Faksimile 0216 | Seite 208
Faksimile 0216 | Seite 208
breit
Brēīt, a., –est:
bez. die Ausdehnung von Flächen oder Körpern, wagerecht zur Länge.
1) als Maß.
a) im Vergleich: Dieses Tuch ist (liegt) ebenso b., (um einen Finger) b–er als jenes; Ein Quadrat ist ebenso b. als lang; Die Sache ist so b., wie sie lang ist (sprichw.), sie wird durch eine vorgeschlagne Wendung nicht wesentlich anders.
b) mit einer Maßbestimmung im Accus., welcher zuw. damit zu einem Hw. vom Geschlecht dieses Accus. verschmilzt: Zwei Ellenb–es Tuch, u. mit Fortfall des Zahlw. ,,ein“ (s. d.): Ellen-b–er Kattun etc.; Eine Handbreit (f.) zu nehmen, wo ihnen ein Fingerbreit (m., nicht: einen F.) gegeben wird. Claudius 6, 24; Einen Finger-b. nachgeben. G. 10, 183; Weiche keinen Finger-b. | von Gottes Wegen ab. Hölty; Einen Querfinger-b. Platz einräumen. Danzel 97; Daumen-b. [ganzkurz] vor Eulenflug. B. 287b; Kein’n [,,Kein“ 1, 48] Fuß-b. rückwärts zog er sich. Sch. 12a; Ring’ um jeden Fuß-b. Erde. 456a; minder gw.: Jedes eroberte Fuß-b. Kinkel 364; Nicht auf ein Haar-b. sie verlassen. Brockes 9, 537; Ein Haar-b. schlugen wir das Haupt, | doch keinen Fuß zurück. Gleim 4, 8; Auch nur ein Haar b. nachzugeben. G. 10, 181; Um kein Haar-b. vorwärts. W. 19, 164; Lebensrettungen, haar-b. von dem Untergang. Tieck Dr.Bl. 2, 217; Eine Hand b. soll seine Länge sein. 2. Mos. 28, 16; 27, 1; Jede Hand-b. Erde. Freiligrath 1, 269; In ... sichel-b–en Flechten. Gutzkow R. 5, 403 [b. wie eine Sichel] etc.
c) zuw. die Maßbestimmung im Genit.: Nicht eines Fußes b. Apost. 7, 5; Daß wir nit eines Schuhes b. mehr behielten. Berlichingen 125; Eines Haares b. Tschudi Th. 377; Nicht eines Daumens b. W. 11, 252.
d) in einzelnen Fällen mit Präpos.: Ein langer Gang . . ., bald zu einem bald zu Menschen b. G. 14, 191 [b. genug für etc.]. Mehrere Gänge von drei bis [s. d. †] fünf Fuß b. Forster R. 1, 20, und mit ausgefallnem „bis“: In diesen Wäldern, | von zehn, zwölf Meilen lang und b. Werner Kr. 1, 89.
2) was eine große Ausdehnung in der gedachten Richtung der Breite hat,
a) eigentl. im Ggstz. von „schmal“, wie „eng“ von „weit“, vgl.: Wo das Thal so eng wird, daß es kaum einige Büchsenschüsse b. (1) ist. G. 14, 198; Eine b–e [sich weithin streckende] Nacht. 13, 33 etc.; Du bist gewohnt, zu siegen, überall | die Wege b., die Pforten weit zu finden. 142; Ein b–er Rand, Fluß, Graben, Rücken, Mund etc.; Eine b–e Nase, Brust, Grundlage; Das b–este Tuch ist Ellen b.; Das Band ist zu schmal, ich brauche ein b–eres; Länger denn die Erde und b–er denn das Meer. Hiob 11, 9; Daß der mittlere Körper weit b–er [mehr b.] als lang ist. Vogt Oc. 2, 91. An dem spiegel-b–en Flusse. G. 6, 96 [sich eben und glatt wie ein Spiegel weit ausdehnend]. Vielfach übertr., z. B.
