Faksimile 0237 | Seite 229
Faksimile 0237 | Seite 229
Faksimile 0237 | Seite 229
Brunnen
I. Brúnnen, m., –s: uv.; Brünnchen, lein, el;
-: (ſ. Born). 1) aus der Erde vorbrechende Quelle
und das Waſſer derſelben, oft in der Bibel; veralt.
von Quellen großer Ströme, wie z. B.: Bei dem B.
des Fluſſes Rhodans. Stumpf 601b; Von ſeinem [des Teſ-
ſins] B. ebd. ꝛc. Bei Rückert Weish. 4, 152 allgem. =
Waſſer: Als wie ein Schiffer, eh’ er auf die bittern Bron-
nen [das Meer] | hinaus ſich wagt, zuvor mit ſüßen füllt die
Tonnen; Wie ihre Alpen fort und fort | dieſelben Kräuter
nähren, ihre B. gleichförmig fließen. Sch. 527b; Wenn die
Brünnlein fließen im lieblichen Mai. 517a; Und zeigt mir
ungefähr ein klarer B. | in ſeinem Spiegel einen Mann ꝛc.
. . . Um dieſen Quell verſammelt. G. 13, 113; Trink lie-
ber Wein denn B. Keller Faſtn. 737 ꝛc. 2) in dieſem
Sinn jetzt gw. von mineraliſchen Quellen (Geſund-
B.), z. B.: Entſpringt ein reicher Brunn mit ſiedendem Ge-
bräuſe . .. | Sein lauter Waſſer rinnt voll flüſſiger Metal-
len, | Ein heilſam Eiſenſalz verguldet ſeinen Lauf ꝛc. Haller
46; Der B. ſcheint hier gut, | der Spaaer ſonderlich. Hage-
dorn 2, 182 ꝛc.: Dieſe B. (Mineralwäſſer) werden nach
ärztlicher Verordnung theils an der Quelle getrunken (G. 1,
237), theils von dort aus verſendet, theils auch künſtlich
nachgemacht (künſtliche B., Ggſtz. natürliche B.). Man
unterſcheidet die verſch. Wäſſer nach dem Ort, wobei
häufig das Hw. wegbleibt: Er ſoll Pyrmonter oder
Spaaer, Maria-Kreuz [B.] trinken ꝛc., theils nach dem
beſonders hervortretenden Geſchmack des Waſſers:
Bitter-, Salz-, Sauer-B., auch wohl nach dem
Hauptbeſtandtheil: Eiſen-, Stahl-, Schwefel-B.
(ſ. Waſſer). 3) am gewöhnlichſten von künſtlich
eingefaßten Quellen, mögen dieſe nun natürlich ent-
ſprungen oder erbohrt (arteſiſche B., Bohr-B.) ſein
oder auch was am häufigſten gegraben; je nach-
dem nun das ſo gewonnene Waſſer aus Röhren fließt,
oder in die Höhe ſpringt, oder aber in einem Eimer
aus der ummauerten Grube gezogen und geſchöpft
wird, hat man Röhren-, Spring-, Zieh-, Schöpf-
B. ꝛc., nach der verſch. Einfaſſung: Marmor-B. (w.
20, 159) ꝛc.; Lag ein großer Stein vor dem Loch des
Brunns. 1. Moſ. 29, 2 u. o.; Ein B., an den ich gebannt
bin, wie Meluſine mit ihren Schweſtern. Du gehſt einen klei-
nen Hügel hinunter und findeſt dich vor einem Gewölbe, da
wohl 20 Stufen hinabgehen, wo unten das klarſte Waſſer
aus Marmorfelſen quillt; die kleine Mauer, die oben umher
die Einfaſſung macht, die hohen Bäume, die den Platz rings
umher bedecken, die Kühle des Orts ꝛc. G. 14, 8; Vor jedem
Hauſe läuft ein B. 184; In ſo großer Höhe doch noch wie
in einem B. zu ſein, wo man nur vorwärts durch die Ab-
gründe einen Fußpfad hinaus vermuthet. 213; Man tritt in
einen b.-artigen Hof. 26, 203; Den größeren Krug und
einen kleinern am Henkel | tragend in jeglicher Hand, ſo ſchritt
ſie geſchäftig zum B. 5, 66 ꝛc.; Das Rauſchen dieſer B.
13, 95; Ein B. plätſcherte verſchlafen vor dem ſtillen Hauſe.
Eichendorf Lärm 79; Ein ſchöner lebendiger B. mit vielen
Röhren. Kerner Bild 166; Nahm eine Flaſche Wein aus
dem Brünnchen, wo er ſie kühlte. Kinkel Erz. 422; Der
grundloſe B. Platen 4, 252ff.; Unverſieglichem B. gleich.
