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Auge
Āūge, n., –s; –n; Äug(e)lein, Äugelchen; –n-,
Aug-: 1) das Werkzeug des Sehns im thieriſchen Kör-
per, bald mit Einſchluß der äußern umgebenden Theile,
bald ohne dieſe und oft nur einzelne Haupttheile, z.B.:
Einem die A–n braun und blau ſchlagen; mit einem blauen
A. davon kommen ꝛc. in Bezug auf die äußern umgeben-
den Theile; Blaue, braune A–n haben dagegen in Bezug
auf die die Pupille umgebende Regenbogenhaut; Rothe,
entzündete A–n haben, auf die innern Ränder der Augen-
lider ꝛc. (ſ. 6 ff.). 2) der Theil ſt. des Ganzen:
a) die ſehnde Perſon: Die Felder haben A–n, die Wälder
Ohren, (Sprchw.) überall ſind Späher und Lauſcher;
Kein Winkel ohne A–n ꝛc.; Komm mir nie wieder vor die
A–n, laß dich nie wieder vor mir (vor meinen A–n) ſehen;
Kein lebendig A. [kein Lebendiger] wird mich mehr ſehen.
Hiob 7, 8; Jch war des Blinden A. [Führer] und des Lah-
men Füße. 29, 15; Du ſollſt unſer A. ſein. 4. Moſ. 10, 31;
Dir, dem Aug und Ohr deines Herrn. Alexis Dor. 1, Kap. 9;
Er iſt das Aug, ja die fünf Sinn aller Koncilien. Fiſchart B.
43a; Er war des Herzogs rechtes A. G. 29, 126 ꝛc.; Er
iſt der Arm des Jünglings in der Schlacht, | des Greiſes
leuchtend Aug’ in der Verſammlung. 13, 57 [ſtark wie ein
Junger, umſichtig wie ein Alter]; FSchlegel Al. 36 ꝛc.;
Das A. Gottes, des Herrn ꝛc. bibl. oft = Gott; Untrüg-
lich, allerforſchend Aug’, du ſiehſt ꝛc. Sch. 459 a ꝛc. S. auch
Zſſtzg. wie Blauaug ꝛc. (blauäugige Perſonen) und
Thiernamen wie Rothaug ꝛc. b) A., ganz (nur) A.
ſein, von einem Anblick ſo eingenommen ſein, daß man
Nichts thut als ſieht: Ganz A., ganz Gefühl. W. 12, 240;
Ganz A., ſtand ich da. 256 u. v., vgl. Ohr u. ſ. 1. Kor.
12, 17. c) A. zur Bez. der Gegenwart, der Beauf-
ſichtigung: Des Herrn A. macht das Vieh fett, düngt das
Feld ꝛc. d) Zwei A–n als Bez. einer Perſ., wie man
auch nach Köpfen zählt: Daß Barbarei die Völker drückte |
und daß es helle Zeiten gab, | das hing oft von zwei A–n
[von einer Perſon] ab. Lichtwer 159; So lange als zwei
große A–n noch offen ſind. L. 12, 359 (vgl.: 13, 400!)
= ſo lang die Kaiſerin noch lebt; Einen Verblendeten ..,
den zwei A–n [ein Mädchen] zum Thoren machten. Sch.
