Faksimile 0369 | Seite 361
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eitel
Ēītel, a.:
1) leer, Nichts enthaltend:
a) eigentl., veralt. und mundartl.: doch z. B. noch: Sein Bauch war e. Blumauer 1, 81. Gew. nur übertr., so:
b) nichtig, inhalt- und gehaltlos, werthlos, unwirksam, unnütz, vergeblich; auch bestandlos, vergänglichetc., z.B.: Alle Heiden sind vor ihm Nichts und wie ein Nichtiges und E–s geachtet. Jes. 40, 17; Der die Fürsten zunichte macht und die Richter auf Erden e. macht [veralt., wegen der Verwechslung mit d]. 23; Es ist Alles e. Mühe und Nichts mit ihrem Thun, ihre Götzen sind Wind und e. 41, 29; Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube e. 1. Kor. 15, 17; Es ist Alles ganz e., sprach der Prediger. Pred. 1, 2; So lange dein eitles [vergängliches] Leben währt. 99 u. v.; Auch das war e.! e. Eitelkeit! | Am ird’schen Abglanz hing mein thöricht Herz, | an dem vergänglichen des ew’gen Lichtes. | Nun fasst um Eitles mit ein eitler Schmerz. Chamiso 4, 141; Daß ich ohnmächtig bin; | daß nur ein leiser, eitler [unwirksamer] Laut der Lippe | entbebet. 198; [Das] ist das einzige Reelle und was wieder Reellität hervorbringt, alles Andere ist e. und vereitelt nur. G. Sch. 2, 47; Daß .. nicht e. [wirkungslos] der Pfeil ihm entschwirrte. WHumboldt 3, 45; Den Zweck der Verschließung e. zu machen. Karmarsch 3, 116; Eitle Reime muß ich schmieden, | statt der Liebe Gunst zu pflegen. Platen 2, 77; Die mit Eitlem überschriebne Tafel | überfahr’ ich mit dem Schwamme. Rückert 2, 472; Eitler Wunsch! verlorne Klagen! Sch. 54a; Mit eitler Rede wird hier Nichts geschafft. 518a; 29b; Bist du wieder da, ungerathener Junge? ich habe mir eitle Freude deinetwegen gemacht. Stilling 2, 106; Knirscht an dem harten | Stahle mit e–em [vergeblichem] Biß. V. Ov. 1, 145 etc. Daran reiht sich leicht, wie denn schon hier in einzelnen Bsp. Dies hervortrat.
c) inhalt- und gehaltlos bei äußerm Schein, schimmernd, glänzend, blendend, zum Putz dienend, von äußrer, vergänglicher Pracht im Ggstz. zum innern, wesentlichen Gehalt etc.: In Purpur prunkt er e. Chamisso 3, 321; Ihr Seifenblasen, die mein Hauch geschwollen | und flücht’gen Schimmers meine Huld gehoben. | ihr eitle Seifenblasen, seid gewesen! 4, 7; E. schimmern. 4, 57; Des wetlich eitlen Taudes freute .. sich die Maid. 6, 253; Gefröhnt dem weltlich eitlen Brauch. 4, 22; Wenn alles weichlich Eitle mich umgab. G. 13, 311; Des Putzes e–n Tand. Pfeffel Po. 3, 153; [Das] macht sich in eitler Schilderung nicht laut; | drum kurze Rede! Schwab 107; E–er Klingklang. V. Hor. 2, 378 etc.
d) von Personen, am Eiteln (b u. c), am inhaltlosen Schein Gefallen findend; auf Außerlichkeiten übertriebnen Werth legend; sich gern putzend und damit Gefallen erregen wollend; selbstgefällig in gehaltloser hoher Meinung von sich, wonach man sich zu Ansprüchen auf Beachtung und Aufmerksamkeiten von Andern berechtigt glaubt etc. (s. Eitelkeit): Die Schuld Derer, die durch ihre e–e Absonderung das Volk zu Pöbel gemacht. Börne 2, 49; Die Niedern sind nur e., Große stolz. Böttger 8, 167; Ich war nur e. darauf, sie auf mich e. zu machen. Chamisso 4, 259; Wir Deutschen mißbrauchen das Wort e. nur allzuoft; denn eigentlich führt es den Begriff von Leerheit mit sich und man bezeichnet damit billigerweise nur Einen, der Freude an seinem Nichts, die Zufriedenheit mit einer hohlen Existenz nicht verbergen kann. G. 22, 254; Man gebe nun dieser Persönlichkeit etwa noch einen eitlen Sinn, ein leidenschaftliches Verlangen, sich abgespiegelt zurückkehren zu sehen, so würde man mit einem heitern Gleichnisse die intentionellen Bilder auch eitle Bilder nennen können. G. 39, 153; Ein eitler Geck. Heine Verm. 1, 8; Das eitle Trachten ihres Herzens .. Sie schämt sich ihrer Niedrigkeit. Sch. 449b; Wohl war ich .. stolz auf meinen Vater, aber nie e. HVoß IP. 115; Er glaubt das holde Weib von allem e–e Wesen .. genesen. W. 12, 48 u. o. 2)vergleichsweise, zu 1(s. d.) = Nichts enthaltend als; Nichts als; lauter, gw. in uv. Form: Esset e. [Nichts als] ungesäuert Brot. 2. Mos. 12, 20; Gehen mit e. Listen um. Ps. 38, 13; In e. köstlichem Golde. 45, 10; Die Nichts denn e. Böses .. sagen .. Er sagt Nichts denn e. Gutes. Luther 5, 532b u. o.; In e. Licht. Blumauer 1, 3; Mein Erb’ ist worden e. Rauch. Chamisso 3, 55; 4, 46; Sind e. arme Sünder. Claudius 4, 57; Nie etwas Kluges, sondern eitel Verkehrtes. Fichte 8, 7; Ihr Geschrei war e. Lust. Freiligrath 1, 361; E. Possen. G. 10, 151; Von e. Weisen. Haller 152; E. Erfindnisse. Heine Verm. 1, 10; Es fielen e. Laubblätter heraus. Musäus M. 2, 72; E. Gold. Platen 4, 394; E. Schwert und Dolch ist seiner Lippe Spruch. Rückert Rost. 16a; In e. Lust und Pracht. W. 20, 15 u. v., also nicht wie Adelung und Campe meinen veralt. und selten, was aber von dem deklinierten Ew. gilt: Bei e–er Nacht. Berlichingen 50; Hammer RH. 315; Weidner 257; 276 etc., ferner mit vorangehndem Artikel: Ist er doch ein e. schändlicher Koth. Sir. 10, 10 etc.
Anm. Ahd. îtal, mhd. itel. Vgl. engl. außer idle (leer, eitel, träge), auch addle (leer) u. unser „öde“. Die Ableitung von eit (Feuer) ist gesucht. Veralt. ist e. von Personen = heuchlerisch, falsch. Ps. 26, 4 etc. Das E. (s. L. 5, 300) = Eitelkeit, das Eitle, noch: Wie habt Ihr das E. so lieb, Treulosigk. so gern. Mendelssohn Ps. 4, 3; 78, 33.