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erst
I. Erst, a.:
Superlat. zu „eher“ (s. Eh I), als Ew., adverbiell und abhängig von Präpos. u. als Adv.:
1) Ew., Ggstz. von ,letzt“ und als Ordnungszahl der Hauptzahl „eins“ entsprechend, der Reihenfolge nach allen Andern vorangehend, sei dies nun eine zufällige oder eine wirkliche, z. B. nach der Zeit oder nach dem äußern Rang oder der innern Güte etc. geordnete, z. B.: Die e–e Klasse, auf katholischen Schulen die unterste, in der der Unterricht beginnt, auf protestantischen die oberste, die dem Rang nach den übrigen vorangehnde (s. Ense Denkw. 1, 29) u. so auch gw.: Ein Lügner der e–en Klasse (a) etc.; Der Schütze, der den e–en Schuß gethan, bald der, welcher früher, bald der, welcher besser als die übrigen geschossen. In der e–en Zeit, je nach dem Tempus des Zw.: in der von der Gegenwart entferntesten Vergangenheit, od. in der in ihr nächsten Zukunft u. ä. m.
a) im Sinn von ,vorzüglich“, z. B.: Eine Arbeit vom e–en Meister; Die e–e Geige spielen; Die e–e Stimme singen; Die e–e Sängerin, Schauspielerin; Dem E–en unter den Menschen. G. 9, 292; Solche Erfindungen sind von der e–en Schönheit. Sch. G. 2, 83 etc., zuw. auch mit dem unbest. Artikel (s. Am): Ein e–er und höchst wichtiger Charakter jedes tropischen Waldes. Burmeister gB. 2, 192; Gsch. 220, vgl. d.
b) oft verbunden mit dem Ggstz.: Ich bin der E–e und bin der Letzte und außer mir ist kein Gott. Jes. 44, 6 etc.; „Sollte nicht ein glückliches Naturell als das E–e und Letzte einen Schauspieler ... zum Ziele bringen?“ Das E–e und Letzte, Anfang und Ende, möchte es wohl sein und bleiben, aber in der Mitte dürfte dem Künstler Manches fehlen. G. 16, 139 (s. h) etc.
c) wo von Zweien die Rede ist, wird von e. und letzt ein Komparativ gebildet. Der erst(e)re, der letzt(e)re = jener, dieser, auch in Mz. (vgl. e).
d) als Ordnungszahl mit dem unbest. Artikel, vgl.: Das ist ein dritter Grund, wo die Reihenfolge als eine zufällige, nicht als eine geordnete erscheint, wie bei: Das ist der dritte Grund. So selten bei e. und letzt, z. B.: Ein e–er [gw.: der e–e] Blick, den Hans auf das Schild that, zeigte ihm. Alexis H. 1, 1, 189, etwa = ein Blick und zwar der e–e etc., dagegen oft als Bez. eines Beginns, Anfangs, wie „ein letzter“ etc. eines Abschlusses, Endes, da es deren in distributivem Sinn mehrere giebt, z. B. substant. (s. h): Als politische Revolution ist die Februarrevolution ein Letztes ..., als sociale ist sie ein E–es. Stahr Par. 1, 190 etc. und adjekt.: [Der Brief] muß ein e–er sein. Müllner 6, 113, der Beginn eines Briefwechsels, ein Brief, dem noch kein andrer voraufgegangen etc. und so im distrib. Sinn auch in der Mz. (s. Dritt 3), z. B.: Ich glaube nicht, daß viel e–e [od. Erstlings-] Stücke jemals besser gewesen. L 12, 456, ferner: Besonders in den e–en und in den fünften Akten ihrer Stücke. Engel 4, 174, vgl.: Die fünften Akte [verschiedner Stücke]. G. 16, 19; Er ließ (je) die Zehnten vortreten etc.
