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Blüthe
Blüthe, f.; –n; Blüthchen, lein; –n-:
1) wie Blume (s. d.), mit dem dort angegebnen Untersch., wonach Blüthe allgem. von Pflanzen gilt, die Gebilde derselben, woraus sich die Frucht entwickelt, bez., nicht aber, wie Blume, auch einzelne gesammte Pflanzen. So ist z. B. der Rosenstock eine Blume, die Rosen daran sind Blumen oder Blüthen desselben; von Bäumen und fruchttragenden Pflanzen aber gilt gewöhnl. nur B.: Männliche (die nur Staubfäden), weibliche (die nur Stempel), Zwitter-B–n (die Beides haben) etc.; Taube B–n (auf die keine Frucht folgt); Herz-B., im Ggstz. der Neben-B–n (die innre). Reichard Gart. 2, 214; Schmetterlings-B. (Gutzkow 11, 76), Dolden-, Lippen-B. etc. nach der Gestalt und Stand (s. Blume, Zsstzg. und Blüther), ferner z. B.: Erdbeer-, Birnen- (V. Georg. 87), Kirschen-B. (Salis 101); Baum- und Kräuter- B–n | balsamten die Luft. Lange Hor.Od. 56; Daß wir die B. der Blumen suchen, nicht ihre Frucht. L. 13, 82; Das kräftige Grün, die weiße B. und die goldne Frucht. FSchlegel Luc. 6; Wo die Frucht der Hesperiden | zwischen Silber-B–nreift. Matthisson 66; Purpur-B–n. 7 etc. So nichtbloß eigentl. von Pflanzen, sondern allgem. von allem Blühnden (s. blühn 2 ff.), in die Anwendung vielfach mit Blume zusammenfallend, worauf wir in [ ] verweisen:
a) Dem Baume ..., von dem des Rauhreifs (s. d.) B. fällt, dagegen von künstlichen Nachbildungen selten, weil dazu gewöhnl. nur die durch Schönheit sich auszeichnenden Blumen gewählt werden.
b) [2b] B–n am Finger, Nagel; eines Geschwürs; ein Gesicht voller Blüthchen, Venusblüthchen.
c) [2g] Um die Schläfe gebräunt von der Erstlings-B. der Jugend. V. Th. 15, 85.
d) Bergb.: zart krystallinisch angesetztes Erz: Derbe B., wenn es einen dichten Körper vorstellt; Eisen-B. oder Faserkalk. Karmarsch 1, 567; Kant Kr. d. Urth. 247, eine Art Tropfstein; Krystall-B. heißt man allerlei selenitische Anschüsse, die um die Krystallgruben gemein sind. Haller 46; Kupfer-B., ein kupferrothes fedriges Mineral; ein eignes kupferhaltiges Gestein; verwitterte Farben auf den Erzen und diese selbst (Kupferblumen) etc.; Schwefel-B. etc. [2h].
e) [2k] In dem Vater, der die B. der Ritterschaft heißt. Gervinus Sh. 1, 229; Er ist die B. der Menschheit, das Beste vom Besten. G. Stein 1, 279; Sie, die B. von Granada, | ist von Christen mir geraubt. H. 8, 214; Richard Löwenherz, der christlichen Ritterschaft B. Heine Rom. 57 etc.
f) [2h] eine Person von jugendlicher Frische und Zartheit, andrerseits aber auch noch unentwickelt, schwach, der Pflege bedürftig etc. (s. g): Ihre Tochter, es war ein holdes Blüthchen, sie übergab mirs. G. 9, 372; Da ... dein Vater ... die halberstarrte junge B. pflegte. 13, 27; Sie war eine B. von 16 Jahren, zart und schön aufgewachsen. Zschokke 1, 106; Was wollen Sie, unreife B.? Heine Reis. 3, 122; So mit zweifelbewegtem Gemüthe | die sinnende Widarba-B. Rückert Nal. 45, die der Widarbaflur entsproßne Maid etc.
