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blenden
Blénden, tr. (ſ. blinden): 1) vollſtändig blind
machen, durch Ausſtechen der Augen. 2. Kön. 25, 7;
Wofern dich .. ein Erdbewohner .. fragt um des Auges er-
barmungswürdige Blendung, | ſag ihm: . . Odyſſeus hat
mich geblendet. V. Od. 9, 503; Nicht ſeine Blindheit, ſeine
f
[Odipus’] Selbſtblendung rührt uns. Börne 1, 365 ꝛc.
Übertr.: Wer dem Andern b. wird die Augen. Talvj 2, 286
= ihm das Licht, das Leben nehmen. 2) vorüber-
gehnd die Sehkraft ſchwächen, zumal durch übergroßen
Glanz, Schimmer, Helle: Die Sonne (Sir. 43, 4), der
Schnee (20) blendet die Augen ꝛc.; Dieſe leuchtet, aber blen-
det nicht. Blumauer 1, 3; Wie Einer, den der Sonne Schild
geblendet | umſchwebt von Farben | ihr Bild nur ſieht. Cha-
miſſo 3, 26; 233, vgl.: Blendeten ſich an dem Abendroth.
Arnim Kron. 1, 303, abſichtlich; Ans Licht auf einmal |
hervorgeriſſen und geblendet. G. 13, 242; Bald wird euch
der Glanz des Hofes die ſtille, | verlaßne Wohnung aus den
Augen b. G. 8, 17 [durch ſeinen Glanz ſie verdunkeln,
verſchwinden machen]; 40, 16; Durch den Glanz geblen-
det .. ſchlägt die Augen auf. Platen 4, 292; Mit unerträg-
lichem B. FSchlegel Luc. 253 ꝛc. Ein Adler .. kann in die
Sonne ungeblendet ſchauen. Fleming J. 153 ꝛc. Beſon-
ders oſt im Partic.: B–d weiß, hell ꝛc.; Verführeriſch und
reizend wie die Luft | und b–d-ſchöner als der Sonne Strah-
len. Chamiſſo 4, 167; Das Auffallende, B–de (ſ. 4). G.
31, 35; Das Recht dieſes b–den (ſ. 4) Beinamens. L. 11,
28; Des Tags b–dem Glanz. Sch. 75a; Den vollen Glanz
all-b–d zu enthüllen. W. 20, 113 ꝛc. Zuw. nur =
hellſtrahlend, ohne Nebenſinn, z. B.: Der Sterne b–d
Mildes. G. 6, 48; Blaue Augen, deren Schmelz b–d wie
ein Edelſtein. Heine Rom. 130. Bei dem Gefühle der
Blendung. Immermann M. 3, 159; Vor der Abend-
blendung ſchärfer zuſehn zu können. Kinkel E. 391: Mein
Auge traf von ſeinem Blick eine Blendung. Rückert Mak. 2,
33; Dieſer und jener Blendung [b–dem Flitter ꝛc.] der
Zeit das Echte und die Wahrheit preisgegeben. Tieck Dr.Bl.
2, 195 ꝛc. 3) von dem geiſtigen Auge = ver-b.
(ſ. d.), der Einſicht, der Vernunft, der Beſinnung ꝛc.
berauben (ſ. 1): Eure Propheten und Fürſten ſammt den
Sehern hat er geblendet. Bibel; In welcher kurzſichtigen Welt-
anſchauung iſt er feſtgeblendet [befangen]. Börne 1, 18; Ihn
blendet des Goldes Glanz. Chamiſſo 3, 312; Die um die Fiſche
blind und dumm zu machen, mit ihrem Feuer ſie blendeten
(ſ. 1). Geßner 2, 71; Dein Verſtandes-Aug noch ungeblendt
und ſcharf. Haller 200; Wer ſeiner Vernunft die Augen
ausſticht . ., Der wird .. überhaupt blind ſein. .. Wenn
aber ein Adler .. ſich mit ſeinen eignen Klauen blendete, Das
wäre .. ein beklagenswerthes Schauſpiel. Schlegel Mißv. 109;
Fremdes Kriegsunglück habe nur einen Theil ſeiner Bewohner
geblendet. 40. In der Blendung des erſten Zorns. W.
