Faksimile 0282 | Seite 274
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Degen
Dēgen, m., –s; uv.; –chen, Degelein; -:
1) Waffe mit gerader, langer, schmaler, spitzer, in einem s. g. Gefäß befestigten Klinge, eig. Stichwaffe (doch giebt es auch Hau-D.), oft als Ehrenzeichen, versch. von dem gewichtigen „Schwert“, der breitklingigen Hiebwaffe, wie Beide vom krummen Säbel, der sichelförmigen Schneidewaffe, obgleich die beiden ersten nicht immer genau geschieden werden. So stand in ältern Ubersetzungen Luther’s st. des jetzigen „ein zweischneidiges Schwert“ Richt. 3, 16 „D.“ und wo Haller 14 schreibt Heldenleben .., das tausend D. nicht versehrt ändert Matthisson Anth. 1, 259 dem heutigen Gebrauch gemäßer Dies in „Schwerter“ etc.: Wiewohl ich einen langen und kurzen D. bei mir hatt’, so nahm ich doch das kurze Degelein [Dolch] und schlug ihn damit. Berlichingen 26; Ach, wozu nützen diese Pistölchen? | nur euch zu hindern, schlaudert der D. | Bringt ein Paar andre, bringet ein Schwert. G. 8, 52; (Tasso): Hier nimm den D. erst, den Du mir gabst | ... Ich führt ihn nicht mit Ruhm, doch nicht mit Schande ... Geselle dich [o Kranz] zu diesem D. ... Gefangen geh’ ich. 13, 154; 14, 44; Sch. 292b; 714b; Ihn vor seinen D. fordern. 813a. Der unverzagte D. | (Tizonada war sein Name), | der das Schrecken aller Mauren. H. Cid 15; Der Panzer ..., der undurchdringlich ist selbst einem Zauber-D. W. 20, 67; Mit dem D. in der Faust eine Almosen begehren. Zinkgräf 2, 80 etc. Man untersch. mehrere Arten, z. B.: Faust- (Dolch), Ballen-od. Fecht- (Rapier), Galanterie- (zur Zierde dienend: Wie auch das alte Schlachtschwert sich allmählich verfeinerte, bis es endlich ein alberner G. wurde. Heine Sal. 1, 72, auch Hof- od. Kammer-D. genannt); Gal(l)a- (bei Hoffesten getragen); Hau- (schwertähnlich, s. 2u. 3b); Interims- (von Officieren außerm Dienst getragen, im Ggstz. des Ordonanz-D–s); Officiers-; Parade- (Kavaliersehre, die sich zur wahren Ehre des Edelmanns verhält wie der P. eines Hofmanns zu der festen Waffe. Lewald W. 1, 359); Rauf- (s. 2, Schläger, Raufer, mit großem Stichblatt, zu ernstem Gefecht. Sch. 107b); Reiter- (lang und schwer); Stoß- (Ggstz. von Hau- D.); Streit- (Rauf-D.) Gleim 3, 824; Uniforms- D. ꝛc Ferner z. B.: Käse-D., Käseschwert, ein degenförmiges Holz zum Zerschneiden der Käsematte, in der Schweiz. Stalder 1; und dann auch verächtl. Bez. eines Degens. Schabe-D. der Zinngießer, aus Stahl, zum Beschaben ihrer Arbeit etc.— 2) D. statt desmit dem Degen bewaffneten Mannes: Der Page drängt sich zur Königin groß, | durch alle die D. und Fächer [Herren und Damen]. G. 1, 177; Er hatte den Ruf, der erste D. von Jtalien gewesen zu sein; denn er hatte sich wohl 20mal geschlagen. 28, 51. So auch Rauf-D. = Raufer, Raufbold; Niemand schloß sich an den alten Hau-D. (s. 1 u. 3b) an. Seume Sp. 37; „Gehn Bauern drauf, | ei, so gewinnt der Kaiser an Soldaten ... Der D. [Soldat] hat den Kaiser arm gemacht, | der Pflug [Bauer] ist’s, der ihn wieder stärken muß. Sch. 333a etc. Daher oft (vgl. D.-Knopf) in Umdeutungdes alten D. (s. Anm.) = tapfrer, biedrer Mann, zumeist v. mannhaften Kriegern, z. B.: (v. Blücher) Du tapferer D. Arndt 284; Der kühne D. muß sich als Rekrut einexercieren lassen. Auerbach Leb. 1, 60; Sein nahm der D. Menelaos wahr. B. 151a (vgl. 206a: Der Kriegeshold); Dem jüngsten D. | des Banners Obhut anvertraut. Freiligrath 1, 267; Ein Civilist erwiderte ... Der alte D. wollte davon Nichts wissen. G. 25, 128; Ein Dummkopf und ein braver D. L. 1, 8; Der Herr von Sitten war ein alter grader D. Müllner 7, 187; Mit erhobnem Schild im Zorne rief der D. Rückert Rost. 28a; 4a; Wo aber waren denn die tapfern D. | Saintrailles, La Hire und Frankreichs Brustwehr, | der heldenmüth’ge Bastard? Sch. 450b; Ich bin ein alter D. Uhland 400; 422 etc. 3)
a) der das Übereinanderlaufen der Fäden verhindernde Laufstock an der Seidenhaspel.
b) Ziegelbrenn.: ein eisernes Werkzeug zum Durchdreschen der schon getretnen Ziegelmasse auf der Haubank, auch,, Hau-D.“ od.-Messer, s. 1u. 2. 4) Degenförmige Haarfurche am Pferdehals längs der Mähne, daher die D.-Hand, Gertenhand im Ggstz. der Zügelhand. 5) = Gedeihen (s. d.), in der Verbind.: Er zeigt uns D. und Segen. S.Clara Jud. 2, 664; Nicht Segen und D. haben. Jahn Merk. 175 (s. Anm.).
Anm. In D. sind zwei versch. Stämme zusammengeflossen:
1) vgl. span. daga, engl. dagger, mhd. degen (Dolch), bei Fischart B. 8b: Täglin; Stumpf 526b: ein Tägle etc.
2) ahd. dëgan, mhd. dëgen, urspr. Knabe; dann Held, Kriegsmann, s. Benecke und Schmeller 1, 359 (doch vgl. frz.: C’est une bonne, une rude épée etc.). Dies gehört wohl zu Gedeihen (s. 5), wie Degenheit, Mannhaftigkeit. Waldis Es. 151b; Benecke 310b; Seiner Mutter Lehre gefiel dem Degen wohl. Simrock Gudr. 8; 28; 218; Einen kühnen D. 331; im Urtext „swërtdëgen, Jüngling, der das Schwert genommen, zum Ritter geschlagen war. S. L. 5,312 ff.; Schütze 1, 227 ff.; 215; Brem. Wörterb. 1, 190; 220 ff. Zu dem dort erwähnten dögelik, degelik, fromm, sich schickend nachgiebig, gehört auch wohl das von Grimm 2, 901 verkannte degenmäßig, z.B.: Zahm, gütig und d. Eselskönig 164; ebenso noch rothwälsch. Kurz Sonn. 414.