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Bruch
III. Brúch, m., –(e)s; Brüche; Brüchlein, Brüchelchen; -:
von „brechen“, worauf sich im Folgenden die Hinweise in [] beziehn: das Brechen; das Gebrochne; der Ort des Brechens etc.
1) das Zerbrechen, Entzweibrechen, die Verletzung etc., sinnlich und übertr.:
a) Der B. des Geschirrs [2]; Es brach ein Glas. „So bricht unser Leben!“ sagt er, um den Glas-B. geschickt anzuwenden. Hippel 2, 9 etc.; B. des Brotes [2c]. Kaisersberg Pilg. 18c, s. Luk. 24, 35; Vor dem B. des siebenten Siegels. Herder R. 7, 273, vgl. Aufbrechen etc.; Konnte nie an diesen Herz-, an diesen Augen-B. [2g] denken, ohne zu weinen. Hippel 2, 349.
b) der B. menschlicher oder thierischer Glieder [2g]: Der B. des Arms, Beins, Schlüsselbeins etc.; Bei alten Leuten heilen Brüche schwer; Arm-, Bein-, Knochen-B. auch, wie „Beinbrech, Beinheil etc.“, eine knochenähnliche, aus Kalk, Sand und vermoderten Pflanzen bestehnde, früher zur Heilung von Beinbrüchen oft angewandte Substanz an den Wurzeln gefällter Bäume etc. Ferner: Als vom Krampf sein Magen brach ... Daß der B. unheilbar sei. Hagedorn 2, 261 etc. (vgl. c), und veralt.: Gicht-B., Gliederlähmung, Schlaganfall, s. Gichtbrüchig. Ubertr.: Der du die Erde bewegt und zerrissen hast, heile ihre Brüche. Ps. 60, 4.
c) eine Krankheit (hernia), „die Ortsveränderung von Eingeweiden, bei welchen sie durch eine regelwidrig erweiterte oder neugebildete Offnung innerhalb der allgemeinen Bedeckung aus ihrer normalen Lage heraustreten“. Rust Handb. der Chir. 8, 299, Leib-, Eingeweide-B.; z. B. nach dem Ort: Bauch-, Blasen-, Damm-, Hoden-, Leisten- [in den Dünnen, durch den sogen. Bauchring], Magen-, Mutter- [Vorfall der Gebärmutter], Nabel-, Schenkel-, Weichen- etc., nach dem darin Enthaltenen: Darm-, Netz-, Samen- [durch Anhäufung des männlichen Samens verursacht], Wasser- [Anhäufung wäßriger Feuchtigkeiten], Weide- [d. i. Eingeweide-B., nam. beim Vieh, vgl. weidewund; uneigentl. zuw. = Blutharnen]; Wind- B.; Hirn-B., bei Kindern, wo das Gehirn sich vordrängt etc. Es giebt auch „falsche Brüche“, z. B. Fleisch- B., hartes und fleischiges Geschwulst an und neben den Hoden (Sarcocele).
d) B. [Zertrümmrung, Scheitrung] des Schiffs [2], gw.: Schiff-B., auch übertr.: Erlitt er Schiff-B. schon am Ziel: | es stolperte der Gaul. Chamisso 3, 209; In dem Schiff-B–e seiner Hoffnungen. Immermann M. 3, 355; 1, 36 U. .
e) B. eines Dammes etc. [2e], das Einbrechen und die dadurch entstandne Lücke (s. 4) etc.: Einen kleinen B. in das Gesetzbuch zu machen. W. 8, 242; Damm-, Deich-B.; Stollen-B. (bergm.). G. 27, 43; Mauer-, Wall-B. [Bresche, s. d.] etc. und dazu: Vor die Riss’ und Brüche treten. Günther 901. Die Bed. der Lücke, des Einschnitts auch in: Mittel-B., im französ. Schloß ein tiefer Einschnitt in der Mitte des Schlüsselblatts und der Theil des Eingerichts, worum dieser Einschnitt sich dreht.
f) [2e] Bankerott (s. d.): Die Schande eines öffentlichen B–s. Engel 12, 106; 163; Zelter 2, 53, oft: Bank-B. Auerbach SchV. 120 etc.
g) [2e] Einsturz: Das große sogenannte Stockwerk zu Altenberg hat schon 1547 und 1548 einige Brüche erfahren, der Haupt-B. geschah aber 1620, wo 36 Gruben ... zu Grunde gingen. G. 40, 211; Erd-B. 208; Berg-B. Tschudi Th. 468 etc.
