Faksimile 0199 | Seite 191
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böse
I. Bȫſe, a.: Ggſtz von gut: 1) nicht gut, inſo-
fern Etwas ſchadet und zwar ſeinem Weſen nach nicht
anders als ſchaden kann, verſch.: ſchlecht, d. h.
nicht gut, inſofern Etwas nicht taugt. Z. B.: Eine
Satyre iſt ſchlecht, taugt als Gedicht nicht; Eine b. Satyre
kann als Gedicht ſehr gut ſein, aber ſie ſchadet dem Nächſten;
Ein b–r Kettenhund beißt, ein ſchlechter nicht; Wer Einem
nützen könnte und es unterläſſt, zeigt ſeinen ſchlechten Willen;
wer Einem zu ſchaden ſucht, ſeinen b–n; Den ſchlechten
Mann muß man verachten, | der nie bedacht, was er voll-
bringt. Sch.; Es kann der Beſte nicht in Frieden leben, | wenn
es dem b–n Nachbar nicht gefällt. Derſ.; Schlechte Biſſen,
unſchmackhafte; Das ſind mir allzu-b. Biſſen, | an denen
die Gäſte erwürgen müſſen. G. 3, 14; Ein ſchlechter Apfel;
Eine ſchädliche b. Wurzel. 1. Macc. 1, 11 ꝛc. So z. B.:
B. Menſchen, Buben, Herzen, Begierden, Zungen, Mäuler
ꝛc.; Ein b–s Weib; Der b. Feind, Geiſt, der B. (G. 10,
210) u. o. = der Teufel; B–s thun; Einem B–s thun,
wünſchen, B–s [Nachtheiliges] von Einem ſagen ꝛc.
B–s Blut (ſ. d.), b. Säfte, Krankheiten, nam.: Das b.
Weh, die fallende Sucht u. ä. m. Auch zuw. was
durch Böſes bewirkt wird, z. B.: B–r Leumund; B–s
Gewiſſen; B–s [von böſen Säften herrührendes] Ge-
ſchwür; Einen b–n geſchwollenen Backen. Merck’s Br. 2,
102; Mit b–n Windſalben. Hebel 3, 38 [ſt. Salben gegen
den böſen Wind] ꝛc. Wie man ſieht, berührt ſich
b. mit den ſinnverwdt. ſchlecht, ſchlimm, übel, arg
(ſ. d.), doch findet, wo es mit einem dieſer Ausdrücke
vertauſcht werden kann, im Hochd. ein mundartl.
freilich oft nicht beobachteter Unterſchied Statt.
So z. B. gw.: Das Wetter, ein Weg, die Landſtraße iſt
ſchlecht; B–s Wetter aber iſt viel ſchlimmer, weit ärger
als ſchlechtes, indem es gleichſam perſonificiert zu ſcha-
den, zu verletzen ſucht (vgl.: B. Wetter in den Berg-
werken); B. Zeit. G. 23, 173. So auch: Auf b–n
[etwa = ſehr ſchlechten] Wegen bis nach Tafelbay ge-
bracht. Forſter R. 1, 58 (vgl. dagegen Kohl Alp. 2, 196
über den „cimbriſchen“ Sprachgebrauch) ꝛc. Das
Böste [gw. Schlimmſte] ſei gewonnen. Gotthelf Sch. 21;
erſtritten. 90 [überwunden]. Vgl. noch: Ich galt
viele Jahre für einen ſchlimmen Feind des Königs und
wurde von ſeinen böſen guten Dienern arg verfolgt. Gutz-
kow R. 2, 351; Als ich .. . zur Gemeinde | als Freund,
als Vater aus dem Herzen ſprach, | dem Guten fördernd
meine Hände reichte, | dem B–n [perſönlich] wie dem Übel
[ſachlich] widerſtritt. G. 13, 282; vgl. auch 13, 81 und
34, 205 ꝛc. a) Gegen den heutigen allg. Gebrauch
aber heißen b. z. B.: Kleider (Uhland V. 613; Luther 6,
501b), ein Hut (333a), Hemden (Gotthelf U. 1, 7) (ſt.
ſchlecht); B. [falſche] Steine, Karten, Würfel, Geld ꝛc.
