Faksimile 0205 | Seite 197
Faksimile 0205 | Seite 197
braten
I. Brāten, intr. (haben) und tr.:
briet (bratete); gebraten; brätst (bratest), brät (bratet):
1) intr.: durch Einwirkung der Hitze an der Oberfläche sich bräunen, im Innern saftig und mürbe werden (von festen Körpern) und tr.: sie so braten machen, vgl. backen, kochen, sieden, schmoren, stoven etc. und namentl. rösten, das theils eine besondre Art des Bratens bez. (,,auf dem Rost braten“): Wir kochten, wir brateten, wir rösteten, wir stobten sie [die Fische]. Forster R. 1, 109, theils wesentlich davon verschieden, nicht das Saftigwerden, sondern vielmehr das Ausdörren durch die Hitze: Wenn das Thierchen ... ein wenig mehr gebraten statt geröstet wäre. Sealsfield Leg. 3, 155; Kaffeebohnen werden geröstet (gebrannt), Äpfel gebraten etc. Gebratnes gilt für besondre Leckerei (s. 2): „Für mich zum Nachtisch hat die Tante einen Apfel gebraten“. Kannst Du sie nicht roh essen? „Schmeckt so besser“. G. 9, 23; Einige Äpfel, die anfingen zu b. und unter sinnigem Knistern und Pfeifen einen angenehmen Duft verbreiteten. Hackländer Hdl. 1, 99; Ein junges Huhn, ein saftig braun gebratnes. Prutz Woch. 2; Er dreht wohl den Spieß, daß fein der Braten briete | auf allen Seiten gleich. Rückert Rost. 1b; Steckten’s an Spieße, | brieten es dann. V. Od. 3, 463; 14, 431; 15, 97; Brät er sie über dem Feuer. Ov. 1, 20 etc. Am Feuer. 2. Mos. 12, 8; Auf Kohlen. Jes. 44, 19; Bei kleinem Feuer (langsam, allmählich); in der Pfanne, im Tiegel; in, mit Fett b. etc.
Anm. 1. Das Part., das auch als Hw. vorkommt (Zärter als unser Gebratenes, Forster R. 1, 305), ist von weitrem Umfang als das Hw. Braten (s. II.), z. B.: Gebratne Äpfel, Kartoffeln, Kastanien, Würste, Leber, Fische etc. sind kein Braten (doch s. z. B. „Fischbraten“, Linck Schlangen 59), und ferner ist z. B. eine gebratne Ente das ganze Thier, Entenbraten auch ein Stück davon etc. Mundartl. auch Bratis (Gotthelf Sch. 140; Geld. 344); Bratens. HSachs 3, 2, 26c. neutr. = Braten, und zwar wie das gebratne, auch das zu bratende Fleisch. Ayrer Fastn. 163c.
2) Sprchw. Zusammenstellungen u. Redensarten: Briet und kochte und backte Prutz Mus. 1, 186; Kinkel Erz. 147; Jst ohne Unterlaß ein Sieden und B. in den Küchen. Schaidenraißer 40b; Da bratet’s und siedet’s | für sich und für mich. G. 2, 110; Alle Tage Gesottenes und Gebratnes. Grimm M. 108; Gebratnes und Gebacknes. Werner Febr. 68; Es ist nicht viel Gebratnes [Leckres, Besondres] an der Sache; Wenn auch nicht viel gebratene Tauben für mich in der Luft herumfliegen [wie im Schlaraffenland]. Hebel 3, 50; G. 3, 14; Heine Verm. 1, 39 etc. Man brät nicht Allen gleiche Hering; Nach dem Mann brät man die Wurst [macht Unterschiede] etc. Etwas ist (taugt, dient) weder zu sieden noch zu b. [ist auf keinerlei Weise zu benutzen, eigentl. in der Küche zu verwenden]; Wer daheim einen großen Prozeß verloren hatte, an dem Nichts mehr zu sieden und zu b. war, konnte ihn in Wetzlar noch einmal anbrühen lassen. Hebel 3, 426 etc.
3) Übertr. auch bloß: einer großen Hitze ausgesetzt sein und deren Wirkung erdulden (tr. erdulden machen), vgl. schmoren: Wollen die Herrn denn hier in der Sonne b.? Höfer V. 275; G. 19, 38; Darnach friert und bratet man den ganzen Tag über dem elenden räucherigen Kaminfeuer. Forster Br. 2, 647; Dem Schwarzen .., der in der Hölle bratet. Sch. 133a; Wenn nicht alle Heiden ewig gebraten würden. G. 14, 246; Daß Euch der Teufel briete! Müllner 5, 164; namentl. auch von Menschen, die den Feuertod leiden. Jer. 29, 12; 2. Macc. 7, 5; Furchtbarer Moloch .., wir brieten dir die Säuglinge umsonst. Grabbe Hann. 57; Huß und andre Ketzer brieten. Platen 4, 273; Den Verfasser fürs Erste bei kleinem Feuer gebraten (s. 1), bis man ihn ganz in die Flammen wirft. L. 11, 408; Tieck Nov. 5, 381; Rahel 1, 69 etc.
4) dazu: Bratung, namentl. von den Zsstzg., gew. das Braten.
Anm. 2. Die regelm. Formen in Präs. und Impf. finden sich bei guten Schriftstellern (s. o.), z. B. bratete: Forster R. 1, 116; Sch. 691b etc., so daß also die Ändrung von „kochte und bratete es“, Stilling 1, 129, in: „briet“, Grimm M. 213 unnöthig erscheint. S. bräteln.
Zsstzg. vielfach (vgl. kochen), z. B.: Áb-: Etwas zu späterm Gebrauch fertig braten.
An-: zu braten anfangen; scherzh. auch: Einem Etwas a. G. Stein 1, 183, durch Braten anfügen.
Āūf-: von neuem braten. G. 23, 38.
Aūs-: das Fett brät aus (intr. mit ,,sein“), wird ausgebraten; Einem Etwas a., durch Braten [Feuertod] austreiben. Heinse A. 2, 101; auch = zu Ende, vollständig braten: Ausbriet sie den Sperling. ALewaldt 84, und intr. mit „haben“. „Unausgebratner Naseweis“ nennt bei Lichtwer ein Mohr den Weißen. Mendelssohn 4, 1, 298 etc.
Dúrch-: so, daß die Hitze das Ganze durchdringt, tr. und intr. mit sein.
Ent-: Der Gans ist viel Fett e., beim Braten enttröpfelt etc.
Nāch-: etwas schon theilweise Gebratnes noch nachträglich braten. I. Über-: in Bezug auf die Oberfläche, leicht, oberflächlich braten. I. Ǖber-: Das Fett ist übergebraten, übermäßig gebraten; oder auch: beim Braten über das Gefäß getreten.
Ver-:
1) tr.: bratend verbrauchen: Viel Fett ver-b. etc.
2) intr. (sein) und tr.: bratend verderben. Uhland V.472. Zer-: bratend zerfallen, intr. (sein) und tr.: Alles Fleisch ist .. zerkocht und z. Ule Nat. 4, 423a u. ä. m.