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Brunnen
I. Brúnnen, m., –s:
uv.; Brünnchen, lein, el; -: (s. Born). 1) aus der Erde vorbrechende Quelle und das Wasser derselben, oft in der Bibel; veralt. von Quellen großer Ströme, wie z. B.: Bei dem B. des Flusses Rhodans. Stumpf 601b; Von seinem [des Tessins] B. ebd. etc. Bei Rückert Weish. 4, 152 allgem. = Wasser: Als wie ein Schiffer, eh’ er auf die bittern Bronnen [das Meer] | hinaus sich wagt, zuvor mit süßen füllt die Tonnen; Wie ihre Alpen fort und fort | dieselben Kräuter nähren, ihre B. gleichförmig fließen. Sch. 527b; Wenn die Brünnlein fließen im lieblichen Mai. 517a; Und zeigt mir ungefähr ein klarer B. | in seinem Spiegel einen Mann etc. . . . Um diesen Quell versammelt. G. 13, 113; Trink lieber Wein denn B. Keller Fastn. 737 etc. 2) in diesem Sinn jetzt gw. von mineralischen Quellen (Gesund- B.), z. B.: Entspringt ein reicher Brunn mit siedendem Gebräuse . .. | Sein lauter Wasser rinnt voll flüssiger Metallen, | Ein heilsam Eisensalz verguldet seinen Lauf etc. Haller 46; Der B. scheint hier gut, | der Spaaer sonderlich. Hagedorn 2, 182 etc.: Diese B. (Mineralwässer) werden nach ärztlicher Verordnung theils an der Quelle getrunken (G. 1, 237), theils von dort aus versendet, theils auch künstlich nachgemacht (künstliche B., Ggstz. natürliche B.). Man unterscheidet die versch. Wässer nach dem Ort, wobei häufig das Hw. wegbleibt: Er soll Pyrmonter oder Spaaer, Maria-Kreuz [B.] trinken etc., theils nach dem besonders hervortretenden Geschmack des Wassers: Bitter-, Salz-, Sauer-B., auch wohl nach dem Hauptbestandtheil: Eisen-, Stahl-, Schwefel-B. (s. Wasser). 3) am gewöhnlichsten von künstlich eingefaßten Quellen, mögen diese nun natürlich entsprungen oder erbohrt (artesische B., Bohr-B.) sein oder auch was am häufigsten gegraben; je nachdem nun das so gewonnene Wasser aus Röhren fließt, oder in die Höhe springt, oder aber in einem Eimer aus der ummauerten Grube gezogen und geschöpft wird, hat man Röhren-, Spring-, Zieh-, Schöpf- B. etc., nach der versch. Einfassung: Marmor-B. (w. 20, 159) etc.; Lag ein großer Stein vor dem Loch des Brunns. 1. Mos. 29, 2 u. o.; Ein B., an den ich gebannt bin, wie Melusine mit ihren Schwestern. Du gehst einen kleinen Hügel hinunter und findest dich vor einem Gewölbe, da wohl 20 Stufen hinabgehen, wo unten das klarste Wasser aus Marmorfelsen quillt; die kleine Mauer, die oben umher die Einfassung macht, die hohen Bäume, die den Platz rings umher bedecken, die Kühle des Orts etc. G. 14, 8; Vor jedem Hause läuft ein B. 184; In so großer Höhe doch noch wie in einem B. zu sein, wo man nur vorwärts durch die Abgründe einen Fußpfad hinaus vermuthet. 213; Man tritt in einen b.-artigen Hof. 26, 203; Den größeren Krug und einen kleinern am Henkel | tragend in jeglicher Hand, so schritt sie geschäftig zum B. 5, 66 etc.; Das Rauschen dieser B. 13, 95; Ein B. plätscherte verschlafen vor dem stillen Hause. Eichendorf Lärm 79; Ein schöner lebendiger B. mit vielen Röhren. Kerner Bild 166; Nahm eine Flasche Wein aus dem Brünnchen, wo er sie kühlte. Kinkel Erz. 422; Der grundlose B. Platen 4, 252ff.; Unversieglichem B. gleich. Rückert Mak. 2, 4; Drin sprangen frische B. im Regenbogenglanz. Uhland 444; Die B., um deren Borde die Sage ihre geheimnisvollen Kreise zieht. Willkomm Sag. 1, 17; Das Brunnel. 