Faksimile 0299 | Seite 291
Faksimile 0299 | Seite 291
Faksimile 0299 | Seite 291
dick Dicke
Dick(e), a.: viel Maſſe habend (Ggſtz. dünn), vgl.
dicht, von welchem nahvwdt. Wort es nam. die ältre
Sprache nicht immer genau ſcheidet (ſ. 1d; e; 3c):
1) viel Maſſe habend und deßhalb äußerlich umfang-
reich: a) Die ſieben magern Ähren verſchlangen die ſieben
fetten und d–en Ähren. 1. Moſ. 41, 7; Mein kleinſter Finger
ſoll d–er ſein als meines Vaters Lenden. 1. Kön. 12, 10;
D–e Balken. 7, 6; D–e Eiche. 2. Sam. 18, 9; Ein Baum,
der war ſehr hoch, groß und d. Dan. 4, 8. ꝛc.; Eine Perſon,
der Bauch, ein Buch, ein Brett, ein Tuch ꝛc., eine Schicht iſt
d.; Sand, womit der ganze Flur d. beſtreut war. Immermann
M. 3, 22; Der Eine war ihr zu d.; „das Weinfaß!“ ..
der Dritte zu kurz: „Kurz und d. hat kein Geſchick!“ Grimm
M. 169; Ich muß das Brett bohren, wo es am dünnſten
iſt; wenn ich mich von außen weniger geplagt fühle, will ich
das d–e Ende [das Schwierige, Schlimme] wieder vor-
nehmen. L. 12, 265; Der meint, das d–e Ende käme nach,
wir beſehen noch Fröſte. Holtei Lammf. 1, 296. Der be-
deutende Umfang wird zuw. durch Zſſtzg., die einen
Vergleich enthalten, hervorgehoben, z. B.: Dieſe Wände
ſind elephanten-d. Gutzkow R. 6, 247; Knollen-
oder knollig-d.; Spannenlanger Hanſel, nudel-d–e
Dirn. Rank Arm. 81 (vgl. Pudel-d. d) ꝛc., ſ. 2a; zuw.
auch übertr.: Dieſe hochmüthige Splitterrichterei bei eigner
balken-d–er Verſtocktheit. Stahr Par. 2, 355 (vgl. Matth.
7, 3); Er ſchlief ſtock-d. [ungemein tief, feſt]. Gotthelf
Sch. 282, vgl.: Stock-d. finſter. Hiob 10, 22. Zuw.
giebt das Bſtw. auch die Urſache des D.-ſeins an:
Ganz roth und bier-d. geworden. HHerz 174. b) D.
= angeſchwollen: Eine d–e Back (verſch.: D–e Backen),
ein d–es Geſicht haben; Er hat die Waſſerſucht, ſeine Beine
ſind ganz d. (aber: Das d–e Bein, oder Dickbein, ſ. d. u.
vgl. Diech; ferner D.-Darm ꝛc.). c) D. = ſchwan-
ger, trächtig, ſ. Stalder; Weinhold ꝛc.; hochd. zumal von
Thieren: Gehen ſie vier Wochen d–e. Döbel 1, 32a; 37b;
44a ꝛc.; Zink 1, 313 u. o. d) Sich d. [voll, ſatt]
eſſen, trinken ꝛc.; Ihr Land wird trunken werden vom Blut
und ihre Erde d. werden vom Fetten. Jeſ. 34, 7; 6; Als ſie
d. ſatt war. Grimm M. 128; Woraus ich ſo oft d–e und be-
rauſcht gegangen. L. 3, 34; Und aßen ſich in Gänſen d–e.
Lichtwer 111 ꝛc. Dazu: Etwas d. haben, es ſatt haben,
überdrüſſig ſein, z. B.: Hatt’ es ſchier über-d., dies
verdammte Herumkriechen. Scherr Pilg.1, 17 (ſ. Weinhold 15a).
