Faksimile 0340 | Seite 332
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Dunst
Dúnſt, m., –es; Dünſte; -: 1) die von einem
Körper in fein vertheiltem oder luftförmigem Zuſtand
aufſteigenden Theile, in wiſſenſchaftlichem Gebrauch
nam. der ſich von Flüſſigkeiten unter dem Siedepunkt
bildende Dampf (ſ. d. 3 und vgl. Duft), beſ.: a)
inſofern er ſich dem Geſicht bemerkbar macht, ver-
ſchleiernd, verhüllend ꝛc.: Der Schleier, blutigroth aus
D. gewoben. Chamiſſo 4, 18; Wie ihr aus D. und Nebel um
mich ſteigt. G. 11, 3; Bei klarer Sonne eine d.-reiche Atmo-
ſphäre. 23, 278; 30, 265; Das Phantom [der Waſſer-
hoſe], welches nicht D. und nicht Woge mehr iſt. Immermann
M. 1, 334; Unter dem Schutze dieſes D–es [des Haar-
rauchs]. 3, 299; Ein D., der mehr werth iſt als die hellſte
Betrachtung und in deſſen Nebel ich immer Weisheit, Lebens-
kraft und Menſchenwürde wiederfand, die ich oft in den auf-
geklärteſten Verſammlungen verlor; aber gütiger hatte er ..
nicht auf meinen Augenliedern geruht, als diesmal. Thümmel
1, 12; Ihr Auge ſchwimmt in zauberiſchem D. W. 11, 220
ꝛc. b) Bez. weſenloſen Scheins, des Gehaltloſen,
des Nichtigen, ſchnell Hinſchwindenden ꝛc.: Alſo wurde
Alles zu D., daß ich weinen mußte. Chamiſſo 5, 95; Fühlt,
ſein eignes Streben ſei nur D. 4, 144; Was ging nicht
Alles durch dieſe Anerkennung in D. und Rauch auf. G. 39,
106; Eitel D. und Fabel. Linck Schl. 8 ꝛc., nam. oft:
Blauer (ſ. d. 12). D.; Den armen Klienten mit ihrem loſen
Geſchwätz einen D. für die Augen und eine Haube aufſetzen.
Garzoni 156a und ferner: Auf den tauben D. [auf gut
Glück, aufs Gerathewohl, ins Blaue hinein]. Muſäus
M. 3, 84; ferner als Anrede treuloſer Schmarotzer:
Maifliegen! | Hut- und Knieſklaven, Dünſt’! V. Sh. 3, 545.
c) D., inſofern er betäubend, athembeklemmend
wirkt: Erſtickend ziehn verfänglich | Dünſte durch den düſtern
Raum. G. 6, 39 u. v., auch übertr. auf Verſtandes-
umneblung: Ein Jeder denkt in ſeinem D., Andrer Verdienſt
ſei winzig klein. 3, 129 (vgl. Duns). d) D., inſofern
er auf den Geruch wirkt (ſ. Duft, Ausdünſtung): Wie
weiß doch der D. der Roſen | unſrer Naſen liebzukoſen. Brockes
9, 97; [Zibeth], deſſen Duft | mit .. holden Dünſten in die
Luft .. quillet. 292; Die Luft .. war mit balſamiſchen
Dünſten angefüllt. Forſter R. 1, 323; Daher kam mir die
Fülle des guten D–es [Bratengeruchs]. G. 25, 83; Jener
D., der ſich aus den ſchlechtgelüfteten Zimmern der Armen in
ihre Kleider heftet. Lewald Wandl. 1, 230; Zum Erſticken|
quälte der gräßliche D. der meergemäſteten Robben. V. Od.
4, 442 und ſo jetzt gw. an c ſtreifend. 2) weidm.:
die kleinſte Art des Schrots, zum Schießen von Vögeln:
Mittelſt eines Viertelpfundes D. einen bis zwei Spatzen tödt-
lich verwundet. Tſchndi Th. 196; auch Vogel-D., zuw.
übertr.: Ich habe der Gans [dummen Frau] bloß ein we-
nig Vogel-D. geſtreut. Kürnberger Am. 346. 3) Müller:
Kernmehl. 4) Kriegsk.: D., Pulver-D., der
Wirkungskreis der entzündeten Ladung, innerhalb deſſen
Brennbares verbrennt; Eine Bombe aus dem D. werfen
= ſie mit einem Feuer werfen, ſo daß das Zündkraut
des Mörſers zugleich die Brandröhre der Bombe zün-
det. 5) Hutmach.: das Eindunſten (ſ. d.) der
Steife.
Anm. Ahd. dunst, tunst (Ungewitter, Sturm), mhd.
dunst. S. dehnen und dunſen. Mundartl. fem., z. B.:
Die D., die aus den Sümpfen aufgeſtiegen. Gellert 1, 274.
Zſſtzg. unerſchöpflich nam. zu 1, z. B.: Āūs-:
gw. Ausdünſtung: Ihre Hefe abſetzen laſſen, ohne ihren
übeln A. einzuathmen. König Kl. 1, 334. Erden-:
Balſamduft .. unvermiſcht mit ſchnödem E. und Mißgeruche.
Heine Rom. 218; Qualmig aufſteigende Erddünſte. Reiſ. 1,
120. Gewítter-: Ein grauer G. umduftet den
ſchwülen Sommerhimmel. Kürnberger Am. 4. Gíft-:
Die Seen verſchlammen und hauchen Giftdünſte aus. Körner
Sch. 4, 517. Hírn-: Ausdünſtung des Gehirns,
Phantaſie, Hirngeſpinſt. Seume Gd. 150. Höllen-:
Ein armes Nichts, ein bischen H. [ſ. 1b] | ein Firnis, Aug’
und Herz daran zu laben. Chamiſſo 4, 172. Irrwiſch-:
Matthiſſon 207. Kōhlen-: Am K. ſticken. Lǖgen-
[1b]: Lügen: Daß man greift den L. Rückert 2, 138.
Nêbel-: Ein grauer N. lag über der öden Heide. Roquette
Hühn. 99; G. 12, 56 ꝛc. Rīēſel-: Der feuchte R.
des Waſſers. Waldau Nat. 3, 9 ꝛc. Strōm-: Hin-
ſchwebend in den blaſſen | St. verlor er ſich. Freiligrath Garb.
125. Vōgel- [2]. Wēīn- [1c]: Des Sultans
Haupt, von W. doppelt ſchwer. W. 20, 118; Kein Schatten-
ſpiel, | im Sitz der Phantaſie aus W. ausgegoren. 85; 11,
201; Wélt-: z. B. eine dunſtartige Maſſe als Stoff
einer Welt: Die Nebelflecke, den in beſtimmte Formen ge-
ſchiednem W. Humboldt K. 1, 86 ꝛc.