deutsch
Dēūtſch, a.: was zu Deutſchland gehört, was die-
ſem Lande oder den Bewohnern desſelben, den Deut-
ſchen, eigen und eigenthümlich iſt ꝛc. 1) eigentl.: Das
d–e Reich, die d–en Völkerſchaften, Stämme; Ein d–er
Mann oder ein D–er; eine d–e Frau oder D–e; die d–e
Sprache (Zunge) od.: das D., uv. durch alle Kaſus, nur
— wie auch bei allen ähnlich gebildeten Ew. von
Völkernamen auf (i)ſch — wenn unmittelbar auf den
Artikel folgend, in der Abhängigkeit von Präpoſ., das
D–e, z. B.: Das D. der heutigen Zeit; das heutige D.;
Welch ein echtes d–es D. er [Luther] ſpricht! Chamiſſo 5,
94; So böſe wendiſch oder däniſch D. reden. Luther 8, 114b;
Im heutigen D.; In gutem D. G. 20, 146, aber: Im
D–en; Das heilige Original | in mein geliebtes D. zu über-
tragen. G. 11, 51, aber: Ins D–e; Aus gutem Franzöſiſch
in ſchlechtes D. überſetzt, aber: Aus dem Franzöſiſchen ins
Deutſche; Auf D., Franzöſiſch, Engliſch; Auf gut D. Hebel 3,
257; vgl.: Die auf ihr rothwälſches Jtaliäniſch [gewöhnl.:
in ihrem rothwälſchen I.] dem König .. viel Unſchickliches
ſagte. G. 30, 176 ꝛc. — Ein d–er Fürſt, Ritter; Ritter des
d–en Ordens (ſ. D.-Meiſter); Der d–e Handel; D–e Litera-
tur. G. 32, III; Von d–er Baukunſt. 31, 3; Die d–e Poeſie.
Uhland 458; U. wenn ich ſie denn faſſen darf | im luft’gen
d–en Tanz. G. 1, 14; Daß ſie herzlich gern d. tanze. 14,
26; Beide Töchter trugen ſich noch d., wie man es zu nennen
pflegt. 21, 269; D–es Gewicht, Maß; D–e Meile; D–e
Landeserzeugniſſe ꝛc. — 2) D. von dem den Deutſchen
eigenthümlichen Weſen und den in ihnen hervortreten-
den, ſie kennzeichnenden Eigenſchaften. Als ſolche gel-
ten namentl. Derbheit, Zähigkeit und Geduld, bald
lobend, bald tadelnd hervorgehoben, Jenes als Bieder-
keit, Treue und Ehrlichkeit, als Standhaftigkeit, Muth
und Kraft, als Ausdauer, unverdroßner Fleiß, tiefe
Gründlichkeit ꝛc., Dies als Grobheit und Ungeſchliffen-
heit, als Trägheit und Ungeſchick, im praktiſchen Leben
ſich geltend zu machen, als Philiſterei und Spießbür-
gerlichkeit, die ſich Alles gefallen läſſt, als Pedanterie
und Zopfthum ꝛc. Verkörpert ſind dieſe Eigenſchaften
in der Figur des ſogen. „d–en Michels“ (z. B. Danzel
301; Eichendorf Lärm. 17; Gervinus Lit. 3, 103; Unſre
teutſchen Michel und Michelinnen. W. (Merck’s Br. 2, 87)
u. V.; Mochte ſeinem Vaterlande nur noch den Namen Mi-
chelien gönnen. Scherr Graz. 1, 20 ꝛc.), theils auch in der
Bezeichnung: D–er Bär (ſ. d. 3); Alter d–er Degen ꝛc.;
„Was redſt?“ D. [deutlich, klar ꝛc.] Auerbach D. 4, 51;
Die d–e Sprache iſt ehrlich grob. SchV. 222; Eine D–e
bleibt immer eine brave, ſchwere Gertrude. Börne 5, 255;
So ſtrenge d. ſind wilde Schönen nicht. Gellert 1, 24; Alles
D–e, Grobe, Vierſchrötige, alle Derbheit ꝛc. Gervinus Sh. 1,
22; Im D–en lügt man, wenn man höflich iſt. G. 12, 91;
„Nein, ein D–er ſoll nicht lügen“ ... Läſſt ſich treu und grob
nicht ſcheiden? 8, 302; Die Grobheiten, welche ihm von–bie-
dern d–en Männern ... aufgedrungen worden. 16, 182;
Peter von Perugia, ein ſo braver Mann, daß man ſagen
möchte, eine ehrliche d–e Haut. 23, 120; Sprich .. derb und
d. Zelt. 2, 179; Du glaubensfrohe heilige d–e Treue ...