20, 25 ꝛc. 4) durch äußern Schimmer, Schein täu-
ſchen, irre führen, verführen (ſ. 2), nam. Andres und
Beſſres erwarten laſſen, als in der That da iſt: Der
Sehenden Augen werden ſich nicht b. laſſen. Bibel; Der trüg-
lichen Sonne b–des Licht. Chamiſſo 3, 233; Nicht Worte ſind
es, die nur b. ſollen. G. 13, 20; B–de [täuſchende] Be-
friedigung. 249; Bis | ich mich vom Böſen b. ließ. 6, 70;
Hat ſich den Teufel b. laſſen. L. 12, 97; Ehre blendt nicht
immer. Haller 95; Durch Scheingründe zu b. W. 5, 253 ꝛc.
Läſſt ſich durch keine Blendungen [vgl.: Blendwerk]
täuſchen. Möſer 2, 228; Mit einem fertigen Blick die Blen-
dungen durchſchauen. 2, 90; 3, 10; L. 4, 122. Wann
man’s recht betracht, ſo iſt’s nur eine Augenblendung.
Weidner 46. 5) von der täuſchenden Fährte des Hir-
ſches ꝛc. (ſ. Blende 2a): Ein feiſtes gutes Schwein thut
den Beitritt wie ein Hirſch, auch das B. Fleming J. 100.
6) den Zutritt des Lichts ganz oder theilweis abhalten
(ſ. Blende), z. B.: Pferde b., durch das Scheuleder;
Um ſeine Welle zu gehen wie ein geblendeter Gaul. Guhrauer
Leſſ. 2, 66; Falken b., durch die aufgeſetzte Haube; Bie-
nen, einen Bienenſtock b., durch eine Wand, um die Bie-
nen fleißiger arbeiten zu machen, ſ. 4; Die Jagd, das
Jagen b., es mit Lappen umſtellen; das Wild b., es da-
durch zurückſcheuchen, vgl. 4; Fernröhre b., die an den
Rändern der Gläſer einfallenden Lichtſtrahlen durch die
ſogen. Blendung, einen meiſt ſchwarz gefärbten
Ring von Holz, Pappe, Blech ꝛc. abhalten; Lampen b.,
die ſich ſonſt zerſtreuenden Strahlen durch einen Spie-
gel reflektieren ꝛc. 7) dem Anblick entziehn (ſ.
Blende 1c), z. B.: Die aufgeworfnen Feſtungsgräben,
Fenſter b., durch etwas Vorgeſetztes verdecken ꝛc.; Die
mit Brettern oder Läden geblendeten Fenſterhöhlen. Immer-
mann M. 3, 206; Offne Gräben und geblendete. Forchhammer
(Landwirthſchaftl. Z. 57, S. 78a); Die .. bretternen Blen-
dungen. G. 31, 443; Die Blendungen fortreißen und ſein neues
Gebäude öffentlich zeigen. Möſer Ph. 2, 123; auch übertr.:
Die ungeſchickte Blendung von Lügen wegräumen. Lichtenberg
3, 142. 8) übertr.: etwas Glänzendes blind machen,
d. h. es trübe, angelaufen und ebenſo: etwas Kla-
res dunkel erſcheinen laſſen: Die ſtattlichen Waffen ..,
die mir unten im Saal durch Läſſigkeit blendet der Rauch-
dampf. V. Od. 19, 18 (vgl. erblinden). Den klaren
Sprüchen die Augen b. Luther 1, 420b. 9) wohl zu 2
gehörig, bei Kürſchnern: Felle b., ihnen eine ſchönere
als die natürliche Farbe geben; bei Färbern: Zeuge b.,
ſie zum erſten Mal in die Farbe tauchen, wodurch ſie
eine noch nicht dauernde Farbe erhalten ꝛc. Dazu in
allen Bed.: Blendung, f.; –en: das Blenden, wie
auch zuw. das Blendende.
