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blicken
Blícken, intr. (haben) und tr. (ſ. Blick): 1) intr.:
einen Blick, Blicke geben, d. h. a) hellglänzend leuch-
ten, ſchimmern, blinken, blitzen, zumal von plötz-
lich hervortretendem Glanz: Die Wagen ... b. wie Fackeln.
Nahum 2, 4; Man ſiehet die Äxte obenher b. Pſ. 74, 5;
Das Licht (Luther 4, 173b), Waffen (3, 257b), das Silber
(ſ. Blick 1f; Karmarſch 1, 293), der Neumond (Rückert
Mak. 1, 57), der Stern (G. 2, 141), Abendſterne (Tiedge 2,
38), die Sonne (G. 6, 54), die holde Fürſtin des Tages
(Zachariä Tag. 8), Phöbus (LHNicolai 1, 149), der junge
Tag (Uz 1, 78), der goldne Abendſaum (IP. 26, 118),
der Himmel (Hebel 2, 162), der Frühling (G. 6, 53),
der Donner (Logau 2. Zug 141) blickt = leuchtet, glänzt,
blitzt; Wo ein alter Tempel . . . aus den Ulmen her-
vor ... ins helle Mondlicht blickte. Hölderlin H. 1, 32;
Und tiefauf blickte der Abgrund. V. Od. 12, 242 ꝛc. So
auch b. laſſen, tr. und refl., zum Vorſchein kommen laſ-
ſen, zeigen: Wenn du Geld b. läſſt, biſt du drum; Die
Zähne (ſ. blecken), Größe und Macht (Kant 7, 95) b. laſſen;
Laß dich nie wieder vor mir b.! ꝛc. Hierzu auch die alt-
herkömmliche Formel: Auf thuender That und auf gichtigem
Mund und b–dem Schein ertappt. Arndt Ber. 31 (Haltaus
172). Nam. aber (ſ. Blick 2) von dem Auge, in
ſchneller Bewegung auf einen wahrzunehmenden Ggſtd.
ſchießen, ſo auch von der ſehenden Perſon = ſehen,
intr. (ſ. d.): So weit das Auge blicket. Sch. 55b; Wie
weit er auch ſpáhet und blicket. 62b; Wie himmelvoll das
B.! 14a; Den bezaubert, der hört und blickt. Rückert Mak.
1, 91; Die Augen blicken in Feuchtigkeit. Heinſe A. 2, 216;
Wie blickt [,blinkt“ Jris 2, 75] dein Auge. G. 1, 59;
Die Augen ... die mir blickten. 4, 30, mir ſtrahlten ꝛc.,
vgl.: Drum blicke dir der Himmel klar. Hebel 2, 162; aber
auch = Einem zu-b., b–d zuwinken. Gotthelf Erz. 1,
244. c) ſo oft mit örtl. Beſt. der Richtung des
Blicks: Wenn er manches Auge dahin ernſt und nachden-
kend zu b. lehrt, wohin meiſt nur der lüſterne Sinn wohlge-
fällig zu ſchirlen pflegt. Burmeiſter gB. 1, 94; So laß uns
ſriſch denn auf und vorwärts b.! Freiligrath 2, 87; Vor ſich
hin; Unter ſich. Müller Siegw. 323 (den Blick niederſchla-
gen); In die Abgründe der menſchlichen Natur. G. 39, 294,
in die Sonne, auf ein Muſter, nach der Seite (ſeitwärts),
gierig nach Etwas b.; Läſſt er nach ſich b. G. 6, 78 [als
ein Erwarteter] ꝛc. d) mit Adv.: Scharf, klar, tief,
weit, fern, hoch, ſchel ꝛc. b. (ſ. 3; Blick 2a und Zſſtzg.
2f). e) auch wie „ſehen, ausſehn“, von den im
Blick ſich zu erkennen gebenden Ausdruck; übertr. zuw.
auch auf lebloſe Weſen: Um Chriſti willen, blickt nicht ſo!
Alexis H. 2, 3, 167; Ernſt (Gutzkow R. 1, 42), wild (4,
52), ſanft (Heine Rom. 209), ſchief (Scheffel 36), ſchel (V. 3,
82) b.; Ein Geſchöpf, das .. nicht kalt zu meinen Schmerzen
drein blickt. G. 9, 325 ꝛc. Blicke [Mond, ſ. 2a] ruhig
von dem Bogen | deiner Nacht. G. 12, 144; Finſter b–de
Seen. Kohl A. 2, 51; Alterthümlich b–de Gebäude. E. 2,
73; Wie ſatt und luſtig blickt das Gras! V. Sh. 1, 35 ꝛc.