359 b; Vier A–n ſehen mehr als zwei (zwei Menſchen
ſehen mehr als einer): Unter vier A–n, ſo daß außer
dem Sprechenden und dem Angeredeten Niemand zu-
gegen iſt; Eure Mutter will euch todt; | um vier A–n thut
Das noth. Kretzſchmer V. 2, 109; Jedenfalls ſteht der Manns-
ſtamm auf wenig A–en. Mügge Silt 1, 171; Stahr Par. 2,
273 u. o. 3) Als Sitz des edelſten Sinns wird das
A. (ſ. Augapfel) beſonders ſorgſam gehütet: Wie das
A. hüten, lieben. B. 460 a; Theuer und werth wie das Licht
der A–n achten. V. Moſch. 4, 9; Ein Wundergut .. das ich
mehr als meiner A–n, meines Lebens Licht | mit Freud’ und
Furcht, mit Luſt und Sorge pflege. G. 13, 232; Was lieber
mir als dieſes Augenpaar. W. 11, 59; 140; 205 ꝛc.; Sein
ander Aug und Herze, | Breslau [das von ihm ſo werth
geachtete]. Mühlpforth Gl. 3. 4) Wie dem Körper,
wird auch dem Geiſt, der Seele, dem Verſtande, der
Phantaſie ꝛc. ein A. beigelegt, wie man von Sehn, Ein-
ſicht, Anſchauung des Geiſtes ſpricht ꝛc.: Unſrer Seelen-
A. Brockes 9, 377; Was da hell .. vor mein innres A. trat.
Chamiſſo 4, 315; Die A–n der Gedanken. Opitz 1, 15; Wer
ſeiner Vernunft die A–en ausſticht. Schlegel Mißd. 109; Die
A–n des Verſtandes aufthun. Zinkgräf 1, 48; „Aber daß die
Sonne daſei, ſaheſt du“ Mit dem körperlichen A., aber
nicht gewiſſer als den Gott der Sonne mit dem geiſtigen. W.
16, 75 ꝛc. 5) Oft werden perſon. Ggſt. (ſ. 12) A–n
beigelegt: Dem Elend, der Noth, Sorge, Gefahr, dem Tod
ins A. ſehn, unter die A–n treten ꝛc.; Auf zwei Welttheile.
ſchauen ſeine [des Berges] weithin leuchtenden A–n. Bodenſtedt
1, 43; Das A. des Jahrhunderts wird ſich ſchließen, bevor
ꝛc. Börne 2, 259; Sich dem A. der Welt zu entſtehlen. Sch.
111b; 489a. Zu 1—5 gehören viele Verbindungen,
von denen die gewöhnlichſten folgen (6—11): 6) mit
Ew.: Blaue, braune [ſ. 1], graue, ſchwarze, dunkle, helle
[der Farbe nach], helle, klare, friſche, glaue, gute, ge-
ſunde, ſcharfe, ſtarke, wackre, dunkle, düſtre, trübe, finſtre,
blöde, rothe, entzündete, kranke, wehe (Stilling 3. 162; 108),
ſchwache, grade, ſchele, ſchielende, kurz-, weit-, ſcharf-
ſichtige, brennende, durchdringende, feurige, funkelnde,
glänzende, lebhafte, lodernde, ſtechende, glanzloſe, glaſige,
matte, ſtumpfe, wäßrige, rollende, ſtarre, ſtiere,
glotzende, hervorquellende, tiefliegende, hohle, ſchön, häß-
lich geformte, geſchlitzte, dürre, trockne, feuchte, naſſe, ver-
weinte A–n ꝛc., nam. auch nach dem ſich darin kund-
gebenden Ausdruck: Sprechende, nichtsſagende; gutmüthige,
boshafte; ſchelmiſche, einfältige; kluge, dumme; geiſt-reiche,
-loſe; wilde, ſanfte; zärtliche, ſchmachtende, wollüſtige,
kalte; hoffährtige (Spr. 21, 14), hohe (Pſ. 18, 28), ſtolze
(13, 1) A–n; Er hat wahre Künſtleraugen, ich möchte ſie
muſikaliſche nennen. Reinhard G. 19 ꝛc. Zuw. (ſ. v.)
doppeldeutig: Ein offnes A., ein nicht geſchloßnes,
äußern Eindrücken zugängliches, waches A., oder eins,
worin ſich Offenheit und Ehrlichkeit ausſpricht ꝛc.
