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bergen
II. Bérgen, tr.; refl., barg, bärge (bürge); gebor-
gen; birgſt, birgt: birg: Etwas, ſich einem Suchen-
den, Folgenden, Verfolgenden entziehen ꝛc.: 1) der
Verfolgung entziehen, in Sicherheit bringen, retten,
ſchützen ꝛc. (vgl. 2): Den Hund ums b–de Lager beneiden.
Beck; Wie in ihren Armen ſie ihn zu b. glaubt. Chamiſſo; Jſt
dein Wille, da du hier mich bargſt, | nunmehr vollendet. G.;
Gelingt mein Anſchlag, ſo ſind wir auf immer geborgen
[verſorgt, in Sicherheit]. Derſ.; Der Reichen und ſonſt
Geborgnen. Keller; Retter Derer, die ſich b. | vor Feinden, ...
birg mich unter Deiner Flügel Schatten. Mendelsſohn; Vor
euren raktiken .. . iſt das Geld nicht geborgen in der Truh’.
Sch.; Niobe, die ihr letztes Kind vergeblich am Buſen birgt
vor dem Pfeil der unerbittlichen Göttin. Stahr; Das Waſſer
birgt und verbirgt ſie. Tſchudi Th. 54; Er barg ſein Leben.
V.; Vor dem Unwetter ſich zu b. Weidner; Sich vor Einem,
vor Ungeziefer nicht retten und bergen können ꝛc.: ſo nam.
auch landwirthſch.: Das geborgene Heu wird in
Diemen zuſammengehäuft; ferner ſeem.: Die Güter eines
verunglückten Schiffs b., ſie auffiſchen, oder vom Strand
in Sicherheit bringen; Die Segel b., bei ſtarkem Wind
ſie vor demſelben ſchützen ꝛc., ſ. Bergholz. Dazu:
a) Berger, namentl. ſeem.: Leute, die Güter eines
Schiffes b. b) Die Bergung der geflüchteten Fahrhabe.
Scherr; Dies Wunder unſrer Bergung [Rettung]. V. ꝛc.
c) Dies Gefühl des einigermaßen Geborgenſeins. Immermann;
Vortheile einer glücklichen Geborgenheit (vgl. 2). Salis V; So
wohnt ... Freude | in dem umfangenden Schutz armer Ge-
borgenheit oft. Starke. 2) Dem ſuchenden Blick, dem
Anblick, den Augen entziehen (ſich zuw. mit 1 berüh-
rend), beſonders oft die Zſſtzg. ver-b., vgl.: verdecken,
verhüllen, verhehlen, verheimlichen, verſtecken. Die bei-
den erſtgenannten Zeitw. bez. das Verbergen nur inſo-
fern.ein Ggſtd. mehr oder minder dem Anblick entzogen
wird durch eine Decke oder Hülle, die nicht immer un-
durchſichtig zu ſein braucht, vgl.: Verhüllteſt du | in
deinen Schleier ſelbſt den Schuldigen, | du birgſt ihn nicht
vor’m Blick der Immerwachen. G. 13, 46; [Der Fächer]
verdeckt mir zwar das Geſicht, aber das Mädchen verbirgt
er nicht. 4, 25; Ich hätte gewünſcht, mich, wo nicht ver-b.,
doch wenigſtens verhüllen zu können. 20, 71; Der Sinn
der Rede ... der Schleier des Wortes verhüllt ihn, ohne
ihn zu ver-b. Lewald Ferd. 1, 75; Wiewohl ein dünner Flor
ihr liebliches Geſicht, | den Lilienhals und ſelbſt die ſchönen
Hände deckte, | ſo ſchien doch Alles, was er nicht | ver-
hüllte oder doch verräthriſch nur verſteckte, | von einer
Schönheit, die ſo wenig als das Licht | ſich ſelbſt verber-
gen kann. W. 11, 161; Unmöglich ihr zu ver-b., was er
ſich ſelbſt nicht länger verheimlichen konnte. 19, 345 ꝛc.
a) Etwas (ſich) b., Einem, vor Einem b.: Wer die
Schmach birget. Spr. 12, 16; Birgſt die Augen trüb und
naß. Freiligrath Garb. 70; Birgt dein Serail ... ſolch ein
Weib? Gd. 1, 90; [ſ. 1: enthält es, ſchließt es ein];
Sie können den Alten nicht b. G. 1, 141; Was iſt ſchwer
zu ver-b.? ... am ſchwerſten zu b. iſt ein Gedicht. 4, 6;
Wir wollen hingegen auch nicht b., daß ꝛc. 31, 47; Den
Schlüſſel zu der Truhe, welche den Schatz barg. Heine Verm.
