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dringen
Dríngen, intr. (sein und haben); refl. und tr.:
drang, dränge; gedrungen (vgl. Drängen): 1) intr. (sein): durch etwas Enges, schwer Hindurchlassendes, durch Hinderndes und Hemmendes mit Überwindung desselben irgendwohin gelangen: Der Feind ist durch das Thor in die Stadt, der Rauch durch die Ritzen ins Zimmer gedrungen; Etwas dringt durch Mark und Bein; Das Gebet der Elenden dringt durch die Wolken. Sir. 35, 21; Bis an das Licht der Sprudel lebendigen Wassers dringt. Chamisso 3, 327; Sowie des Wandrers Blick am Morgen | vergebens in die Lüfte dringt ..., | so dringet ängstlich hin und wider| durch Feld und Busch und Wald mein Blick. G. 1, 50; In des Ursprungs Tiefe d. 4, 1; Der Geist ... dringet .. nach oben. 5; Nie dringet wärmere Luft dort | durch die stärkeren Mauern. 5, 10; Ungeschreckt d. wir vorwärts. 6, 3; Aus Wolken dringt ein reines Himmelslicht. 6, 54; Himmelwärts zu d. 6; Nachdem ich diese Vorposten glücklich überwältigt, drang ich tiefer in das Buch. 39, 453; Kühn in den Feind zu d. Lichtwer 215; Nur durch das Morgenthor des Schönen | drangst du in der Erkenntnis Land. Sch. 22b; In ein Geheimnis d. etc. Veralt.: Hat dieser Heldenarm selbst durch den Feind gedrungen. Lohenstein Jbr. 20 v. 424 2) intr. (haben): die Anstrengung machen, um Das zu überwinden, was Einen hindert, an das gewünschte Ziel zu gelangen; unablässig und unausweislich auf Etwas oder gewöhnl. auf Einen wirken, ihm hart zu Leibe gehn, ihn bestürmen (s. drängen), vgl.: Er hat lange in mich gedrungen, ihm nähere Mittheilungen zu machen, er ist aber doch nicht tiefer in das Geheimnis gedrungen (1) etc.; Wurzelfasern, wie sie d., | sprengen wohl die Felsen los. G. 10, 231; Ein Werk, das zu vollführen die Seele dringt. 13, 29; Die Stunde dringt [drängt, lässt keinen Aufschub zu] und rascher That bedarf’s. Sch. 543b; Sie sehen, daß es dringt [dringend ist, Eile hat]. 304b; Im Felde, | da dringt die Gegenwart. 336a; In uns ein unersáttlich D. [Drang, Trieb], | das verlorne Wesen einzuschlingen. 3b; Ihn beugt nicht unser heißes D. [bestürmendes Bitten]. 35b etc. , namentl. oft: In Einen d. (ihn bestürmen). Und dringt in ihn mit ungestümer Bitte. 30; Dringst du in mich, daß ich mich fügen soll. G. 13, 21 etc., dagegen mehr eigentl.: Sie drangen hart auf den Mann Loth [ihm zu Leibe gehnd]. 1. Mos. 19, 9; Luk. 11, 53 etc.; Auf Etwas d., unablässig und nachdrücklich auf Etwas bestehn: Das D. auf Werkthätigkeit. G. 39, 124; Auf sofortige Bezahlung d. etc.; ferner: Dringend, das oft als Ew. und Adv. erscheint (vgl.: ungestüm, inständig, angelegentlich): Die Frau nur d–der forscht und fragt. Chamisso 3, 262; Ihr seid verwegen-d–d. G. 8, 45; 16, 304; In d–der Gefahr. 13, 69; Dem er eine nochmalige genaue Nachforschung d–dst empfahl. Mörike N. 89; Hab d–d, hab mit Ernst ihn abgemahnt. Sch. 357b; D–dern Grund. 356a; Jetzt fordert mich ein d–d Werk von hier. 494b; Er hab’ ein d–des Geschäft ... „Wohl mag’s ihm d–d sein; du kannst’s erwarten. 365b etc. Auch: Er fleht ihn d–lich [oder: dringentlich, s. Sander’s Orth. 67]. W. 11, 149 etc. 3) tr.: wie drängen (s. d. und vgl. Zsstzg.).
a) meist in der ältern Sprache, z. B. = zwingen, treiben, nöthigen, z. B.: 2. Mos. 12, 33; 22, 25 etc.; so noch: Mich drang’s [trieb’s], so grade zu genießen; G. 11, 16; Kl. M. 10, 269; Dies | drang ihn zur Flucht. W. 10, 229 etc.
