das E–e
und Letzte einen Schauſpieler ... zum Ziele bringen?“ Das
E–e und Letzte, Anfang und Ende, möchte es wohl ſein und
bleiben, aber in der Mitte dürfte dem Künſtler Manches feh-
len. G. 16, 139 (ſ. h) ꝛc. c) wo von Zweien die
Rede iſt, wird von e. und letzt ein Komparativ gebil-
det. Der erſt(e)re, der letzt(e)re = jener, dieſer, auch
in Mz. (vgl. e). d) als Ordnungszahl mit dem
unbeſt. Artikel, vgl.: Das iſt ein dritter Grund, wo die
Reihenfolge als eine zufällige, nicht als eine geordnete
erſcheint, wie bei: Das iſt der dritte Grund. So ſelten
bei e. und letzt, z. B.: Ein e–er [gw.: der e–e] Blick,
den Hans auf das Schild that, zeigte ihm. Alexis H. 1, 1,
189, etwa = ein Blick und zwar der e–e ꝛc., dagegen
oft als Bez. eines Beginns, Anfangs, wie „ein letz-
ter“ ꝛc. eines Abſchluſſes, Endes, da es deren in
diſtributivem Sinn mehrere giebt, z. B. ſubſtant.
(ſ. h): Als politiſche Revolution iſt die Februarrevolution
ein Letztes ..., als ſociale iſt ſie ein E–es. Stahr Par. 1,
190 ꝛc. und adjekt.: [Der Brief] muß ein e–er ſein. Müll-
ner 6, 113, der Beginn eines Briefwechſels, ein Brief,
dem noch kein andrer voraufgegangen ꝛc. und ſo im
diſtrib. Sinn auch in der Mz. (ſ. Dritt 3), z. B.:
Ich glaube nicht, daß viel e–e [od. Erſtlings-] Stücke jemals
beſſer geweſen. L 12, 456, ferner: Beſonders in den e–en
und in den fünften Akten ihrer Stücke. Engel 4, 174, vgl.:
Die fünften Akte [verſchiedner Stücke]. G. 16, 19; Er ließ
(je) die Zehnten vortreten ꝛc. e) aber auch außer im
diſtribut. Sinn (ſ. d) kommt e. und letzt in der Mz.
vor, indem auch in Bezug auf eine Reihe Anfang u.
Ende über mehrere ausgedehnt werden kann. So giebt
es freilich im Monat Januar, wie einen zwanzigſten
Tag nur einen erſten (letzten), ſo auch oft mit
Auslaſſung des als bekannt vorausgeſetzten Monats-
namens: Am e–en, zwanzigſten ꝛc. wohl aber kann es
heißen: In den e–en (letzten) Tagen des Januars = im
Anfang, am Ende; Ein Mann in den e–en dreißiger Jah-
ren. Auerbach Tag. 109 (während es als ungw. bez. wer-
den muß: Sophokles ſchrieb Trauerſpiele bis in die acht-
zigſten Jahre. L. 6, 212); Alſo werden die Letzten die
E–en ſein. Matth. 19, 30 ꝛc. f) zuw. bleibt der beſt.
Artikel fort (vgl. II. Ehe 14): Mit e–er [der nächſten]
Poſt; Mit e–em guten Winde abzuſegeln. Forſter R. 1, 33;
Er ſtellt das alte Kaiſerthum mit e–em [ſ. 2e, nächſtens,
mit nächſtem] her. Tieck 2, 45 ꝛc.; Sie war nicht mehr in
e–er [der friſcheſten] Jugendblüthe. Gutzkow R. 1, 40 ꝛc.
g) in Verbind. mit „ich ſollnoch“, „ich habe noch zu“
ꝛc., um zu bez., daß von Etwas noch nicht das E–e,
es alſo durchaus noch nicht ſtattgehabt (vgl. 3d): Er
ſoll in ſeinem Leben noch ſein e–es Solo verlieren. Engel 12,
14; Ich ſoll Gronov’s Statius noch zum e–en Mal in die
Hand nehmen. L. 11, 362; Er hat mir von drei Briefen
noch den e–en zu beantworten. Sch. 739b ꝛc. h) wie
alle Ew. auch ſubſtant., z.B.: Er (Sie) iſt in der Schule
der (die) E–e; Das iſt das E–e, was ich höre [mir durchaus
neu, Das hab’ ich noch nie gehört]. L. 3, 438 ꝛc.; Der
(das) E–e und Letzte (ſ. b); Mein E–er [Mann, Gatte].
