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Brust
Brúſt, f.; Brüſte; Brüſtchen, lein; -: 1) der er-
habne Vordertheil vom Hals bis zum Magen bei Men-
ſchen; dann auch entſprechend bei Thieren: Ein kräftiger
Jüngling mit breiter, hoher Bruſt; Gänslein Tochter, mit der
flachen B. [Anm. 3] und niedlichem Schnürleibe. G. 14,
82; Wanderfalken, deren .. weiße Federbrüſte im erſten
Morgenroth blitzten. Keller gH. 4, 275; Will Bart an Bart
und B. an B. noch kämpfen. Körner 151a; Beide Söhne,
mögen ihm den dritten, | Arm in Arm, an ſeine B. geleiten.
Platen 4, 279; Geſchwellt das Herz in der B. Rückert Mak.
1, 53; Da ſpülen die Waſſer ihm um die B. Sch. 516a;
Die Brüſte [der Schlangen] ſteigen aus dem Wellenbade.
30b; Spreizen ſich, werfen ſich in die B. 320a [vgl. ſich
brüſten]; Er .. drückt ſein Herz an ihre B., | er fühlt der
Nymphe Herz an ſeinem Buſen ſchlagen. W. 20, 76; In-
deſſen er . .. die ſchwererrungne B. [der Geliebten] an ſei-
nen Buſen drückt. 90.
Anm. 1. „Buſen“ (ſ. d.) bez., was B. (von breſten =
berſten, brechen) als das Knoſpende, Hervorragende viel-
mehr als das Eingebuchtete, Eingeſchloſſne, vgl.: Nah und
fern | kein Buſen, der ihm freundlich Schutz gewährte ...
Die Felſen ... weiſen ihm nur ihre ſteinerne ſchroffe B. Sch.
539a. Buſen gilt nicht von Thieren, und von Menſchen
am gewöhnlichſten (Adelung fälſchlich „nur“, ſ. o. W. ꝛc.) von
Frauen; es bez. ferner gewöhnl. nicht, wie B. (2), die beiden
hervortretenden Hälften: Er bekam einen Stich in die rechte
B.; Der Frau wird die linke B. abgenommen ꝛc.; gilt auch
nicht von der den Säugling nährenden B. ꝛc.
2) B. heißt auch jede der beiden hervortretenden
Hälften (ſ. Anm. 1), die fleiſchliche halbrunde Erhö-
hung an der Seite, zumal beim weiblichen Geſchlecht,
wo ſie zur Milchabſondrung dienen; auch bei den weib-
lichen Säugethieren, wenn dieſe Theile dem Vorder-
leibe angehören (vgl. „Euter“, „Zitze“): Deine zwo
Brüſte ſind wie zwei junge Rehzwillinge. Hohel. 4, 5 (H. R.
7, 29; Opitz 2, 23 ꝛc.); 1, -, Da ich noch an meiner Mut-
ter Brüſten war. Pſ. 22, 10 U. v. Ihr ſchwarzes Haar
floß ... zu den regen Lilien ihrer Brüſte. Chamiſſo 4, 207;
[Die Bärin] ſäuget die Junge an ihren 2 Brüſten, welche ſie
vorwärts nach dem Bruſtkerne zu hat. Döbel 1, 33; Ich
[Reineke] war noch ein kleiner Kompan und hatte die Brüſte |
kaum zu ſaugen verlernt. G. 5, 172; Das Übrige iſt alles
zu erlangen: | Paläſte, Gärten, Brüſtlein, rothe Wangen.
12, 17; Die Äpfel auf der B. | gewähren dir mehr Luſt.
Mühlpforth Hochz. 79; Der Troerinnen Schaar, | ſchmerzvoll
an die Brüſte ſchlagend. Sch. 53a; An dieſen Brüſten nährt’
ichbeide gleich. 489b; 455b ꝛc. Ahnlich auch übertr.:
Saugen und ſatt werden von den Brüſten ihres Troſtes. Jeſ.