Ferner: Blinde, ſehnde A–n. Das äußre, körperliche,
leibliche, das innre, geiſtige A. [4]. Das [mit einem
Glas] bewaffnete, bloße, nackte A. ꝛc.; Es gehört nur
ein halbes A. dazu, um zu unterſcheiden. Forſter B. 2, 268
[ſ. 11i] ꝛc. 7) als Subj. bei Zeitw. (alphab. nach
dem Grundw.): Soweit das A. blicket. Sch. 55b; Das A.
blinzelt. Immermann M. 1, 254; blitzt. Sch. 30b; bricht.
Uhland 283; bricht noch einmal auf [des Sterbenden].
Gutzkow R. 7, 375; brennt. Uhland 168; fällt zu [vor
Müdigk.]. Hebel 3, 137; flammt. Uhland 122; fliegt da-
hin. Spr. 23, 5; fließt. Pſ. 119, 36; funkelt; gafft auf.
Klagl. 4, 17; geht auf [man kommt zur Einſicht]. Hebel
3, 125; geht über [von Thränen]. G. 1, 150; glänzt.
Uhland 283; glaubt ſich ſelbſt, das Ohr Andern ꝛc.; glüht.
Uhland 201; hängt an Etwas. Sch. 71b; juckt; Was es
nur verlangt; läuft [geht] über. Stilling 1, 135; lauſcht, er-
lauſcht Einen. Uhland 284; legt bei Licht ab [wird ſchwach].
Tieck N. 5, 218; leuchtet; lodert. Kinkel E. 25; loht. Meiß-
ner Gd. 18; öffnet ſich; rollt; ſchielt; ſchießt leuchtend. Heine
Lied. 267; ſchießt hin und wider. Paracelſus 1,913a; ſchlägt ſich
auf. Mörike N. 1,50; ſchließt ſich; ſchmachtet, verſchmachtet. Hiob
11, 20; ſchwimmt. G. 14, 123; ſieht ſcharf, weit, hell ꝛc.
(Die A–n ſehn in die Gerſtenflur = ſchielen. vHorn Schmj.
47); ſonnt. Heinſe A. 1, 174; ſpäht, erſpäht Einen; ſpielt
(ſcherzt). Hagedorn 2, 245; ſpringt aus dem Kopf. Freilig-
rath Pol. 1, 25; ſtarrt. 1. Kön. 14, 4; ſteht offen [ſ. 2];
ſteht voller Waſſer. Stiling 1, 135; ſtrahlt. V. Il. 19, 15;
thränt. Hiob 16, 20; wacht. Lichtwer 123; wartet auf Einen.
Pſ. 145, 15; weidet ſich an Etwas. Mörike N. 604; weint.
Lichtwer 86; zuckt. Gutzkow R. 8, 38; zwinkert. Heine Rom.
196 u. ä. m. 8) im Genit.: Des A–s Apfel. G. 5,
10; Das Weiße eines ſchielenden A–s. Sch. 709 a; Stern
des A–s. 523b; Der Mann des A–s [arab.], bei uns die
Pupille, das Kindchen des A–s. Rückert Mak. 1, 77 ꝛc.
Sättiget der A–n Hunger. Alxinger D. 191 ꝛc.; Wenn mir
der A–n Licht .. verſagt [3]. G. 13, 256; Der Sinn des
A–s. 14, 167; Seines A–s Blitze. Kinkel 8; Nimm hinweg
des A–s Wolke. Sch. 56 a; Ihrer A–n Spiel. Uhland 20 ꝛc.
—; Feſten A–s [11 i] auf Etwas ſehn ꝛc. 9) im Dat.:
Seinen A–n nicht glauben, nicht trauen wollen; ein Feſt
geben. G. 14, 170; eine rechte Weide. 198; einen Schmaus
bereiten ꝛc. 10) als Obj. bei Zeitw. (alphab., nach
dem Grundw.): Die A–n: Etwas beizt ſie. Uhland 415;
ſie verbinden. V. 301; blenden. Gd. 186; durch Geſchenke.