G. 11, 128 ꝛc. Eigth. (Bäcker.): Der E–e, die linke
Seite des Backofens; Die E., ſ. II. Nam. aber zu be-
merken iſt „der E–e“ ꝛc. mit zu ergänzendem ,„als“
neben Zeitw.: 1. Moſ. 38, 28; Joh. 5, 4; Sir. 49, 20;
Wenn ſie [als] die E–en an dein Ohr dich machten. Chamiſſo
4, 46; Der Rabe .. habe | es der E–e vorgeſpürt. Rückert
Morg. 1, 6; Warum bin ich nicht der E–e aus Mutterleib
gekrochen? Sch. 105b; Derſelbige ſtieg auch der E–e ans
Land. Sealsſield Leg. 2, 6; Zinkgräf 1, 238; 305 ꝛc., ſ. L.
11, 622, 639, gw.: zuerſt (ſ. 2g). i) Zſſtzg.,
z.B.: Verſtärkung wie bei allen Superlat. durch ,„al-
ler“: Die aller-e–en [nothwendigſten] Bedürfniſſe. G.
14, 215 ꝛc. (ſ. 2a, f u. g; 3a u. e), ferner: Das Da-
ſein eines ur-e–en Weſens ohne Anfang. Claudius 6, 100;
Zu dieſem ur-e–en Geiſte. WHumboldt 1, 36 ꝛc., zur Bez.
des Erſten von Urbeginn an, nicht in einer endlichen
Reihe. Verſch. äußerl. Zſſtzg., z. B.: Als jugend-
e–es Gut [Gut der erſten Jugend]. G. 12, 227, vgl.:
ſterbeletzt ꝛc. 2) adverbiell, abhängig von Präpoſ.,
theils in adjektiviſcher Form, theils in der Form ,,erſt“,
wo es mit der Präp. gw. zu einem Wort verſchmilzt,
vgl. auch I.: a) Am e–en, vor etwas Andrem, oder:
vor Allem (ſ. b), z. B.: Adam iſt am e–en gemacht, her-
nach Heva. 1. Tim. 2, 13; Trachtet am e–en [vor Allem]
nach dem Reich Gottes. Matth. 6, 33 ꝛc.; Drum ſei dir am
e–en [als dem E–en, zu-e., vor den Andern] gereicht der
goldene Becher. V. Od. 3, 50, ſ. f; So kommſt du noch am
(aller-)e–en ans Ziel, am leichteſten, ſ. II. Ehe 14. b)
Aufs e–e (veralt.): Die Weisheit von oben iſt aufs e–e [,,vor
Allem“ Eß] keuſch, darnach friedſam ꝛc. Jak. 3, 17; Wiſſet
Das aufs e–e [,,Vor allen Dingen wiſſet“ Eß]. 2. Petr.