Dieſe wälſche Schlangenbrut. KGroth 98; Auf Eurem Rücken
werdet ihr [Franzoſen] bald erfahren, was er [Friedrich der
Große] für ein kräftiges D. verſteht. Gutzkow Königsl. 78;
Runde d–e Antwort. R. 5, 238; Mit der bärenhaften Un-
beholfenheit ... ſeid d. ehrlich! Heine Lut. 1, 202; Gerade-
weg auf ehrlich D. Jahn M. 253; So demüthig als ein
Teutſcher vor einem Fürſten. Klinger F. 27; Die d–e Derb-
heit. Kühne Freim. 128; D. herausgeſagt. L. 12, 457; 13,
43; Lichtwer 147; Die D–en allezeit toll und voll. Luther 1,
298b (Sch. 352b); 8, 22b; Ich will mich d. mit dir erklä-
ren. Müllner 5, 136; 7, 107; Es iſt nicht das erſte Mal, daß
man den D–en auf die Köpfe tritt. Platen 3, 134; Die d–e
Bedientenhaftigkeit. Scherr Graz. 1, 21; Bedeuten Sie dem
d–en Ochſen, daß er das Maul halten ſoll. Sch. 167a; Ich
bin halt ein plumper gerader d–er Kerl. 183a; D. und ver-
ſtändlich! 193b; Rechnen wir d. und ehrlich mit einander ab.
Spindler Stadt. 1, 32; Meine teutſche Treue und Bieder-
herzigkeit. W. (Merck’s Br. 2, 82); Seinen teutſchen Freund.
Zinkgräf 2, 24; 3, 220 u. o. — 3) Steigrung von d.
(ſ. 2 = deutſchem Weſen gemäß ꝛc.): So zog ſich die
Unterſuchung in die d–eſte Länge. Auerbach Dicht. 1, 128;
Die d–eſte und volksthümlichſte Oper. Ab. 135; Manches
franzöſiſche Wort iſt d–er als das, welches man an die Stelle
von jenem bringen will. Enſe Denkw. 1, 430; Eine etwas
d–ere Überſetzung. Eſchenburg Sh. 502; Die bleierne d–eſte
Schlafſucht. Heine Börne 317; Mit d–eſter Rührung. Lut.
2, 29; Selbſt der d–eſte Hofrath. Scherr Graz. 1, 160;
Sonſten ſchreibe ich teutſcher: Kalender als Calender. Spate 2,
38; Sekretarius .., da die Schreiber nicht mehr Schreiber
heißen mögen, weil es gar zu teutſch iſt. Zinkgräf. — 4) Der
Deutſcher, Deutſchker ꝛc., zuw. euphemiſtiſch ſtatt Teufel,
z. B. Goltz 3, 145; Höfer. Hausbl. (58) 2, 401; 451 ꝛc.
