Faksimile 0254 | Seite 246
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Geburt
Gebūrt, f.; –en; –s-:
(s. gebären): 1) das Gebären: Der G. gehen die Wehen vorauf; Eine in. der G. begriffne [kreißende] Frau; Eine schwere, leichte G. [Entbindung] haben; Arznei in schweren G–en; Es kam sie hart an über der G.; da es ihr aber so sauer ward in der G., sprach die Wehemutter. 1. Mos. 35, 17; Offenb. 12, 2 etc. 2) das Geboren-Werden oder -Sein, Entstehung, Abstammung, Herkunft etc.:
a) Verfluchest den Tag deiner G. Sir. 23, 19; Pred. 7, 2; Viel werden sich seiner G. freun. Luk. 1, 14; Die Kinder sind gekommen an die G. und ist keine Kraft da, sie zu gebären. 2. Kön. 19, 3; Jes. 37, 3; Weish. 7, 5. Zu Feiertagen süßer Namen und lieber G–en. G. 6, 95; G. und Grab. 11, 24; Der .. erhabenste Gedanke in der G. erstickt. 10, 164; Die erste G. könnte man „Sein“, die Wieder-G. „Leben“ nennen. Hippel Ehe 1, 149; Das Knäblein | später G. [spätgeborne]. V. Th. 24, 31etc.
b) Das Buch von der G. [Abstammung] Christi. Matth. 1, 1; 4. Mos. 1, 18 u. o.; Nur des Berittnen weicher Enkel | ist von G. edel und klug. V. 3, 173; Von hoher, niedriger, vornehmer, geringer G. Wenn er von G. wäre. W. 19, 250 [d. h. adelig, s. gebären 1i und Familie]. 3) das Geborne oder zu Gebärende (Leibesfrucht), übertr. allgem. Erzeugnis: Wie eine unzeitige G. [Früh-G. Mendelssohn], sehn sie die Sonne nicht. Ps. 58, 9; Hiob 3, 16; Sich die G. abtreiben etc.; Jeder Unmuth ist eine G., ein Zögling der Einsamkeit. G. 22, 158; Würden uns weniger verschobene G–en des Geistes anekeln. 31, 15; Die G–en seines Kopfs. L. 11, 178; Ein kleines Lied . . . war die G. Ramler F. 2, 539; Die abscheulichsten G–en der Tyrannei an das Licht zu brüten. Sch. 1040a; Mit allen rohen G–en eines unmündigen Verstandes. 1106b; 1107b; 1233b.
Anm. Veralt. Burt z. B. HSachs 4, 1, 32b; vielleicht gehört hierher auch Bürdlein (s. Bürde 3) = Nachgeburt. Vgl. die im Allgem. seltne Verklein., z. B.: Hypotheschen oder ähnliches Missgebürtchen des eigenen Köpfchens. Heine Reis. 1, 103. Man beachte den gedehnten Vokal in Gebūrt neben dem geschärften in (ge)bürtig etc.
Zsstzg. (s. Zsstzg. von gebären) z. B.: Ab- [3]: Miß-, Fehl-G.: Einem Absceß, einer A., welche aus gräulichem Inceste entsteht. Zelter 5, 251. Áfter- [3]: Nach-G., s. Bürde 3, auch wohl eine falsche, täuschende Geburt. Aūs- [3]: zumeist in schlimmem Sinn: Es war keine der Musen, die den Künstler zu solchen A–en begeisterte. Forster Ans. 1, 136; G. 26, 104; Eine der trostlosesten A–en eines Volks, das etc. Gutzkow R. 1, 184; A–en des Lugs und des Trugs. Heine Verm. 1, 217; Daß A–en der Kunst sogar neben ihrer höchsten Ausbildung bestehen können. WHumboldt 1, 9 u. o. Doch auch ohne tadelnden oder selbst mit lobendem Nebensinn: Eine köstliche A. dieser kreißenden Nacht. Eichendorf Lärm 52; Göttliche A–en. Forster Ans. 1, 124; Da diese Schnecken . . A–en des süßen Wassers sind. G. 26, 244; Des Lichts und des Schattens echte A. 39, 160; 159; Die Centaurin giebt der jüngsten A. ihres Doppelwesens die Milch der Mutterbrust. 31, 274; Eines Werks aber, der wahrsten A. des siebenjährigen Krieges . . . muß ich . . . ehrenvoll erwähnen, . . . Minna von Barnhelm. 21, 80; Keller gH. 2, 294; Schlegel Haml. 3, 1; W. 15, II etc. Erst- [2 und 3]: Verkaufe mir heute deine E. 1. Mos. 25, 31ff. [das Recht der E.]; 1. Chron. 6, 1 ff. Die E–en [bei Luther: „ersten Geburt“] sind mein, seit der Zeit ich alle E. schlug in Ägyptenland. 4. Mos. 3, 13; Das Lösegeld von den E–en 42, 50; Man setzte sie ... den Erstgeborenen nach seiner E. und den Jüngsten nach seiner Jugend [wofür nach dem Parallelismus vielleicht auch stehn könnte: nach seiner Jüngst-G.] 1. Mos. 43, 33.