g) [2n, o u. p] s. blühn 2 und 3 u. Baum 3, Frucht 3: Der Liebe B. ist des Herzens Milde. MBeer Arr. 101; Daß die Freude nur die vergängliche B., nicht die dauernde Wurzel des Lebens. Börne 2, 110; Am Baum der Menschheit drängt sich Blüth’ an B. ... | und jede B. ist ein Volk. Freiligrath 2, 125, s. u.: Menschheits- B.; Sie, | als B. seines hochbejahrten Stammes. G. 13; 235; Wie kann der kalte todte Buchstabe diese himmlische B. des Geistes darstellen! 14, 69; Wir haben die B. [die oberste Spitze oder den Rahm] abgeschöpft. Stein 1, 313; Die schöne B. des gegenseitigen Zutrauens hatte doch gelitten. Guhrauer L. 1, 234; Den schönsten B–en und Früchten seines Geistes, 2, 64; Die Samen reeller Thatsachen von den B–n der Erscheinung abzustreifen. Gutzkow R. 1, 3; Man opfert ihr der Jahre B. Haller 17; Der Ausdruck ... ist die B. der Vollkommenheit. Heinse A. 1, 280: Überall windet die B. des Lebens freier und freier von gröberm Stoff sich los. Hölderlin H. 2, 96; Sterne, die ewigen B–n des Himmels. Humboldt Kosm. 2, 29; Die eigentliche B. seiner Empfindung zerstört. Platen 7, 40. So auch in vielen Zsstzg., z. B.: Dieser lichten Geistes-B. [Gedicht]. Tieck NKr. 4, 89; Fränkische Gift-B–n ausstreuen. Voigts H. 93; Fesselt dich die Jugend-B., | diese liebliche Gestalt? G. 1, 57; In dieser Jugend-B. W. 20, 249; Schmückest neu die Deinen | mit frischen Lebens-B–n herrlich aus. G. 13, 66; Liebe ist eine Lebens-B., welche der Wind verweht. Lewald Ferd. 2, 73; [Der Kuß] diese schöne Lippen-B. IP. 1, 147; Die Griechen, eine der entfaltetsten der Menschheits-B–n. Zschokke 1, 267; Und wie wir herangewachsen, | Nachbar--B–n eines Stiels. Müllner 2, 53; Unter Rede-B–n und Geistesduft. Rückert Mak. 1, 103; Jugendröthe, Tages- B. | bring’ ich [Eos]. G. 10, 310; Die goldensten Traum- B–n gebrochen und in einen duftenden Strauß gebunden. Tieck Gs. Nov. 1, 179 etc.
h) (s. blühn 4), etwas glänzend Weißes, glänzend Rothes, Frisches etc.: Meinen Schläfen entsprosst B. des Alters bereits. Knebel 1, 20; Sieht bang auf seinem Haupt die weiße Kirchhof-B. Beck Arm. 257. Ihres Nackens B. durchbohrend. Geibel Rod. 201; Die Zartheit und die B. des Fleisches. Heinse A. 1, 89; Obgleich die Farbe ... sich blühender aufSchwarz ausnimmt, weil ihre B. durch die Strahlen des Schwarzen gehoben wird. G. 39, 33. Das Elend hat die B. von meinen Wangen gestreift. 9, 333; Warf den ersten Brand | aufs Holz, auf daß es Flammen-B–n trieb. Meißner Ged. 138.
i) [s. 2q und r] Da ich die Früchte der aufgeopferten B. einzu- ernten dachte. G. 9, 340; Sie schwört, wie einst im Mutterleib sei jetzt | die jungfräuliche B. unverletzt. Streckfuß Rol. 1, 55. k) Gaunerspr.: B–nschmeißen, falsches Geld hinwerfen, um von dem Finder einen Antheil in richtigem Geld ausgezahlt zu erhalten. Klencke Gsp. 2. 153 ff.