e) aber auch außer im distribut. Sinn (s. d) kommt e. und letzt in der Mz. vor, indem auch in Bezug auf eine Reihe Anfang u. Ende über mehrere ausgedehnt werden kann. So giebt es freilich im Monat Januar, wie einen zwanzigsten Tag nur einen ersten (letzten), so auch oft mit Auslassung des als bekannt vorausgesetzten Monatsnamens: Am e–en, zwanzigsten etc. wohl aber kann es heißen: In den e–en (letzten) Tagen des Januars = im Anfang, am Ende; Ein Mann in den e–en dreißiger Jahren. Auerbach Tag. 109 (während es als ungw. bez. werden muß: Sophokles schrieb Trauerspiele bis in die acht- zigsten Jahre. L. 6, 212); Also werden die Letzten die E–en sein. Matth. 19, 30 etc.
f) zuw. bleibt der best. Artikel fort (vgl. II. Ehe 14): Mit e–er [der nächsten] Post; Mit e–em guten Winde abzusegeln. Forster R. 1, 33; Er stellt das alte Kaiserthum mit e–em [s. 2e, nächstens, mit nächstem] her. Tieck 2, 45 etc.; Sie war nicht mehr in e–er [der frischesten] Jugendblüthe. Gutzkow R. 1, 40 etc.
g) in Verbind. mit „ich sollnoch“, „ich habe noch zu“ etc., um zu bez., daß von Etwas noch nicht das E–e, es also durchaus noch nicht stattgehabt (vgl. 3d): Er soll in seinem Leben noch sein e–es Solo verlieren. Engel 12, 14; Ich soll Gronov’s Statius noch zum e–en Mal in die Hand nehmen. L. 11, 362; Er hat mir von drei Briefen noch den e–en zu beantworten. Sch. 739b etc.
h) wie alle Ew. auch substant., z.B.: Er (Sie) ist in der Schule der (die) E–e; Das ist das E–e, was ich höre [mir durchaus neu, Das hab’ ich noch nie gehört]. L. 3, 438 etc.; Der (das) E–e und Letzte (s. b); Mein E–er [Mann, Gatte]. G. 11, 128 etc. Eigth. (Bäcker.): Der E–e, die linke Seite des Backofens; Die E., s. II. Nam. aber zu bemerken ist „der E–e“ etc. mit zu ergänzendem ,„als“ neben Zeitw.: 1. Mos. 38, 28; Joh. 5, 4; Sir. 49, 20; Wenn sie [als] die E–en an dein Ohr dich machten. Chamisso 4, 46; Der Rabe .. habe | es der E–e vorgespürt. Rückert Morg. 1, 6; Warum bin ich nicht der E–e aus Mutterleib gekrochen? Sch. 105b; Derselbige stieg auch der E–e ans Land. Sealssield Leg. 2, 6; Zinkgräf 1, 238; 305 etc., s. L. 11, 622, 639, gw.: zuerst (s. 2g).
i) Zsstzg., z.B.: Verstärkung wie bei allen Superlat. durch ,„aller“: Die aller-e–en [nothwendigsten] Bedürfnisse. G. 14, 215 etc. (s. 2a, f u. g; 3a u. e), ferner: Das Dasein eines ur-e–en Wesens ohne Anfang. Claudius 6, 100; Zu diesem ur-e–en Geiste. WHumboldt 1, 36 etc., zur Bez. des Ersten von Urbeginn an, nicht in einer endlichen Reihe. Versch. äußerl. Zsstzg., z. B.: Als jugend- e–es Gut [Gut der ersten Jugend]. G. 12, 227, vgl.: sterbeletzt etc.
2) adverbiell, abhängig von Präpos., theils in adjektivischer Form, theils in der Form ,,erst“, wo es mit der Präp. gw. zu einem Wort verschmilzt, vgl. auch I.:
a) Am e–en, vor etwas Andrem, oder: vor Allem (s. b), z. B.: Adam ist am e–en gemacht, hernach Heva. 1. Tim. 2, 13; Trachtet am e–en [vor Allem] nach dem Reich Gottes. Matth. 6, 33 etc.; Drum sei dir am e–en [als dem E–en, zu-e., vor den Andern] gereicht der goldene Becher. V. Od. 3, 50, s. f; So kommst du noch am (aller-)e–en ans Ziel, am leichtesten, s. II. Ehe 14.