Rückert Mak. 2, 4; Drin ſprangen friſche B. im Regen-
bogenglanz. Uhland 444; Die B., um deren Borde die Sage
ihre geheimnisvollen Kreiſe zieht. Willkomm Sag. 1, 17;
Das Brunnel. 61ff. ꝛc. 4) die B. (ſ. 3) als Ver-
ſammlungsort der Waſſer holenden und plaudernden
Mädchen, z. B. G. 11, 155; Dies gehe nun an allen B.
und auf allen Märkten umher. 32, 247; Das darf jetzt die
Liſe ſagen bei den Nachbarn und beim B. [öffentlich] er-
zählen. Peſalozzi 1, 146, ſ. Markt-B. 5) Wenn
Kinder fragen, wo die Menſchen herkommen, ſagt man ihnen,
ſie kämen aus dem B. (ſ. 3) oder der Storch bringe ſie.
Börne 2, 320; Die Racker lagen dazumal noch alle im B.
[waren noch nicht geboren]. Höfer V. 57 ꝛc. 6) (ſ. 3)
ſprchw.: Waſſer in den B. tragen [Überflüſſiges thun];
Die Hoffnung iſt abermal in den B. gefallen [verloren,
verſchwunden]. S.Clara EfA. 2, 559; G. Stein 1, 103;
Stolb. 91; Muſäus M. 2, 126; Spindler Stadt 1, 17;
Tieck NKr. 2, 241 ꝛc.; Wenn’s Kind in den B. gefallen iſt,
deckt man ihn zu [von Vorſicht nach erlittnem Schaden];
Zu dem verlornen Rufe ihrer Nichte . .. wie zu einem B.
den Deckel [vgl. Schanddeckel] abgeben. Gutzkow R. 5,
471; So gehen wir nicht zum Brünnele, ſondern zum B.
[an die rechte, an die Haupt-Quelle]. Auerbach Dorf 1,
142; Der Krug geht ſo lange zum B., bis er bricht. Zink-
gräf 1, 146 ꝛc. 7) oft übertr. wie Quelle (ſ. Born):
Das Wort Gottes iſt der Brunn der Weisheit. Sir. 1, 5;
Wie ein verſiegter Brunn, wie ein verlechzter Eimer. G. 11,
104; Ein Brunn der Thränen, | doch auch des Lebens. Haller
151; Worauf ſein . . . B. [ſeine ſchöpferiſche Ader ꝛc.]
auch dermaßen erſchöpft worden, daß er nunmehr Nichts als
Kirchenſtücke ſchrieb. L. 11, 355; Iſt einmal nur der Brunn
der Wolluſt aufgedecket. LHNicolai 1, 301; [Homer] ein leben-
dig quellender Prunn hohen Verſtands. Schaidenraißer IVa;
Ihr Licht vom Bronne | des Monds geſchöpft. Rückert 1,
164; Ihr hellen Tropfen aus des Edelmuths Bronne. Mak.
2, 78; Getrunken hat er aus dem Bronne | des ew’gen Lich-
tes ſelbſt ſein Licht. Schwab 443; Aus des Liedes Bronn.
97 ꝛc. 8) bibl.: Der B., B. des Bluts, = Blutfluß,
Blutgang, Menſtruation. 3. Moſ. 20, 18; Mark. 5, 29
(ſ. 25) ꝛc. 9) veralt. = Urin, Harn (ſ. Brunz),
z. B.: Wackernagel 2, 91 Z. 37 u. 41; viele Stellen
Grimm 2, 434, vgl.: ſein Waſſer laſſen, abſchlagen ꝛc.
10) brunnenartige Behältniſſe, z. B.: a) Schiff.:
ein Verſchlag, wohin das ins Schiff eindringende Waſſer
geleitet u. dann ausgepumpt wird. b) Kriegsk.:
Schacht, der ſenkrechte Niedergang bei einem Minen-
bau. 11) Gärb.: Kalbfelle, die man im „Brun-
nenäſcher“ erweicht, um ſie zu narbigem Pergamen zu
bereiten, ſ. II.
Anm. S. brennen Anm. 2 und vgl. Born; Nbnf. ſ. o.
nam. 7, vgl. Mz. Brünne. Wackernagel 2, 429 Z. 40 ꝛc.;
Brünnen. 2. Chron. 26, 10 u. ä. m. Vgl.: Es quoll
ein Bronnen. Platen 4, 253; 255; Am Borne. 254; Aus
dieſes Brunnens heil’ger Tiefe. 256 ꝛc.; Ein friſcher
Bronne. Uhland 269; In des Bronnens klaren Grund.
270; Der Bronnen. 271 u. ä. m.
Zſſtzg. unerſchöpflich, vgl. Born ꝛc., außer wenigen
oft zu Eigennamen gewordnen Benennungen, wie:
Drachen- (Fallmerayer Or. 1, 140), Nixen-, Hexen-,
Teufels-B. ꝛc., z. B.: Bítter- [2]: Bitter-Waſſer,
Bitterling. Bōhr-: arteſiſcher, erbohrter Brun-
nen. Karmarſch 1, 66. Brǖſſel-: Die B. | in dem
Palmenthal von Beth-El. Heine Rom. 211, rieſelnde B.
Déckel- [3]. Drêh- [3]: Rad-B. Eīſen-
[2]. Fād(en)- [3]: Das unterſte Geſchoß ... ent-
hielt bei ſolchen Burgen . . . einen Fad-B. Körner Schulm.
