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eigen
Eīgen, a.:
Einem gehörig, zu-, angehörig.
1) dem Gen. von selbst (s. d.) zur Hervorhebung einer Person oder eines Gegenstands im Ggstz. von andern, fremden, entsprechend, wie die oft dadurch (s. dein 3b) verstärkten und hervorgehobnen besitzanz. Fw. den persönl., z. B.
a) als attributives Ew.: Das Geschöpf unserer selbst. G. 14, 73; Unser e–es Geschöpf; Der Vater des Angeklagten selbst, der eigne Vater des Angeklagten, sein eigner Vater beschuldigt ihn; Das sind seine e–en Worte [wie er selbst sie gesprochen hat]; Mit (seinen) e–en Augen sehn; Etwas aus Jemandes e–em Munde haben; Einen mit seinem e–en Schwert schlagen, mit seinen e–en Gründen widerlegen, mit seiner e–en Münze bezahlen; E–e Schlacken (s. d.); Er selbst, in e–er Person; So ein Lärm, daß man sein e. Wort nicht hören kann; E–er Herd ist Goldes werth; Etwas auf (seine) e–e Hand thun; Für e–e Rechnung und Gefahr; Jm Geschäft e–es Vermögen und fremde Gelder haben; Durch eignen Eifer und durch den Miteifer seiner Landsleute. Arndt Erinn. 183; Folgen, die wir an e–en oder fremden Handlungen erlebt. G. 15, 10; Sich von einem e–en Jrrthum loszumachen, ist schwer .. .; wer aber einen fremden Jrrthum aufnimmt etc. 39, 298; Mit thränend eignen Augen | schaute ich. Heine Rom. 230; Hat er nicht eignes Volk und Land. Sch. 328a; Das Volk nährt sich vom eignen Brote [das es selbst sich schafft]. Schwab 308; Nichts . .. weiß ich zum Wohl des Landes zu rathen. | E–e [Privat- (s. 2a)] Noth nur red’ ich. V. Od. 2, 45; Wegen seines e–en Nutzens [veralt. st. Eigennutzes] verhasst. Weidner 21; Der Dämon steckt in deiner eignen Haut, | du selber bist dein Teufel. W. 11, 183 etc.
b) dies Ew. erhält zuw. näher bestimmende Zusätze, z. B. höchst (s. d.), die Beziehung auf sogen. höchste, d. h. fürstliche Personen bez.: Dieses Billet soll ich Seiner hochfürstlichen Durchlaucht zu höchst-e–en Händen geben? Sch. 206a, zuw. auch in Doppelsteigerung: In höchst- e–ster Person. Spindler Stadt 1, 9 etc. Auch verstärkt: selbst-e., z. B.: Des Menschen selbst eigene Schuld. Forster Br. 1, 527; Ohne selbsteigenes Bemühen. G. 18, 100; Mit selbsteigenen Speisen. Gotthelf U. 2, 29; Er hat die Hand gelegt an sein selbst e. Haus. Opitz 2, 49; Mit Sprüchen und selbsteignen Glossen. V. 4, 123; Als selbst-e–e [selbständige] Wesen. Zschokke 1, 241; Auerbach SchV. 32, vgl. nr-e etc. Hieran schließt sich der Superl. (s. 3).
2) als prädikatives Ew. bei sein, werden, bleiben, scheinen, machen etc.
a) (vgl.