66, 11; Der brauſende Terekfluß | reißt ſich in ſprudelnder
Luſt | von der nährenden Bergesbruſt. Bodenſtedt 1, 46;
O wie ruhten wir [Blumen] ſo ſelig | an der Erde Mutter-
brüſten. Freiligrath 1, 62; So nimmt ein Kind der Mutter
B. | nicht gleich im Anfang willig an, | doch bald ernährt es
ſich mit Luſt. | So wird’s euch an der Weisheit Brüſten | mit
jedem Tage mehr gelüſten. G. 11, 76 ff.; Wo faſſ’ ich dich,
unendliche Natur? | Euch Brüſte, wo? Ihr Quellen alles Le-
bens? 22; Die Natur .. wird, als eine Ernährerin aller
Dinge, unter dem Bilde der Jſis mit vielen Brüſten vor-
geſtellt. Ramler Myth. 446; Freude trinken alle Weſen an
den Brüſten der Natur. Sch. 19a; Unter Allen, die an den
Brüſten der Majeſtät trinken, kommt die Favoritin am ſchlech-
teſten fort. 188a ꝛc.
Anm. 2. In Bezug auf Thiere vgl.: Eine gräuliche Fau-
nin liegt .. hingeſtürzt über ihren beiden bocksfüßigen Säug-
lingen, die zappelnd an den Brüſten, ich hätte bald geſagt den
Eutern, ihrer im Übermaß der Völlerei entſchlafenen Mut-
ter hangen. Forſter Anſ. 1, 174; Die Centaurin .. giebt der
jüngſten Ausgeburt ihres Doppelweſens die Milch der Mutter-
bruſt, indeſſen ein anderes Thierkind ſich an den Zitzen der
Stute erlabt. G. 31, 274. So bez. z. B. Kuheuter das
Milchgefäß des Thiers, Rinder-, Kalbsbruſt dagegen (ſ. 1)
den Theil unter dem Bug, unterm Hals: 3. Moſ. 7, 30; 8,
29; Webebruſt (ſ. weben). 2, 29, 26. Bei dem Zuhauen
werden beſonders die Kernbrü ſte abgenommen. Auch noch
andre Stücke, z. B. die Nach-B. Landwirthſchaftl. Ztg. (55)
130b, d. h. der hintre Theil der Bruſt, wie Vor-B. der
vordre ꝛc. So natürlich auch von Nicht-Säugethieren, wie z. B.
das Mittelſtück des Inſektenleibs das Bruſtſtück heißt; Ku-
chen | und Hühnerbrüſte nähren ihn. Lichtwer 51; Spick-
B., die Bruſt einer Spickgans, wie Räucher-B. gewöhnl.
eine geräucherte Rinderbruſt ꝛc. So auch: [Die Taube]
fängt Hals und B. zu baden an. Gellert 1, 50; Ein .. Pe-
likan .. ritzte ſich mit ſcharfem Schnabel die B. auf. L. 1,
139 ꝛc. Daher auch in Zſſtzg. mit Farben, gewöhnl. in
der Verklein., wie Kehlchen (ſ. d.), zur vielfach ſchwanken-
den Bez. mehrerer kleiner Singvögel (namentl. Sylvia u. Mo-
tacilla), z. B.: Blau- (S. suecica); Braun-, Roth-
(S. rubia, rubecula). Gelb- (M. hippolais), Weiß- (M.
oenantha) ꝛc., -Bruſt, -Brüſtchen, -Kehlchen ꝛc.;
Rothbrüſtli. Tſchudi Th. 99. Natürlich kann auch z. B.
ein Stier mit weißer B.: Weiß-B. heißen und zwar auch
m., vgl. Zſſtzg. von Auge.
Anm. 3. Die feinere Umgangsſpr. vermeidet, wie überh.
die auf geſchlechtliche Unterſch. hindeutende Bez., gern die Mz.
Brüſte und braucht lieber B. oder Buſen: Die Amme giebt
den Zwillingen die B.; Wie weit er ſich zurückerinnern kann!
... Bis an die Ammen-B. L. 1, 5; Daß ihre Kinder mit
der Mutter-B. zugleich Wein genießen. G. 26, 214 ꝛc.