1. Sam. 12, 3; verblenden. Joh. 12, 40; zublinzen. Sch.
111 b; drehen. Hebel 3, 117; verdrehen, wie ein [geſtochnes]
Kalb. Gutzkow 8, 404; drücken. Sir. 22, 23; zudrücken [dem
Todten]. Tob. 14, 15; eins zudrücken, aus Rückſicht für die
Schwachen. Alexis H. 2, 3, 137 u. o. [abſichtlich Manches
überſehn]. Es giebt ſaure A–n [man wird ſauer an-
geſehn]. Gotthelf G. 43; ſchele A–n. Weidner 56; naſſe.
Schweinichen 3, 47 [Thränen]; Einem gute Worte und gute
A–n [Blicke] geben. W. 12, 10; Einem nicht die A–n im
Kopf gönnen. A–n haben [ſehn]. G. 39, 314 ꝛc.; Wo
haſt du die A–n gehabt [daß du Das nicht geſehn]?; Die
A–n in der Taſche haben [von Einem, der ohne Brille
nicht ſehn kann und ſich ihrer nicht bedient]; Die A–n
überall haben. Gutzkow R. 1, 106; hinten und vorn haben;
Indem ſie die A–n bald in der Küche und vor der Kellerthür,
bald aber auf dem Hühnerplatze gehabt. Möſer Ph. 1, 45;
Er verhieß ihm, wenn er in den geiſtlichen Stand trete, ſein
A. auf ihm zu haben [2c, etwa: es ſorgend, beobachtend
auf ihm ruhn zu laſſen], gewöhnl. bei Perſ. (auch
Sachen): Ein A. auf Einen ꝛc. haben [ihn beachten,
beobachten]: Sieh wohl zu, | Bertram, ich hab ein [miß-
trauiſches] Aug’ auf dich. Böttger B. 8, 208; Ein A. auf
die Tochter [Heirathsabſichten] haben. Forſter B. 1, 284;
Da der Paſtor immer ein A. auf ihn hatte [Etwas an ihn
ſuchte]. Stilling 2, 16 ꝛc.; Er hat nur A–n für ſie [ſieht,
beachtet ſonſt Keine] ꝛc.; Die A–n voll Waſſer [Thränen]
haben. Lewald W. 1, 30 ꝛc.; A–n haben wie ein Adler, Falk,
Luchs ꝛc., wie ein Maulwurf. Eine Krähe hackt (beißt,
kratzt) der andern die A–n nicht aus; Weh denen, die dem
Volk die A–n [zu-] halten! Sch. 525a; Luk. 24, 16; Die
A–n zuhalten. Jeſ. 33, 15; auf-, offen halten. W. 10, 101;
heben. Uhland 6; auf-. 1. Moſ. 13, 10; empor-. Jeſ. 37,
23; hinauf-heben. G. 39, 379; auf Etwas heften; Einem
eins verkleiſtern [ihn beſtechen, daß er eins zudrücke];
Die A–n zukneifen. Lewald Ferd. 2, 189; läutern. Luther 8,
258 b; beleidigen; letzen. Uhland 58; verletzen; erleuchten.
Pſ. 19, 9. Du wirſt gaffen! Du wirſt A–n machen! Sch.
106a u. o., als Zeichen ſtaunender Überraſchung; Ein
Paar große A–n. Hebel 3, 146; kurioſe. 129; gewaltige.
Sch. G. 213; verwunderte. Immermann M. 1, 349; ge-
wundrige. Gotthelf G. 164; ſeltſame (ebd.); A–n wie Pflug-
räder (U. 2, 26) machen; ein Paar mächtig große A–n auf-
machen. W. 1, 49; A–n machen, wie ein abgeſtochnes Kalb
[ſie verdrehn]. Gutzkow R. 6, 195; wie ein Schwein, das
abgeſtochen werden ſoll. Gotthelf Sch. 6; ärger als ein ertau-
beter Stier. G. 280 ꝛc.; Süße. 279; freundliche. Hebel 3,
39; ganz kleine A–n machen [ſie zuſammenkneifen]. Börne
2, 430; Was würdeſt du für gebeizte [thränende] A–n
machen? Gutzkow R. 2, 187. Die A–n öffnen. G. 10, 31;
eröffnen. 39, 337; an Etwas berauſchen. W. 11, 127; rei-
ben. Chamiſſo 3, 232; aufreißen. W. 1, 125; ausreißen.