b) doch ist noch im allgemeinen Gebrauch das Part. Gedrúngen: Daß er bisher von den Verhältnissen gedrungen gewesen wäre, einen andern Namen zu führen. Gutzkow R. 9, 258; namentl.: Sich gedrungen [von innerm Drang getrieben] fühlen, Etwas zu thun etc., auch: Nothgedrungen; Daß wir n. nur | der Ehrfurcht fromme Pflichten abgeworfen. Sch. 539b [von der Noth gedrängt, gezwungen]: So ein schlechtes, n–es [nur durch die dringende Noth erzeugtes] Menschenwerk. G. 14, 158 etc., von dem namentl. früher üblichen nothdringen (Ein nothdringendes Geschäft etc.; bei Ade- lung mit dem Part. Genothdrungen), dem sich das Fakt. nothdrängen anschließt. Dazu: Es kann von Rechtmäßigkeit dieser Handlung nicht die Rede sein, sondern von Nothgedrungenheit. Schubarth Göthe 2, 234.
c) Gedrungen aber, im Sinne von gedrängt, dicht zusammengedrängt (z. B.: Den Sturm gedrungner Wellen. Haller 108; Den Haufen .., der so gedrungen flieht. Nicolai 1, 276; Mühlpforth Hochz. 5, und noch bei Adelung Gedrungen voll), ist heute nicht mehr üblich von mehrern einzelnen Gegenständen, die nahe zusammengerückt sind, wohl aber von einem, insofern dessen Theile so sind, nicht erst so gemacht sind, = kompakt, derb, kernhaft, zumal vom Körperbau und von der Schreibweise, s. drängen 1b und vgl.: Ein gedrungner Körperbau; Aus weitschichtigen Werken lassen sich leichter gedrängte Auszüge liefern als aus gedrungenen Schriften; Die Stelle ist zu gedrungen, um zusammengezogen zu werden. B. 139b etc. Dazu: Gedrungenheit, f.; 0. 4) refl.: sich d., mit örtlicher Bestimmung = sich wohin drängen: Dringe dich nicht in Ämter. Sir. 7, 4; Dringe dich nicht zu ihm. 13, 13; Der sich an mich mit allen Kräften drang. G. 11, 23; Der Menschheit Krone zu erringen, | nach der sich alle meine Sinne d. 73; Wie hat der Zwist sich in mein Haus gedrungen? 13, 148; Beharrlich liebend drang ich mich zu ihm. ebd.; Heulend drang sich Boreas in die dichtverzäunten Felder. Hagedorn 2, 25; Es hat ein Ungeheuer sich unter uns gedrungen. L. 3, 338; Ein gewaltiger Eissturz hat sich in die Vorstadt gedrungen. Merck’s Br. 2, 234; Daß der helle Schein sich dringet | durch der finstern Nächte Ruh. Opitz 2, 220; Als ob das Schrecken | der Hölle zwischen sie und mich sich drang. Werner Febr. 137 etc. Gewöhnlicher ist jetzt dringen (1) oder sich drängen, nam. Dies, wo keine örtliche Bestimmung dabei steht, z.B.: Wenn es noch wäre ein Geringers .., wie würde man sich darum d.! Luther 6, 46b etc.
Anm. Das Impf. drung, wie bei Luther, z. B. noch Stilling 1, 20; 2, 10; 103; 4, 121; 172; 272 u. o., so im Konj. auch: drünge, vgl. Sander’s Orth. 26 ff. Veralt.: Weilen ihn aber die Armuth gar zu stark truckte und tringte. SClara (Wackernagel 3, 1, 929, Z. 14). Vgl. drängen, drücken, s. auch Benecke 1, 393 ff.
Zsstzg. zahlreich (vgl. die von drängen), z. B.: Áb- r.: Einem Etwas a., durch Dringen abnehmen, Ggstz. auf-d.: Es war keine Großmuth; es war die Ehrfurcht, die ein muthiges und beharrliches Volk den Siegern abgedrungen; es war die Furcht, die ihnen ein trotziges und drohendes Volk aufgedrungen. Börne Frz. 81; Seine Höhlen . dringt er meist den Dächsen ab. Brockes 9, 255; Jene Scene .. drang die wonnevollste Thräne .. mir ab [entlockte etc.]. Pfeffel Po. 3, 157; Der abgedrungnen Unterschrift. Sch. 356a; W. 31, 127 etc.; intr. (ungewöhnl.) = hinabdringen: Als .. so tief ich abgedrungen. G. 33, 213.
An-: intr. (sein): Wir drangen auf den Feind an und auch bald in seine Reihen ein; Die a–den Geschäfte zu besorgen. G. 20, 124; 16, 317; An sie schreiben mag ich nicht, daß ist immer so a–d. Merck’s Br. 2, 30; Bin durchaus nicht im Stande, mich anzudringen. Zelter 1, 371 etc.
