Faksimile 0366 | Seite 358
Faksimile 0366 | Seite 358
Eis
III. Ēīs, n. . –es; 0: 1) gefrornes Waſſer: Es
hat die Nacht E. gefroren (G. 23, 107); Der See iſt mit
E. belegt, bedeckt; Das E. hält, trägt; Auf dem E. laufen
(ſ. Schrittſchuh), fiſchen (ſ. Wuhne); Das E. kracht,
birſt, bricht, ſchmilzt, geht auf; Der Fluß geht mit E. Sch.
869b; treibt E. Freiligrath Garb. 43 (ſ. Eisgang) ꝛc.;
Unterwärts erſchallt mit Donnerskrachen | das E., daß Scholle
ſich auf Scholle ballt. Chamiſſo 4, 119; Vom Eiſe befreit
ſind Strom und Bäche | ... Der alte Winter .. ſendet ..
nur | ohnmächtige Schauer körnigen Eiſes | in Streifen über
die grünende Flur. G. 11, 39; Einen herrlichen Sonnentag
ſo auf dem Eiſe zu verbringen ꝛc. 22, 91; 1, 18; Uner-
fahrene Läufer tönen dorther! | Huf und Laſt gingen noch
nicht übers Eis, | Netze noch nicht unter ihm fort. Kl. Od. 1,
209 ꝛc. a) in ſprichw. Redensart: Zu Pfingſten auf
dem E. [auf den Nimmermehrstag, ſ. Schütze 2, 202;
Uhland V. 632]; Einen aufs E. führen wollen [wo man
unſicher geht und leicht fällt, ihm verfängliche Fragen
vorlegen, ſ. Glatt-E. ꝛc. Hebel 3, 264]; ähnl.: Ulrich
fühlte das E. unter ſich kniſtern und wanken [daß er nicht
auf ſichrem Boden ſtände]. Prutz Muſ. 3, 100; Dieweil
der größte Theil dieſer Bücher .. verdorben und „under ein
gangen“ [untergegangen]. Eppendorf 2; Das E. bre-
chen [inſofern es die Schiffahrt hemmt, Bahn brechen,
mit dem Fortſchaffen von Hinderniſſen den Anfang ma-
chen, z. B.: Gutzkow R. 7, 225; L. 11, 360; W. 19,
321 u. o.] ꝛc. b) oft bildlich, z. B.: Doch ſcheint
der Kläger E. [unempfindlich kalt] für das bedrängte Weib
und Flamme für den Todten. Alxinger D. 138; Was bricht
da das E. dieſes ewig kalten Verſtandes? Gutzkow R. 9, 461;
Da ſchmolz das harte E. des Stolzes. Grimm M. 11;
Gluth ſind wir gegen uns und gegen Brüder E. Lichtwer 251;
Bei Denen war eitel Feuer der Liebe, bei uns eitel E. der
Unbarmherzigkeit. Luther 8, 176a; Was kehrt in E. die
Flamme der Begeiſtrung? Prutz Woch. 5; Du [Greis] ſtarreſt
in des Winters Eiſe | und ſchmäheſt auf den goldnen Mai
[der Jugend]. Sch. 11b; 12a; Die heiſe Rach’ im Herzen
ballt ſich plötzlich ihm zu E. Schwab 190; Sie ſollte warm
für ihn .. und kalt wie E. für jeden Andern bleiben. W. 20,
152 ꝛc. 2) andre durch Kälte feſtgewordne Flüſſig-
keiten, namentl. das von den Konditoren künſtlich be-
reitete E. oder Gefrorne, wovon es ſehr verſchiedne
Arten giebt, z. B.: Ananas-, Himbeer-, Krême-,
Vanillen-E. ꝛc.
Anm. Ahd., mhd. und plattd. îs, vielleicht eines
Stamms mit Eiſen; nach Einigen als das Glänzende (vgl.
lat. glacies, Eis und Glas ꝛc.).
Zſſtzg. vtelfach, vgl. Schmeller 1, 119, u. ſ. 2, ferner
z. B.: Álpen-: Ein Blick ſo kalt wie A. W. 20, 114 ꝛc.
Bār-: nacktes, nicht von Schnee überdecktes Eis.
