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eilen
Ēīlen, tr., refl. und intr. (ſein und haben):
1) tr.: Einen e., drängen, treiben, daß er an Etwas
geſchwind herangehe, bald zum Ziele komme: Eile,
dränge und treibe deinen Nächſten. Sprüche 6, 3; Ich wußte
wohl, daß ſie mich e. würden. Berlichingen 163; Die Schraube
eilt nicht [3], mich aber eilt’s mit dieſer Sache. Gutzkow R.
7, 300; Er hatte jetzt vollkommen Zeit, es eilte ihn Nichts
mehr. Lewald Reiſ. 1, 349; Die Zeit, die thut uns e. [drän-
gen]. Werner Febr. 157 ꝛc. 2) ſo auch refl. ſich zu
einem Ziele hindrängen, ſich haſten, ſputen, dahin,
mit Etwas zu Ende zu gelangen: Ich eilte mich, über die
Schwelle zu kommen. Börne 2, 228; 8; Par. 1, 41; 183;
Frz. 92; Das eilt ſich; an den Tiſchen | wird oft der
Krug geleert. Freiligrath 1, 104; Wie hätt’ ich mich in eure
Arme geeilt! Geßner 2, 174; „Nun eilſt du dich!“ | und
mir gelang’s ſie zu erreichen. G. 35, 411; Eilte ſich in der
Arbeit, was er nur konnte. Gutzkow R. 2, 31; 5, 385;
Ohne die Beſorgnis . .. hätte man ſich mit der Bildung des
Miniſteriums vielleicht nicht ſo ſehr geeilt. Heine Lut. 1, 11;
Eilet euch! Zinkgräf 2, 54 ꝛc. 3) intr. = 2, und zwar
mit „ſein“, wie bei den Zeitw. der Bewegung über-
haupt, wenn die Ortsverändrung hervorgehoben wird,
es alſo heißt: eilig gehn, in Eile ſich fortbewegen,
ſonſt mit „haben“, vgl. z. B.: Er iſt in die Arme ſeiner
Eltern nach Haus geeilt; Er hat geeilt, zu ſeinen Eltern zu
kommen ꝛc. Begreiflicherweiſe können in einzelnen Fäl-
len mit einer Nüance beide Hilfszeitw. ſtehen (ſ. Jagen
2a). Man beachte nam. auch die zu 1 gehörigen
Fälle, wo nur das allgemeine Obj. fortbleibt:
E–de Fälle, alt und ſchön, ſind Fälle, die eine ſchleunige Hülfe
erfordern. L. 11, 639; Die Sache eilt nicht [drängt nicht,
hat keine Eile], wo dann aber doch auch die Perſon,
ſtatt im Acc. (ſ. 1), im Dat. hinzutreten kann: Es
wird ihm nicht e. [nicht eilend, nicht eilig ſein]. Sch. 1
188a ꝛc. Sprchw.: Eile mit Weile! (G. 5, 41); Eile-
ſehr brach den Hals (Tappius 82b); Auf Rath weil, zur
That eil! (Zinkgräf 2, 18) ꝛc. Abraham eilte in die Hütte
zu Sarah und ſprach: Eile und backe Kuchen. 1. Moſ. 18,
6; Eile, mir zu helfen! Pſ. 22, 24; Eile damit! Sir. 36,
10; Hat [Iſt] mein Fuß geeilet zum Betrug? Hiob 31, 5;
Wir . .. haben deſto mehr geeilet, euer Angeſicht zu ſehen.