Āūf-: zuweilen intr. (sein) = empor-d., in die Höhe dringen: Zur höchsten Sphäre wagt sie’s, aufzudringen. G. 35, 415; Eine a–de Wassersäule hob ihn mit sich empor. IP. 21, 51; 24, 74 etc., oder tr.: [Der Zug] kommt, Gestalt Gestalten aufgedrungen, vgl. [3c] = indem Gestalt auf Gestalt dichtgedrängt folgt. G. 6, 231, vgl.: Wasser a. (veralt. = aufstauen). Frisch 1, 207b; Die aufgedrungnen weitschweifigen Perioden. L. 6, 280etc.; gewöhnl.: Einem Etwas oder sich a. (s. ab-d.) = dringend aufnöthigen: Eine solche Überzeugung dringt sich einem Jeden auf. G. 20, 165; Den ehernen Zepter einer aufgedrungenen Autorität. 39, 70; Dem sich die Phänomene täglich mit Gewalt a. 37, 11; Diesen bessern [Gott] | der ganzen Welt als besten aufzudringen. L. 2, 249; Der einen Schutz, der ihm Ehre macht, lieber aufdringt, als sich abbetteln lässt. 12, 547; Völker, denen es [Rom] sich zur Herrscherin aufdrang. Sch. 1030bu. o.
Dār-: intr. (sein): Die Schildner dringen auf die Mauer dar. Uhland 476. I. Dúrch-: intr. (sein): dringend durch Etwas hindurch, zum Ziel oder Ende gelangen etc.: Der Tod ist zu allen Menschen durchgedrungen. Röm. 5, 12; Es wird die Ruthe ganz d. [durch den Körper] und wohl treffen. Jes. 30, 32; Wir müssen durch zum Lichtes-Urborn dringen. Arndt 407; Die Weiber sind gründefest; es dringt keiner durch. Börne 2, 214; Wenn es [das Lied] erst durch Jahre durchgedrungen. G. 11, 6; Doch bin ich bald durchgedrungen und damit zu Rande gekommen. Heinse A. 2, 227; Ihre Regung drang die Wolken durch. EvKleist 1, 98 (wo der Acc. räumlich die Ausdehnung bezeichnet, s. Durch; dagegen veralt.: Ihr scheuzliches Gemüthe | dringt meines schmerzlich durch. Opitz 2, 65 etc., s. II.). Ungew.: Oft schon hab’ ich durchgedrungen. Geßner 1, 17. II. Durch-: tr.: durcb einen Körper, durch alle seine Theile dringen, ihn ganz erfüllen: Kann sie [die Liebe] gar das Lied d., | wird’s um desto besser klingen. G. 4, 7; Das Stöhnen der Kamele | durchdrang das Ohr, die Seele. 51; Schmackhaft durchdringt es [das Salz] unser täglich Brot. 6, 25; Auf neuer Bahn den Äther zu d. 11, 31; Von seinen Schmerzen durchdrungen. 13, 279; Der Sonne glühendes Geschoß durchdringt ein feuchtes .. Land. 312; Ich durchdringe [durchschaue] Ihr Komplott. 18, 71; Er hat sich vollkommenvon den Überzeugungen seines Vorgängers durchdrungen. 39, 350; 151; Dann haben wir auch so durchdrungene Mienen. 29, 261 [die Mienen eines von der Überzeugung Durchdrungenen, Erfüllten]; Zugleich durchdringst du dich vom Sinn der ganzen Lehre. Zelt. 2, 352; Verstohlen durchdringt der Zweige laubiges Gitter | sparsames Licht. Sch. 75a; 31a; Kein Quell durchdringt den Sand. Uhland 446; Erbarmen durchdrang die Versammlung. V. Od. 2, 81; 17, 481 etc. Namentl.: D–d, oft auch a., penetrant, scharf, seltner mit der Betonung von I: Ein d–der Geruch; Der scharfe d–de Blick. Engel 4, 57; D–de Scharfsinnigkeit. M. 4, 1, 93; Dem d–dsten Geisterkenner Sch. 102a; 627b. Ferner: Durchdrüngen in Zsstzg.: In undurchdrungnen Zauberhüllen. G. 11, 71; Reu- (Chamiso 4, 148); qual-, schmerz-, weh-durchdrungen etc. Ferner: Durchdringung, f.; –en: Die liebevollste wechselseitige D. meiner Manier und jenes fremden Genius. Mörike N. 18; Die D–en des Raums und der Zeit. IP. 41, 9 etc.