1, 83; Wer frevelnd | Hände des Mordes birgt. WHumboldt
3, 100; Ein anderer von ihren tauſend Ränken, | der hier
ſich birgt. Sch. 29a; Es birgt ſich der Pfad. 77 ꝛc.; Es
iſt Dir unverborgen. | Was birget ſich vor Dir? Opitz 2, 56;
Was ich dem Himmel | vertraut brauch ich vor Menſchen nicht
zu bergen. Sch. 458b; Mir ſeiner Wünſche keinen | zu
bergen. L. 2, 244; Dieſes Unglücks Schmach dem Aug der
Welt zu bergen. Sch. 236b; Davon werd’ ich kein Wort
verheimlichen oder dir bergen. V. Od. 4, 340 ꝛc.
b) Mit Präpoſ., die, je nachdem Ruhe oder Bewegung
bez. wird, den Dat. oder Accuſ. regieren: Wer in den
Wald flüchtet, um ſich zu verſtecken, (ver)birgt ſich in den Wald;
wer ſchon dort iſt und einen Verſteck wählt, (ver)birgt ſich im
Walde ꝛc., in einzelnen Fällen mit geringer Nüance,
doch vgl.: Barg er den Gott in fremde Geſtalt und machte
zum Stier ſich. V. Moſch. 2, 79; Verbirgt in dir ſich eine
Rachegöttin? G. 13, 48 ꝛc. Dort birgt der Griechen Heer
ſich auf verlaſſne m Sand. Sch. 28b. Wie Manche bargen
ſich ... vor ihm hinter Stühl e. Alxinger D. 6; Barg ſich hinter
dem Großvater. Scherr Gr. 1, 147. BargzweiBrote in ihrem
Kämmerlein. Beck Arm 247; In rieſ’gem Doppeldunkel birgt ſich
That und Thäter. Beer Arr. 149; Freiligrath Garb. 67; 90;
Heine Rom. 209; Platen 2, 17; Der Kern der Tapferſten
birgt ſich in dem Gebäude. Sch. 28b; In des Gebirges Klüf-
ten | barg der Troglodyte ſich. 55a; Sonſt birg mich ſelber
im Grabmahl [laß mich ſterben]. V. Ov. 2, 42. Warum
iſt Wahrheit fern und weit? | birgt ſich hinab in tiefſte
Gründ e. G. 3, 66; Wie Gelehrte gern ihre Breſten in eine
ſolche Verklärung b. Gotthelf Sch. 60; Schon birgt in die
Stadt ſich die chriſtliche Schmach [die Chriſten fliehen in
die Stadt]. Platen 1, 213; 6, 5 ꝛc. c) Dazu: Ber-
gens [Verſteck] ſpielen, wofür Spate auch aufführt: Gucken-
bergen und Gutzberglein. Jene ſtille Bergung und Ver-
hüllung. Klencke Gſp. 2, 103 ꝛc., ſ. 1b. Venedig, nacht-
geborgen [in Nacht gehüllt] | für dich giebt’s keinen Mor-
gen. A Meißner Gd. 77 u. ä. m.
Anm. Ahd. mhd. birgen, Stammw. von Berg, Burg
und Bürge, die alle drei das Sicherheit Gewährende bezeich-
nen ꝛc. Zuw. der Imperativ ſchwachformig: Berge.
Klencke Geſp. 3, 114; 115; Verberge. G. 8, 42; 113 ꝛc.:
Der Konjunkt. des Impf. oft umſchrieben (ſ. Sanders Orth.
27), doch Bärge. Gutzkow R. 9, 280; Müllner 3, 229;
Sch. 67b; Schwab 306; Verbärge. Forſter Sak. 150; G.