Anm. Die Ableit. von diet (Volk) vgl. goth. thiudisko
heidniſch, unterliegt keinem Zweifel. ſ. Benecke 1, 326a und
die dort angeführten Stellen; vgl. Wurm deutſche Spr. (56)
S. 94—108 und den Hilferuf Jodute (Jo, Anm.). — Über
den Zuſammenhang der Bed. mit deutlich (z.B. d. mit Einem
reden ꝛc.) ſ. Schmeller 1, 406 und z. B. noch: Das deutſche
[deutliche] Abſondern eines Vokals vor der Reflexion. WHum-
boldt 1, 39 ꝛc. — Die Schreibw. „teutſch“ iſt verwerflich,
außer wo ſie einen Nebenſinn bezeichnet, z. B., wenn Reinhard
11. Juli 1814 an G. ſchreibt: Damals träumt’ ich wohl
einige Tage von Deutſchland (doch man muß ja Teutſchland
ſagen). 149; Zuweilen „teutſch“ in ſeinen politiſchen Anſich-
ten. 150; Deutſch oder Teutſch, du wirſt nicht klug. G. 3,
133; 4, 56, vgl.: Ein teutoniſcher Bär. Kühne Fr. 1,
86 und Deutſchthümeln ꝛc.
Zſſtzg. vielfach, z. B. nach geographiſcher Einthei-
lung, nach der Zeit ꝛc., z. B.: Ált-: Die a–e Literatur,
im Ggſtz. zu mittel-, neu-d., ſo auch: Alt-hochdeutſch ꝛc.,
ferner ſ. [2] und vgl. altfränkiſch ꝛc.: Das a–e Vergnü-
gen ... eine Mechthilde taufen zu laſſen. G. 16, 283; Zu a.
trinken. Hagedorn 3, 143. — Anti-: ſ. Gegen-D. —
Echt.- — Eīchel-: ſ. kern-d., in Bezug darauf, daß
die Eiche oft als Symbol Deutſchlands gilt. — Erz-:
Was das deutſche Theater für einen e–en Gang nimmt. G.
Sch. 2, 20 ꝛc. — Gêgen-: anti-d., dem Deutſchen
widerſtrebend, feindlich: [Der ruſſiſche Adler] der g. und
undeutſch iſt. Freiligrath 2, 264. — Hōch-: aus dem hö-
hern Deutſchland, ober-d., im Ggſtz. zu: Platt-d. und
nieder-d., z. B.: Er hatte ... auch einen H–en, welchen
er ſelbſt zum Doktor gemacht. Olearius; (Wackernagel 3, 1,
685, Z. 3); Daß ihm [dem Fiſchmarkt von Konſtanz] nit
bald einer in hochteutſch Landen verglichen mag werden.
Stumpf 391a, vgl.: Bezwang ganz Hochteutſchland. 308a
u. o. Jetzt meiſt in Bezug auf die Sprache und zwar,
im Ggſtz. zu den Mundarten, beſonders zu den nieder-
oder platt-deutſchen, die allgemeine Sprache der Gebil-
deten, die allgemeingültige Schrift- und Bücherſprache
in Deutſchland: Alt-, Mittel-, Neu-h. ꝛc. — Kérn-:
Unſere k–en, ich möchte ſagen eichel-deutſchen Landsleute.
Heine Lut. 1, XIV; Wetterte .... k. Dingelſtedt 7. — Mít-
tel-: ſ. Alt-d. — Nēū-: ſ. Alt-d.: Rott- und Spieß-
geſellen, die jetzt auf neuteutſch Kameraden heißen. Zinkgräf
2, 61. — Nīēder-, Öber-, Plátt-: ſ. Hoch-d.
— Plúmp-. Heine Reiſ. 4, 15. — Stīēf-. Spate
XVIII, von Solchen, die ihre Mutterſprache als Stief-
mutter anſehn, und mit fremden Lappen bekleiſtern. —
Stóck-: übertrieben und einſeitig deutſch. Waldau Nat.
2, 154. — Trēū-. JP. HV. 142. — Ún-. Heine Reiſ.
4, 319; Herz 243; V. 4, 31 u. o.; Stümmel und Un-
teutſch-Teutſche. Spate XVIII; ferner z. B.: 1. Kor. 14,
11 = undeutlich, unverſtändig. — Ur-: U–e Bären-
häuterei. Waldau Nat. 2, 248 u. ä. m.
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