(Grimm; Weinhold); Die Schweine thun nicht bös. Gotthelf G.
260 [ſind nicht ſchlecht]; Jſt ſparſam, häuslich, hat bös
[lebt knapp]. U. 2, 262; Sch. 21; 235 und vgl. das
allgm. gültige: Es b. haben bei Einem; B. Tage haben ꝛc.
= viel geplagt werden ꝛc. So geht’s zu b–n Häuſern
[ins Zuchthaus] oder gar zu b–n Bäumen [an den Gal-
gen]. Hebel 3, 216; 77; 124; 245 u. ä. m. ſ. Stalder;
Schmeller. b) oft: Ein B–r (Spr. 17, 4), der B. (24,
19), die B–n (15, 3); Den B–n [Teufel ſ. o.] ſind ſie
los, | die B–n ſind geblieben. G. ꝛc.; B–s; Das B.; B–s
muß mit B–m enden. Sch. 53b; Nicht in B–m aufnehmen,
was ich in guter Meinung geſagt. Hebel 3, 186; Ich will
meinen Mund nicht zum B–n aufthun [berufen]. Heine 3,
332 ꝛc. Ohne Artikel auch: Die wunderbaren Ver-
wandtſchaften zwiſchen Gut und Bös, Muth und Ver-
brechen. Gutzkow R. 7, 27; Unſchuldig an Bös und Gut.
Rückert Mak. 1, 76. 2) bös, böſe, Ggſtz. von gut
in der Bed. „Einem freundlich geneigt, wohlwollend“
= unfreundlich, zürnend: Ich gelobe dir, daß du an mir
keinen ſchlechten Vater haben ſollſt . . . Daß du mich
aber nie als einen b–n Vater wirſt kennen lernen, Das kann
ich dir juſt nicht ſchwören. Kurz Weihn. 228; Daß ich nicht
b., aber wohl empfindlich auf Sie werden kann. L. 13, 308;
Da er b. wird, daß ꝛc. 11, 178; Du biſt mir bös? Sch.
335b; „Er iſt bös auf mich“ . .. Bös über dich? bild dir’s
nit ein. G. 34, 265; Biſt du nicht bös ..., daß ich b. that.
Geßner 2, 97 ꝛc. Mundartl.: Die Mutter hatte es
[war] recht b. Gotthelf G. 265. In dieſem Sinn auch:
Liebes Böschen [Zürnende], ſei mir nicht ſo b. Talvj 2,
58; vgl. falſch 2d.
Anm. Zuw. ohne Uml. z. B. Luther 6, 544b; Rahel
1, 270 unterſcheidet: Ich bin bos nicht bös mit
der Welt; vgl. erboſen ꝛc. Die Form bös (ohne e) iſt
häufig, nam. in Bed. 2, doch auch: Bös Beginnen, böſes
Ende. Hebel 4, 121; Sein bös Gelüſten. Sch. 517b u. o.
Steigrung: Falſchheit zeigt ſich böſer | im Kön’ge als im
Bettler. Tieck Cymb. 3, 6; Wenn auch nicht zu böſt
geredet wird, ſondern zu beſt. Gotthelf Sch. 258; G. 328;
Wer geboren in böſten Tagen, | dem werden ſelbſt die böſen
behagen. G. 3, 37, ſonſt gw. eben mit wegen der nahliegen-
den Verwechslung: Der böſeſte ꝛc. Ahd. bôsi, mhd. bôse,
bese, Ableit. unſicher.
Zſſtzg. einen hohen Grad bez.: Bǟr-: Wenn
ſeit geſtern Abend nicht das Meer | ſo bärbös wär. Müllner 2,
66, vgl. bärbeißig. Bítter-: Dem b–n Krieg. Heinſe
A. 1, 17; Der war ihnen ſchon lange b. Immermann M. 3,
168 u. v., vgl.: Nun ſchwur er mir alles Bittere und
Böſe. Tieck Nov. 5, 296. Bōden-. Gotthelf G. 344;
407. Erz-. Luther 5, 533b. Frêvel-: deſſen
Bosheit ſich in Freveln äußert. Pſ. 140, 12.
Grúnd-, u. a. m.