Faksimile 0277 | Seite 269
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dauen
Dāūen, tr.:
ein veralt. Wort, dessen Grundbegriff scheint: in Flüssigkeit auflösen (vgl. thauen), nun beschränkt auf die Auflösung der Speisen in Nahrungssaft, und zwar gew. in Zsstzg. Ver-d. (s. d.); docb zuw. auch noch das Grundw. und zwar mit Umlaut: Sie [die Kartoffeln] däun sich lieblich und geschwind. Claudius 4, 29.
Anm. Ahd. dawjan, daujan, mhd. döuwen, s. Frisch 1, 186a; Spate 306; Schmeller 1, 348 etc. Oft bei ältern Schriftstellern, z. B.: Gessen, getrunken, gedewet [d. i. gedäuet], ausgeworfen. Luther 6, 267a; Die Speise zu däuen. 243b; Wenn ein Mensch krank ist und nicht däuen kann. ebd.; 255a; dauen. 4, 215b; Der Magen däuet wohl. Rachel 8, 305; Ryff Th. 59; Die ganze Nacht wiederdäuen [vom Kamel]. 10, wie Keisersberg S. d. Munds 7a den Ochsen ein „zweidäuig Thier“ nennt: „dauet in dem Magen die Speis und auch in dem Maul“; Alles, was da die Speis noch einest [einmal] abdäuet, hat zween Bäuch. Eppendorf 216; Abdauung. ebd.; Die .. welche genugsamlich abgedäuet haben [die Verdauung vollbracht]. Ryff Sp. 105a etc. Auch: Da er sich zuvor 41mal geundäuet [erbrochen, vomiert] hatte. Hammer RH. 282, s. Schmeller und Frisch auch: verundäuen. Zerdauen = ver-d. Spate. Etwas länger hat sich „Dauung“ erhalten, mit Uml. z.B. Brockes 2, 228; 9, 217, wie Zinkgräf 222; Von der guten oder schlechten Dauung des Magens. Musäus M. 1, 122; Neubeck Gesundbr. 62; Zimmermann Eins. 54. D–skraft. V. Sh. 1, 359; D–sweg. Hippel 9, 228 etc. Versch. davon scheint dauen, tauen (engl. taw), weißgärben, dazu Tauer, Ledertauer. Frisch 2, 363c; Adelung 1, 1285 und 2, 923, s. gärben.
Zsstzg. s. Anm., ferner: Ver-: eig.: Speisen verd., auch refl.: Diese Speise verdaut sich leicht, schwer etc. = ist leicht, schwer zu ver-d. etc.; ferner: Es verdäuet [befördert die Verdauung], stärkt und heilt. Brockes 9, 91 etc., auch übertr. z. B. auf Nahrung des Geistes etc.: Er zeigt .. wohlverdaute Philosophie. Mendelssohn 4, 1, 93 [die er in sich aufgenommen und zu eigen gemacht, in Saft und Blut verwandelt]; Unverdaute Hypothesen. Pfeffel Po. 3, 6; Dieser Bund that dem Adel gar weh im Kropf und lag ihnen gute Zeit unverdaut im Magen. Stumpf 643b; [machte ihnen Schmerzen, war ihnen unerträglich] und so oft: Ob er auch | denselben Tag den Zorn verdauete [verschluckte, bezwang]. B. 113a; Etwas nicht ver-d. [leiden, verwinden] können; Das konnte der Andere nicht leiden .. und Das konnte wieder Jener nicht ver-d. Höfer V. 27; Eine Erklärung .., bei der ich einen dergleichen Widerspruch nicht ver-d. darf. L. 11, 96; Lichtwer 35; Als Philippus .. diese schlechte Abfertigung nicht verdäuen konnte. Zinkgräf 1, 302 etc. Dazu: Diese Allesschmecker und Nichts-Verdauer. Gutzkow R. 8, 76; Wenn träg und laß sie die Verdauung macht. Chamisso 3, 373; Mit matter verdauungsloser Seele es [das Buch] zu durchträumen. H. 9, 443; Sich eine Un- verdauung gegessen. G. 30, 167 etc. S. daulich.