(vgl. Dutte). Eine Schnee-B. ſchwoll ihm nachbarlich
entgegen. Alxinger D. 17; Die Schwanen-B., ſo wie ſie
auf und nieder | unruhig wallt. 35; Alabaſter-B.;
Roſen-B. W. 12, 309.
3) Von Sachen: a) der die Bruſt bedeckende Theil
der Kleidung: Das Hemde iſt in der B. zu enge: ſo auch =
Bruſtlatz ꝛc.: Sie hatte weder B. noch Wams an. Simpli-
ciſſimus 2, 21; [Solche] Kittelbruſt muß ich auch haben.
Gotthelf Geld 283; namentl. auch ein Schnürleib (ſ. d.),
gewöhnl.: So leg’ ich ihr die Schnür-B. an. B. 18b;
G. 16, 64; Göckingk 2, 177; L. 1, 378 ꝛc., und ſo auch
übertr. auf Das, was einſchnürt, die freie Bewegung
hemmt ꝛc.: Ich ſoll meinen Leib preſſen in eine Schnür-B.
und meinen Willen ſchnüren in Geſetze. Sch. 107a; Die
Studenten lebten in der Schnür-B. ihrer Kompendien. Voigts
H. 38 ꝛc. b) ein der Bruſt am menſchlichen Körper
entſprechender Theil, z. B. (ſ. Anm. 1) von Felſen.
Sch. 539a; Die Knoſpe ſpaltet die volle B. B. 10a; Die
hohle B. [des Thurms] durchröchelt ſchwach | ein roſtig Uhr-
werk ſtöhnend. Schwab 258; In fernem Waldesdickicht und
grüner Hügel-B. Bodenſtedt 2, 100 ꝛc. Ferner in vie-
len techniſchen Anwendungen (vgl. auch 4), namentl.:
c) Bäckerei: am Backofen die beiden Mauern zur
Seite des Einſchiebelochs, ſ. e. d) Bergb.: jede
Vorragung des Geſteins; das beim Abteufen eines
Schachts für den drauf ruhnden Wageſtempel gehaune
Lager; ein Abſatz an der Offnung des Schachts unter
der Haſpel. e) Hüttenw.: der untre vordre Theil
der Schmelzöfen: Ein Ofen mit offner B., wo die B. her-
vorgebaut iſt und demnach das Metall mit Kellen aus-
geſchöpft werden kann; Der Ofen-B., d. h. der vordern
Mauer. Karmarſch 2, 519; Oberhalb des Wallſteines in der
Ofen-B. 572 ꝛc., vgl. c. —; die von Aſche gemachte
Abdachung in der Scharte des Treibeherds an der Glätt-
gaſſe —; Bruſtholz (ſ. d. 3). f) Kriegsw.: die
innre Wand der Batterien. g) Orgelb.: die Theile
der Orgel, welche der Spielende vor ſich hat, Bruſt-
werk. h) Schwertfeg.: an einem Degengefäß der
maſſive Theil zwiſchen Griff und Stichblatt.