(ſ. g). —f) Das was ſich im Auge, Blick, Mienen
ꝛc. zu erkennen giebt, als Subj. (ſ. 1a und 2): Gehor-
ſam, den ich ſonſt | aus einem jeden Auge b. ſah. G. 13, 12;
Was für eine Verachtung aller Andern blickt ihm nicht aus
jeder Miene. L. u. o. (ſ. hervor-b.). 2) tr.: a) der
Fügung 1f entſprechen, nicht etwa wie Grimm meint,
erſt ſeit Kl., vgl.: Thiere, die ... grauſame Funken aus den
Augen blicketen. Weish. 11, 19; Das Auge blickt Zorn (Kl.
1, 255), Spott (256), Liebe (Sch. 591a), Wonne (Temme
ſchw. M. 2, 173), Dank (W. 20, 250), eine Hölle (Hölty
64); Ihr Auge blickte nicht Liebe, | aber hellen Verſtand. G.
5, 68: Urtheil blickt ſie [ihr Blick iſt ein urtheilsvoller].
Kl. 1, 175 ꝛc., ſ. 3b. b) mit Präpoſ.: Frieden in die
Seele (Klinger Th. 3, 206), eine Frage ins Geſicht (Freilig-
rath 2, 210), ein Verlangen ins Herz (FSchlegel Flor. 38) b.
= b–d einflößen ꝛc.; Dein Aug, ſo treu und innig blau |
blickt mir vom Herzen alles Leid. JGFiſcher Ged. (1855) 269
= ſcheucht durch einen Blick ꝛc., vgl.: Stein und Mauer
entzwei b. Rückert 2, 324. c) Maler.: Eine Stelle im
Gemälde b. (ſ. Blick 1e), als beleuchtet hervorheben,
Gaſtz. drucken (ſ. d. 1b). 3) das Partic. ,,b–d“ in
Zſſtzg. a) entſprechend 1d und e mit doppelter Steige-
rung: Jdeen ...,die nicht ... ſcharf-b–der angeregt werden
konnten. Gutzkow 3, 181; Der tiefer-b–de Arzt. R. 1, 226;
All (9, 509), frei (8, 293), oberflächlich (2, 274), ſanft (1,
26), ſchnell (Forſter Br. 1, 229), hoch (Rückert Nal 113),
weit (Sch. 288b) b–d ꝛc. b) entſprechend 2a: Tod-
(Rückert Roſt. 85), wuth- (Voigts H. 95) b–d ꝛc. c) Der
achſel-b–de junge Glückspilz. Mörike N. 32 (ſ. Achſelblick),
= über die Achſel blickend.
Anm. Ahd. plichan, plicchan, mhd. blicken, mit
bleich (urſprüngl. = glänzend, leuchtend. Graff 3, 243), Blitz
(ältre Form Blicks, vgl.: ſchmecken und ſchmatzen ꝛc.), blinken,
blank, gr. γc, brenne = lat. flagro; fulgur (Blitz)
ſtammverwandt, wahrſcheinl. auch mit Licht, leuchten, lugen,
Luchs ꝛc., zuſammengezogen aus „belicken“, vgl. ſchwzr.: Er-
licken, Etwas gierig und ſchnell ſehn. Stalder 2, 171; dazu
auch wohl: Ab-lecken. 162, vom abhlickenden, abblitzenden
Pulver (in Mecklenburg: abblucken ꝛc.).
Zſſtzg. vielfach, ſ. die von „Sehen“, z. B.: Áb-:
1) intr. (haben): Das Silber (ſ. Silberblick), das Pul-
ver hat abgeblickt, vom Gewehr (ſ. abblitzen); Blicket von
der Erd ab [fort]. Rückert 1, 16; Stilling 3, 41. 2) tr.:
Was er ihm an den Augen a. [= abſehn] kann; Ich blicke
ſie ab von ihrem Wege. H. 8, 440 = bringe ſie durch
meinen Zauberblickabꝛc. Áchſel-: ſ. [3c] und ſeit-
b. Án-, tr.: Einen anglänzen, anſehn: Blickte
durch eine Spalte im Laden das Tageslicht mich an. G. 22,
16; Angeblickt vom Abendſtern. AWSchlegel 1, 154 ꝛc.
Man blickt auf euer A. IP. 2, 197; Wird vornehm ange-
blickt. Sch. 26b ꝛc. Āūf-: 1) intr.: a) auf-, in die
Höhe ſchimmern: Ein a–des und verſchwindendes Licht. G.