Zſſtzg. z. B.: Trank ſich dudel-d. Goltz 3, 372;
Höre, Bruder, ich war pudel-d. Lichtenberg 1, 344; Pudel-
hagel-d., katzen-d,, ſternblind-d. ꝛc., ſ. dudeln,
Anm. und pudeln und vgl. dick, betrunken. Brem. Wör-
terb. 1, 204. So auch: Im dichten Rauſche. Gervinus
Lit. 3, 518. e) D., zuw. = bedeutend, inſofern der
äußre Umfang als Zeichen innrer Bedeutenheit gilt:
War der reichſte Bauer auf weit und breit, ein ſchwerer, d–er
Bauer, wie man dort herum zu ſagen pflegt. vHorn Schmj.
47; 5 ꝛc.; Kredit? weißt du nicht, daß der des Bauers d–ſter
Feind iſt. 37; So wurden wir jetzt wieder d–e Freunde. Höfer
V.9 (vgl.: Deichte Freunde. Waldis Eh. 143a, ſ. deihen,
Anm. und: Nahe Freunde) ꝛc. Es wird wohl ſo d.
damit [mit der Frömmigkeit] nicht ausſehen. Gutzkow R. 1,
253; Daß das Griechiſche nicht ſo d. bei ihm ſitzen konnte.
Lichtenberg 4, 270 (vgl. 3); Will er es dann recht d. zwin-
gen, ſo iſt des Beehrens kein Anfang und kein Ende. Jahn M.
312 ꝛc. Nam. gehört hierher: Sich d. [vgl. groß,
breit 2d] machen, d. thun = großthun, prahlen, vgl.:
Da er aber fett und ſatt ward, ward er geil; er iſt fett und
d. und ſtark geworden ꝛc. 5. Moſ. 32, 15; Er brüſtet ſich
wie ein fetter Wanſt und macht ſich fett und d. Hiob 15, 27.
Das klägliche Dünnethun mit baldigem Sterben und das
drohende D.-thun mit kräftiger Unſterblichkeit. Heine Reiſ. 3,
391; Jahn M. 245; Ich will mich nicht d. machen, Herr
Baron, und mich auch nicht beſchönigen. König Kl. 3, 97.
Ferner: Es d., fauſt-d. [ſehr, in hohem Grad] hinter
den Ohren [ſ. d.] haben, tragen, z. B.: Tieck Acc. 1, 187;
Gotter 3, 168; Blumauer 2, 3; Es fauſt-d. [handgreiflich
ſ. 4b] unverhüllt vor Augen haben. Gotthelf Sch. 276; Es
Einem fauſt-d. zu verſtehen geben. 365 ꝛc. f) inſofern
die Dicke das Hindurchdringen hemmt, bez. d. auch un-
zugänglich für etwas Einwirkendes, unempfindlich,
hart ꝛc., vgl. 3d, z. B.: Eine d–e Haut, ein d–es Fell
haben, d.-häutig, -fellig ſein, unempfindlich gegen Züch-
tigungen ꝛc.; Einen d–en Kopf, eine d–e Stirn haben, d.-
köpfig, -ſtirnig ſein, von ſchweren Begriffen: Daß die
Schwellung der materiellen Theile meines werthen Hauptes
in aller-d–ſt demſelben den Gedankenraum dergeſtalt verengt
habe. Chamiſſo 5, 71; Äußerſt abſurd und d.-ſtirnig. G. 18,
41; Das Fieber hält mich auf der Stube in der d–ſten [ein-
engendſten, beſchränkendſten] Gefangenſchaft meiner Sinne.
Merck’s Br. 1, 215; Seine Ohren ſind nicht d–e geworden,
daß er nicht höre. Jeſ. 59, 1; 6, 10; So iſt die Diſſonanz zu
auffallend, als daß nicht auch das d–ſte Ohr ſie empfinden ſollte.
