dulden
Dúlden, tr., intr. (haben) u. refl.: mit Geduld
(ſ. d.) tragen; Etwas ertragen, ſei es, daß man ſich
darin, als in ein Unabänderliches, fügt, ſeies, daß man
es, als ein nicht Störendes, dem Weſen des Duldenden
Gemäßes, — od. endlich auch nur aus Nachſicht un-
angefochten, ſo wie es iſt, fortbeſtehen läſſt. 1) tr.: a)
v. Perſ. ꝛc.: Man verfolget uns, ſo dulden wir’s. 1. Kor.
4, 12; In allen Verfolgungen und Trübſalen, die ihr duldet.
2. Theſſ. 1, 4; Wie lange ſoll ich euch d.? Matth. 17, 17;
Eine geduldete Religion, Perſon; Spartaniſche Regierungs-
häupter würden dieſe Muſik geduldet, ja gepflegt haben. Börne
1, 103; Ich will es d., | ſtille leiden meine Schulden. G. 1,
103; Sie ſchien an Allem Theil zu nehmen, aber im Grunde
wirkte Nichts auf ſie; ſie war mild gegen Alles und konnte
Alles d., ohne zu leiden. 22, 132; Man erträgt die Unbe-
quemen lieber, als man die Unbedeutenden duldet. 15, 195 ꝛc.
— b) von Sachen: Dein Blutwerk, mein’ ich, duldet [ver-
trägt] den Verzug. Chamiſſo 4, 44; Die Sonne duldet kein
Weißes. G. 11, 40; Geheimniſſe, | die deine kühne Gegen-
wart nicht d. Sch. ꝛc. — 2) intr.: D. wir, ſo werden wir
auch mit herrſchen. 2. Tim. 2, 12; Sein Kreuz .. d–d tra-
gen. Chamiſſo 4, 32; Harren und d. G. 4, 40; Du haſt d.
gelernt, du ſollſt nun wirken. Hölderlin H. 2, 86; Duldet
muthig, Millionen, | duldet für die beſſre Welt. Sch. 19b;
Das harrte D. iſt ihr ſchweres Loos. 459a; Große Seelen
d. ſtill. 249b. — 3) refl.: gw. ge-d. (ſ. d.), aushar-
ren: Placidus! rief eine Stimme | ihm im hochbeherzten Bu-
ſen, | dulde dich, du findeſt ſie. H.
Anm. Fortbildung von Dol, dolen. (So lang me ſeligi
Mannli dolet ime ne Land = So lang man ſolche Män-
ner im Land duldet. Gotthelf Sch. 274), gothiſch thulan,
ahd.dolōn, doljan, dultan ꝛc., urvwdt.u.ſvwdt. mit gr. τωλἄν,
lat. tollo, tuli (habe getragen), tolero ꝛc. = Etwas auf ſich
nehmen, tragen, vgl. die Sanskritwurzel tul (Pott 1, 265).
Veralt. iſt die Schreibw. dulten (ſ. Dult), wie z. B. Unge-
dult und ungedultig. Geßner 3, 64; Hebel 4, 346 ꝛc. —
Dazu: Dulder, m., –s; uv.; -in, f.; –en: Des D–s
Dornenbahn. Sch. 20b; 19a; Den ängſtlich harrenden D.
[Odyſſeus]. V. Od. 1, 55; Mißachtet, mag ich D–in nicht
leben. Chamiſſo 4, 16; Ihr Knechtſchaftsdulter. Rückert 2,
12 ꝛc. — Ferner: Duldung, f.; –en: Wohl wird er D.
üben, wo D. er erfährt. Chamiſſo 3, 331; G. 6, 379; Mit
der D. [der Schläge] wuchs meine Wuth. 20, 76; Mit liebe-
voller D. und Schonung der Andersdenkenden. Gutzkow R. 5,
259; Alles, was die lutheriſche [Religion] erhielt, war D.
Sch. 583a.
Zſſtzg. z. B.: Āūs: zu Ende dulden, ausharren,
ertragen: Seinem Charakter gemäß das Leben durchzuwirken
und auszudulden. G. 24, 167; Daure, Herz; ausdulde die
Zeit des Schickſals. Platen 2, 159; Sie konnte nicht mehr a.
des Qualmes | Taumelkraft. V. Ov. 2, 235; Dulde nun
aus, mein Herz! noch Härteres haſt du geduldet. Od. 20,
18; Der Dulder hat ausgeduldet, ſein Leiden iſt zu Ende
ꝛc. — Durch-: Wenn das Herz aushält und die Mitter-
nacht des Grams durchduldet. Hölderlin H. 2, 119 ꝛc. —
Entgêgen-: Ich dulde nur dem Wahnſinn mich entgegen.
G. 13, 309 = Ich ſtelle mich ihm nur duldend entge-
gen, ſeinem Wirken ohnmächtig preisgegeben. — Er-:
Etwas duldend ertragen, erleiden: Die Demüthigungen
e. G. 6, 321; Alles .. heroiſch E–de. Heinſe A. 2, 242;
Herzkränkende Leiden erduldet. V. Od. 1, 4 ꝛc.; Ich bin Thä-
ter und Erdulder in einer Perſon. Holtei Ob. 1, 283;
Sich von ſeinem Verluſt und ſeinen Erduldungen wieder
erholen. JGJacobi Jr. 3, 223 ꝛc. —– Ge-: (veralt. und
mundartl.) tr. = dulden: Ein Unglück über das andre
g–d. Schaidenraißer 49a (Stets duld ich noch Gram. V. Od.
11, 482); 3a; 4b; 6b; Luther 6, 6a U. v., jetzt gw.
refl. [3]: Gedulde dich = warte noch Etwas; habe noch
etwas Nachſicht ꝛc.; aber auch mit Genit.: Eine halbe
Stunde geduldete man ſich meiner Abweſenheit. Arndt Erinn.
18 = ertrug ſie ꝛc. — Mít-: Dann bin ich m–d in
Angſt. V. Ov. 2, 220 = mitleidend. — Über- (vgl.
übertragen): duldend überſtehn: Ein reſignierendes Aus-
dauern, ein beharrliches Ü. Heine Reiſ. 4, 117; Ich kann’s
nicht ü.; Du ſiehſt ja, Das kann kein Weib ü. Sch. 142b
ꝛc. — Ver- (veralt.): verſchmerzen. Spate u. ä. m.
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