Matth. 5, 29; Wenn ſie das Auge nach ſich reißt [zieht]. G.
4, 25; Die A–n auf Etwas richten. 14, 188; rollen. Sch.
546a; ſich aus dem Kopf ſchämen. Goltz 1, 149; ſchärfen.
Guhrauer L. 1, 270; ſchießen laſſen. Uhland V. 80; auf-,
niederſchlagen. Gd. 251; Das geſenkte, das geſchloſſene
A. aufſchlagen; Die A–n ſchließen [ſchlafend od. im Tode].
Sch. 489 b; ſich faſt as dem Kopf ſehn. Gotthelf G. 339;
ſenken. Uhland 242; es ſetzt [giebt] naſſe A–n; die A–n
ſpannen. Guhrauer L. 1, 254; aufſperren. G. 10, 119; ſcharf
ſpitzen. Gutzkow R. 2, 88; ausſtechen. Richter 16, 21 [ſ.
12a]; auf-, zuthun [öffnen, ſchließen]; kein A. zuthun
[gar nicht ſchlafen]. Ramler F. 3, 103; Die A–n werden
euch aufgethan | einſt, wenn ihr die A–n zugethan [im Tode
kommt ihr zur Erkenntnis]. Rückert Mak. 1, 84; Die
A–n hoch tragen. Spr. 30, 13 [ſtolz]; an Etwas weiden.
Sch. 16 a; ſich aus dem Kopf weinen, ausweinen. Klagl. 2,
11; abwenden. Pſ. 119, 37; kein A. ab-, Chamiſſo 4, 243,
verwenden, Heinſe A. 1, 311; ein A. auf Etwas werfen.
Opitz 1, 15; die A–n hin und her werfen. Spr. 17, 24;
wiſchen [die thränenden]. L. 13, 595; ſich die A–n mit den
Hacken auswiſchen wollen [verkehrt ꝛc.]. Zelter 1, 364; Die
A–n auf ſich ziehn [Aufmerkſamkeit erregen]. Mörike N.
350; in den Keller ziehn [niederſchlagen]. Luther 5, 531b;
Einem aufziehn [öffnen]. W. 12, 296 u. ä. m.
11) abhängig von Präpoſ.: a) An den A–en Einem Et-
was abſehn. Immermann M. 3, 46, anſehn. G. 1, 69; An
Jemandes A–n ſich bilden. 258, hängen. W. HB. 1, 30,
ſich ſonnen. Uhland 14 ꝛc.; An ſeinem innern A. vorüber-
gleiten laſſen. Lewald W. 3, 270 ꝛc. Veralt., mund-
artl.: An [mit] mehr als einem A. ſehen. Gotthelf Sch.
318; An [auf] einem A. blind. W. 11, 167 ꝛc. b) Auf
[ſ. a] dem A. ein Fell haben. 3. Moſ. 21, 20; Einem den
Daumen auf dem A. (G. 9, 39; 34, 38), aufs A. halten
(Muſäus M. 2, 71; Tieck N. 3, 196), ſetzen (Prutz Muſ. 3, 69)
ꝛc. = ihn durch überlegne Gewalt zwingen, in ſeinen
Schranken halten; Das reimt ſich, paſſt wie die Fauſt aufs
[ſ. h] A. Gotthelf Sch. 129; Zinkgräf 1, 156 = ſchlecht,
gar nicht; Einem Geld aufs A. drücken, ihn beſtechen ꝛc.