61ff. etc. 4) die B. (s. 3) als Versammlungsort der Wasser holenden und plaudernden Mädchen, z. B. G. 11, 155; Dies gehe nun an allen B. und auf allen Märkten umher. 32, 247; Das darf jetzt die Lise sagen bei den Nachbarn und beim B. [öffentlich] erzählen. Pesalozzi 1, 146, s. Markt-B. 5) Wenn Kinder fragen, wo die Menschen herkommen, sagt man ihnen, sie kämen aus dem B. (s. 3) oder der Storch bringe sie. Börne 2, 320; Die Racker lagen dazumal noch alle im B. [waren noch nicht geboren]. Höfer V. 57 etc. 6) (s. 3) sprchw.: Wasser in den B. tragen [Überflüssiges thun]; Die Hoffnung ist abermal in den B. gefallen [verloren, verschwunden]. S.Clara EfA. 2, 559; G. Stein 1, 103; Stolb. 91; Musäus M. 2, 126; Spindler Stadt 1, 17; Tieck NKr. 2, 241 etc.; Wenn’s Kind in den B. gefallen ist, deckt man ihn zu [von Vorsicht nach erlittnem Schaden]; Zu dem verlornen Rufe ihrer Nichte . .. wie zu einem B. den Deckel [vgl. Schanddeckel] abgeben. Gutzkow R. 5, 471; So gehen wir nicht zum Brünnele, sondern zum B. [an die rechte, an die Haupt-Quelle]. Auerbach Dorf 1, 142; Der Krug geht so lange zum B., bis er bricht. Zinkgräf 1, 146 etc. 7) oft übertr. wie Quelle (s. Born): Das Wort Gottes ist der Brunn der Weisheit. Sir. 1, 5; Wie ein versiegter Brunn, wie ein verlechzter Eimer. G. 11, 104; Ein Brunn der Thränen, | doch auch des Lebens. Haller 151; Worauf sein . . . B. [seine schöpferische Ader etc.] auch dermaßen erschöpft worden, daß er nunmehr Nichts als Kirchenstücke schrieb. L. 11, 355; Ist einmal nur der Brunn der Wollust aufgedecket. LHNicolai 1, 301; [Homer] ein lebendig quellender Prunn hohen Verstands. Schaidenraißer IVa; Ihr Licht vom Bronne | des Monds geschöpft. Rückert 1, 164; Ihr hellen Tropfen aus des Edelmuths Bronne. Mak. 2, 78; Getrunken hat er aus dem Bronne | des ew’gen Lichtes selbst sein Licht. Schwab 443; Aus des Liedes Bronn. 97 etc. 8) bibl.: Der B., B. des Bluts, = Blutfluß, Blutgang, Menstruation. 3. Mos. 20, 18; Mark. 5, 29 (s. 25) etc. 9) veralt. = Urin, Harn (s. Brunz), z. B.: Wackernagel 2, 91 Z. 37 u. 41; viele Stellen Grimm 2, 434, vgl.: sein Wasser lassen, abschlagen etc. 10) brunnenartige Behältnisse, z. B.:
a) Schiff.: ein Verschlag, wohin das ins Schiff eindringende Wasser geleitet u. dann ausgepumpt wird.
b) Kriegsk.: Schacht, der senkrechte Niedergang bei einem Minenbau. 11) Gärb.: Kalbfelle, die man im „Brunnenäscher“ erweicht, um sie zu narbigem Pergamen zu bereiten, s. II.
Anm. S. brennen Anm. 2 und vgl. Born; Nbnf. s. o. nam. 7, vgl. Mz. Brünne. Wackernagel 2, 429 Z. 40 etc.; Brünnen. 2. Chron. 26, 10 u. ä. m. Vgl.: Es quoll ein Bronnen. Platen 4, 253; 255; Am Borne. 254; Aus dieses Brunnens heil’ger Tiefe. 256 etc.; Ein frischer Bronne. Uhland 269; In des Bronnens klaren Grund. 270; Der Bronnen. 271 u. ä. m.
Zsstzg. unerschöpflich, vgl. Born etc., außer wenigen oft zu Eigennamen gewordnen Benennungen, wie: Drachen- (Fallmerayer Or. 1, 140), Nixen-, Hexen-, Teufels-B. etc., z. B.: Bítter- [2]: Bitter-Wasser, Bitterling.
Bōhr-: artesischer, erbohrter Brunnen. Karmarsch 1, 66.
Brǖssel-: Die B. | in dem Palmenthal von Beth-El. Heine Rom. 211, rieselnde B. Déckel- [3]. Drêh- [3]: Rad-B. Eīsen- [2]. Fād(en)- [3]: Das unterste Geschoß ... enthielt bei solchen Burgen . . . einen Fad-B. Körner Schulm. 4, 257, gegrabner Brunnen von Fadentiefe. Féld- [1 und 3]. Grimm M. 223.