b) Aufs e–e (veralt.): Die Weisheit von oben ist aufs e–e [,,vor Allem“ Eß] keusch, darnach friedsam etc. Jak. 3, 17; Wisset Das aufs e–e [,,Vor allen Dingen wisset“ Eß]. 2. Petr. 3, 3 etc., s. c.
c) Fürs e–e, z. B. veralt. wie: aufs e–e, z. B.: Das sollt ihr für das e–e wissen. 2. Petr. 1, 20, als das Erste etc., auch: Daß ich mich herzlich sehne, vors e–e in Ruhe zu kommen. L. 11, 245; ferner bei Aufzählung von Gründen, wie erstens: Ich gehe nicht aus, fürs erste [denn e–ens] regnet’s, fürs zweite etc.; ferner = für den Anfang, vorläufig, auch: für die nächste Zeit (vgl. d u. II.: Für die Erst), nicht selten: vors e–e: Fürs e–e | wird Geld gesucht, dann eine Frau. W. HB. 1, 64 etc.; Eine Zuflucht vors e–e angeboten. L. 1, 516; Ich verharre nämlich vors e–e hier in Hamburg. 12, 246; Schaffe du nur ... vor das e–e [vorjetzt, s. d.] Ruhe. 258 etc.
d) Für-e., s. c: Dann geht es morgen .. hinab, für-e. [zunächst] zu einer wunderbaren Familie. G. 18, 8: Für-e. zu bleiben. König Kl. 2, 382; Daß für-e. nicht Verdacht auf mich fallen kann, späterhin ist es gleichgültig. Tieck A. 2, 75 etc., auch hier: Mit dir habe ich vor-e. [⏑ –, vorläufig, jetzt] Nichts mehr zu reden. G. 13, 153; Doch vor-e. [– ⏑, vor Allem], dieses halbe Jahr | nehmt ja der besten Ordnung wahr. 11, 79; Lasst mich vor-e. [zuvor] auf die Seite gehen. Sch. 103a; Vor-e. meinen herzlichen Dank. Eieck N. 7, 152 etc. S. Vorerstig.
e) Mit e–em, s. 1f.
f) Zum e–en, s. a: Drum soll dir zum e–en [als dem E–en, „am e–en“. V.] der goldne Becher gereicht sein. Wiedasch Od. 3, 50 = So hab ich es dir zum e–en gebracht. Schaidenraißer 9b etc.; Reinige zum e–en [vor dem Andern] das Inwendige. Matth. 23, 26; Das muß zum e–en [vorher] Alles geschehen. 24, 6; So bin ich als ich noch zum aller-e–en (s. 1i) war. Mühlpforth Geistl. 4, früher, im Anfang. Ferner: Zum e–en, zum zweiten, zum dritten! bei Versteigrungen, indem das gethane Gebot vor dem Zuschlag dreimal ausgerufen wird; So geb’ ich denn euren zwei tüchtigen Backen | zur Kurzweil drei artige Nüsse zu knacken: | Zum e–en ... Zum zweiten ... Zum dritten . . . B. 66b, womit die drei Räthsel der Reihenfolge nach aufgezählt werden, gw. die Zahladv. auf „ens“, z. B.: „Drittens ist er unausstehlich und viertens hasse ich ihn wahrhaft.“ Das ist freilich erstens und letztens bei euch. Tieck N. 1, 31.
g) Zu-e., sehr häufig = vor allen Dingen, oder vor allen andern Pers. (s. 3a), aber auch = zum ersten Mal, verstärkt (s. 1i): Ich hab’ ihn heut zu aller-e. gesehen, entweder: Keiner hat ihn oder: ich habe Keinen heute früher gesehn, oder: Ich habe ihn nicht früher als heute gesehn etc., Zu aller-e. [vor allen Dingen] erkläre sich der Herr, ob so ein Fall | ein Faktum. L. Nath. 4, 2 etc., vgl. II. 3) adv.:
a) = zu-e. (2g): Wer e. kommt, mahlt e.; E. [anfänglich] sind die Kirschen roth, dann werden sie schwarz; Lasset uns ihn lieben, denn er hat uns erst geliebt. 1. Joh. 4, 19; Der Erstgeborne: Der e. Genannte (s. c); Der Gnaden vier verliehen, | den Turban e. [als die e–e Gnade, e–ens] etc. G. 4, 5, verstärkt: Könnt’ ich einen Herrn ertragen, | ertrüg ich aller-e. [am aller-e–en] den Wein. L. 1, 67 etc.