S. auch 13n; 12i. c) Aus den A–n [entfernt], aus
dem Sinn; Aus meinen A–n! [fort]. B. 301b; 311 a;
Solch Dräuen iſt zu weit aus den A–n. Sir. 16, 21; Einen
nicht aus den A–n laſſen [immerfort beobachten]. Etwas
aus den (außer, G. 17, 220) A–n laſſen, ſetzen, L. 5, 46,
(veralt.) thun, Luther 5, 360b, darauf keine Rückſicht
nehmen ꝛc.; That einen ſchmachtenden Blick aus ihren großen
ſchwarzen A–n. Heinſe A. 1, 159; Nicht aus meinen A–n kann
ich ſchauen. Talvj 2, 230; Starret ſie aus [mit] großen A–n
an. W. 12, 290; Wenn er aus [mit] meinen A–n ſähe.
21, 64; Er betrachtete dieſe Bilder aus den A–n [aus dem
Geſichtspunkt] des Kindes. G. 18, 194 ꝛc.; Einen Helden,
der aus andern A–n ſieht [anders ausſieht, einen andern
Eindruck macht]. L. 12, 275, ſo auch von Sachen [ſ. i];
Es ſieht ihm der Schalk, nichts Gutes aus den A–n [man
ſieht ſeinen Augen an, daß er ein Schalk iſt, nichts
Gutes im Sinn hat]; Der leibhafte Hunger guckt’ ihm
aus den A–n. Miller Siegw. 53; Dem Menſchen ſieht ja der
Vagabunde und der Narr obenein aus den A–n heraus. Tieck
N. 3, 170 ꝛc.; Dem Großvater wie aus den A–n geſchnit-
ten [ſprechend ähnlich]. Engel 12, 354; W. 12, 7 ꝛc.
d) Bei ſehenden A–n blind. Immermann M. 2, 289
ꝛc. e) Beſſer, ich ſehe ſie durch die A–n [vgl. Brille]
ihres Liebhabers. G. 14, 20. f) Nichts iſt gut für
die A–n, aber ſchlecht für den Bauch (Sprchw.).
g) Das Weiße im A. Einem nicht gönnen ꝛc. Den Splitter
im A. des Nächſten, den Balken im eignen nicht bemerken.
Matth. 7, 3; Ein Dorn, Stachel im A. [was dies verletzt,
etwas Verhaßtes]. Bodenſtedt 2, 166; Stilling 4, 157 ꝛc.;
ſeltner: Skorpion im A. Schlegel Cymb. 5, 5. Nicht
gegeſſen, daß es einer Fliege im A. weh gethan hätte [das
Geringſte, ſ. Schmeller 1, 37]. Gotthelf Sch. 250. Der
Sandmann [ſ. d.] in den A–n. Immermann M. 1, 51.
Im A., in den A–n ſteht eine Thräne, G. 15, 18, ſchwimmt
es perlengleich, Heine L. 34, Ruß haben [nicht ſehen kön-
nen], Keller gH. 3, 32; Die Abendſonne liegt mir in den
A–n. G. 17, 227 ꝛc. In meinen A–n [nach meinem
Urtheil]. Haler XI. Einen Punkt im A. haben [als Ziel
der Betrachtung ꝛc.], G. 17, 184 u. o., behalten, FSchle-
gel Fl. 1, 35 ꝛc. (ſ. h). h) In die A–n [ins Geſicht,
Ggſtz.: hinterm Rücken] Einem lachen ꝛc. Ramler F. 2,
542. Einem dreiſt, getroſt, grade, ſcharf ꝛc. in die A–n
ſehn, blicken. G. 10, 118; 13, 339 ꝛc.; Sie haben der
Wittwe zu tief in die A–n geſehn, Sie ſind verliebt. Engel
12, 300 ꝛc.; Etwas blinkt (Thümmel 5, 21), ſticht Einem
[ſelten: Einen. Rabner 3, 57] in die A–n, reizt ſein Verlan-
gen. G. 10, 127; W. 10, 72; 11, 169; „Ich ahne faſt, warum
Birbante Dir | ſo ſehr ein Dorn im A. [g] Flordelis.“ | Er
ſticht mir wenig in die A–n. | „Weil Du zu viel in Guidos
A–n ſiehſt.“ Platen 3, 130 ꝛc. Etwas fällt, G. 14, 229;
31, 39 ꝛc., leuchtet, 18, 87; 39, 327, ſcheint, Gotthelf G.
