Ei
I. Ēī, n., –(e)s; –er; –chen, lein (in der Mz. auch:
Eier-chen, lein); -, –er-:
1) ein den Keim zu einem Thier einschließender Körper im Leib der weiblichen Thiere, zumeist von länglichrunder Gestalt (vgl. Eierstock). Gewöhnl. bei den nicht lebendige Junge gebärenden Thieren von den an einem Platze abgelegten Körpern, aus welchen sich das junge Thier entwickelt: E–er legen; Bienen-, Fisch- [s. Rogen], Frosch- [s. Laich], Insekten-, Krebs-, Krokodil-, Kröten-, Schildkröten-, Läuse- [s. Nisse], Schlangen-, Schmetterlings-Ei etc. — So am häufigsten von Vögeln: Ein Vogelnest mit Jungen oder mit Eiern. 5. 22, 6 etc.; Enten-, Gänse-, Hühner-, Kiebitz-, Kuckucks-, Storchen-, Straußen-, Tauben-, Vogel- Ei etc., im wirthschaftlichen u. Küchengebrauch zumeist von den vielfach benutzten und als Speise verschieden zubereiteten Hühnereiern (s. Dienen 2): Frische, faule, angebrütete Eier etc.; nach der Zubereitung z. B.: Gekochte, gesottne, gebackne, gerührte, gesetzte, in die Pfanne geschlagne, harte, weiche, saure Kochb. 385), farcierte (386), verlorne Eier (15, mit durchaus weichem Dotter, abgeschält u. rund geschnitten in Suppen etc.), s. Zsstzg. In einer Menge von Sprchw. u. Redensarten, s. 1, 295 ff., z. B.: Wer Eier will, Der muß das Hühnergatzen leiden; Seine Eier sollen mehr gelten als andrer Leute Hühner; Seine Eier haben zwei Dotter; Ein faules Ei verdirbt den ganzen Brei; Frisches Ei, gutes Ei. 2, 252; Das Ei des Kolumbus [zur Bez. von Etwas, was Jeder kann, nachdem es der Meister gezeigt] etc.; So ähnlich (gleich) wie ein E. dem andern. 108 u. V.; Der Frankfurter christliche Kaufmann sieht dem Frankfurter jüdischen Kaufmann ebenso ähnlich, wie ein faules Ei dem andern. Reis. 4, 27 etc. — Etwas ist nicht ein ausgeblasenes (faules) Ei werth [durchaus werthlos]. — Voll wie ein Ei. Stadt 1, 48; 1, 139 etc. — So zart und zimperlich, wie ein schalloses Ei. Dicht, 1, 220; Man mus sich mit ihm in Acht nehmen, wie mit einem rohen Ei; Auf einer Seite bin ich gewaffnet und gestählt, auf der andern wie ein rohes Ei. Stein 3, 69. — Wie auf Eiern gehn, langsam, behutsam, indem man kaum aufzutreten wagt. — Sauber und zierlich, wie eine Puppe, wie aus dem Ei geschält. V. 85; Jungfern, wie aus Leda’s Ei gekrochen. 12, 28; Er beginnt nicht . den trojanischen Krieg von Leda’s Eiern. Hor. 2, 213, mit der Anm.: „Aus deren einem die schöne Helena ausgekrochen sein soll“; Das Ei unterm Huhn [vgl.: Das Getreide auf dem Halm] verkaufen. R. 1, 293, ehe es noch weggenommen werden kann; Alles zu Geld machen etc. — Daß es nicht Gans-Eier [Gänseeier] auszubrüten gewesen. 3, 79 [was eben auch eine dumme Gans kann]. — Was kümmert man sich hier um ungelegte Eier? [Dinge, die noch gar nicht existieren, von vorwitziger Sorge]. 5, 120; Bürgerkrieg um ungelegte Eier. 2, 18; 6, 270 etc. — Da lob’ ich mir unsre Brüder in der Autorschaft, die fein krähen, eh noch das Ei [das geistige Erzeugnis] reif ist. Br. 2, 163; Wir werden schon gackern und euch rufen, wenn unsere Eier gelegt sind. R. 6, 160; Aber das Ei ist gar zu frisch gelegt und ich muß mir .. alles Urtheil darüber absprechen. 5, 130; Alle nur mögliche Muße als Brütezeit ihrer Gedanken-Eier benutzen. Bl. 1, 267; Ich fand sie ... über Unmöglichkeits-Eiern brütend. Nat. 3, 317; Ob die Eier taub sind, oder welche Brut daraus hervorgehen werde, mag die Zukunft lehren. G. 186; Meint ihr, daß die Zeit .. sich erneut, | nur um die Eier auszubruten, | die ihr geschäftig unterstreut. 122. — Sind Sie erst gestern aus dem Ei gekrochen? [auf die Welt gekommen]. Ob. 1, 137; Daß die Eier immer klüger sein wollen als die Henne! [die Kinder als die Alten]. Hdl. 1, 51 u. v.; Die niedersächsische Bibel, die man das Ei vor der Henne nennt, weil damals selbst Luthers obersächsische noch nicht zusammengedruckt war. 11, 304. — Und welches ungeborne Hähnlein wird noch aus dem Ei gackern! H. 2, 3, 160 [welche Streitigkeiten werden noch kommen]. — Da legte auf einmal der Teufel [s. d. und Kuckuck, Kuckucks-Ei] ein Ei in die Wirthschaft. Erz. 87; Wußte sich fremdes Verdienst zuzueignen und seine Eier in fremde Nester zu legen. 627b [seine Schelmstücke Andern in die Schube schieben etc.]. — Vom, beim Ei anfangen. 7, 241; 20, 111; 12, 128, erzählend beim allerersten Anfang beginnen, nach der röm. Sitte, bei der das Mahl mit Eiern eröffnet, mit Apfeln geschlossen wurde, vgl. Hor. 2, 30; Man siedet kaum ein E., so [in kürzester Frist] sind wir wieder gut. 385; u. ä. m. (s. Huhn). —
2) Botan.: Ei, Eichen, ovulum, der Keim des zukünftigen Samenkorns. — 3) mehrfach übertr. auf eiförmige (ovale) Körper, so z. B. als Name mehrerer einschaliger Schnecken, Bulla ovum, darunter das gelbe, rothe, das gestreifte Ei; ferner = Hode; so heißen auch die Taschenuhren früher: Nürnberger Eier (s. Stunden-E. u. vgl. Stein- Ei etc.).