B. 346a; So fein, als eine d–e Seele, | wie er, nur immer
kann. W. 12, 42. 2) a) Inſofern d. den Umfang und
die körperliche Ausdehnung bez. (im Ggſtz. zu „lang“
und „breit“ als Flächenausdehnungen) verbindet es
ſich mit Maßbeſt., worüber das unter breit 1 Geſagte
gilt: 30 Ellen d. Judith 1, 2; 4 u. o.; Eines Daumens
d. L. 13, 297; Die in Schichten von 6 bis 12 Zoll d.
[Dicke] übereinander lagen. Forſter R. 1, 76; Arm-d–e
Stämme. Burmeiſter gB. 2, 211; Daumen-, zoll-,
finger-, fuß-, ellen-d. ꝛc., nam. oft Fauſt-d. z. B.
Kinkel Erz. 404, oft übertr. = ſehr dick. Höfer V. 203,
ſ. 1e. b) Dem „lang und breit“ (ſ. d. 2b) ſteht
„kurz und d.“ gegenüber: Da man über die That nicht
ins Klare kommen können, ohne ein Langes und Breites, griff
man Das auf, was kurz und d. vorlag [ohne weitre Er-
örtrungen klar war]. Alexis Dor. 1, Kap. 11. 3) maſſen-
haft, viel Maſſe habend, inſofern des dazu Gehörigen
Viel vorhanden iſt, hier zuw. nahe an „dicht“ (ſ.
d.) grenzend, doch andrerſeits davon verſch. = maſſen-,
haufenweiſe, in Menge, häufig (als adv. zuw., doch
veralt. = oft. Schmeller ꝛc.), reichlich ꝛc.: a) Ein d–er
Wald [wo viele Bäume ſtehn]. Jeſ. 9, 18; 10, 34; Jer.
4, 29; G. 9, 18 u. o.; Ein dichter Wald [wo die Bäume
nahe zuſammenſtehn]; Im d–ſten Hain. W. 11, 207;
vgl.: D–es u. dichtes Fell, Fließ, Haar ꝛc.; Auf den Ber-
gen wird das Getreide d. ſtehen. Pſ. 72, 16; (Dicht Getreide
ſteht im Lande. Mendelsſohn ebd.); Die Auen ſtehen d–e mit
[von] Korn. Pſ. 65, 14; 8, 17; Die Blüthen d–er Saat.
Hagedorn 2, 10; Ein Cedernbaum d. von Laub. Heſ. 31, 3;
Wird d–er [viel] Hagel fallen. Weish. 5, 23 ꝛc.; Daß die
alten Väter dickmals [oftmals] wider einander ſind. Fiſchart
B. 39a; Leute, wie man ſie nicht d. [oft] findet. Gotthelf
G. 187; Weil .. Honig mit der Milch in d–en [reichen]
Strömen lief. Haller 22; In d–en [vielen] Beiſpielen anzu-
führen. H. 9, 339; D–e [reichliche] Thränen rollten in ſei-
nen Bart. Klinger F. 183; So d. und häufig. Luther 5, 530b;
D. [oft, mehr] erwähnter Flappert. Muſäus Ph. 1, 42 ꝛc.;
Wo Kampf und ſtrenge Schlacht am d–ſten [gedrängt] nflegt
zu ſein. Opitz 2, 261; Ihre d–e Schaaren. 14; Mit Lor-
beerbäumen d. umwachſen. Schaidenraißer 36b (9, 183); Die
Herrn .. ., die ſich ſo d. [in Menge] hier zuſammen fanden.