k⏑
1. Theſſ. 2, 17; Der Eine | wünſchte langſam zu fahren,
der Andere emſig zu e. G. 5, 8; Mach’ ihn e., es wartet
Alles auf ihn. 9, 40; Melanie war ſo geeilt, ſo haſtig vor-
übergeſchritten. Gutzkow 2, 217; Es iſt nicht E–s Noth mit
Krieg und Kriegsgebot. Rückert Roſt. 47a; Jch hab’ [bin] zu
meinem Geſellen geeilet. Schaidenreißer 51b; Ihr hießt mich
ja über Hals und Kopf e. Sch. 132a; Da Alles mit ſchnellen
Schritten zur Verſchlimmerung eilt. 837a ꝛc. Veralt.:
Eilet, daß wir gehen [laß uns eilig gehn]. 2. Sam. 15,
14; Eſther 5, 5. 4) (ſ. 3) nam. auch im Partic.:
Eilend, a.: eilig, ſchnell ꝛc.: Die Egypter drungen das
Volk, daß ſie es e–d aus dem Lande trieben. 2. Moſ. 12, 33;
Da forderte Pharao e–d Moſe. 10, 16; Brachte den Daniel
e–d vor den König. Dan. 2, 5; 3, 22; 6, 19; Deſto e–der
ſenden. Phil. 2, 18; V. Od. 12, 166 u. v.; Wie Scheide-
münze geht von Hand zu Hand, | tauſcht Stadt und Schloß
den e–den [ſchnellwechſelnden] Beſitzer. Sch. 352a.
Als Adv. oft: Eilends: Hebet euch e–ds davon. Jer. 49,
30; Muß e–ds fort. Sch. 261b U. v. Der Eiler. Tieck
10, 146.
Anm. Ahd. ilan, illan, mhd. īlen, ſ. auch Schmeller 1,
44. Abſtammung unſicher. Das von Adelung dazu ge-
rechnete: Die Zähne werden eilend [ſtumpf], eilig (Spate
366; Welchen ihre Zähne eilig und ſtump werden. Mat-
theſius Luth. 160b; Unzeitige Pflaumen freſſen, daß ihnen die
Zähne eidig werden. Garzoni 8b) gehört zu andrem Stamm
näm. zu arg (ſ. d. und Ekel Anm.; ferner: Egeln, igeln ꝛc.
Schmeller 1, 38 und Wurm Spr. 26).
Zſſtz. vielfach, nam. als Zeitwort der Bewegung
(3), vgl.: gehen, laufen ꝛc., z. B.: Áb- [3]: Die
Herzogin eilt ab, ſie zu vernehmen. Sch. 679a ꝛc. Auch
tr.: Einem den Vorrang a. [ablaufen] ꝛc.; veralt. all-
gem.: Einem Etwas a. [durch Eile nehmen]. Frank
Chron. 211a; 458b; Stumpf 503a ꝛc. Aūs- [3]:
Wie der Löwe des Gebirgs auseilt auf Raub. G. 31, 12.
Be- [1 und 2]: Weßhalb er ſeine Schritte noch mehr
beeilte. GvSee Egoiſten 1, 160; Da wir uns nicht ſehr be-
eilten. Kohl Südr. 1, 24; Ging mit beeiltem Gang ab.
Rückert Mak. 1, 118 ꝛc. Nbnf.: Beeiligen: Die
Beeiligung des Druckes. Vogt Köhl. XXVII. Dahêr-.
Davón-: fort-e. Durch-: tr.: Heim durch-
eilten die Stadt die Ermüdeten. V. Od. 2, 398; Ich durch-
eilte das Schiff. 12, 206 ꝛc. Ent-: Weil es zu flüch-
tig [iſt], ihm zu e. [als daß man ihm durch Eile entgehn
könnte]. Börne 1, 339; Selber indeß enteil’ ich gen Jthaka. V.
Od. 1, 88. Er-: tr.: Etwas durch Eile, durch ange-
ſtrengtes Streben erreichen, Einen einholen ꝛc.: 1. Moſ.
