Faksimile 0327 | Seite 319
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drohen
Drōhen (mit der alten, nam. noch dichter. Nbnf.
dräuen), intr. (haben) und tr.: Einem Furcht vor bevor-
ſtehndem Ubel erwecken, oder erwecken wollen, von Per-
ſonen und von Sachen: Wer droht, der ſchlägt nicht
(Bellende Hunde beißen nicht) ꝛc.; Eſau dräuet dir, daß er
dich erwürgen will. 1. Moſ. 27, 42; 2, 32, 14; Der dir den Tod
gedräuet. Iud. 13, 27; Mit zornigem Dräuen. Jeſ. 30, 30;
Dräuend über mir | hängt hier der Himmel. Beer Arr. 131;
Der [Einigen] hoch-d–de und [Andern] vielverſprechende
Eindrang zahlreicher .. Heere. B. 401a; D–d in den Wind.
Chamiſſo 3, 172; Berggipfel .., der .. überhing und gleich-
ſam den Einſturz drohete. Forſter R. 1, 204; Was auch ſich
gegenſetzt und dräut. G. 10, 225; Hat Phileros dem Strafe-
Dräun gehorcht? 311; Kein Verſprechen ſoll, | kein D. mich
von der Stelle drängen. 13, 265; Der Gattin Feinde d.
auch dem Gatten. 306; 304; Seine zuſammengeballte Fauſt,
die er dräuend .. in die Luft ſchlenkerte. Immermann M. 3,
224; Vier Bände das Wenigſte, was ich verſprechen oder
dräuen kann. Lavater 1, XV; Die täglich ihm mit Rache
dräun. Nicolai 1, 260; 2, 16; 82; Alſo drohte jeder Schritt
den Brüdern | jähen Fall. Platen 4, 281; Ich drohte mit dem
Finger. Ramler F. 3, 9; Verdienet Straf’ und Tod | für
Übel, die er that, für Übel, die er droht. 1, 36; Nicht Ge-
ſchehnes rächen, | gedrohtem Übel wollen wir begegnen. Sch.
527a; Mir bangt | vor deinem D. nicht. 18b; 26b; Auf
ſein mächtig Dräun. 6b; [Es ward] der Tod darauf gedroht.
Uhland 459; Er drohte [Man mußte befürchten, er werde]
in eine Predigt über das Thema auszuarten. Waldau Nat. 2,
145; Gefahr, die ihrer Tugend dräut. W. 15, 11; Mit
Schelten und Dräuen. 11, 206; 208; [Felſen, die] bald tief
bis ins Gebiet der alten Nacht | herunter dräun, bald in die
Wolken pochen. 20, 209: Jede Noth, die gegenwärtig drückt
und in der Zukunft droht. 190 ꝛc. Das Part. verſchmilzt oft
mit dem abhäng. Objek.: Des Kriegs graundrohnde Män-
nin. V. Ov. 1, 128; Wahnſinndrohnd. Chamiſſo 4, 22 ꝛc.
Anm. Dazu: Drōher, m., –s; uv.; -in, f.; nen:
drohnde Perſon ꝛc.: Wir haben nicht den Durſt nach Streit,|
du, D., du haſt ihn. Gleim 4, 162; 6, 242; Zſchokke 8,
265; Noch wiſſt ihr nicht, ihr Dräuer, | wer länger trotzen
kann. Freiligrath Garb. 87 ꝛc. Drōhung, f.; –en: das
Drohen, drohende Gebärden, Worte ꝛc.: Dieſe D–en ſchre-
cken mich nicht; „Soll ich beſchleunigen, was mich bedroht?“|
Willſt du ſein Werben eine D. nennen? G. 13, 9; Kann
dich der Schatten [Geſpenſter] Schatten-D. ſcheuchen?
Böttger 8, 59 ꝛc. So auch: Gedrōh(e), n., –s; 0: Er
wundet das Unthier auf den Tod; | das läſſt nur Stöhnen
hören, ſtatt Brummens und Gedräu’s. Reithard 75; B. 163b
u. ä. (ſ. d. folg.). Veralt.: Durch ſolche Drohn und Furcht.
Carolina §. 128. Ältere Schreibweiſen z. B.: Sie drawen
uns. Waldis Pſ. 17, 3; Drawungen. Luther 1, 155b; Drauen.
Canitz 192; Ein Soldat trewet einem Bauern. Zinkgräf 2,
59; Träwung. 1, 259; 316; beträwlich. 126; Den
Tod tröwen. Schaidenraißer 60b; Dröwet. 64a; Solche
Dröwort [Drohwort] 53b; Träuwort. Zinkgräf 1, 16;
30; Drauwort. Berlichingen 111 u. ä. m. Ableitung
unſicher (vgl. Trotz).