37, XIV; A–de Flamme bedeutete Glück. V. Georg. 292;
Das Pulver blickt [blitzt, bluckt] auf ꝛc. b) empor-
ſchaun ꝛc.: Einem frei a–den Geiſte. G. 39, 108; Blickte
groß auf [machte große Augen]. Gutzkow R. 8, 401;
Von dem .. Blatt (Börne 2, 2), zu (Gutzkow R. 4, 311;
6, 56), nach Etwas [verlangend] (3, 365; Rückert Roſt.
17b); Um Verzeihung [flehend] zu ihr aufgeblickt. W. 19,
183 ꝛc. 2) tr.: mit Blicken öffnen: Die Sonne blickt
die Knoſpen auf, ganz verſchlingen: Einen Brief a.
Hippel Leb. 2, 55 ꝛc. Āūs-, intr.: hinausſehn: Weit
a. Rückert Morg. 1, 173; Nach dem Sohne | ungeduldig
ausgeblickt. 205; Auf ſchwindelſteiler meer-a–der Klippe.
Geibel (DMuſ. 1, 1, 62 ꝛc.). Be-, tr.: Wie weit ihr
ihn beblicket. Lohenſtein Roſ. 137, = betrachten. Fremde
Wunden zu verbinden, wär ich noch nicht recht geſchickt | und
ob vornen oder hinten ſei der Schaden, nie beblickt. Mühlpforth
2, 19 = beaugt, ſcharfſichtig. I. Dúrch-: 1) intr.:
durch Etwas hindurch ſcheinen, leuchten: Sein herrliches
Gemüth .., das überall auf das freudigſte durchblickt. G. 39,
134; Etwas d. laſſen ꝛc. 2) tr.: Etwas mit einem
Blick durchdringen, durchſchauen, ſ. II: So ſchlau ihr
auch eure Anſchläge macht, wir blicken ſie durch. Sealsfield Leg.
3, 231 und verſtärkt: Jenen wunderlichen Mann ... habe
er ſchon durch und durch geblickt. G. 18, 114. II.
Durch-, tr.: durch Etwas blicken, leuchten, Etwas
durchſchaun, ſ. I. 2: Seltene Diſteln | durchblicken das
Fenſter. EKleiſt 2, 18 [blicken durch das Fenſter]; Mit
Blitzen ward mein Inneres durchblickt [durchleuchtet]. Tieck
2, 70; Er wird deine Abſicht d. NKr. 4, 44; Weltdurch-
blickender Geiſt. Zſchokke 1, 74. Eīn-, intr.: hinein-
b.: In alle Taſchen blickt ich ein. G. 12, 190; Wald ...,
zu dem der blaue Himmel durch die grünen Kronen einblickte.
Immermann M. 3, 141; In Etwas e. [einen Einblick
thun] (Gutzkow R. 7, 467), e. laſſen (4, 151); Auf Einen
höhniſch e. HKleiſt Erz. 1, 117 ꝛc. Empōr-: in die
Höhe, auf-b. Chamiſo 4, 107; Lewald W. 1, 109; 3,
159 ꝛc. Ent-, tr.: Einem Etwas e., durch
Blicke nehmen. Entgêgen-, intr.: entgegen-
ſehn, -leuchten ꝛc.: Der Sinn der Wahrheit, | der ... ge-
troſt der höchſten Klarheit | hellſten Tags entgegenblickt. G.
18, 311; Ein ſchon von Weitem hinter Gärten ... weiß und
roth entgegen-b–des Dorf. Temme ſchw. M. 1, 10. Er-,
tr.: mit Blicken erreichen, erſehn: Ich blick’ nach ihm
hinaus, doch ich erblick’ ihn nicht ꝛc.; zuw. mit Accuſ. und
Jnfin.: Erblickte [ſah] ich .. ein allerliebſtes Mädchen her-
umtanzen. G. 20, 58; Da erblickte ſie in den Augen .. Per-
len hangen. Putlitz Wald 43 ꝛc.; Bei Erblickung eines
Gegenſtandes. Mendelsſohn 4, 1, 51 ꝛc. Fórt-: 1)
intr.: zu blicken fortfahren. JP. 21, 85. 2) tr.:
durch Blicke fortſcheuchen. Hêr-, Hin- ꝛc.: Blickt
her! legt bei! Chamiſſo 4, 159; Heſper [der Abendſtern]
... ſtill her-b–d. Sch. 47a; So blickt der Tiger ſeitwärts uns
Entſetzen her. FSchlegel Al. 38 ꝛc. Als ich genauer hin-
blickte. Heine Reiſ. 3, 122; Bei näherem und ſchärferem Hin-
B. Stahr Par. 1, 104 ꝛc. Mit Mitleid auf Etwas herab-
b. G. 12, 124 [ſ. Herab]; Ich blicke mit Schwindeln hin-
auf, blicke mit Schaudern hinab. Sch. 75a. Zu einem
heran-b. Kompert Pfl. 1, 279; auch tr.: Einen heran-b.,
durch Blicke heranrufen ꝛc. Das Schloß, welches ...