31, 23; 2, 14, 9; Ihre Speiſe zu e. Brockes 9, 278; Hat
weiter Nichts ereilt, | als daß man auf dem Marſch ſich
plackt. G. 1, 108; 3, 57; Hat doch mein Geiſt den tiefen
Wunſch ereilt. 6, 26; Die Jüngeren hatten den Luſtplatz
ereilt. 18, 134; Ihr mögt e. | das Ungethüm | mit euren
Pfeilen. Platen 6, 36; Wird den . .. Taſſo früher oder
ſpäter ein unglückliches Schickſal e. Tieck Acc. 1, 255; Wenn
dereinſt ihn | ſchrecklich ereilt die Stunde des . . Todes. V. Od.
2, 100; 17, 323 u. o. Früher auch oft bloß =
ergreifen: Ereilete die Königin den König beim Latz. Zink-
gräf 2, 85; 1, 319; 226, und ſelbſt übertr.: So viel
wir e. [begreifen]. Brockes 9, 29 ꝛc. Weidm.: Der
Hirſch ereilt die Vorderfährte [tritt mit dem Hinterfuß
genau hinein]. Döbel 1, 11b; Ein junger Hirſch ereilet
und übereilet ehender als ein alter. 3, 156a. Fórt-
[3]. Kohl Südr. 1, 12 ꝛc. Hêr-, Hín- ꝛc. [3]:
O Muſen, eilt nicht von uns hin [fort]. Haller 187; Eilten
herbei von nah und fern. Chamiſſo 3, 237; Kommt er be-
ſtürzt herbeigeeilet. Sch. 57b; Mit Etwas hervor-e. Claudius
5, 122, eilig hervortreten ꝛc.; Der eilte ſich hinweg [2].
Werder Ar. 2, 15 ꝛc. Nāch- [3]: Einem n., um
ihn einzuholen. Judith 5, 11; 1. Macc. 4, 9; Mark. 1,
36; Meiner ängſtlichen Ahnung eilt ſchon die unglückſeligſte
Erfüllung nach. Sch. 198b; Von dem n–den Feinde verfolgt.
993a; Alle die mir haben [jetzt gw.: ſind] nachgeeilt. Wal-
dis Pſ. 18, 11. Nīēder- [3]: hernieder-e.: Ein
Waſſerfall, der in die tiefe Heimath niedereilt. Schwab 113
ꝛc. I. Über-: tr.: 4) Einen ü., ihn durch größre
Eile einholen und ihm zuvorkommen, ihn überraſchen,
ereilen ꝛc.: Werden euch eure Verfolger ü. Jeſ. 30, 16;
Wo du nicht Acht auf den Schalk haſt, ſo wird er dich ü.
Sir. 19, 24; So ein Menſch etwa von einem Fehl übereilt
würde. Gal. 6, 1 U. V.; Unerwartete und ü–de Gewalt-
thaten. B. 403b; Daß mein Bruder zuerſt durch ihn die
Nachricht erfahre, daß der Ruf ihn nicht übereile. G. 9, 154;
Ich .. . ward . .. vom Hoffnungswahn des Herzens über-
eilt. 13, 179; Welche das Alter übereilt hatte. 15, 185;
Von dem Geläute übereilt. 16, 15; Die That überflöge den
Gedanken und der geflügelte Sieg übereilte die Hoffnung
ſelbſt. Hölderlin H. 2, 41; Tieck Nov. 6, 217 U. v.
Weidm.: Der Hirſch übereilt die Vorderfährte [tritt mit
dem Hinterfuß drüber hinaus, ſ. Er-e.], übereilt ſich,
greift vor. 2) Einen, Etwas, ſich ü., übermäßig, zu
ſehr eilen: Antworte, was recht iſt, und übereile dich nicht.
Sir. 5, 13; G. 3, 83 u. v.; Der eitle Erzieher, der das Kind
lieber ü., als gründlich unterrichten will. Leſſing; Pedan-
terie, welche zu retardieren, Frechheit, welche zu ü. ſtrebt. G.