Zſſtzg. mehrfach (vgl. blinden), z. B.: Áb- [6]:
Bienen ꝛc. Án-: blendend anſtrahlen ꝛc., z. B.
mit den durch ein Stück Spiegelglas zurückgeworfenen
Sonnenſtrahlen. Āūs- [1]: tr.: Die Augen a.,
blendend ausſtechen; aber auch intr.: Wenn das Licht
der Wahrheit leuchtet, hat die Lüge ausgeblendet, zu Ende.
Be- [7]: mit einer Blende verſehn, verdecken.
Dúrch- [6]: Bienenſtöcke. Eīn-: (ſ. Blende 3).
Ent-: von der Blendung befreien, enttäuſchen:
Als endlich entblendet | wieder den Fels ich betrachtete. Bagge-
ſen 1, 255 [ohne das blendende Tuch]; Entblendet jetzo von
der Bruderhülfe Wahn. 5,246; Gotter Sch. 192. Er-: ugw.,
erblinden (ſ. d.) machen: Das ſelbig [Chriſti] Blut er-
blendet mich [das Geſetz]. Weidner 443. Fórt-:
weg-b. Uber-: blendend überſtrahlen, verdunkeln,
verdecken: Daß der Glanz des Spiels die Fehler des Dicht-
werks ü. könnte. Börne 1, 61; Die Sommertage von
H. konnte ihr kein Glanz ü. Gutzkow R. 8, 356.
Ver-: 1) [3 u. 4] vgl. blenden [1] in eigentl. Bed.:
Auf den Perſerthron | kann kein Geblendeter ſitzen; | längſt
aber war ich verblendet ſchon. Rückert Morg. 1, 238; Mak.
1, 60; Geſchenke ver-b. die Weiſen. Bibel; Hat ihre Augen
verblendet. ebd.; Durch blindes Vorurtheil verblendet. Banzel
396; Auch dem Verblendetſten fühlbar. Fallmerayer Or. 2, 46;
Welch friſch wohlthät’ger Geiſt umleuchtet mich | und regt
mich auf, anſtatt mich zu ver-b.! G. 13, 246; Anſtatt das
Licht zum Wegweiſer zu wählen, hat man ſich die Augen
daran verblendet. Heinſe A. 2, 59 ꝛc. Wahnverblendet.
WHumboldt 3, 77; Dies all-v–de wollüſtige Traumgeſicht.
W. 20, 300; Augen-v–d ꝛc.; Viel Verblendung, viel Über-
ſpanntes. W. 5, 179; Aus der Blindheit zur Verblendung
gelangt. Zſchokke 8, 194; Selbſtverblendung. Lewald Ad.
91; Augenverblendung. Arnim Kron. 1, 294 ꝛc. Sel-
ten = blenden [2]: Selbſt die Prinzeſſin ſteht von ſeinem
Glanz verblendet. W. 12, 28. 2) [7] durch Etwas
dem Anblick entziehn, verdecken, ſo weidm.: den Zeug,
mit Reiſern, daß das Wild ihn nicht bemerkt; bergm.:
die Erze, Anbrüche, damit Andre ſie nicht gewahr wer-
den; einen Stollen, mit Brettern, damit die Luft einen
andern Weg nehme ꝛc.; Bauk.: Holzwerk mit Blend-
ſteinen, zumal um es vor dem Wetter zu ſchützen.
Stichanker bringt man bei allen Arten von Verblendungen
an. Helfft 12a; Die moderne gelbbraune Verblendung [des
Gebäudes]. Mörike N. 533 ꝛc. Vōr-: Einem Etwas
vorſpiegeln. Wég-: überblendend fortſchaffen.
Keller LvS. 90. Zer-: blendend zerſtören ꝛc.