264, ſpringt, Heinſe A. 1, 240, ſtrahlt, Stilling 4, 67, tritt
in die A–n, iſt augenfällig, nicht zu überſehn, klar.
Kam kein Schlaf in meine A–n. 1. Moſ. 31, 40; Das Waſſer
kommt, ſchießt Einem in die A–n. Gutzkow R. 6, 396; Hebel
3, 261; Die Wuth treibt Thränen in die A–n. Freiligrath
Pol. 1, 53 ꝛc. Einem Ruß, Sand, Staub ꝛc. in die A–n
blaſen, ſtreuen, werfen. Forſter B. 2, 132; Vogt Köhl. 94;
Waldau N. 1, 83 [ihm die klare Einſicht nehmen, um
ihn zu betrügen] ꝛc.; Einen, das Kalb [Einem, dem Kalbe
Ruge Nov. 118] in die A–n ſchlagen [rückſichtslos han-
deln]. L. 10, 194; 12, 230; 13, 156, zuw. = fehlen,
ſich vergehn. Weidner 49; Reimt ſich wie eine Fauſt ins
[ſ. b] A. Fiſchart B. 54 a. Etwas [als Zielpunkt] ins
A. faſſen (ſ. g). G. 13, 345; 22, 4 ꝛc. Veralt.: Et-
was in die A–n bilden [ihnen vorführen, zeigen]. Luther
5, 360 b. i) Mit A–n ſehn; verſtärktes: ſehn (vgl.:
Mit Händen greifen ꝛc.), mit dieſen ſeinen eignen A–n ſehn,
ſ. 1. Moſ. 26, 28; Chamiſſo 4, 282; G. 33, 32 u. v.,
Ggſtz.: Jch hab ihn mit keinem A. [nicht] geſehn. Verſch.:
Mit ſeinen eignen A–n ſehn, ſelbſtändig urtheilen; Sähe
er die Welt mit [ſ. c] meinen A–n. Aber freilich ſieht ein
Jeder mit ſeinen eignen A–n. Forſter B. 1, 260; L. 11, 26;
65 ꝛc.; Mit feſtem A. [ſ. 8] in die Sonne blicken. Schlegel
Cymb. 1, 5; Etwas mit naſſen, trocknen A–n anſehen; Et-
was mit kritiſchem, prüfendem, ſchonendem, mildem, ſchelem,
neidiſchem A. anſehn, betrachten; Etwas mit den A–n der
Seele, nicht bloß obenhin leſen. Tieck DBl. 2, 128; Etwas
4
mit nacktem, bloßem, unbewaffnetem A. [6] erblicken; Das
könnt’ Er, dächt’ ich, mit halben [halbgeſchloſſnen] A–n
ſehen. Engel 12, 118 ꝛc. Einen mit den A–n meſſen.
