Faksimile 0190 | Seite 182
Faksimile 0190 | Seite 182
Faksimile 0190 | Seite 182
Boden
Bōden, m., –s; uv.; Böden; Bödchen, lein; -:
ein Feſtes, ſichern Halt Gewährendes, etwas Tragen-
des, zur Aufbewahrung Dienendes: 1) der feſte Grund
unter unſern Füßen: a) der Platz, worauf wir ſtehn:
B. faſſen. Chamiſſo 4, 32; erfaſſen. Hebel 3, 361; Feſten B.
unter den Füßen haben. Kurz Sonn. 146; Der B. brennt
Einem unter den Füßen. Tieck A. 2, 90, man hat keine
Ruhe ꝛc. b) im Ggſtz. des beweglichen Waſſers:
das erſtarrte (Eis). G. 1, 314, 22, 253; 284; das feſte
Land. 15, 139; 13, 63 ꝛc. c) die Erde: In den B.
hineinſchlüpfen; unter dem B. ſein [begraben]. Sch. 130;
Gottes B. betreten. G. 9, 214; Auf Gottes B. Merck’s Br.
1, 300; 2, 113; Auf Gottes Erd-B. G. 14, 99; Auf
dem ganzen Erd-B. GotthelfU. 2, 91, aufder Welt. d) ein
beſtimmtes Land: Des Vaterlandes vielgeliebter B. G. 13,
315; Sch. 53a; 672a; Willkommen auf ſpan’ſchem B. 248a;
Jener Unglücks-B. Chamiſſo 4 261; Vaterlands-B.
Hölderlin H. 1, 7; Fremdlings-B. V. Hor. 1, 29;
Reichs-B., reichsunmittelbarer Boden ꝛc. . c) ein
Theil der Erde nach ſeiner natürlichen Beſchaffenheit,
zumal landwirthſchaftlich: .’S andre Jahr trägt der B.
wieder. G. 22, 244; Leinwand auf dem Gras-B. [mit
Gras bewachſen]. Mörike N. 397; Ebener, gebirgiger,
hügliger, ſteiler ꝛc.; felſiger, kalkiger, lehmiger, lettiger, ſan-
diger, ſteiniger ꝛc.; dürrer, fetter, feuchter, fruchtbarer, geiler,
guter, hitziger, kalter, leichter, magrer, milder, naſſer, ſaurer,
ſchwerer, tragbarer, trockner, unfruchtbarer, üppiger, wuchern-
der, wüſter B. ꝛc. und Zſſtzg. wie: Brūch-, Erd-,
Fels-, Geeſt-, Humus-, Kalk-, Lehm-, Letten-,
Loh- (ſ. d.), Marſch-, Mergel-, Moor-, Moraſt-,
Sand-, Stein-, Steppen-, Thon-, Torf-,
Weich-B., oder nach dem beſ. drauf Wachſenden,
wozu er ſich beſonders eignet: Acker-, Gärten-,
Heide-, Roggen-, Wald-, Wieſen-, Weizen-B.
ꝛc.; Der ſogenannte wilde B., der unter der Schicht der
Ackerkrume liegt. Auerbach Leb. 2, 11; Den Ur-B. um-
pflügen. 133; Der eigentliche Erd-B., der aus ſehr
verſchiedenen Theilen beſtehen kann, aber alle begünſtigen den
Wuchs der Pflanzen; Weich-B., vom Waſſer durch-
zogen; naß und weich; Die beſten Bodenarten, die
Lehm-B.; Äcker mit grandigem und ausbrennendem Un-
ter-B.; Schaukel-B. eines Torfmoors. Waldau N. 2,
89 ꝛc. f) Beſitzung an Land, Grundſtück: gw.:
Grund und B. (ſ. 4 und Anm.): Wenn ihr mich enterbet,
Vater, | ohne Land u. ohne B. | muß ich in die Fremde flüchten.
H. Cid 21. 2) bei Räumen, die Etwas in ſich faſſen,
enthalten, heißt die untre Fläche, worauf das Ent-
haltne ruht, B.; wo oben und unten vertauſcht wer-
den können, wie bei einem Faß, giebt es zwei B.,
ſonſt entſpricht dem B. unten oft oben ein Deckel,
Decke ꝛc.: B. des Meeres, Meeres-B. B. des Zim-
mers. Sch. 406b; Zimmer- (Rank Arm. 55), Stuben-
(Kerner Br. 154), Fuß-B., Eſtrich-Fußboden. Stahr Par.