b) = vorher (s. c.), nam. in Bezug auf etwas Nachfolgendes, dem Etwas vorangeht oder vorangehen muß: E. Nasen und dann Brillen (Sprchw.); Ich .. mag nicht bedächtig e. .. zu Rathe gehn! | Ich will sie sprechen. G. 13, 307; Schneid’ ich e. oder ess’ ich e.? Ach, ich will e. essen. Grimm M.; Erforsche dich e. selbst .., eh etc., Lichtwer 181; Der Mensch, bevor zu ruhn gedenkt er, | wissen muß er e., wovon er ausruht. Platen 4, 279 etc.
c) (s. b) = vorher, vorhin, vor kurzer Zeit (ohne Bezug): Ich meinte e. Schüsse zu hören. Höfer V. 263, mit der Anm.: E., hier, wie öfter, soviel wie „vorhin“; Der e. Genannte, Gedachte (vgl. a).
d) enklitisch, d. h. sich an eine nachfolgende Bestimmung anlehnend und eine Beschränkung derselben bezeichnend = noch nicht mehr, nicht weiter als, wobei Etwas urspr. nur als der Anfang, als das Erste erscheint, in Bezug auf Das, was nachfolgt oder nachfolgen sollte: Ich habe e. die Hälfte, e. 30 Seiten gelesen; Er ist e. in Berlin etc. Dafür mund- artl.: Mein Denken stieg nur noch bis zum Empfinden. Haler 173. In Bezug auf die Zeit doppeldeutig: Ich habe ihn e. gestern gesehn, entw.: nicht früher als gestern, oder z. B., wenn vorhergeht: „Er ist todt?“: nicht später als gestern; Nur e. vorigen Sonnabend bekomme ich einen Brief von ihm. L. 12, 114, hier = nicht früher; in anderm Zusammenhang= noch vorigen Sonnabend; E., wenn die Menschheit sich zu dem Standpunkt erhoben hat, kann die Sklaverei verschwinden. Burmeister gB. 2, 100, e. dann, nicht früher; ferner (s. 1g): Der soll noch e. geboren werden = ist es noch nicht, ist noch nicht vorhanden; Ein besserer Ökonom als er sollte auf Erden erst gefunden werden. Engel 12, 121.
e) (vgl. d) mit zu ergänzendem Bezug des ,„e.“, vgl.: Weh! zu früh bin ich geboren! | e. beginnt die goldne Zeit. Uhland 244, es ist erst ihr Beginn da, sie selbst noch nicht, nam. um zu bez., daß das Vorangegangne etc. eig. noch Nichts sei, ⏑für Nichts gelten könne: „Welcher Prunk?“ Ihr solltet ihn e. sehn | nach Hofe sich erheben. L. Nath. 4, 2, dann könntet ihr von Prunk reden, denn Dies verdient eig. noch nicht den Namen; Hier ging nun e. das [eig., gehörige] Fluchen los. G. 25, 6; Da gerieth Keikawus e. in Brand. Rückert Rost. 51b, und verstärkt: Da wird sich aller-e. die Noth anheben. Matth. 16, 2 etc., auch: Wer Opfer heut| zu bringen scheut, | verdient e. seine Bande. G. 8, 369, ohne diese Scheu trägt er unverdiente Bande, die Verschuldung beginnt eig. erst mit der Scheu u. ä. m.
f) (vgl. e) in Wünschen: Wenn ich nur e. hundert Thaler hätte! das Andre würde sich dann nach diesem Beginn schon machen; Wär’ ich nur e. fort von hier! etc.
g) Für-, vor-, zu-e.: s. 2d u. g.
h) Er- stens: s. 2c u. f. Zstzg. s. 1i und 3g.