in die Nacht hinaufblickt. Roquette Hühn. 271; An Einem
hinauf-b. G. 30, 7. Hinaus-b. zu Einem. Gutzkow R. 3,
89. Es blickt lachend das Blaue herein. Sch. 75a; Spalt,
durch welchen der blaue Himmel hineinblickt. Kohl A. 1, 159;
In welchen Abgrund von Verrätherei hab’ ich hinabgeblickt!
G. 10, 82; Einen in Etwas hinein-b. laſſen ꝛc. Während
rings die Berge ſchweigſam herniederblickten. Gutzkow R. 1,
279; Auf die gefallne Tugend herunter-b. [ſ. herab]. Sch.
706b. Wann ... die bloße Haut hervorblicket. Fiſchart
Jsm. 19b; Bänder, aus denen hie und da eine Blume ...
hervorblickt. G. 31, 38; Zwiſchen den Stäben | blicken ein
paar ſchöne Augen hervor. 4, 25; Sie hat viel Seele, die
voll aus ihren blauen Augen hervorblickt. 14, 79; Wo nichts
Böſes hervorblickt. L. 11, 136. Über ſeine Mängel hinweg-
zublicken. Tieck DrBl. 2, 122 ꝛc. u. v. ä. Míß-,
intr.: Schweige, ſchweige! | M–de, Mißredende du! G. 12,
178, Unheil Blickende, du mit dem böſen Blick!—
Nāch-, intr.: Blickten dem Heerzug nach, bis ihn die Ferne
verſchlang. Sch. 76a. Nīēder-: 1) intr.: Stahr Rep.
1, 160. 2) tr.: durch Blicke niederſchmettern ꝛc.
Rück-: ſ. zurück-b. Sēīt-, intr.: Einem Seiten-
blicke zuwerfen, und tr. in Zſſtzg.: Seitblickt mich ſpot-
tend an. G. 2, 74. Über-, tr.: Etwas von höherm
Standpunkt aus überſehn: So iſt es [das hölzerne
Pferd] aufgethürmt, die Stadt zu ü. Sch. 29a ꝛc.
Die Überblickung des Ganzen zu wagen. Möricke N. 24.
Um-, intr. und refl.: 1) rings umher, nach allen
Seiten blicken: Ein frei u–der Reiſender. G. 40, 305;
Rückert 1, 191; Nal. 251 ꝛc. 2) ſich nach Etwas
blickend umdrehn: Sah den Alten ſich nach ihr noch einmal
um-b. Gutzkow R. 5, 162; Wie ſie umblickt, ſieht ſie das
Kind. Hebel 3, 158; U–d nach dem Tode. IP. 22, 126.
Umher-b. Börne Frz. 37. Ver-, intr.: Das Silber
hat verblickt, zu Ende geblickt, blickt nicht mehr.
Vōr-, intr.: hervor-b.: Höhen .. ., deren nackte Spitzen
über das Heidegeſtrüpp vorblickten. Alexis H. 1, 1, 5.
Wég-, intr.: fort-b. von Etwas: Von Etwas w. Im-
mermann M. 4, 137; Sch. 193a. Wīder-: zurück-b.,
entgegen-b.: Als ſie ... ihre rothen Wangen ... aus dem
Spiegel w. ſah. Auerbach Dicht. 2, 9. Wīēder-:
wiederholt blicken. Zer-, tr.: durch Blicke zernich-
ten: Das Auge des Todes, wenn er ein Leben zerblickt. IP.
2, 164. Zū-: 1) intr.: zuſehen: Ein Hengſt ... blickte
.dem Treiben eine Weile zu. Kohl Südr. 2, 176; Einem
z., Blicke zuwerfen, nam. als Zeichen zublinzen. 2)
tr.: Einem Tröſtung z. Koſegarten. Zurück-: rück-
wärts blicken, auf etwas hinter Einem Liegendes, z.B.:
Auf die Vergangenheit z. ꝛc. In den ungetrennten For-
men auch: Rückblickend unſern Weg zu überſchaun. Bur-
meiſter Gſch. 107 u. v.