Faksimile 0315 | Seite 307
Faksimile 0315 | Seite 307
Dorf
Dórf, n., –(e)s; Dörfer; Dörfchen, lein; -: Ort
auf dem platten Lande ohne Ringmauern und Stadt-
39*
recht, vgl. Bauerſchaft, Flecken ꝛc.: Wer ein Wohnhaus
verkauft binnen der Stadtmauer ... Iſt es aber ein Haus
auf dem D–e, da keine Mauer um iſt. 3. Moſ. 25, 29 ff.;
Der Haag iſt eine Stadt und hat ſeine Barrieren, ſowie ſeine
Municipalität, wenngleich die Reiſenden einander beſtändig
nachbeten, es ſei das ſchönſte D. in Europa. Forſter Anſ. 2,
384; Worin die Freiheit in offnen Dörfern und auf dem
platten Lande ſich von der Freiheit in geſchloſſenen Orten, der-
gleichen Städte, Weichbilder und Flecken ſind, unterſcheide.
Möſer Ph. 1, 237; 190 ꝛc.; Ich wohne auf [ſ. d. †] einem
D–e; In dieſem D–e ſind nur 20 Häuſer ꝛc. 2) die
Bewohner des Dorfs (vgl. Bauerſchaft, Stadt ꝛc.);
Das ganze D. kam in die Schenke. Burmann F. 166; Rös-
chen .., ſo der Stolz des D–es war. Hölty 15 u. v. 3)
Sprchw.: Das iſt mir ein böhmiſches [ſ. d.] D.; ſind böh-
miſche Dörfer (Claudius 3, 44; L. 3, 142; 11, 528; Müll-
ner 5, 134), ſpaniſche [ſ. d.] Dörfer (G. 14, 75; Keler gH.
2, 47; Scherr Pr. 23) = etwas Fremdes, Unbekanntes,
Unbegreifliches ꝛc.
Anm. Veralt. Mz.; Die armen Bäurlein in den Dor-
fen. Keler Faſtn. 380, 33. Schwzr.: Der D. Beſuch;
Zuſammenkunft, Verſammlung, z. B. Berg-D., auf einem
Berg, Nacht-D., bei Nacht ꝛc. Dazu: Dórfen, intr.:
einen Beſuch abſtatten oder annehmen (zumal auch von den
ſogen. Kilt-Beſuchen); Zuſammenkunft halten, nacht-dor-
fen, eine nächtliche ꝛc. Dórfer, m., –s; uv.: Beſucher,
Gaſt ꝛc., ſ. Stalder 1, 290 ff. und vgl. Schmeller 1, 395;
ferner: „Das D.“ d. h. das Hauptdorf. „Wir gehen ins
D. hinab“, d. h. nach Schwyz, Altorf, Stanz, Appenzell.
Ja, ſie haben ſogar ein Verbum „dorfen“ .. im Dorf herum-
gehen oder im D. Viſiten machen. „Wir wollen dorfen“
oder „zu D. gehen“ ff. Kohl Alp. 1, 342. Goth. thaurp,
ahd., mhd. dorf, nach Einigen dem lat. turba (Menge, Hau-
fen, vgl. Trupp) entſprechend, nach Wurm dSpr. 103 vom
goth. hwairban (ſ. Werben).
Zſſtzg., viele geogr. Eigennamen, z. B.: Altldſorf,
Antorf (jetzt gw. „Antwerpen“) ꝛc., ferner z. B.:
Ácker-: von Ackerbauern bewohnt. Ámts-: un-
mittelbar unter einem Amtsgericht ſtehnd. Āūs-:
mundartl.: Noch im Entſtehen begriffene Weiler, „Kan-
tone“ oder „Ausdörfer“. Augsb. Ztg. (1844) 1449b.
Bérg-: auf einem Berg gelegen, vgl. Bergſtadt und
ſ. [Anm.]. Brūch-: in einem Bruch oder Moor
gelegen, ſ. Rand-D. Gemēīnſchafts-: worin
mehrere Herren gemeinſchaftl. die Gerichtsbarkeit be-
ſitzen. Geríchts-, Júnker-: unter adliger Ge-
richtsbarkeit ſtehnd. Kírch-: worin eine Kirche.
Lánd-: Acker-D. Pfāhl-: innerhalb der
Bann- und Gerichtspfähle einer Stadt liegend.
Pfárr-: worin ein Pfarrer wohnt. Ránd-: frü-
her in der Mark Brandenburg Bez. von Dörfern, die
am Rand von Moräſten gelegen ſind, eingetheilt in
Bruch- und Acker- oder Landdörfer. Rēīchs-:
früher ein reichsunmittelbares Dorf. Vōr-: vgl.
Vorſtadt. Niebuhr Nachgel. 109 u. ä. m.