1, 26; Marmor-B. (G. 13, 244); Döbel-B., Fuß-
boden zwiſchen zwei Stockwerken, wo den Zwiſchen-
raum zwiſchen zwei Hauptbalken ſchwächre aneinander
geſchichtete und mit Döbeln verbundne Balken aus-
füllen; Wendel-, Windel-B., eines obern Raums
(ſ. 5), wo den Zwiſchenraum zwiſchen den Brettern
mit Stroh und Lehm umwundenes Stabholz ausfüllt;
Bödlein des Vogelbauers. Fleming J. 348a; B. des Altars.
2. Moſ. 29, 12; B. von Fäſſern, Kaſten, Schachteln, Schüſ-
ſeln, Gläſern, Flaſchen, Schiffen (Kupfer-B., mit Kupfer
beſchlagen. Bobrick 124) ꝛc.; Verſchloſſen ... zwiſchen einem
Doppel-B. G. 10, 211 [doppelter B., wo man nur
einen vermuthet]; Blinder (ſ. d. 4a) od. Blind-, Seih-
(zum Durchſeihen. Karmarſch 1, 212), Ober- und Un-
ter-B. hohler Blechknöpfe (2, 447) ꝛc., ferner auch
die hintere Fläche: B. (Sonanz- [Sch. 182a], Reſo-
nanz-, Klang-, Schall-B., inſofern er den Ton
zurückwerfend verſtärkt) einer Geige; B. von getriebenen-
Gold- und Silberarbeiten; einer Hoſe ꝛc.; ferner bei ge-
muſterten Kattunen ꝛc. der einfarbige Grund ꝛc.
Dazu a) ein B. Wachs, Talg ꝛc., das, in ein Gefäß ge-
goſſen u. erſtarrt, die Form von deſſen Boden angenom-
men. b) ſprchw.: Das Maß vollgemacht oder dem Faß
den B. ausgeſchlagen. Hackländer Handel 1, 192; Daß der
Moſt . . . dem Faß den B. ausgeſtoßen. Luther 1, 372a;
6, 7a; Prutz E. 3, 414 ꝛc. (ſprchw. = ein raſches Ende
machen, wie dadurch der Inhalt ausläuft); Dem Schimpf
den B. ausſtoßen. Luther 1, 394b u. v. = dem Spaß ein
Ende machen. 3) übertr. (ſ. 1 und 2) = Stand-
punkt; Grundlage; Das, worauf Etwas ruht, woraus
es hervorgeht; Feld, Gebiet ꝛc.: Handwerk hat einen
goldnen B. [trägt Gold]; Das Handwerk iſt der B. der
Kunſt. Danzel 139; Für die deutſche dramatiſche Poeſie jener
jungfräuliche B. gefunden. 307; Sich auf einen alten be-
währten Urfels-B. [unerſchütterlichen Standpunkt]
flüchten. G. 40, 222; Auf dem Erfahrungs-B. [Feld,
Gebiet der Erfahrung]. 39, 292; Einen heitern Tag,
einen freien B. zu gewinnen. 18, 250; Worte, die nicht auf
deutſchem B. wachſen. Leſſing 5, 39; Das Volk der nährende
Mutter-B. aller Bildung. Stahr Weim. 22; Die Lehre
fiel auf einen fruchtbaren B.; Auf dem B. des Rechts, auf
dem Rechts-B. ſtehn ꝛc. 4) Zu B. (= unter, nie-
der, zu Grunde) drücken. Sch. 112b; 620a; legen. IP.
21, 108; plaudern. L. 11, 298; reißen. Heſ. 26, 11; rin-
gen. Rückert 1, 363; ſchlagen. Sch. 747b; ſtellen. Gotthelf
G. 81; ſtoßen. Pſ. 10, 10; ſtürzen. Heſ. 28, 17; treten.
Pſ. 7, 6; werfen. 89, 45; wiegen. W. 13, 3 ꝛc., und mit
Intr.: fallen. Jer. 46, 15; ſein = niedergeworfen. Sch.
380b; niedergebrannt. Gotthelf G. 135; zu Ende [etwa
auf dem Boden des Beutels]. Sch. 159; kommen. 190.
Statt: Zu B. gehn (Jer. 48, 36; Sir. 11, 6; Gottbelf
G. 28) jetzt gw.: Zu Grund und B. gehn. Forſter R. 1,
28 [vom Schiff]; In Grund und B. gehn. Zſchokke 8, 36.
