Faksimile 0215 | Seite 207
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Brei
Brēī, m., –(e)s; –e; –chen, lein; -: 1) eine dick-
flüſſige, gekochte, gleichförmige Maſſe, zunächſt als
Speiſe, nam. für Kinder, vgl.: Koch, Mus, Pappe:
Der B. im allgemeinſten Sinne iſt eine möglichſt vollkommene
Auflöſung des Leimſtoffs mehliger Körner, Samen oder Wur-
zeln, vermöge einer mehr odér minder lange in der Siedhitze
erhaltenen Flüſſigkeit. Rumohr K. 111; Eia popeichen! | koch
dem Kind ein B–chen; Die Welt iſt nicht aus B. und Mus
geſchaffen, | . .. harte Biſſen giebt es zu kaun. G. 3, 35;
11, 101; Miſcht und rührt es, daß der B. | tüchtig, dick
und ſchleimig ſei. Sch. 572b ꝛc. In vielen Zſſtzg., z. B.:
Apfel-, Brod-, Erbſen-, Gries-, Hafer-, Hirſe-,
Kartoffel-, Kürbis-, Mandel-, Mehl-, Reis-
B. ꝛc., ferner: Milch-, Waſſer-B. (aus Mehl und
Milch, oder Waſſer), Tiegel-B. (mit Milch und But-
ter im Tiegel bereitet) ꝛc., nam.: Kinder-B. Lichten-
berg Hog. 1, 13 u. v., mundartl.: Kindches-B. Bren-
tano Fr. 1, 81. Mundartl.: Der Brei(e)n. Schmeller 1,
256; 2, 278; Reis zu Breien. Stilling 1, 27 ꝛc., ſ. 2.
a) ſprichw.: Viele Köche verſalzen (verderben) den B.
Den B. verſchütten, ſo daß durch die Ungeſchicklichkeit
Nichts zu eſſen da iſt, übertr.: daß alle getroffnen An-
ſtalten umſonſt ſind. Regnet’s B., | fehlt ihm der Löf-
fel. G. 3, 35, vgl.: Regnet’s Gold, ſitzt er im Trocknen.
Einem B. ums Maul ſchmieren, ſtreichen (Fiſchart B. 55b),
ihn durch Ausſicht auf etwas Angenehmes, auf einen
Vortheil für ſich zu gewinnen ſuchen. Wer aller
Leute Mäuler ſtopfen wollte, müßte viel B. haben. Um
den (heißen) B. herumgehen (W. 11, 204) wie die Katze (G.
10, 120; Gotthelf G. 187 ꝛc.); Die lächerliche Nolle eines
Kätzchens zu übernehmen, das lüſtern und furchtſam um den
heißen B. ſchleicht. Börne Frz. 29 und o. Einen
heißen B. im Maul haben, undeutlich ſprechen, nicht mit
der Sprache herauswollen. Luther 5, 296b; 6, 317b;
Wer ſophiſtiſch redet und B. im Maul behält. SW. 61,
109 ꝛc.; vgl.: Laurenberg 81. Einen B. anrühren, vgl.:
Etwas einbrocken, eine Geſchichte anzetteln; Ich weiß
ſchon, wer den dummen B. angerührt hat. FMüller 2, 98;
Einen B. [vgl. Kohl] aufwärmen, etwas Altes, Ver-
geßnes wieder zu Tage bringen ꝛc.: Den Lugen-B.
wieder aufgewärmt. Boas Sch. 1, 27. Einen langen B.
[vgl. Brühe] von Etwas machen. B. 23b, es breit treten;
Man ſoll den B. nicht breiter treten, als er von ſelbſt fließt
ꝛc. b) übertr.: als Bez. einer weichlichen, kindiſchen,
nüchternen, geſchmackloſen Koſt, auch für den Geiſt,
vgl.: Mir iſt als hätt’ ich B. und laues Waſſer auf der
Zunge. Hölderlin H. 1, 49 ꝛc., z. B.: Männer, die Haare
auf den Zähnen haben, mit dem ekeln B. [ſ. d] halbgekauter
Biſſen mehr beſudeln als ſpeiſen. Hamann 3, 439; Sib.Bl.
114; V. Th. 9, 21 ꝛc.; Ein Wort von dir, daß es mir wie
ein Salzkörnlein den ganzen Akten- und Regierungs-
B. durchſalze und ſchmackhaft mache. G. Stein 3, 28.
c) von einer zähflüſſigen Maſſe, z. B. ſchmelzenden
Metalls: Kocht des Kupfers B. Sch. 77a; vgl. Glocken-
ſpeiſe ꝛc.; Ein glühender B. [war die Erde]. H. 16, 123 ꝛc.
d) eine breiartige, ununterſchieden in einander ver-
ſchwimmende, weiche, zähe, haltloſe Maſſe, wenn ſie ſo
auch ohne Einwirkung des Feuers geworden, z. B.:
Einen zu B. ſchlagen (Brentano Wehm. 123; W. 12, 194
ꝛc.), zuſammendrücken (Sch. 117a ꝛc.); Alles in einen B.
zuſammenwerfen (Sch. G. 2, 53), rühren (G. Zelt. 2, 48)
ꝛc.; Sei, Teufel, doch nur nicht wie B. [ſo zähe]. G. 11,
122; Dieſen Kerl von B. [ohne Feſtigkeit und Halt,
. vgl. breiherzig]. W. 11, 48; Börne 2, 202 ꝛc.; Vor
welchen das Leben noch nicht in einen B. der Verweſung zer-
lief. IP. 22, 128 ꝛc., vgl.: Froſchmoluskenbreinatur. Pla-
ten 4, 18 und Zſſtzg., z. B.: Den Lumpen-B. [vgl.
Quark] der Pfuſcher und der Schmierer | mit Böttiger zum
Meiſterwerk zu ſtempeln. G. 6, 159; Bis die widerſtreben-
den Urtheile ſich zerſetzen, auflöſen und endlich als Quick-
B. [ſ. Amalgam] vereinen. Jahn M. 116; Pforte, durch
welche der Speiſe-B. [die gekauten mit Chylus ver-
miſchten Speiſen] in den Darm eingeht. Linck Schl. 26;
Ur-B. nannte Steffens das Chaos; Jch habe einen wahren
Ekel vor dieſem verbrodelten Volks-B. (ſ. v.). Auerbach
Leb. 2, 209. e) in den Blechhämmern: B., Hahn-
B., ein Gemenge aus Waſſer, Lehm und Kohlenſtaub,
die Bleche darein zu tauchen, damit ſie beim Schmie-
den nicht zuſammenſchweißen. (Ob nach einem Mann
Namens Hahn?) f) Gärb.: B., GärheB. auch
„Nahrung“ zur Bearbeitung des franzöſiſch-garen
Handſchuhleders. Knapp Techn. 2, 583 ꝛc. 2) (ſ. 1)
mundartl. für die Grütze, woraus der B. gekocht wird,
und dann ſelbſt für die Pflanzen, z. B.: Der Heiden-
und beſonders Hirsbreien [Buchweizen und Hirſe] ſchei-
nen ehemals in Baiern häufiger gebaut worden zu ſein.
Schmeller 1, 256 ꝛc., und nach der Ahnlichkeit: Der wilde
Brein, Fennich, Panicum viride; Der Vogel-Brein,
Wegeblatt.
Anm. Ahd., mhd. brî, vgl. brauen.