1) selten alleinstehnd: E. [nur mich, meine Angelegenheit betreffend, s. d.] ist dieses Geschäft, nicht öffentlich. V. Od. 3, 82 etc., gewöhnl. neben besitzanzeigenden Fw. oder Gen. von Hw., wobei denn e. sich auch als sächl. Hw. = Eigenthum fassen lässt (s. Benecke 1, 415 u. Schmeller 1, 36 u. vgl.: Da Jsrael des Herrn E. (oder e.) war und seine erste Frucht. Jer. 2, 3; Kein E., als auf Burgen; kein Recht, als das der Faust. Reithard 43; Auch hier hat der größte proprietarius, wenn er nicht zugleich Bürger ist, kein wahres E. Möser 4, 167 etc.): Etwas ist, wird, bleibt mein e. (oder E.), und danach auch: Ich habe es zu (als) e. [zum, als Eigenthum], oder: Ich habe es e.; Es gehört mir e. (zu e.); Ich mache es mir e. (zu e.); Sich Einem zu e. ergeben; Gieb dies Land deinen Knechten zu e. 4. Mos. 32, 5; Sollt dies Land haben zu e. 22; Daß ihnen .. nicht einmal der Ruheplatz ihres Körpers zu e. bleibe. Forster R. 1, 246; Gehörten diese Besitzthümer mir e. G. 10, 183; Die Kunst, die er sich durch eine anhaltende Übung e. gemacht hatte. 16, 301; Der allgemeine Christ, | der aller Glauben Glied und keines E. ist. Haller 112; Er kennt sein E. Nichts [Nichts, was sein e. ist]. 86; All andere Lieb sucht etwas Anders, denn den sie liebet; diese allein will den Geliebten e., selb, ganz haben. Luther 1, 170b; Irrend sucht nun eine Zuflucht | Jesdegerd im eignen Lande, | das nicht mehr sein e. war. Rückert Morg. 1, 254; Er mag ihn behalten, er ist sein e. Sch. 63a etc. b) insofern e. so nicht bloß von Sachen, sondern auch von Personen gilt, bezeichnet es diese, namentl. im Verhältnisse der ältern Zeit, als Hörige, von einem Herrn Abhängige, im Ggstz. der freien Männer, und zwarsowohl attributiv u. prädikativ (s. Leib-e. u. vgl. Benecke 1, 45 u. Schmeller 1, 35). Vgl.: Ach, wenn du wärst mein e., [= mein] | wie lieb solltst du mir sein! Ida Hahn etc. und: Nun ist doch unser E. [Dienst-, Lehensmann] Siegfried. Simrock Nib. 667; Da sagt’ es Siegfried selber, er sei des Königs Mann; | drum halt’ ich ihn für E. 764 etc.; Wie ein Gutsherr . . einen freien Mann auf sein Erbe nimmt, aber sich doch bedingt, daß seine Kinder e. werden sollen. Möser Ph. 3, 182; Wo die gleba [Scholle] .. einen Menschen e. macht, ohne daß dieser nöthig hat, sich ausdrücklich zu e. zu ergeben. 184 U. v.; Weil sie eigne Leute sind | und nicht, wie wir, frei sitzen auf dem Erbe. Sch. 528a; b; E–en Mägden gebeut! Syracuserinnen gebeutst du? V. Th. 15, 90 etc. c) an a schließt sich doch mit verschieden nüancierter Bed. attributives und prädik. e. mit abhängigem Dat. (vgl. mir gehörig etc.), im Sinne von „eigenthümlich“. Was mein e. ist, Das habe ich als Eigenthum, es gehört mir, so daß ich darüber frei schalten und walten kann; was mir e. ist, Das habe ich als Eigenschaft und zwar als etwas mir wesentlich, charakteristisch Zukommendes, mich von Andern Unterscheidendes und Auszeichnendes, obgleich natürlich auch die Fügung mit dem Dat. in der ersten Bedeutung vorkommt (s. a u. z. B.: Herz und Klinge sind Euch e. [treu gewidmet]. Chamisso 3, 124; Unschuldig keiner Schuldung, | e. [ergeben, vgl. b] dem Eigennutz, ohne Geduld und Duldung. Rückert Weish. 4, 133 etc., und umgekehrt: Wenn ich mir einen Ausdruck von Milton e. machen [aneignen] darf. W. 3, 96; Der Schmuck an Früchten und Blumen, der dieser Zeit e. ist. G. 15, 298; Diese Wendung ist namentlich Goethe e.; Geschwätzigkeit ist dem Alter e.; Mit dem ihm e–en Scharfsinn; Jeder Mensch hat seinen e–en [s. d] Stil, wie er seine e–e Nase hat etc. d) auch ohne Dat., wie eigenthümlich, von dem, was Etwas mit Andrem nicht gemein ist = besonder, zuweilen auch = sonderbar, befremdend (s. 4b) etc.: Es ist e., daß ich ihn nie zu Hause treffe; Er hat einen e–en Zug um den Mund; Es war ein ganz e–er Ausdruck, den er gebrauchte; Jch muß ihm ein e–es Zimmer einräumen; Das ist Alles beschrieben in einem e–en Buch. l. Macc. 16, 24; Durch die Waldung huschten eigne Scheine. Freiligrath 2, 62; Im Festkleid andrer Zeiten | trat auf mich zu ein eigner Mann. Garb. 121; Die Art, wie er es vorbringt, lässt mich hoffen, | daß er dabei was Eignes denken mag. G. 6, 334; Aus der schwerbedeckten Enge | treibet mich ein e–es Gericht. 