Faksimile 0309 | Seite 301
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Dirne
Dirne, f.; –n; Dirnchen, lein; –n-: 1) urſpr.
= Dienerin, z. B.: Alſo machte ſich Rebecca auf mit ih-
ren D–en. 1. Moſ. 24, 61; Die Weisheit . .. ſandte ihre
D–n aus, zu laden oben auf die Paläſte der Stadt. Spr. 9,
3; 27, 27; 31, 15; Ruth. 2, 8; Eſther 4, 16 u. o.; Das
ganze Hausgeſind, ausgenommen ein verſchwiegen Diern.
Schaidenraißer 8b (2, 413); Ein andere Diern trug .. ein
ſilberin Giesfaß. 43b (10, 368); Die Haus diern .. reden,
was der Frauen wider iſt. 65a ꝛc. So nicht bloß noch
mundartl. = „Magd in einer Bauernwirthſchaft“.
Schmeller 1, 397; Ober- oder Meiſter-, Mitter-,
ſchlechte [letzte] D. ꝛc.; ſondern auch in der edlen Dich-
terſprache: Denn eine Dirn des Schloſſes iſt mir hold. Sch.
531a; Die ſchlechteſte der D–n, | die mich bedienten einſt.
W. 20, 126. Sklaven-D–en [Sklavinnen]. Talvj
2, 266. 2) allgemein = Mädchen, wobei meiſt der
Begriff von Friſche, Kräftigkeit und urſprünglicher
Reinheit hervortritt. So heißt es: Da du eine freundliche
junge D. und eine liebe Braut warſt. Jer. 2, 2; Richt. 21,
12, und von Rebecca: Sie war eine ſehr ſchöne D. 1 Moſ.
24, 16, und Bruder und Mutter ſagen von ihr: Laſſt
uns doch die D. rufen und fragen. 57, wie bei Sch. 451
von der Jungfrau von Orleans ihr Vater: Was für ein
Geiſt ergreift die D.? Ferner: Wo lock’ge Knaben .. .,
ſilberfüß’ge D–en | den Thyrſus ſchwangen in berauſchtem
Tanz. Geibel (DMuſ. 5, 1, 24); Blitz! wie die wackern D–n
[Dienſtmädchen] ſchreiten! G. 11, 36; Da ſtieß er an ein
Mädchen an ... Die friſche D. kehrt ſich um. 41; Wie manche
friſche D–e | ſchminkt ſich aus jenem Bach. Haller 3, 90;
Wohlgearteten .. Schlag kleiner Jüngelchens und Dirnchens.
Keler gH. 2, 258 ꝛc. So z. B. auch: Bauer-D.
Chamiſſo 6, 274; Neben der höhern Tugend einer verwahr-
loſten Bürger-D. Sch. 205a; Blitz-, Teufels-, Wet-
ter-D. (als freudig bewundernder Ausruf); Eine
Pracht-D., ſchlank und rothwangig. Mörike N. 361; Du
Unglücks-D., verderbſi mir das ſeidene Halstuch. V. 2, 52;
Waſſer-D. Gellert 1, 320 (Bezeichnung einer Sirene,
nach S. 330 „ein garſtiges Wort“) u. ſ. w. 3) oft
aber auch mit ſchlimmem Nebenſinn, der in den Zu-
ſätzen: Feile, liederliche, unzüchtige D. ꝛc. entſchieden her-
vortritt: Es ſchläft Sohn und Vater bei einer D. Amos
2, 7; Giebt es hier im Hauſe ſolche D–en, | die dem Frem-
den gleich zu Willen ſind? G. 1, 193; Niederträchtige, feile
D.! Schande deines Vaters. 10, 205; 11, 8; Ach, dacht’
ich, hat er in deinem Betragen | ’was Freches, Unanſtändiges
geſehn? | Es ſchien ihm gleich nur anzuwandeln, | mit dieſer
D. gradehin zu handeln. 137; Eine ſo vollendete D. zu hei-
rathen. 28, 364; Eine Braut, wenn ſie erfährt, daß ihr Ge-
liebter insgeheim mit einer D. lebe. Hölderlin H. 1, 60;
Athen war Alexander’s D. geworden. 136; D–en, die ließ er
gar nicht paſſieren [im Lager], mußten ſie gleich zur Kirche
führen. Sch. 322b (gleich darauf: „Mädels“); Bloßbuſig
. . rothwangige Dirnchen. Sonnenberg D. 1, 470 ꝛc.
Auch hier Zſſtzg., z. B.: Buhl-, Feil-, Luſt-D.;
Die freche Gaſſen-D. Hebel 2, 222; Soldaten-D. Sch.
708a ꝛc.
Anm. Ahd. diornâ, mhd. dierne u. dirne, ſ. Dienen,
Demuth ꝛc., vgl. Mädchen. Beachtenswerth iſt bei Laurenberg
84 die Gegenüberſtellung hochd. u. plattd. Sprachgebrauchs:
Eu’r Magd ein Leibchen hat, unſe Deren drecht een Jope ꝛc.
Ausnahmsweiſe bei Luther auch von verheiratheten Perſo-
nen, z. B. Ruth 2, 6; Richt. 19, 3 ꝛc.