4, 257, gegrabner Brunnen von Fadentiefe.
Féld- [1 und 3]. Grimm M. 223. Félſ(en)-:
Steinerne Einfaſſung eines Felſenbrünnchens. Kinkel E. 389,
aus Felſen quellend. Flámmen-: Wenn das Ge-
wiſſen uns im Innern brennt, | kann alles Gold .. . löſchen
nicht den F. Werner Febr. 120. Gálgen-: Zieh-B.,
von galgenähnlicher Geſtalt, bei Eppendorf 35: „Galt-
B.“ Gēīſter-: G., die Jungbrunnen, von denen die
Mährchen erzählen. Tieck Acc. 2, 25, worin Geiſter
wohnen, denen verjüngende Kraft eigen iſt. Ge-
ſúnd- [2]. Hāūpt-: Den Hauptbrunn. Luther 6,
318b = Hauptquelle. Hēīl-: Geſund-B.: Aller
Unſchuld Sitz, der Liebe H. Lohenſtein Geiſt. 19; als geogr.
Eigenn.: Heilbronn. Húnger-: intermittierende
Quellen, die nur in naſſen Jahren Waſſer haben.
Auerbach Barf. 47; Gaspari 232. Júgend-, Júng-:
ſ. Geiſter-B. und Jüngelbad. Kīēſel-: über Kie-
ſeln rinnend: Am K. und beſchilften Bach. Schlegel
Sommern. 2, 1. Kryſtáll-: kryſallhell.
Lêbens-: vgl. Jugend-B. Roquette Waldm. 43.
Lúft-: unterirdiſches Gewölbe, worin die Feuchtig-
keit aus der Luft ſich ſammelt. Zink 1, 1841.
Māī-: Intermittierende Quellen, die man gewöhnlich M.
heißt. Tſchudi Th. 30. Márkt- [4]: Erquickt ſich an
einem reichquellenden Röhrwaſſer, dieſes iſt der M., von
welchem der auf der Hügelſtrecke gewonnene Wein ſeinen
Namen hat. G. 26, 200; Dem muß man ſo ’was an die
Naſe heften, wenn’s morgen am M. ausgeſchellt ſein ſoll.
Sch. 183b. Mármor- [3]. Mílch-: im Milch-
keller, die Milch friſch zu erhalten. Nōth-: mund-
artl., in Feuersnöthen benutzte Waſſerbehälter.
Plúmp- (Krünitz 7, 94), Púmp- [3]: woraus
das Waſſer gepumpt wird. Stilling 4, 215; V. Br. 2,
29. Quéll-: im Ggſtz. des gegrabnen Sod-
brunnens. Quíck-: Kick-B.: lebendige Quelle.
Schmeler 1, 261. Rād- [3]: woraus das Waſſer
mittels eines Rads geſchöpft wird. Rȫhr- [3].
G. 31, 245. Sálz- [2]: Sool-B., als Stadtname
Salzbrunn. Sāūer- [2]: kohlenſäurehaltig. Bur-
meiſter G. 83, ſ. Säuerling. Schlāg-: das Blatt
[ſ. Blatt 3k] auf dem Kopfe neugeborner Kinder, die
mit einer zarten Haut bedeckte Hirnſchale, wodurch man
das darunter liegende Gehirn ſchlagen ſieht, Fontanell.
Schöpf- [3]. Hagedorn 2, 34. Schwêfel- [2].
G. 20, 25. Schwéngel-: Zieh-B. Waldau N. 3,
142. Sêgens-: Rückert Morg. 1, 67. Sōd-:
ſ. Sod und vgl. Quell-B. Hebel 3, 69; 229.
Sōōl-: S., aus dem während der Betriebszeit ſtündlich
circa 1000 Kubikfuß Soole entnommen werden. Rabe (47)
123. Spríng- [3]: Fontäne: Wo es . . . Wein
aus Springbrünnen regnet. Sealsfield Trans. 1, 23; G. 20,
239. Stāhl- [2]. Tāūf-: Die Taufbronnen
des neuen Heils. Meißner Gd. 167. Trínk- [2]: Von
dem T. [in Pyrmont] wird viel verſendet. Daniel Geogr.
391; Ggſtz., das als Heilbad verwendete Waſſer.
Wáld- [1]: Aufquellen wie ein klares Waldbrünnlein.
Kinkel E. 102. Wárm- [2]: warme Quelle, auch
Städtenamen. Wáſſer- [1]: Waſſerbrünnlein ſpat
und früh | müſſen uns die Berge geben. Hebel. Wēīh-
[1]: Weihwaſſer. Blumauer 2, 206; Scherr Pr. 48; W.
11, 193. Wúnder-: intermittierende Quellen,
die bei trocknem Wetter Waſſer haben, bei feuchtem
nicht. Gaspari 232. Würz- [10]: In den W., den
unter dem Maiſchbottig zur Aufnahme der Würze befindlichen
Bottig. Karmarſch 1, 212. Wǖſten-. Freiligrath 138.
Zīēh-, Zúg- [3].