h) B. der Wolke. Logau 3, 8, 83, das Platzen [2o, nam. die Stelle aus Leisewit], ihr plötzliches Verwandeln in Wasser, oft: Wolken-B., z. B. mit Anspielung auf 1c: Wolken-B., (das Bruchband platzte), | kübelweis stürzt es herunter. Heine Troll 113; Ein Wolkenbrüchelchen . .. oder ein Windhöschen. Holtei Lammf. 1, 298 etc., ebenso: Der Wassergüssen B. Weckherlin 63, und so auch: Wasser-B.
i) die Brüchigkeit, das leichte Brechen, so nam. beim Eisen: Kalt-, Roth-B., s. kaltbrüchig. k) [2m] Verletzung eines heilig und unverletzt zu Bewahrenden, z. B.: Der B. des Gastrechts gegen denselben. Lewald W. 278; Ein Gebrauch, wovon der B. mehr ehrt als die Befolgung. Schlegel Haml. 1, 4; Der B. ist unterschieden, so wie Einer am Land-, Dorf-, Kirchen-, Schloß-, Mark-, Religions- oder Profanfrieden gebrochen. Möser Osn. 1, 14 etc. Vielfach in Zsstzg. (vgl. m), z. B.: Bann-B.; Heerbann-B. Möser Osn. 1, 213; Bund(es)-B. Hagedorn 1, 67; Kl. 10, 300; Ehe- B.; Eid-B.; Freundschafts-B.; Friedens-B., zuw. auch persönl. der Friedens-Brecher, z. B.: Von Turan ist ein Sturm und Friedens-B. gekommen [der Held]. Rückert Rost. 44a; Mahlleute, welche amtshalber die Mark- brüche rügen müssen. Möser Ph. 3, 204; Ihre Ehe war ein Treu-B. gegen ihre Jugendliebe. ebd.; Diese Liebe war ein Ehe-B. Lewald W. 2, 104; Sch. 428a; Freundschaft- und Treue-B. Gervinus Sh. 1, 278; Treuebrüche. 337; Wort-B. etc.
1) (s. k) Abbrechung der früher erhaltnen Verbindung; Trennung, Entzweiung etc. [2n]: Worüber dann erst Widerwärtigkeit und Zwist, darauf ein entschiedner B. dem ganzen Verhältnis unwiederbringlich ein Ende macht. G. 18, 263; 17, 183; Nichts verrieth äußerlich den B. mit der Vergangenheit. Lewald W. 2, 56; Sie sehen, daß der Herzog mit dem Hof | zerfallen ist, vermeinen ihm zu dienen, | wenn sie den B. (vgl. 1e) unheilbar nur erweitern. Sch. 357a; 359b. m) auch die bei einem „Bruchfall“ (s. h) von dem „Bruchfälligen“ in die sogenannte ,,Bruchkasse“ zu zahlenden Strafgelder heißen gw. in Mz.: Brüche, z. B. Möser Osn. 1, 237; Bannbrüche. ebd.; vgl.: Den Frieden zu brechen und bruchfällig zu werden. 13; Bei jedem Bruchfall. ebd.; Ein Straf- oder, wie wir sprechen, Bruch-Register. Ph. 2, 303 u. V.; Die kleineren Gerichtsgebühren und Brüche [was Grimm sehr unnöthigin „Brüchen“ ändert]. Dahlmann Dän. Gsch. 1, 456. Dazu als neue Ez.: Brüche, mit der Nbnf.: Brüchte, m.: Den Brüchten sowohl als den Schaden des Beleidigten zu zahlen. Möser Ph. 3, 210; 208; 209; 263; 164; 1, 351; Osn. 1, 30 etc., bei Andern fem., oft in Mz.: Damit er ihn in die Buß oder Brüchen schlüg. Weidner 332, und dazu: Brüchten, tr.: in Geldstrafe nehmen: So wirst du dafür gebrüchtet. Möser Ph. 3, 211 etc., s. 4d.