Féls(en)-: Steinerne Einfassung eines Felsenbrünnchens. Kinkel E. 389, aus Felsen quellend.
Flámmen-: Wenn das Gewissen uns im Innern brennt, | kann alles Gold ... löschen nicht den F. Werner Febr. 120.
Gálgen-: Zieh-B., von galgenähnlicher Gestalt, bei Eppendorf 35: „Galt- B.“
Gēīster-: G., die Jungbrunnen, von denen die Mährchen erzählen. Tieck Acc. 2, 25, worin Geister wohnen, denen verjüngende Kraft eigen ist. Gesúnd- [2].
Hāūpt-: Den Hauptbrunn. Luther 6, 318b = Hauptquelle.
Hēīl-: Gesund-B.: Aller Unschuld Sitz, der Liebe H. Lohenstein Geist. 19; als geogr. Eigenn.: Heilbronn.
Húnger-: intermittierende Quellen, die nur in nassen Jahren Wasser haben. Auerbach Barf. 47; Gaspari 232. Júgend-, Júng-: s. Geister-B. und Jüngelbad.
Kīēsel-: über Kieseln rinnend: Am K. und beschilften Bach. Schlegel Sommern. 2, 1.
Krystáll-: krysallhell.
Lêbens-: vgl. Jugend-B. Roquette Waldm. 43.
Lúft-: unterirdisches Gewölbe, worin die Feuchtigkeit aus der Luft sich sammelt. Zink 1, 1841.
Māī-: Intermittierende Quellen, die man gewöhnlich M. heißt. Tschudi Th. 30. Márkt- [4]: Erquickt sich an einem reichquellenden Röhrwasser, dieses ist der M., von welchem der auf der Hügelstrecke gewonnene Wein seinen Namen hat. G. 26, 200; Dem muß man so ’was an die Nase heften, wenn’s morgen am M. ausgeschellt sein soll. Sch. 183b. Mármor- [3].
Mílch-: im Milchkeller, die Milch frisch zu erhalten.
Nōth-: mund- artl., in Feuersnöthen benutzte Wasserbehälter. Plúmp- (Krünitz 7, 94), Púmp- [3]: woraus das Wasser gepumpt wird. Stilling 4, 215; V. Br. 2, 29.
Quéll-: im Ggstz. des gegrabnen Sodbrunnens.
Quíck-: Kick-B.: lebendige Quelle. Schmeler 1, 261. Rād- [3]: woraus das Wasser mittels eines Rads geschöpft wird. Rȫhr- [3]. G. 31, 245. Sálz- [2]: Sool-B., als Stadtname Salzbrunn. Sāūer- [2]: kohlensäurehaltig. Burmeister G. 83, s. Säuerling.
Schlāg-: das Blatt [s. Blatt 3k] auf dem Kopfe neugeborner Kinder, die mit einer zarten Haut bedeckte Hirnschale, wodurch man das darunter liegende Gehirn schlagen sieht, Fontanell. Schöpf- [3]. Hagedorn 2, 34. Schwêfel- [2]. G. 20, 25.
Schwéngel-: Zieh-B. Waldau N. 3, 142.
Sêgens-: Rückert Morg. 1, 67.
Sōd-: s. Sod und vgl. Quell-B. Hebel 3, 69; 229.
Sōōl-: S., aus dem während der Betriebszeit stündlich circa 1000 Kubikfuß Soole entnommen werden. Rabe (47) 123. Spríng- [3]: Fontäne: Wo es . . . Wein aus Springbrünnen regnet. Sealsfield Trans. 1, 23; G. 20, 239. Stāhl- [2].
Tāūf-: Die Taufbronnen des neuen Heils. Meißner Gd. 167. Trínk- [2]: Von dem T. [in Pyrmont] wird viel versendet. Daniel Geogr. 391; Ggstz., das als Heilbad verwendete Wasser. Wáld- [1]: Aufquellen wie ein klares Waldbrünnlein. Kinkel E. 102. Wárm- [2]: warme Quelle, auch Städtenamen. Wásser- [1]: Wasserbrünnlein spat und früh | müssen uns die Berge geben. Hebel. Wēīh- [1]: Weihwasser. Blumauer 2, 206; Scherr Pr. 48; W. 11, 193.
Wúnder-: intermittierende Quellen, die bei trocknem Wetter Wasser haben, bei feuchtem nicht. Gaspari 232. Würz- [10]: In den W., den unter dem Maischbottig zur Aufnahme der Würze befindlichen Bottig. Karmarsch 1, 212. Wǖsten-. Freiligrath 138. Zīēh-, Zúg- [3].