Eīn-: intr. (sein) und zuweilen refl.: in Etwas hin- ein dringen, vgl. an-d. und dringen 2: Dem all-e–den Berühren der Natur. Forster Ans. 3, 190; E–der Keren [Schicksalsgöttinnen] Gefahr. G. 10, 289; Die Schwester, | die, eingedrungen, ihm das Erbtheil schmälert. 13, 261; Wer dringt so klug | mit treuer, lieber Meinung auf mich ein? 190; Er sei in die innerste Festung eingedrungen. Heinse A. 2, 107; Die grübelnde Vernunft dringt sich in Alles ein. L. 1, 178; Weidner 372; veralt. auch tr.: Einen Andern an Jenes Statt e. Luther 6, 352a etc.
Empōr-: s. auf-d.: Je höher man empordringt. Kohl Alp. 2, 122 etc.
Ent-: ungewöhnl. intr. (sein): Da Spiegel der Natur entdrang = da er geboren wurde. Karschin s. Mendelssohn 4, 2, 430 etc.
Entgêgen-: intr. (sein) und refl.: Betrachtung .., die uns auch schon früher entgegendrang. G. 39, 96; 37, 3; 22, 230. Er-: tr.: durch Dringen erhalten: Erdringe nicht, was ich versagen sollte. G. 13, 59; 34, 191; E. will ich’s nicht, aber gönnen Sie mir’s, wie es Ihnen ums Herz ist. 19, 133 etc. Hêr-, Hin- etc.: Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn | auf dich herbei. G. 11, 47; Der sie [die Thränen] heraus dringet. Luther 6, 1b; Augenblicklich drungen die Winde heraus. Schaidenraißer VIb; Sie drangen um ihn sich | freudig herum. Kl. M. 14, 1375; Johannes drang sich hervor. 1334; Bis die Morgenröthe herfürdrang. Schaidenraißer 8b; Er wird sich allezeit hervor- dringen. L. 3, 2; Sein Zorn dringt wie der Blitz durch beide Welten hin. Haller 221; G. 13, 305; Dringt sie [die Flotte] hinan zum wohlbekannten Strande. Sch. 31b; Mächtiger dringt leuchtende Flamme hinauf. G. 1, 228; Wir dringen mit hinein [in die Kapelle]. 26, 207; Wo der Schein der Sonne nie hineindrang. Platen 4, 286 u. ä. m.
Lōs-: intr. (sein): Auf Einen l.; Da .. drang Gewalt .. drohend los. G. 13, 304 etc.
Nāch-: intr. (sein): Jener flog auf .., Dieser wagt’s ihm nachzudringen. L. Nōth- [3b].
Unter-: dringend unter Etwas kommen: Hier drang nun Odysseus unter. V. Od. 5, 481.
Ver-: tr.: statt des jetzt gewöhnlichern verdrängen: Du bist bei aller Welt verdrungen. Burmann F. 138; 95; Ich zweifle, daß sich diese Plage | aus unsrer Welt ver-d. lässt. Gellert 1, 86; Haller 84; 89; 155; Dessen Zuname ... durch einen andern verdrungen ward. L. 3, 423; 5, 25; 8, 262; Möser Osn. 1, 258; Musäus Ph. 1, 158; Verdrungen | von einer Nebenbuhlerin. Sch. 264b; Allmählich wird der wonnigliche Traum | von schüchternen Beängstigungen .. verdrungen. W. 20, 230; 11, 145 etc.
Vōr-:
1) intr. (sein) und refl.: Vordrang der kühne Held. Chamisso 4, 80; Unbändig drangen seine geheimen Wünsche den Begebenheiten vor. G. 13, 124; Unwillkürlich drang sich ihr Seufzer vor. H. R. 7, 6; So suchte dies Gespenst .. dem Geisterpöbel vorzudringen. Lichtwer 128; Sch. 195a; Deß nackte Brust sich vordrang erznen Panzern. Tieck Cymb. 5, 5 etc., vgl.: Daß sein Gefühl hinauf- und vorwärts dringt. G. 11, 46; Vor ihrem Nahen drang den Kommenden voraus | zur stillen Wahlstatt dort das wachsende Gebraus. Rückert Rost. 108a etc.
2) (veralt.) tr.: Was ich .. mit halberstarrten Zungen .. habe vorgedrungen [vorgebracht, herausgestoßen]. Gryphius 530. Wég-: intr. (sein) und tr. = wegdrängen: Vermochten sie sich auch vom Platz nicht wegzudringen. Rückert Rost. 100b etc. Zū-: intr. (sein), tr. und refl.: Ich dränge zu und wagte gern das Leben. G. 13. 138; Rückhalten durft’ ich nicht, Antonio, doch gewiß | z. will ich nicht. 140; Gewisse z–de Bemerkungen. 21, 242; 37, 4; Als nun weiter keine Gäste zudrangen. 19, 11; Sie drang mir einen Überrock zu [auf]. 105; Auf mitleidiges Z. des Bräutigams .. bekannte sie. Mörike 469 etc. Zurück-: intr. (sein) u. ä, m.