Veralt. und mundartl.: Zu B. machen. Gotthelf G. 43,
291; U. 2, 185 ꝛc.; richten. Olearius perſ. Baumg. 7, 3 =
zu Grund richten ꝛc. Weil er ... ſo wenig Grund und
B. in dieſer Wiſſenſchaft fand. Stilling 4, 52; In Grund
und B. [ganz und gar] verdorben. Alexis H. 2, 3, 161;
Fichte 7, 35; In Grunds-B. ’nein verfluchen. Auerbach D. 1,
14; Zerſchlagen, in Grund und B. geſchlagen. Sch. 131a ꝛc.
So auch als Beſtw. in Zſſtzg.: Jſt mir’s bodenwohl.
Auerbach Leb. 2, 263; Spindler St. 1, 24; Bodenbös. Gott-
helf G. 407; Zu B. ſchlechte Leute. Sch. 65 ꝛc. 5) (ſ.
Diele 3 und Eſtrich 2). Da die Decke eines Zimmers
für den drüberliegenden Raum zugleich B. iſt, heißen
ſolche Räume wie veralt. mundartl. B. von dem
untern Theil des Schiffs auf das ganze übertr. ward
(Schmeller 1, 155; Brem. Wörterb. 1, 116; ſ. Bodmerei)
inſofern ſie nicht ſelbſt Zimmer ſind, d. h. zur Woh-
nung dienen, Böden; bei Scheunen ꝛc. auch = Stock-
werk, Geſchoß (vgl. Bühne 2): Die Arche ſoll drei B.
haben, einen unten, den andern in der Mitte ꝛc. 1. Moſ. 6,
16; Fing die Bühne an zu knacken . . ., ſtürzt der morſche
B. zuſammen. Hebel 3, 460; Kurz Sonn. 261; Fecht-,
Getreide-, Häckſel-, Holz-, Korn-, Lumpen-,
Malz-, Tanz-, Torf-, Trocken-, Vorraths-,
Weizen-, Zeug-B. ꝛc.; Der finſtere Ober-B. des Hau-
ſes. Immermann Schr. 12, 175; Als Schütt-B. für Frucht
benützt. Waldau N. 2, 33; Den Grundriß einer Fairnbairn-
ſchen Mühle, eine Treppe hoch oder in der Ebne des ſoge-
nannten Stein-B–s. Karmarſch 2, 697. S. auch Fach 3.
Anm. Im Allgem. unterſch. ſich Grund (ſ. d.) von B.
dadurch, daß der Begriff der Tiefe, des Hinabgehns darin der
weſentliche iſt, alſo gilt es nicht für 5, aber z. B. auch
nur: Ein Faß hat einen B. oben und unten, aber: es bis
auf den B. oder Grund leeren: Meeres-B. oder -Grund,
aber nur: Ankergrund; daher gw. auch: Die Stadt liegt im
Grunde, aber ſchwzr. dafür auch Boden. Kohl A. 1, 4; Gott-
helf Sch. 111; Stumpf 605b; Stalder 1, 196 und ſo auch
Bödler, Thalbewohner, Ggſtz. Berger. ebd. Die Form
Bodem nicht bloß z. B. Luther 5, 7a; 21a; 8, 321a ꝛc.,
ſondern auch Rückert W. 2, 37; BrE. 178; Nal. 15 ꝛc.
Die Mz. in Bed. 1 meiſt ohne, in Bed. 2 und 5 oft mit Uml.,
doch z. B.: Unſre Böden heuren .. . Boden in den See-
ſtädten heuren. Möſer Ph. 1, 311; Erhöhte und bedeckte B.
G. 24, 215 ꝛc.; Die Fuß-B. getäfelt. 25, 137 ꝛc.
Verkl. Bödchen. König Leb. 1, 22 ꝛc., auch wohl: Bo-
denchen.
Anm. 2. Boden, oberpfälz. Büdne, wohl eins mit
Bühne (ſ. d., plattd. bön entſpr. der Bed. 5, wie bodden
den andern), mit lat. fundus Boden, ſlaw. pod (unten) wohl
urverwdt. Däniſch Bund und daher z. B. bei Baggeſen 3,
14: Auszurotten ... in Bund und Grund.
Zſtzg. ſ. o., manche in mehrfacher Bed.. z. B.:
Stein- [1e; 5]; Weizen- [1e; 5]; Ober- [2; 5]; Unter-
[1e; 2; 5] ꝛc. Füll-B. ſ. Füllen III 1a.