4) in Bezug auf Menſchen und Thiere gilt B. auch für
die innern Theile der Bruſthöhle: Eine ſtarke, ſchwache,
geſunde B. [Lunge] haben; Mit donnernder Stimme und
ganz mit dem Feuer und der Stentor-B. eines ... parla-
mentariſchen Löwen. Gutzkow R. 1, 178; Viel Schleim, es
[ſ. d.] auf der B., Stiche in der rechten, linken B. haben;
Es beklemmt mir die B. [das Athmen], liegt mir ſchwer auf
der B. [auf dem Herzen], auch häufig von beängſtigen-
den Zuſtänden: Endlich ſitzt er [der verſäumte Beſuch]
dir wie ein hohnlachender Alp [ſ. d.] auf der B. Hackländer
Stillfr. 2, 113; Mir iſt die B. | wie mit einem Stein
[ſ. d.] beladen. Müllner 2, 26; Mir fiel ein Stein von der
B. (vom Herzen) = ich fühlte mich von einer großen
Angſt befreit ꝛc. Hierzu auch: Ein Kind unter der B.,
unterm Herzen [d. i. im Bauch] tragen ꝛc. 5) B. und
Herz (ſ. d.) gelten als Sitz des Gefühls und der Em-
pfindung, wie Kopf und Gehirn als Sitz des Denkver-
mögens, und dann auch für die fühlende Perſon
ſelbſt, z. B.: Der ſtolzen B. wird Freundſchaft nicht ent-
ſproſſen. G. 4, 39; Nur ein unbeſtimmt Verlangen | fühl’
ich, das die B. durchglüht. 1, 48; So hat in der B. mir |
doch ſich gebildet ein Herz, das Unrecht haſſet. 5, 35; Dem
ein kluger Sinn in der B. lebt. 46; Erlaubt ihr mir Triumph
aus voller B. 11, 16; Wie oft zerriß es meine B.! 13,
128; 318 ꝛc.; Ihrer [der Thiere und Götter] B. ge-
walt’ge Lüſte zähmet das Naturgebot. Sch. 56b; Leſe jede
zarte B. .. meinen Schmerz und meine Luſt. 55a; Eu’r
Gatte lacht aus voller B. Tieck Cymb. 1, 7; Und dann
von der B. weg! [vgl.: von der Leber; frei, ohne Zwang,
wie es Einem ums Herz iſt, geſprochen]. Sch. 183a;
Weg von der B. zu ſprechen. Schwab 298; Ich rede von der
B. W. 3, 237 ꝛc. So auch in Zſſtzg. z. B.: Bis ſie [die
Natur] zu athmen, zu erwarmen | begann an meiner Dich-
ter-B. Sch. 48b; Drückt denn Unmögliches | nur Er [der
Mann] an die gewalt’ge Helden-B.? G. 13, 78; So iſt’s
in ſeinem Eingeweide | in dieſer ſchwarzen Heuchler-B. ge-
ſtaltet. Sch. 383b; Doch Geſinnung | tragend in der zott’gen
Hoch-B. Heine Troll 142; An der Hoffnung Liebes-B. er-
warmet | ſtarrende Verzweifelung. Sch. 2b; Meine Schmer-
zen auszuweinen in eine verſchwiegene Menſchen-B. Lewald
Wandl. 3, 252 ꝛc. So ſpricht man von einer harten, ge-
fühlloſen, von einer Felſen-, Stein-, Tiger-B. ꝛc.
Anm. 4. Über die Abſtammung ſ. Anm. 1 u. vgl. Berſt
und Broß.
Zſſtzg. nach dem Obigen leicht zu mehren: Alabá-
ſter- [Anm. 3]. Ámmen- [Anm. 3]. Árm-: ſ.
unter „A“. Bérges- [3c; Anm. 1]. Blāū-
[Anm. 2]. Brāūn- [Anm. 2]. Dêgen- [3c].
Díchter- [5]. Fêder- [1]. Félſen- [5;
3c; Anm. 1]. Gélb- [Anm. 2]. Hēūchler-
[5]. Hōch- [5]. Hügel- [3b]. Kálbs-
[Anm. 2]. Kérn- [Anm. 2]. Kittel- [3a].
Līēbes- [5]. Mármor-: nach der Weiße
[Anm. 3] oder nach der Härte [5]. Ménſchen-
[5]. Mútter- [Anm. 1,2,u. 3]: auch = Venus-
B. Nāch- [Anm. 2]. Ofen- [3c und e].
rgel- [3b]. Rǟūcher- [Anm. 2]. Rōſen-
[Anm. 3]. Rōth- [Anm. 2]. Schnēē- [Anm.
3]. Schnǖr- [3a]. Schwānen- [Anm. 3].
Spíck- [Anm. ~1. Sténtor- [4].
Thúrm- [3c]. Tīger- [5]. Vēnus-: Bruſt
der Liebesgöttin; dann auch wie Mutter-B., eine Art
Schnecken, Nerita mamella; eine Art Pfirſich.
Vōr- [Anm. 2]. Wēīß- [Anm. 2] u. v. ä.