Zſſtzg., z. B.: Áb-: Einem Etwas a., durch Dro-
hung abnehmen. Stumpf 406b ꝛc. Án-: Sie ſchienen
jetzt einander anzudrohen. Baggeſen 4, 212; Einem Etwas a.,
als Das, was ihn treffen ſoll; Etwas droht an, naht
drohnd: Rache angedroht. G. 31, 57; Bei a–der Gefahr. -
25, 243; Das Vorübergehen eines Übels, deſſen A. (intr.)
wir glücklich verſchlafen hatten. 20, 124; Kinder, die man
durch Androhung (tr.) einer Krankheit .. von ſchädlicher
Näſcherei abſchrecken will. W. 9, 264 ꝛc. Āūf-: mund-
artl. = drohen: Er hat dir auch ſehr aufgedroht. Miller
Siegw. 676; auch tr.: Einen durch Drohen auf, in die
Höhe bringen. Āūs-: Er hat ausgedroht, droht nicht
mehr ꝛc. Be-, tr.: Ein freier Mann und bedroht! G.
10, 196; Bloß ſchmerzlicher Ausdruck; von Zorn aber und
Bedräuung kann man Nichts darin ſehen ... Herzliche Theil-
nahme an einem geliebten Meiſter und Bedrohung des Ver-
räthers ſind wohl ſchwerlich in einem Geſichte zu vereinigen.
31, 81; Die Schreckniſſe, wovon er .. bedroht iſt. Heine
Lut. 1, 187; Der Sturm ward bedräuet [beſchwichtigt,
ſ. Matth. 8, 26]. vHorn rhD. 2, 212; Selbſt an ſeinem Le-
ben bedroht. Kapper Chr. 2, 82; Die Gefahr, | die Alle
gleich bedroht. Sch. 30a; 25a; [Sie] bedräuen dich mit
Kriegsgefahren. 57a; V. Od. 12, 231 ꝛc.; Nachdem er weit
von ſich die Teufel wegbedraut [durch Bedrohung weg-
geſcheucht, gw.: weg-, fortgedroht]. Scultetus (L. 8, 296).
Zuw. ohne Obj.: Es bedräun noch Pfäfflinge. V. 1,
27, vgl.: Mit der Bedrohung, ihn .. in das Gefängnis
führen zu laſſen, Hebel 3, 494; ja zuw. ſogar wie drohen
mit Dat.: Bald bedräuten, | im Traum, Erdbeben der Na-
tur | den Untergang. Göckingk 2, 73 ꝛc. Dahēr-:
Wenn Jenen das Ziel des Verderbens daherdroht. V. Il. 12, 79.
Empōr-: drohend emporragen: Die Erde .. . drohte
nun mit Felſenſtücken | und rauhen Bergen hoch empor. Uz
2, 253. Entgêgen-: Dein Richterſtab | droht furcht-
bar mir entgegen. Uz 2, 223. Fórt-: zu drohn fort-
fahren, aber auch tr.: drohend fortſcheuchen: Chriſtus
droht die Sünder majeſtätiſch mit aufgehobner Rechten fort.
Heinſe A. 1, 269, ſ. wegbedrohen. Hêr-: Unter Ro-
ſen drohen die Dornen her. Bodenſtedt 1, 71; Daß nun über
ſie All herdroh das Ziel des Verderbens. V. Od. 22, 33; 41;
Wilde Zeiten drohen heran. Heine Lut. 2, 24; Die heran-
drohenden Schreckniſſe. 1, 29; G. 33, 235; Eine ſchrecken-
volle Ausſicht, die aus dem Frieden ſelbſt ſchon hervordrohte.
Sch. 883a ꝛc. Nāch-: Er ballte die Fauſt und drohte
ihr nach. Paalzow Th. 2, 31 = hinter Einem her drohen,
aber auch: ſeine Drohungen nachmachen. Nīēder-:
Wie ein ſchwarzes Wolkenbild | n–d vom Himmelsplan.
Müllner Ib, 24. Über-, tr.: Einen mit Drohungen
überbieten: Wenn es gedonnert, haben ſie gegen den Him-
mel geſchoſſen und Gott damit ü. wollen. Hammer RH. 367.
Um- tr.: mit drohenden Schreckniſſen umgeben:
O Land, das ihn .. mit Tod umdräuet. WHumboldt 1, 361;
Als mich in Flammen umdroht Verzweiflung. Platen 2, 46;
Von Gefahren ſtets umdroht. Rückert 6, 268; 1; Wer
ſchützet mich auf den umdrohten Wegen? Schwab 134; Mühen, |
die der Natur zerbrechlich Schiff um-d. V. Sh. 3, 589.
Wég-, tr.: fort-d. —Zurück-, tr.: zurückſcheuchen:
Erbarmer, deſſen Gnade | mich auf des Heils verlaßne Pfade|
durch einen Traum zurückgedräut. Alxinger D. 25 u. ä. m.