Blūt-: gefrornes Blut. Freiligrath Pol. 2, 18;
verſch. = Blutgeſchwür, ſ. Eiter, Anm. Fírn-:
Gletſcher-E. Frāūen-: Gips .. kryſtalliſiert, wo er
dann vollkommene Durchſichtigkeit und Farbloſigkeit mit einer
ausgezeichnet ſpäthigen Struktur verbindet und ſich in einer
Richtung zu den feinſten Blättchen ſpalten läſſt, ſpäthiger
Gips, F. (glacies Mariae). Karmarſch 2, 211; G. 23,
128 ꝛc. Fúrchen-: von Nachtfröſten, in den Acker-
furchen. Glátt-: dünne glatte Eisrinde auf dem
Erdboden, dem Steinpflaſter ꝛc., vom Regen ꝛc. gebil-
det, der im Augenblick des Herabfallens auf dem kalten
Erdboden gefriert ꝛc. und übertr.: Es fällt G. Talvj 2,
40; Geſtöber des Schnees, gleich duftigem Reife, | fiel an-
frierend herab und umzog die Schilde mit G. V. Od. 14,
477; Trugvoller wie G. Ov. 2, 321; Er iſt noch Schalk
genug, um ſeine Beſucher aufs G. [1a] zu führen und ſie
innerlich auszulachen, wenn er ſie ſtraucheln ſieht. Stahr Par.
323; L. Nath. 3, 4; Ein Grundſatz, der ſchon manchem ehr-
lichen Mann übers G. geholfen hat. Vogt Oc. 1, 323; Ich
kann über dieſes G. nicht ſchnell genug hinwegkommen. W.
21, 36 ꝛc. Glétſcher-: Roſenſchaaren, umblühend
G. Grūn Schutt 34 ꝛc., ſ. Firne; Gletſcher; Waſſer-E.
Grúnd-: Falſch iſt das alte ſehr gemeine Vorurtheil,
daß das Eis in den Flüſſen auf dem Grunde entſtehe und erſt
in der Folge unter der Geſtalt der großen Schollen, die man
G. nennt, in die Höhe kommt. Gehler 1, 676; Der Fluß
geht mit G. oder Treib-Eis; übertr.: Die gelehrten und
weiſen Herren haben G. im Leibe, ſie fürchten ſich. Klencke
Parn. 1, 290; Auf was vor [für] G. will nun wohl Hiempſal
bauen? Lohenſtein Soph. 5. Hōch-: in Gebirgslän-
dern, in den Alpen: Das glaſige und kompakte H. Tſchudi
Th. 474; Zuſammenlaufende Gewäſſer, die am Abend zu
ſog. H. werden, dies ſteht indeß iſoliert für ſich auf der Firn-
decke, iſt dichtes Waſſereis und unterſcheidet ſich in jeder Hin-
ſicht vom Gletſchereiſe. 477. Kēēs-: Gletſcher-E.
Krünitz 10, 486. Hber-: im Ggſtz. des ſogen.
Grundeiſes; aber auch das Eis vom obern Theil des
Fluſſes im Ggſtz. der Mündung, ſo z. B. Kohl Südr.
1, 10. Páck-: Steuerten .. mitten durch große Strecken
gebrochnen Eiſes, welches die Nordfahrer P. nennen. Forſter
R. 1, 76a ꝛc. Schnēē-: ſchneebedecktes Eis: Schnee
auf dem Lande ſchimmert am Horizont tiefgelb, neues Sch.
grau, Packeis weiß ꝛc. Körner Sch. 3, 314. Stúrm-:
vom Sturm fortgetriebnes Eis. Tſchudi Th. 630 ꝛc.
Trēīb-, Trīēb-: auf dem Waſſer treibendes, ſchwim-
mendes Eis, ſ. Grund-E.; namentl. von den Eisfel-
dern der Polarmeere abgelöſtes, in die gemäßigtern
Zoonen hinabtreibendes Eis. Forſer R. 1, 70 ꝛc.
Wáſſer-: Von dem gewöhnlichen W–e unterſcheidet ſich
die Struktur des Gletſchereiſes. Tſchudi Th. 482; 475, ſ.
Gletſcher. Wínd-: ſ. Sturm-E. Grabbe Hann. 8.
Wínter-: im Ggſtz. des Firns ſ. d. Stumpf
605b. Zúcker-: Eisſpiegel, Art glänzender Zucker-
guß auf Gebäck. Krünitz 10, 539 u. ä. m.