Sch. 320a; Oft und d–e. W. 10, 236; D. berührter [oft,
mehr genannter] Hans Lang. Zinkgräf 1, 227 ꝛc. S. 1f:
Etwas d., haufen-d. [in großer Menge] haben, Raſen-
d–e geſäet. Reichart Gart. 3, 155; 32 ꝛc. b) D. gilt
nam. von der Luft: W. 13, 12; vom Nebel: Heſ. 8, 11;
Sir. 43, 24; Wolken: 2. Moſ. 19, 9; 2. Sam. 22, 12 u.
v.; Finſternis: 2. Moſ. 10, 22; Nacht: Haller 169; Opitz
2, 260; 268; Platen 1, 349; Sch. 467b; Staub: Nah. 1,
3 ꝛc., wo mit einer Nüance überall auch „,dicht“ ſtehn
kann: Dichte Luft, inſofern ihre Theile nahe zuſammen-
gedrängt ſind (z. B. durch die Kompreſſionspumpe);
Dichter Nebel, inſofern Nichts hindurchdringen kann ꝛc.;
dagegen d., von bedeutender Maſſe und deßhalb ſchwer
drückend, ſich den Sinn des Geſichts, des Gefühls läſtig
bemerklich machend: Daß es ſo finſter werde .., daß man
es greifen mag .. Da ward eine d–e Finſternis. 2. Moſ. 10,
22; Ein Nebel, d. zum Greifen. W. 11, 198 ꝛc., vgl.:
Von ſchweren Körpern in den d–en Schlaf gedrückt. IP. 9, 258.
Daher z. B. nur: Der Himmel iſt d. [von Wolken,
trübe] ꝛc. c) ſo namentl. in Bezug auf Flüſſigkei-
ten, die ſich mehr einer feſten Maſſe nähern, konſiſtent
werden, gerinnen ꝛc., vgl.: Das Waſſer in der Tiefe des
Meeres iſt durch den Druck des darauf ruhenden Waſſers
dichter als das an der Oberfläche; Lehmiges, trübes Waſſer
iſt d.; Salben, Schmiere, Brei ꝛc. ſind d., im Ggſtz. des
dünnflüſſigen Waſſers, Ols ꝛc.; Dinte, wenn ſie eintrock-
net, wird d.; D–e oder geronnene Milch (ſ. dicken 2); Begann
das d–e Blut zu ſtocken. W. 20, 124 (dagegen ungew.:
Des Lebens Purpur ſtockt und jeder Saft wird dicht. Haller
56). Namentl. oft: Durch D. und Dünn [eigentl. durch
Moraſt und Waſſer ꝛc.], z. B.: Alxinger D. 13; Forſter
Br. 1, 358; Gutzkow R. 7, 415; Hebel 3, 216; König Kl.
2, 323; IP. 14, 45; W. 11, 10; 20, 44 u. .
d) übertr., inſofern das D–e, ſchwerer beweglich iſt,
ſtockt ꝛc.: Ihr Herz iſt d–e wie Schmeer. Pſ. 119, 70; Ei,
ei, wie iſt dein Witz ſo d.! W. 20, 109 ꝛc. (ſ. 1f).
4) als Hw.: a) Durch D. und Dünn. ſ. 3c. b)m.:
Der D–e [Mann]; Karl der D–e ꝛc. ſ. 1a; aber auch:
Der nur ſogen. rothen D–en [3c] trank, einen .. ſchweren,
ſüßen Wein, der ſtark gefärbt iſt und blaue Ränder um die
Lippen macht. Prutz Muſ. 1, 286; vgl.: „D.-roth, lichtroth,
weiß und goldgelb“ als verſchiedne Arten des Weins. Ryff
Sp. 64b. c) fem.: Weil Dem die Schlanke, Dem die
D–e [1a] .. mehr gefällt. Nicolai 1, 100; G. 12, 133 ꝛc.;
ſchwzr. auch eine ſpan. Münze von 20 Sous ꝛc. Stalder
(vgl. Dickthaler); in der Gießerei die den Kern dicht
anliegend umſchließende Lehmſchicht, das ſogen. Hemde
der Lehmform. Karmarſch 2, 114, abſtrakt ſ. „Dicke“.
d) n.: Das D–e [3c Bodenſatz] des Weins, Biers,
Kaffes ꝛc.
Zſſtzg. ſ. 1a; d; e; f; 2a und 3a.