b) Etwas b. treten, sehr ausdehnen, in großer Ausführlichkeit behandeln. (B. getretne Fahrstraße. Sch. 341a); B. ausspinnen; B–e und weitschweifige (Ggstz kurze und präcise) Darstellung. Wie gegenwärtiges Schreiben davon des B–eren [ausführlicher] belehrt. Forster Br. 1, 419; Des B–esten schildern. Prutz E. 2, 290; 3, 161; Des Giftigsten und B–esten gedacht. Rank SchM. 79 [in gehässigster Ausführlichkeit].. Oft verbunden: Plaudre da ein Langes, ein B–es. Engel 12, 226; (Ein) Langes und B–es erzählen (Forster R. 1, 228); schwatzen (Sch. 106a; Klinger F. 55); tadeln (Heinse A. 1, 24); Erzählte nun des Längen und B–en. Gotthelf U. 2, 86, s. dick 2b etc.
c) Anstatt daß wir anfingen, uns in einem mäßigen Zustand behaglich zu finden, so gehen wir immer mehr ins B–e. G. 15, 239 [ins Weite, dehnen uns immer weiter aus]; Seitdem ich zu der Welt in einem b–ern [ausgebreitetern, ausgedehnteren] Verhältnis stand. 22, 236; 234; Das Individuum, das einer b–eren [durch wachsende Erfahrung in größerer Ausdehnung ihm gegenübertretenden] Natur und b–eren Überlieferung Brust und Stirn bieten soll. 39, 61; Seine Forderungen zu b., seine Zwecke zu unabsehlich. 195; Die Poesie ist in der b–en Welt, um nicht zu sagen, in der großen so unbequem, Ders. etc. (s. g).
d) Sich b. [ähnlich wie ,groß“] machen, vgl.: sich aufblasen, in die Brust werfen: Was macht sich neben Gesängen das nüchterne Wort so b.? Platen 2, 72; So herrisch gebietend, sich so b. machend. Tieck Acc. 1, 245 u. o.; Die Politiker thaten b. Blumauer 2, 27; Von den unwichtigsten oder den schmerzhaftesten Dingen . .. mit Ernst und b–er Würde sprechen. Börne 1, V; „Ihr seid verwegen.“ Und Ihr sehr b. [wichtig thuend]. G. 9, 33; Eur b. Reden lass’ in Thaten sehn etc. V. Sh. 3, 154.
e) B–e Aussprache, Sprache. Sch. 28b, gedehnte, mit breitgezognem Munde, plump etc. So auch: Mit seinem b–n [plumpen] Verstande.
f) Einen b. schlagen, überreden. Hebel 3, 316; 457 (s. Anm.).
g) besonders oft die Zusammenstellung weit und b. (vgl.: Ins B–e und Un- endliche’ zu gehen. G. 39, 127; Behandlung der Wissenschaft im Großen und B–en. 30, 12), wobei die Flerion gw. zu beiden, theils aber auch nur zum letzten gefügt wird: Weit und b. in der Gegend. Hebel 3, 134; In einem weit und b. feindlichen Lande. Sch. 993b; 237a; Weit- und b–en Landes. G. 4, 45; Die weit- und b–en Spuren. 25, 121; Auf weit- und b–er Wellenfahrt. 18, 279; Sah ich es weit- u. b–er sich entfalten. 10, 219; Des Weit- u. B–en wird geredt. Hagenbach (Echtermeyer 154). Vgl.: lang und b., s. b; Da liegt es groß und b., in die Augen fallend etc.
Anm. Goth. bráids, ahd., mhd. breit, vgl. skr. prithu, zusammengestellt mit dem alten „breiden“, weben, ausspannen (s. auch: Brem. Wörterb. 1, 318 = stricken), wovon auch „Breidel“ (Zügel, engl. bridle, s. Spate und dazu: „breideln“ = zügeln. Hutten 5, 200; 333) stammen soll. Eine Fortbildung ist „spreiten“. In der Bed. 2f vielleicht = „bereit“. Vgl. auch: Mächtig, Gespannt, Platt.