Faksimile 0364 | Seite 356
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einsam Einsamkeit
Ēīnsam, a. (~keit, f.; -en):
1) von lebenden Wesen: ohne Gefährten, von seines Gleichen entfernt, allein (s. d.), insofern das Alleinsein gefühlt und empfunden wird, meist als Mangel, Leere, Gefühl der Verlassenheit etc.: Ich wohne allein in diesem Hause, aber nicht e., da ich mit meinen Nachbaren fortwährend in Berührung bin; Ich bin e. und elend. Ps. 25, 16; Ich wache und bin wie ein e–er Vogel auf dem Dache. 102, 8; Errette meine Seele vom Schwert, meine E–e [die e–e, sich verlassen fühlende Seele] von den Hunden. 22, 21 (so auch Mendelssohn); Ein Gott, der den E–n [Kinderlosen und darum sich verlassen Fühlenden] das Haus voll Kinder giebt. 68, 7 („Der E–en ds Haus besetzt.“ Mendelssohn); Jes. 49, 21; 54, 1; E. in der volksbewegten Öde. Eichendorf Phil. 40; Wer sich der E–keit ergiebt, | ach, der ist bald allein ... Lasst mich meiner Qual! | und, kann ich nur einmal | recht e. sein, | dann bin ich nicht allein etc. G. 1, 131; WehDem, der fern von Eltern und Geschwistern ein e. Leben führt! 13, 3; Hier flehen heilig E–e zum Himmel. 340; Armselig steht er und e. Platen 4, 89 etc. Mundartl. und veralt.: auch zuw. = einzeln, allein: Und ist kein E–er in seinen Gezelten. Jes. 14, 31 [sondern überall eine große Menge]; Sie ist, lebt e. [unverheirathet] etc.
2) übertr. auf Ort und Zeit, in der man von der lebendig sich tummelnden, rauschenden u. lärmenden Menge entfernt ist, theils also = wüste, öde, verlassen, theils aber auch = stille, ruhig, die Gedanken durch Nichts abziehend etc. und dann auch von lebenden Wesen: in der Einsamkeit weilend, sie suchend, liebend etc.: Die Nacht müsse e. sein und kein Jauchzen darinne sein. Hiob 3, 7; Der Heuchler Versammlung wird e. sein. 15, 34; Die feste Stadt muß e. werden .. wie eine Wüste. Jes. 27, 10; 32, 14; Nun sucht er, ein bleicher, hohlwangiger „Werther“ | in Wäldern und Feldern die e–sten Örter. B. 66b; „E–keiten“ in 6 Gesängen: Dir, schauervolle Nacht der heil’gen E. Cronegk 2, 3 ff.; 173; Eine Stelle suchte der Liebe Schmerz, | wo es recht wüst und e. wäre; | da fand er denn mein ödes Herz. G. 4, 36; Durch e–es Gebüsch, | durch stille Thäler fortzuwandern. 13, 131; Durch Graus und Wog’ und Welle | der E–keiten. 12, 82; Kein Mensch war auf dem Platze zu sehen und die wunder- Einst lichste Gruppe fand sich in dieser E–keit allein. 16, 269; Singet nicht in Trauertönen | von der E–keit der Nacht. 1, 132; Warum .. aber .. diese e–ste aller Neigungen? „Eben .., weil sie einsiedlerisch ist.“ 18, 34; Diese oft e–e Bewegung [des Schrittschuhlaufenden]. 22, 92; Ich floh den gelben Menschenneid, | ich floh in die grüne Wald-E–keit. Heine Rom. 119; Da dein eigen Schicksal dich in Geistes- E–keit, wie Wasserfluth auf Bergesgipfel trieb. Hölderlin H. 2, 100; Wenn zwei Geliebte miteinander weilen, | sie E–keit von andern Menschen trennet; | denn E–keit man es in Wahrheit nennet, | wenn Zwei in ein Gefühl sich selig theilen. WHumboldt 1, 401; Die berg- und walddichten E–keiten. Kapper Chr. 2, 153; Ich bin hier nicht e., sondern nullsam. Kürnberger Am. 349; In des Thurmes finstern E–keiten. Lenau 1, 236; Berges-E–keit. 2, 6; E. wandelt dein Freund. Matthisson 69; Da steh ich in fürchterlicher E–keit verstoßen. Sch. 264b etc.
Anm. Luther 6, 276a: Warum Einsamheit zu fliehen; b: E–keit. Im alterthümelnden Chronikenstil: Wohnet e–lich .. im Wald. FJBertuch (Matthisson A. 9, 48).