Eben-: Ebenbürtigkeit. Hippel Ehe 5, 46. Fêhl- [1; 3]: Von sieben Söhnen | die einz’ge F. Böttger Byr. 8, 8 [Mißrathne, Unförmliche etc.]; Bringt eine F. zur Welt. Mendelssohn 7, 15, s. Abortus. Flámmen- [3]: Aus jedem Kuß wächst eine neue F. [erzeugt sich eine neue Flamme]. Gutzkow R. 9, 494.
Frǖh-: etwasfrüh, vor der Zeit Gebornes, s. Spät-G., aber auch ein frühreifes Kind: Der Held des Buchs ist eine F., konnte schon am fünften Tage reden. Gervinus Lit. 3, 389. Gēīstes- [3]. Forser Ans. 3, 202. Hirn- [3]: Phantasie, Hirngespinnst. Heine Verm. 1, 235; Mendelssohn 4, 1, 526; 4, 2, 146 etc. Hōch- [2b]: O edler Lord, denk deiner H. V. Sh. 3, 331. Lúft- [3]: Phantom. G. 10, 274. Māūs- [2]: Die M. des kreißenden Berges. Gutzkow R. 5, 267. Míss- [1; 3]: Fehl-G., Monstrum: Die M. [die Bucklige] klagt. Alexis Dor. 1, 21; Es wird mir immer übel, die kleinen M–en [steifen, albernen Kinder] in der Allee auf und ab treiben zu sehen. G. 34, 21; Der Mäuse M.! [verhaßte Maus]. Hagedorn 2, 33; Diese M. [mißrathne Übersetzung]. L. 3, 406; dafür bei Stumpf 397b auch Wider-G.; selten = Abortus. Míst- [3]: Die Miß- und M–en der neuen Romantik. Gutzkow Blas. 1, 382. Nāch- [3]: ein mit dem Fötus durch die Nabelschnur verbundner, nach der Geburt des Kinds aus der Mutter tretender schwammiger Körper, Mutter-Kuchen, -Leber, Afterbürde genannt; ferner z. B.: Eine ... unglückliche N. [Nachahmung] der Emilia Galotti. Zelter 1, 364.
Nácht-: Gespenst etc. G. 12, 170
Nēū-: Diese N. [Neugestaltung] des englischen Kunstdrama’s. Gervinus Sh. 1, 117; Kühne Freim. 189 = Wieder-G.
Otter-: Es sei eine O., die Frucht werde noch die Mutter umbringen. Zinkgräf 2, 31, s. Schlangengezücht etc.
Pfūhl-: Schlangen, dem Pfuhl entsprungen. Meißner Gd. 148. Sēēlen- [3]: L. 13, 15.
Spǟt-: spät erfolgte Geburt etc.: Wie es lebensfähige Frühgeburten, sogenannte Siebenmonatskinder giebt, so auch Sp–en. Spótt- [3]: Du Sp. von Dreck und Feuer. G. 11, 154 = spotterregende Geburt etc.
Un-: Ein Unwetter, . . . eine U. aller Bestandtheile zu einem Wetter. Rahel 1, 279.
Wīder-: Miß-G. Wīēder- [2]: Beginn eines neuen Lebens: Das Bad der W. Tit. 3, 5: Ich zähle einen zweiten Geburtstag. eine wahre W. von dem Tage, da ich Rom betrat. G. 23, 176; Die W., die mich von innen hercus umarbeitet, wirkt immer fort. 179; 14, 158; Können nach den nationalen W–en die Völker jene noch größern Beglückungen der Gesellschaft anbahnen. Gutzkow R. 1, 226 etc. Wóhl- [2]: Dem Wohlgebornen tönt der Dank | der W. V. 3, 221.
Wúnder-: wunderbare Geburt, z. B.: Die W. des Bacchus.
Zángen-: wobei das Kind vom Accoucheur mittels der sogen. Zangen geholt wird, u. v. ä.