9, 159; 13, 165; 29, 222; Hölderlin H. 1, 56; Salis
91; Sch. 583a; V. Br. 1, 225 ꝛc., daneben: Verbürge.
Ruge Rev. 2, 255; Alexis H. 2, 3, 110, wo verbirge
ſteht ꝛc. Veralt. Impf. ſie verborgen. 2. Kön. 7, 8.
Zſſtzg. z. B.: After- [1]: (ſchwäb.) Obſt, nach-
dem es ſchon geſchüttelt worden, nachleſen. Eīn-
(ſelten): Barg ſich ein in ſeine weißen Zelte. H. 8, 159;
Du birgſt dich nirgend ein. Opitz 1, 10. Ver- [2]:
Etwas, ſich verb., vor Einem, veralt.: von Einem (Jeſ. 54,
8), Einem verb., verſchieden: Ein Päan ..., dem ſchamroth
Pindar ſelbſt ſich birgt. V. 4, 115, vor dem er zurück-
weicht, zurückſteht; Sie, die wie ein Veilchen ſich dem Lobe
verbirgt [entzieht]. H. R. 7, 16; Der Freude | Botſchaft,
ſie verbirgt ſich ſchwer [läſſt ſich ſchwer ver-b.]. Cid. 48 ꝛc.
Mit Müh verbirgt ſie noch ſich hinter einen Baum. W.
20, 108; Verbirg dich hinter dieſen Steine n. 12, 88; Da-
hinter liegt Etwas verborgen. Engel; Das Räthſel, wohinter
die Natur ſich verbirgt. G. ꝛc. Die Pyrenäen ver-b. | ihn
gaſtlich in ihre m Schoß. Chamiſſo 3, 265; Was der geheiligte
Kreis ſeltſam in Bildern verbarg. G. 1, 232 ꝛc. Verbirgt
ſich in die dichtſten Gruppen. Chamiſſo 4, 175; Verbarg ihre
Augen ins Schnupftuch. G. 14, 141; Einer That, die ich ſo
gern ins klanglos dumpfe Höllenreich der Nacht | verbergen
möchte. 13, 42; 31, 9; Verbirg ihm ſtets die unwillkomm-
nen Züge | der ſtrafenden Satyr’ in ſchlaue Tändelei. W. 12,
159. Der [ſchweigende] Menſch bleibt unter der Zunge
verborgen. G. 4, 66; Maximen, die ſich unter einem Wuſt
von einzelnen Recepten verbargen. 39, 410. Seine Ge-
nießbarkeit unter bitter e u. hart e Schalen zu v. Börne 1, 310;
Indem ſie ihre Verlegenheit unter ein liebes Lächeln ver-
barg. G. 14, 126 ꝛc. Oft im Partic. = dem Anblick
entzogen, heimlich, geheim, unbekannt ꝛc.: Verzeihe mir
die verborgenen Fehler. Pſ. 19, 17; Eine tief verborgene Eigen-
ſchaft. G. 39, 251; Zogſich ins Verborgene. 13, 327; Laß die-
ſen Schritt mich ins Verborgne thun. 336; Im Verborgnen
verwahr’ er mich. 350; Als ſie dem Jaſion ... ihres unſterblichen
Leibs holdes Verborgene gegönnt. 1, 232; Sprach zur Mut-
ter unverborgen [offen, frei]. Rückert Nal. 211 ꝛc.
Dazu: Verborgenheit = Das, was oder: der
Ort, wo man verborgen iſt: Geheimnis, Heimlich-
keit, Verſteck: Von der Verborgenheit der katholiſchen Wahr-
heit. Fiſchart B. 54a; Geſchichten, die uns die menſchliche
Natur und ihre Verborgenheiten auf einen Augenblick eröffnen.
G. 19, 231; Dem Hauptſchlüſſel aller wiſſenſchaftlichen
Verborgenheiten. 39, 73; 121; Ich habe mir bisher in mei-
ner Verborgenheit ganz wohl gefallen. Sch. 627a ꝛc. Ver-
bergung eines Geheimniſſes ꝛc.; ungewöhnl. ſtatt Ber-
gung [ſ. 1]: Der Herr wird eine Verbergung [Schutz] ſein
vor dem Wetter. Jeſ. 4, 6.