Anm. Die Verkleinrungsformen: Ein Eilein. 3, 76; Die Eilein. Th. 56; Es muß für die Eierlein | ein befruchtend Sämlein sei 9, 111; Mikroskopische Eierchen. Oc. 1, 71; Die Ei’chen sind so mikroskopisch klein. 2, 11 etc. — Ahd. agi, ei, mhd. ei. — Veralt.: Ein Eig z. B. 34, vgl. engl. egg, urvwdt. gr. ὸν, vgl. neugr. αύγ, lat. ovum, serb. jaje, wend. jejo, jejko etc., danach wohl urspr. mit doppeltem Digamma γγν, und danach Tonw. entlehnt von der gackernden Henne (s. Gack Anm.), wie noch in der Kinderspr.: Das Gaggi, Gäggi. 1, 413; Das Gagkelein. 2, 23. — Dazu mundartl., veralt.: Eierlen: nach Eiern schmecken, riechen und: Eiern: Eier legen.
Zsstzg. unerschöpflich, s. 1, 2 und 3. Wir erwähnen besonders: Ameisen-: die irrthümlich für Eier gehaltnen Larven der Ameisen, vielfach als Nachtigallenfutter benutzt etc. Lichtwer 112; vielleicht nach [3] von der Gestalt. — Aūgsten-. Gotthelf G. 34, die zum Erntefest benutzt werden. —
Báck-: übertr.: Etwas Zusammenklebendes, ein Mifchmasch. s. Brem. Wörtrb. 1, 40. — Basilísken-. Jes. 59, 5; Daß .. der Basilisk [s. d.] aus einem Hahnen-Ei geboren werde, Das ist ganz falsch und erlogen. Ryff Th. 264 etc. —
Hāsen-: s. Oster-E. —
Héren-: ein dotterloses Ei, auch wie „Teufels-Ei“, Name eines Schwamms, Phallus impudicus. —
Klōster-: Oster-E. —
Kúckucks-: Ei, das der Kuckuck (s. d.) in fremde Nester legt und woraus eine Kuckucksbrut (s. d.) entsteht. Gutzkow Bl. 1, 39; 365. — Mêêr- [3]: Art Meernüsse. —
Nést-: das man im Nest der Hühner etc. liegen lässt, damit sie andre dazu legen, oft auch nur ein eiförmiges Stück Kreide, Gips etc. —
Öster-: Eier mit bunter Schale, oft auch von Zucker nachgebildet, wie man sie um Ostern namentl. Kindern zu schenken pflegt, die sie oft in Gärten etc. suchen müssen, wo sie — wie man scherzt — der Hase hingelegt (s. Osterhase). Ursprüngl. katholische Sitte, indem nach den Fasten mit dem Osterabend wieder Eier- und Fleischspeisen erlaubt find. —
Pflícht-: Zins-Ei. — Rā- ben-:
1) [1]. —
2) [3] = Bofist. — Rühr-: mit Butter etc. in eine Pfanne geschlagne Eier, deren Gelbes und Weißes durcheinander gerührt wird; auch übertr. wie Mischmasch etc. 3, 14; zuweilen auch in einer Art Wortspiel von Trauerspielen und rührenden Geschichten, Rührstück etc.; Aus einem Tragödien-R. 4, 30. — Sétz-: in geschmolzne Butter in die Pfanne gesetzte weiche Eier. — Sōōl-: in Soole oder Salzwasser gesotten. — Spōr-: Wind-Ei. — Stēīn- [3]: runde Steine, wie man sie neben den Grenzsteinen einzugraben pflegt. — Stúnden- [3]: Bez. für die ältesten Taschenuhren. M. 4, 36. — Súpf-, Súpp-: (veralt., mundartl.) weiches, auszusupfendes, auszuschlürfendes Ei. 1, 235b. — Tēūfels-: das der Teufel (s. d. u. Kuckucks-Ei) in die Wirthschaft gelegt; s. Hexen-E. — Trópfen- [3]: eiförmige Perle: Nun schwanke zwischen Ohr und Mund | das T. aus Meeresgrund. 12, 196. — Ūr-. Ar. 1, 328, Wélt-: (Mythol.) woraus die Welt hervorgegangen. — Wínd-: taubes, unbefruchtetes Ei: Um Gottes willen kein W. der Henne eures Ruhmes untergelegt. 5, 149; Die Henne ward über ihr Ei so laut und es war noch dazu ein W. 8, 119; Bl. 1, 39 etc.; auch von Eiern, denen die Kalkschale fehlt. — Zíns-: die als Zins zu entrichtenden Eier. M. 1, 386 etc. u. ä. m.
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