3, 184; Wir wollen die Sache nicht ü.; Die Kräfte möchten
die Geburt ü. [zu früh eintreten laſſen]. Sch. G. 2, 140.
3) dazu: Überēīlt, a.: von Sachen und Per-
ſonen: vorſchnell, unbedacht, ohne Uberlegung ꝛc.:
Mit übereiltem Rathſchluſſe. Chamiſſo 4, 77; Der übereilte
Knabe. G. 13, 145; 80; Jene Fragen .. . zu ſchnell und
übereilt beſeitigt, 39, 245 ꝛc. 4) Überēīlung, f.;
–en: das Übereilen und die übereilte Handlung: Mit
Ü. geflüchtete Sachen. G. 5, 8; Ohne Ü. und ohne Zaudern.
15, 65; Dieſe Ü. des Plautus nicht bemerkt. L. 3, 135;
Seine Ü. wieder gut machen ꝛc. II. Ǖber-: hinüber
eilen ꝛc. (ſelten): Was eilſt du| fern über? Tieck 10, 79.
Um-: tr.: eilig umgeben, um Etwas herumlau-
fen, ſ. umlaufen: Während ſie dort umeilten den Rufer
im Streit Menelaos. V.; Ihn umeilten geſchäftig die paphla-
goniſchen Streiter. Il. 13, 656; 19, 278; 6, 238 ꝛc.
Ver-: intr. (ſein): eilig verfließen, davon gehn:
Jenes ſüße Gedränge der leichteſten irdiſchen Tage, | ach,
wer ſchätzt ihn genug, dieſen v–den Werth. G. 1, 256.
In der Volksſpr. auch: Nichts zu v. [keinen Grund zum
Wegeilen, zum Nichtlängerbleiben] haben. Vōr-
[3]: vorwärts, voraus eilen, nam.: Einem v., ſo daß
Dieſer dahinter zurückbleibt: Seinem Zeitalter vorgeeilt
ſein. Fichte 7, 12; Laſſen Sie mich v., ob ich treffe, wo Sie
hinwollen. G. 15, 40; Jhrem bald zögernden, bald v–den
Gatten zu Liebe hier anzuhalten, dort mitzugehen. 71; Einer
dem Andern v. 30, 31; Der Zukunft v. 39, 73; Wie der
Menſchengeiſt v. kann, ehe ihm die Technik nachkommt. 82
ꝛc. Vorán- [3]: Eilte ihr, dem lieben Kinde zu, meh-
rere Schritte voran. G. 15, 94; Aus Scheu vorm Alter will
er | nicht voran dem Schwachen eilen. Rückert Morg. 1, 108;
Vorāūs- [3]: Umſchwebt . .. nicht der Sieg | das
Heer? und eilt er nicht ſogar voraus? G. 13, 8; Die Man-
delblüthe, | die voraus dem Frühling eilt. Rückert 6, 89;
Darum eben | bin ich vorausgeeilt. Sch. 426b ꝛc. Vor-
ǖber-: Zeigte mir gelind, v–d | ein Schreckliches nun
ewig Bleibendes. G. 13, 287; Seh ich . .. den Prieſter ...
bei mir v. Sch. 32aꝛc. Wég- [3]: fort-e. W. 11, 194
ꝛc. Wétt- [3]: wettlaufen (ſ. d.). Rückert Mak. 1,
163 ꝛc. [3]: Einem z. Alxinger D. 78; Hölderlin
H. 1, 94, zu ihm hineilen. Zurück-: V. Od. 12,
143 ꝛc. Zuvōr-: Einem z., eilend zuvorkommen:
Iſt ihm zuvorgeeilt. Forſter Anſ. 3, 51; Die Ausführung
eilte der Überlegung zuvor. G. 16, 224; Daß ſie allem
Lob | zuvoreilt und ihr nach es hinken läſſt. Schlegel Sh. 3,
98; Dieſe ihm z–de [überraſchende] Frage. W. 9, 251
u. ä. m.