1, 194; Kam | ein eigner Fall, worüber er .. mit Andern sich berieth. 13, 185; Überhaupt ist es ein eignes Ding um die Erbauung. 14, 258; Was muß das aber für ein e–er Mann sein, den seine Geburt, seine Fähigkeit zu mancherlei Anspruch berechtigen und der Alles ablehnt. 39, 291; Ich bin ein e. Kraut. Höfer Hausbl. (56) 1. 19; Es ist um einen großen Mann eine e–e Sache. Immermann M. 1, 421; Das e–e Wesen des Jünglings fiel dem Grafen bald auf. Kerner 539; Für einen wunderlichen oder, wie man es auch wohl auszudrücken liebte, für einen e–en Mann gehalten. Lewald W. 1, 9; Wenn ctwa Schälk’ im Dunkeln von eigner Wahrheit munkeln [die ihnen als etwas Besonderes zukomme, ihr ausschließliches Eigenthum sei]. V. 3, 129; Indem die .. Natur mein E.-sein [selbständige Individualität] verbürgt. Zschokke 1, 92 etc. e) ähnlich auch (s. 1): Die liebe kleine Frau [hat] bei aller Zuckersüßigkeit ihr eignes Köpfchen. Forster Br. 1, 471; Ihren e–en Willen etc. [der sich nicht in Andre fügt etc.]; „Er war ein eigensinniger Knabe“. Vielleicht nur e. Grabbe Hann. 108 etc. So auch: E. [streng in seinen Anforderungen und keine Abweichungen duldend; genau, accurat, penibel etc.] sein; Er ist e. [heikel] im Essen; Herr Referendar sind recht e. geworden. Gutzkow R. 3, 168. f) mund- artl., veralt. mit dem bestimmten Artikel Jdentität bezeichnend: Den e–en [denselben, den nämlichen] Abend. Adelung. s. 4d. 3) Steigrung (zu 1 u.
2) vgl. 4b: Liebe Lotte, wie machst du’s nur, daß ich dir alle Tage e–er [2c: mehr ergeben, mehr angehörig] werde? G. Stein 3, 27; Aber noch einen eigneren [2d: sonderbarern] Vorwurf sollten wir erleben. G. 25, 39. Bei Denen, welche meine E–sten [die nächsten Angehörigen] hätten sein sollen. Arndt E. 112; Wenn er sein e–st [2d und 1: ihm vor Allen gehöriges und eigenthümliches] Gut verschwendet. G. 12, 41; Ein e–ster Gesang. 221; In seinem e–sten Elemente. 15, 221; Daß ich ihnen Etwas von meinem E–sten überreichte. 18, 229; Die den allgemeinen Gewinn als Unterpfand betrachteten, daß ihrer e–sten [privativen, besondern] Neigung Sicherheit .. gelobt sei. 26, 246; Die e–sten und bedeutendsten Züge. Heinse A. 1, 102; Ich bin dir dafür in deinem E–sten [innersten Eigenthümlichkeit] um so ähnlicher geworden. Hölderlin H. 2, 75 etc. 4) adv.:
a) (s. 1) Mit e. erfundener malerischer Tracht. Heinse A. 2, 84, vgl.: Von unsrer e–en Erfindung; E. gebacknes Brot; E. gemachtes Zeug etc.
b) eigenthümlich, dem Wesen einer Person oder eines Gegenstandes und ihrer Besonderheiten gemäß und sich dadurch von allem Andern unterscheidend, s. 2d: Ach, wie so e. | schaffet das Schmerzen! G. 1, 68; Wie wohl, wie e. steht dir Beides an! 13, 221; Sich ganz e. theilnehmend erwiesen. 22, 3 etc. Zuweilen im Superl. (s. 3): Man entwickelt sich e–st dadurch. Rahel 1, 336; Seinem e–st [ihm ganz besonders] eignen Kreise fern. Waldau N. 2, 76.
c) (s. b) mit Angabe Dessen, wozu Etwas seiner Eigenthümlichkeit nach bestimmt, worauf es berechnet ist: Scheint e. [ausdrücklich, erpreß] dazu bestimmt. WHumboldt 1, 105; E. dazu gebaute Schiffe. JvMüller 1, 371 etc.
d) (veralt.) „Ist sie [ihr Bild] getroffen?“ E. Lohenstein Ibr. 18 = auf das Genaueste übereinstimmend, s. 2f.