2) das Brechen [3b], Knicken, Falten, die Falte: Das von seinen Brüchen im Labsal des Thaues sich wieder aufrichtende Korn. Kinkel Erz. 440; Falzte das Billet sorgfältig wieder in die alten Brüche. Waldau Nat. 2, 200; Nicht allein die Hauptfalten [in den Gewändern] . .., sondern von den schärfsten und kleinsten Brüchen bis zu den breitesten Verflächungen ist Alles überlegt. G. 31, 48; Stein 1, 53 etc.; Fehlerhafte durch Fadenbrüche entstehende Stellen. Karmarsch 1, 149. So auch Web-B.: Ein Knopf oder W. oder sonsten einiger Mangel daran [an dem Tuch]. Garzoni 846b; 624a (vgl. Aal 5). Dazu übertr.: Die Seelen- Schwielen und -Brüche. IP. 4, 178 etc., vgl., obgleich in anderm Bilde: Bring durch ein’ge salbungsvolle Sprüche | die arme Seele in Brüche [in Zerknirschung]. Gutzkow 1, ... So auch [3d]: Gießer.: Die beiden Friesen, welche das Zapfenfeld der Kanone einschließen, heißen die Mittelfriesen und zwar die hinteren die Friesen des ersten B–s, die vorderen die Friesen des zweiten B–s, wohl wegen des Absatzes an diesen Stellen. Ahnl. bei den Lafetten der Kanonen und Haubitzen die Biegung der Seitenwand von der Achse herab gegen die Erde etc., ferner (Bauk.): der Ort, wo ein Dach gebrochen ist, Absatz etc., Maschinenk.: die Stelle, wo bei Schachtgestängen etc. die das Werk bewegenden Stangen statt in grader Linie in einem Winkel fortlaufen etc.
3) B., das Brechen [4d]; B. des Eises, Eis-B., Aufgehn desselben bei gelindrer Wittrung: Zum Bahn- B. nicht aufgelegt. Hippel 4, 97. Ferner Pferdek. [4e]: Das Pferd hat seine Brüche gethan; Der erste B. [das Schieben der Zähne] geschieht im dritten Jahr.
4) Nicht bloß das Brechen, sondern auch das Gebrochne heißt ein B. (s. 1b; c; e; 2), so z. B.:
a) B., abgebrochner Zweig (weidm. s. verbrechen b); Mit aufgesteckten Brüchen auf ihren Hüten . .. Um unjagdbare Hirsche darf durchaus kein B. aufgesteckt werden. Döbel 2, 43b etc.; daher auch B., der verbrochne Ort in der Fährte.
b) (s. a) B. (veralt. neutr., Grimm Weisth. 1, 521), Wind-B. (vgl. Windfall), das vom Sturm gebrochne Holz etc.: Kein dürrer Stamm oder Wind-B. dazu dienlich. Krünitz 6, 627 u. v., aber auch: der vom Sturm durch Brechen der Bäume angerichtete Schaden: Durch Wind-B. geknickte Stämme. Kinkel Erz. 8; Stätte eines verjährten Windbruches. Kürnberger 322 etc.; so auch: Baum-, Zweig-B.; ferner Schnee-B., z. B. = Lawine. Stumpf 602a; 606a; und (Forstw.) durch die Last des Schnees an den Bäumen bewirkte Beschädigung; Duft-B., vom Duft (d. i. Reif) herrührend und insofern er nam. den Wipfel betrifft: Giebel-, Gipfel-, Wipfel-B.
c) (Bergb.) Brüche, unzusammenhängende, in zerbrochnen Stücken liegende Steine.
d) (Rechn.) B., gebrochne Zahl [2i], ein oder mehrere Theile eines in gleiche Theile getheilten Ganzen. Die Zahl, welche angiebt, in wieviel Theile das Ganze getheilt ist, heißt der Nenner; die, welche angiebt, wieviel solcher Theile vorhanden, der Zähler des B–s. Ist der Zähler kleiner als der Nenner, so heißt der B. echt, sonst unecht (weil er ein oder mehrere Ganze in |sich fasst); Brüche kleinern, heben, sie ohne Werthverändrung in kleinern Zahlen darstellen etc. Stamm-B. mit dem Zähler eins; Zweig-B., Vielfältiges eines Stammbruchs; Ketten-B., dessen Nenner selbst wieder Brüche enthält; Doppel-B., wo Zähler und Nenner oder einer von beiden selbst einen Bruch enthält; Decimal-B., dessen Nenner eine Potenz von zehn mit ganzem Erponenten ist etc. Hier erwähnen wir auch die sprchw. Redensart: Etwas geht, fällt in die Brüche, mit zwiefacher Bed., z. B.: Auch davon wissen die Bücher in Zahlen zu erzählen, die in alle Brüche gehen. Gutzkow R. 1, 301 [ins Ungeheure, Unberechenbare etc., wohl insofern als das Rechnen mit Brüchen für schwierig etc. gilt]; Kleiner Theil des gemeinen Grundes, der bei der großen Rechnung in die Brüche fällt. Möser Osn. 1, 43 [als ein Bruchtheil unberücksichtigt bleibt, wie denn in kaufmännischen Rechnungen Brüche unter ½ gw. fortgelassen werden]. Und so übertr.: Die gute Zeit fällt gänzlich in die Brüche. Burmann Fab. 16; So fällt mein Beweis in die Brüche. L. 6, 245; 12, 548; König Jer. 2, 118; Die Hoffnungen . . . gingen in die Brüche. Kinkel Erz. 418; Knebel 3, 46; Kürnberger Am. 5; W. 20, 244. Freilich lässt sich in diesem letztern Sinn z. B. auch an 1 denken [in die Strafkasse fallen], vgl. ferner: Ungethümen . . ., in deren Ringeln die stählernen Gebeine des Panters zu Bruche gehen [zerbrechen, zermalmt werden]. Linck Schlange 31.