1)
1) Blaue B., spanischer Flieder. 2) versch. von Blume = Flor, das aber als Gesammtbez. nicht von Pflanzen überhaupt, sondern nur von Blumen und zwar gewöhnl. von künstlich gepflegten gilt, der Zustand des Blühns, die Zeit desselben und die Gesammtheit einzelner als Einheit zusammengefaßter B–n:
a) eigentl. von Pflanzen: Es war um die Zeit der Roggen-B. Immermann M. 1, 295; In B. stehn; Die Rosen- und Nelken-B. war vorüber, aber wir sahen dafür eine reiche Astern-B. [Man achte auf die Ez.!]. Das nach allen Seiten hin blendend sich verbreitende Weiß der Baum-B. G. 18, 329; Mit Frühlingsblüth’und Blumen angefüllt. 6, 103 [wenn hier nicht die Endung „en“ als gemeinsam aufgefasst wird]; Das Baumelysium zur Zeit der Frühlings-B. Fallmerayer Or. 2, 11 etc., ja selbst: In des Blumengartens B. | wechseln sie der Liebe Pfänder. H. 8, 210, etwa = in dem blühnden Blumengarten etc.
b) übertr.: blühnder Zustand, Zeit der B.: In der (ersten) B. der Jugend. Engel 12, 42; Forster R. 1, 249; der Jahre. 173; der Tage. Sch. 507a; Nicht mehr in erster Jugend-B. Gutzkow R. 1, 40; In der vollen Jugend- B. Glanz. FSchlegel Al. 16; In schöner (Heinse A. 1, 10), frischer (128; 2, 36), in seiner besten (G. 21, 78), im Augenblick seiner höchsten (22, 24), in seiner widerwärtigsten B. Heine Reis. 4, 176; In meiner Sünden B. hingerafft. Schlegel Haml. 1, 5; In seiner Sünden Maien-B. 3, 3; Mich zerstört in meiner B. Sch. 428a; Genuß, den die volle Jugend-B. giebt. Forster Br. 1, 485. Das Gedeihen der griechischen Kunst-B. Guhrauer L. 1, 93; Daß ihre eigene Jndustrie durch die österreichische Manufaktur-B. gehemmt werde. Kohl Irl. 1, 119 etc.
c) eine blühnde Gesammtheit: Des Adels B. fällt. Sch. 543a; War er dann unter der B. junger Mädchen, so fand er leicht eine oder mehrere von ihnen liebenswürdig. FSchlegel Luc. 186; Sie sind die B. und der Stolz des rothen Geschlechts. Sealsfield Leg. 2, 44; Ihr, der Jungfrau Blüth’ und o Knaben! V. Hor. 1, 264 etc.
Anm. Ahd., mhd. bluot. S. Blust, Blüh etc.; neutr. (= Blume 9) s. Grimm 2, 176; als Bestimmungsw. zuw. uv., sich an die kollektive Ez. anschließend: Im blüthegleichen Schnee. LHNicolai 1, 197; Den blüthevollen Zweig. Uhland 155; Die ganze Luft ist warm, ist blüthevoll. G. 2, 73 etc.
Zsstzg. s. o.; einzelne gelten auch als Farbbest. (s. Blüthen II). Ferner mit Vors., zumal im Sinne von 2 den Zsstzg. von blühn entsprechend, wie: Áb-: Ihr Wachsthum, ihre Blüthe und A. H. Gott. 216; A. und Hinfälligkeit des Körpers. JP. 24, 114; 40, 45.
Āūf-: Der ... die A. mancher Blumen hier beschleunigt, dort verschiebt. IP. 4, 248; Zur frischesten A. und zum Vollwuchs. 34, 221.
Āūs-: die Blüthe in ihrer vollkommnen Entfaltung, in ihrem Heraustreten: Die Maschinen erschienen mir als die letzte A. an dem Baum der Wisenschaft. Kohl A. 2, 429; Alle äußere A. des Katholicismus abgestreift. Irl. 1, 383.
Nāch-: Da die Blüthe des englischen Dramas und beinahe schon die N. desselben vorüber war. Danzel 129; Es erlebte ... eine nicht zu verachtende N. seiner Herrlichkeit. Hettner gR. 28; 183 u. a. m.