3, 3 ꝛc., ſ. c. c) Fürs e–e, z. B. veralt. wie: aufs e–e,
z. B.: Das ſollt ihr für das e–e wiſſen. 2. Petr. 1, 20,
als das Erſte ꝛc., auch: Daß ich mich herzlich ſehne, vors
e–e in Ruhe zu kommen. L. 11, 245; ferner bei Aufzäh-
lung von Gründen, wie erſtens: Ich gehe nicht aus,
fürs erſte [denn e–ens] regnet’s, fürs zweite ꝛc.; ferner =
für den Anfang, vorläufig, auch: für die nächſte Zeit
(vgl. d u. II.: Für die Erſt), nicht ſelten: vors e–e:
Fürs e–e | wird Geld geſucht, dann eine Frau. W. HB. 1,
64 ꝛc.; Eine Zuflucht vors e–e angeboten. L. 1, 516; Ich
verharre nämlich vors e–e hier in Hamburg. 12, 246;
Schaffe du nur ... vor das e–e [vorjetzt, ſ. d.] Ruhe. 258
ꝛc. d) Für-e., ſ. c: Dann geht es morgen .. hinab,
für-e. [zunächſt] zu einer wunderbaren Familie. G. 18, 8:
Für-e. zu bleiben. König Kl. 2, 382; Daß für-e. nicht Ver-
dacht auf mich fallen kann, ſpäterhin iſt es gleichgültig. Tieck
A. 2, 75 ꝛc., auch hier: Mit dir habe ich vor-e. [⏑ –,
vorläufig, jetzt] Nichts mehr zu reden. G. 13, 153; Doch
vor-e. [– ⏑, vor Allem], dieſes halbe Jahr | nehmt ja
der beſten Ordnung wahr. 11, 79; Laſſt mich vor-e. [zuvor]
auf die Seite gehen. Sch. 103a; Vor-e. meinen herzlichen
Dank. Eieck N. 7, 152 ꝛc. S. Vorerſtig. e) Mit
e–em, ſ. 1f. f) Zum e–en, ſ. a: Drum ſoll dir zum
e–en [als dem E–en, „am e–en“. V.] der goldne Becher
gereicht ſein. Wiedaſch Od. 3, 50 = So hab ich es dir zum
e–en gebracht. Schaidenraißer 9b ꝛc.; Reinige zum e–en [vor
dem Andern] das Inwendige. Matth. 23, 26; Das muß
zum e–en [vorher] Alles geſchehen. 24, 6; So bin ich als
ich noch zum aller-e–en (ſ. 1i) war. Mühlpforth Geiſtl. 4,
früher, im Anfang. Ferner: Zum e–en, zum zweiten,
zum dritten! bei Verſteigrungen, indem das gethane Ge-
bot vor dem Zuſchlag dreimal ausgerufen wird; So
geb’ ich denn euren zwei tüchtigen Backen | zur Kurzweil drei
artige Nüſſe zu knacken: | Zum e–en ... Zum zweiten ...
Zum dritten . . . B. 66b, womit die drei Räthſel der
Reihenfolge nach aufgezählt werden, gw. die Zahladv.
auf „ens“, z. B.: „Drittens iſt er unausſtehlich und
viertens haſſe ich ihn wahrhaft.“ Das iſt freilich erſtens
und letztens bei euch. Tieck N. 1, 31. g) Zu-e., ſehr
häufig = vor allen Dingen, oder vor allen andern
Perſ. (ſ. 3a), aber auch = zum erſten Mal, verſtärkt
(ſ. 1i): Ich hab’ ihn heut zu aller-e. geſehen, entweder:
Keiner hat ihn oder: ich habe Keinen heute früher
geſehn, oder: Ich habe ihn nicht früher als heute ge-
ſehn ꝛc., Zu aller-e. [vor allen Dingen] erkläre ſich der Herr,
ob ſo ein Fall | ein Faktum. L. Nath. 4, 2 ꝛc., vgl. II.
3) adv.: a) = zu-e. (2g): Wer e. kommt, mahlt e.; E.
[anfänglich] ſind die Kirſchen roth, dann werden ſie ſchwarz;
Laſſet uns ihn lieben, denn er hat uns erſt geliebt. 1. Joh.
4, 19; Der Erſtgeborne: Der e. Genannte (ſ. c); Der Gna-
den vier verliehen, | den Turban e. [als die e–e Gnade,
e–ens] ꝛc. G. 4, 5, verſtärkt: Könnt’ ich einen Herrn er-
tragen, | ertrüg ich aller-e. [am aller-e–en] den Wein.