e) Ofen-B., zumal im Hüttenwerk das, was aus dem Ofen herausgebrochen wird, z. B. das sich an die Gicht ansetzende Zinkoxyd. Mit- scherlich 22, 149.
f) mit dem Pflug gebrochnes Land [2b], nam.: Auf-B., das, nach längerm Brachliegen, wieder aufgebrochen wird; Neu-B., Neugereut, Rodland: Ackerte auf dem Neu-B. Auerbach Dorf 4, 53; Stolberg Jl. 18, 546; Das deutsche geistig-literarische Terrain war damals ganz eigentlich als Neu-B. anzusehen. G. 22, 319 etc. Ahnlich auch: B., Sau-B., (weidm.) von Wildschweinen umgewühlter Ort; ferner B., Stelle, wo ein Volk Repphühner im Schnee gelegen.
g) s. Breite 1h.
5) Ort, wo gebrochen wird etc. (s. 1b; 1e; 2; 4a; 4f), z. B. ferner:
a) Wasser- B., der Ort, wo das Wasser sich bricht, Brandung [2o].
b) die Stelle, wo etwas entzwei gebrochen wird: Der Stein zeigt einen muschligen, rauhen, glänzenden B. etc.; Wohl nun kann der Guß beginnen, | schön gezacket ist der B. Sch. 78a [an dem Probestück]; Erz-, Glas- B. etc.
c) Kohlenbrenn.: das Aufbrechen des Meilers und der Stelle, wo er aufgebrochen wird.
d) der Ort, wo Erze, Steine etc. gebrochen werden [4b]: In einem .. Kalkstein-B. .. Der B. wird gegenwärtig nicht mehr benutzt. G. 40, 268. So nam. oft in Zsstzg. z. B.: Aus dem Fels-B. wiegt sich der Stein. Sch. 76a; Er weist auf das englische Theater, wie auf einen Stein-B. hin, aus welchem sie sich das Nöthige holen möchten. Danzel 160; In den Steinbrüchen arbeiten; Erz-B. und so ferner, z. B.: Alabaster-, Basalt-, Gips-, Kalk-, Kreide-, Marmor-, Schiefer-B. u. ä. m.
Anm. Veralt. Bed. z. B.: B. des Monds = Phase, Wechsel [3f]; mundartl. bei Schmeller: geschrotetes Getreide [2c]; Mangel, Gebrechen (s. d.), Beeinträchtigung; Schuld, Fehler und so auch: Gebruch, s. Brechen, Anm.
Zsstzg. vielfach mit Hw. und Ew. als Bstw., s. o., danach leicht zu mehren und zu verstehn, nam.: Arm- [1b]. Aūgen- [1a]. Bāhn- [3]. Bánk- [1f]. Bánn- [1k u. m]. Bāūch- [1c]. Bāūm- [4b]. Bēīn- [1b]. Bérg- [1g]. Blāsen- [1c]. Búndes- [1k u. m]. Dámm- [1c; 1e]. Dárm- [1c]. Decimál- [4d]. Dēīch- [1e]. Dóppel- [4d]. Dúft-[4b]. Ehe-[1k]. Eīd-[1k]. Eīngeweide- [1c]. Eīs- [3]. Erd- [1g]. Erz- [5d u. b]. Fāden- [2]. Féls- [5d]. Frēūndschafts- [1k]. Frīēdens- [1k]. Gícht- [1b]. Gīēbel-, Gípfel- [4b]. Glās- [1a; 5b].
Hāūpt-: z. B. [1g]. Hêêresbann- [1k]. Hérz- [1a]. Hírn- [1c]. Hōden- [1c]. Kálkstein- [5d]. Kālt- [1i]. Kétten- [4d]. Knóchen- [1b]. Lēīb- [1c]. Lēīsten- [1c]. Māgen- [1c