e) (veralt.): Etwas e. wissen, kennen, verstehen etc. = eigentlich; genau; so recht, wie es sein soll, nam. oft bei Logau z. B.: 1, 17; 3, 42, 13; 110, 48; 163, 50; 243, 140; Werder Ar. 1, 73 etc.
f) für b und c oft Eigens, z. B.: Daß der Mensch sich Das am wenigsten zuzueignen vermag, was ihm ganz e–s [ihm vor allen Allen, versch.: e., s. 2a] angehört. G. 15, 169; Die Gemüther der Knaben e–s [s. c] zu erforschen. 18, 200; 26, 262 etc.; Das e–s kräftige Salzbad. König Leb. 2, 225; E–s abstechen. Jer. 3, 233; E–s für diesen Tag errichtet. Lewald Ferd. 1, 299 etc.
Anm. Ahd. eigan, mhd. eigen, wohl v. goth. áigan, ahd. eigan etc. (haben), vgl. gr. ê~ἁ, Partic. und zwar des Präs. mit passendem Sinn (vgl.: Das bei sich habende Geld, die vorhabende Reise etc., s. Haben I. 19). Wenigstens tritt noch öfters die Partic.-Endung hervor: Durch seinen eigend- sten Beruf. Guhrauer L. 1, 58; Und Das hat der Mann selbst eigends verewigen lassen. Stahr Par. 2, 105; Gutzkow 11, 8 und allgem.: Eigentlich, s. Sander’s Orth. 67, doch tritt freilich ein „d“ auch sonst vor dem „st“ des Superl. auf, z. B.: Auf die unbefangendste Weise. Hartmann Unst. 2, 258; Der Jüngste und Unerfahrendste von uns. Tieck NKr. 2, 220; Mit den verschlagendsten Händlern. Willkomm Banco 1, 71 etc. Andrerseits oft: E. statt e–en, z. B. Fischart B. Vb; Mit seinem e. Schwert. Luther 8, 15a; 120b; 6, 9a; 232 etc., wie auch das Zeitw. eigen[en] = widmen: Meinen Freunden .., welchen ich diese Tolmetschung .. eige und zuschreibe. Eppendorf 2; Ihren Freunden zugeschrieben und ereignet. ebd.; wie noch: Zueigen. Musäus M. 2, 95. Das Eigen (s. 2a) bei Spate 2, 54 auch = Eigenname (in der Grammatik).
Zsstzg. z. B.: Dīēnst- (⏑–⏑): ganz zu Diensten stehnd: Ich bin Eu’r Hochwürden D–er ganz. Heine Lied. 23.
Erb-: durch Erbschaft als eigen überkommen: Unter e–em oder dienstpflichtigem Volk. Rotteck 2, 552. Gēīst- (⏑ ⏑): geistig unfrei: Leibeigen war, g. war er nicht; ein Sklave ist, dem die Freiheit abgehandelt, nicht Der, dem die Freiheit geraubt worden. Börne 1, 3; 2, 360.
Háls-: Art Leibeigner. Lēīb- (⏑ ⏑) [2b]: im Ggstz. des Freien, der mit seinem Leib, d. i. seiner Person, einem Herrn gehört oder von ihm abhängt: Ihr habt in uns keine L–en vor euch. Gutzkow R. 3, 431; L–e der Sünde. Gleim 6, 251; Da wir Alle des Todes aller-l–ste Sklaven sind. Hackländer europ. Sklav. 1, 171; Sie waren L–e insoweit, daß sie verpflichtet waren, eine gewisse Zeit Hofdienste zu thun. Hebel 3, 414; Zum l–en Knecht. 4, 40; Der Gutsherr .. hatte .. das höchste Recht über seinen L–en, er konnte ihn tödten, wenn er wollte etc. Möser Ph. 3, 251 u. v.; Nicht L–e, Frau, Gutspflichtige nennt sie ein Jeder. V. 2, 20; Doch, ach, wir sindl. (⏑ ⏑) ebd.; Dem Bestehen der Wissenschaft um ihrer selbst willen, nicht als L–en der Nützlichkeit. Vogt Köhlergl. 40 etc. Lēīter- (Mus.): einer bestimmten Tonart oder Tonleiter eigen, z. B.: L–e Modulation, deren Accorde alle in der gewählten Tonart liegen. Līēb- (⏑ ⏑): Durch Liebe will ich zeigen | der Welt ich sei l. [die Liebe sei mein Herr]. Rückert 1, 337.
Nútz-: wovon man De