L. 1, 67 ꝛc. b) = vorher (ſ. c.), nam. in Bezug
auf etwas Nachfolgendes, dem Etwas vorangeht oder
vorangehen muß: E. Naſen und dann Brillen (Sprchw.);
Ich .. mag nicht bedächtig e. .. zu Rathe gehn! | Ich will
ſie ſprechen. G. 13, 307; Schneid’ ich e. oder eſſ’ ich e.? Ach,
ich will e. eſſen. Grimm M.; Erforſche dich e. ſelbſt .., eh
ꝛc., Lichtwer 181; Der Menſch, bevor zu ruhn gedenkt
er, | wiſſen muß er e., wovon er ausruht. Platen 4, 279 ꝛc.
c) (ſ. b) = vorher, vorhin, vor kurzer Zeit (ohne Be-
zug): Ich meinte e. Schüſſe zu hören. Höfer V. 263, mit
der Anm.: E., hier, wie öfter, ſoviel wie „vorhin“; Der e.
Genannte, Gedachte (vgl. a). d) enklitiſch, d. h. ſich
an eine nachfolgende Beſtimmung anlehnend und eine
Beſchränkung derſelben bezeichnend = noch nicht mehr,
nicht weiter als, wobei Etwas urſpr. nur als der An-
fang, als das Erſte erſcheint, in Bezug auf Das, was
nachfolgt oder nachfolgen ſollte: Ich habe e. die Hälfte,
e. 30 Seiten geleſen; Er iſt e. in Berlin ꝛc. Dafür mund-
artl.: Mein Denken ſtieg nur noch bis zum Empfinden.
Haler 173. In Bezug auf die Zeit doppeldeutig: Ich
habe ihn e. geſtern geſehn, entw.: nicht früher als geſtern,
oder z. B., wenn vorhergeht: „Er iſt todt?“: nicht ſpä-
ter als geſtern; Nur e. vorigen Sonnabend bekomme ich
einen Brief von ihm. L. 12, 114, hier = nicht früher;
in anderm Zuſammenhang= noch vorigen Sonnabend;
E., wenn die Menſchheit ſich zu dem Standpunkt erhoben
hat, kann die Sklaverei verſchwinden. Burmeiſter gB. 2, 100,
e. dann, nicht früher; ferner (ſ. 1g): Der ſoll noch e. ge-
boren werden = iſt es noch nicht, iſt noch nicht vorhan-
den; Ein beſſerer Ökonom als er ſollte auf Erden erſt gefun-
den werden. Engel 12, 121. e) (vgl. d) mit zu ergän-
zendem Bezug des ,„e.“, vgl.: Weh! zu früh bin ich ge-
boren! | e. beginnt die goldne Zeit. Uhland 244, es iſt erſt
ihr Beginn da, ſie ſelbſt noch nicht, nam. um zu
bez., daß das Vorangegangne ꝛc. eig. noch Nichts ſei,
⏑für Nichts gelten könne: „Welcher Prunk?“ Ihr ſolltet ihn
e. ſehn | nach Hofe ſich erheben. L. Nath. 4, 2, dann könn-
tet ihr von Prunk reden, denn Dies verdient eig. noch
nicht den Namen; Hier ging nun e. das [eig., gehörige]
Fluchen los. G. 25, 6; Da gerieth Keikawus e. in Brand.
Rückert Roſt. 51b, und verſtärkt: Da wird ſich aller-e.
die Noth anheben. Matth. 16, 2 ꝛc., auch: Wer Opfer heut|
zu bringen ſcheut, | verdient e. ſeine Bande. G. 8, 369, ohne
dieſe Scheu trägt er unverdiente Bande, die Verſchul-
dung beginnt eig. erſt mit der Scheu u. ä. m.
f) (vgl. e) in Wünſchen: Wenn ich nur e. hundert Tha-
ler hätte! das Andre würde ſich dann nach dieſem
Beginn ſchon machen; Wär’ ich nur e. fort von hier!
ꝛc. g) Für-, vor-, zu-e.: ſ. 2d u. g. h) Er-
ſtens: ſ. 2c u. f.
Zſtzg. ſ. 1i und 3g.