Chamiſſo 4, 33 ꝛc. Mit den A–n blinzeln. Gutzkow R. 2,
204, zwicken, Auerbach Dicht. 2, 47; 113, zwinkern, Heine
Lut. 1, 251; Immermann M. 1, 4; 115 ꝛc., winken,
Sir. 27, 25; ſpotten, Pſ. 35, 19 ꝛc. Mit einem blauen
[ſ. 1] A. davon kommen. Forſter B. 1, 244; Tieck A. 1, 41
ꝛc. mit geringer Verletzung, mit verhältnismäßig klei-
nem Schaden ꝛc. Alles ſieht noch mit den alten A–n
[ſ. c]. Zelter 1, 315, iſt unverändert. k) Eine trübe
Wolke lag über ihrem A. G. 14, 132; Den Schleier der
Blindheit über die A–n des Geiſtes werfen. Stahr Rep. 1,
120 ꝛc. 1) Es ward mir blau und roth um die A–n [ſ.
o.]. Alexis H. 1, 1, 143. m) Unter vier A–n [2d];
Unter meinen A–n [in meiner unmittelbarſten Nähe, ſo
daß ich es deutlich ſehe]. Chamiſſo 4, 255; Thümmel 1,
8 ꝛc.; Einem unter die A–n [muthig entgegen, ſeinen
Blick nicht ſcheuend] gehn, Forſter B. 2, 193, treten, 70;
G. 23, 319, ſehn, Mörike N. 6, Etwas ſagen, G. 15, 16,
bringen, Sch. 2, 175 ꝛc., (veralt.) böſen Wind blaſen, Luther
8, 312b, ſpeien, 6, 319 b, ſtoßen, 8, 260b, ſchelten,
Weish. 4, 20, widerſtehn, Gal. 2, 11, ſtellen [bringen], Pſ.
50, 21 ꝛc. n) Von den A–n fällt es wie Schuppen.
Apoſtelg. 9, 18, wie Staar, Sch. 110 b, ein Nebel, G. 31, 22,
die Binde, Chamiſſo 3, 324, fallen die Schuppen. Immermann
M. 3, 231 ꝛc.; Von A–en wie ein Luchs. Rückert R. 70a ꝛc.
o) Vor Jemandes A–n, in ſeiner Gegenwart. 1. Moſ.
42, 24 ꝛc.; Laß mich Gnade finden vor deinen A–n [vor
dir, ſ. 2]. 30, 7 ꝛc. Etwas iſt, 2. Moſ. 20, 20, liegt,
G. 39, 229, ſteht, Tieck A. 1, 305, man hat, G. 4, 40,
ſieht es, Schlegel Mißd. 95, vor A–n = gegenwärtig, alſo
bald: klar, anſchaulich, deutlich, bald: als beſtimm-
tes Ziel, bald: drohend (z. B. den Tod vor [veralt.
für, Luther 5, 533a ꝛc.] A–en haben) ꝛc.; Einen nicht vor
A–n ſehn [ſeinen Anblicknicht ertragen]können. W. 20, 98.
Es fackelt, Hebel 3, 347, ſchwimmt, Sch. 537b, tanzt,
Uhland 123, zwirrt, Gotthelf G. 273, zwitzert, 303, Einem
vor den A–en, es wird Einem grün und gelb, B. 66 b;
Thümmel 5, 15 ꝛc., grün und blau, Heine Reiſ. 1, 227; W.
11, 69, ſchwarz wie die Nacht, Stilling 1, 145, grau, Monat-
blätter 1, 40 b, vor den Augen, es kommt Einem grün
und gelb, Hebel 3, 184, wie lauter Hochgericht vor die A–n.
159 ꝛc. Einem vor die A–n kommen, 2. Moſ. 10, 28,
Etwas bringen, G. 13, 303, ſtellen, Fiſchart B. 42a ꝛc.
Die Hand vor die A–n halten, um ſie zu verdecken; Hielt
die Hand vors [übers] A., um ſchärfer ſehen zu können. Kin-
kel E. 391 ꝛc. p) Zu A–n und Naſen [zu Geſicht] Et-
was bekommen. G. Merck 2, 253; Zu Handen oder A–n kom-
men. Zelter 4, 345 ꝛc. Schaut kaum zu [aus] den A–n
heraus. Uhland 45. Wie hat man zu den [durch die]
A–n | ihr in das Herz geſchaut. Chamiſſo 6, 238. Der
Mähre zum A. ſehn (ſprchw.). Gotthelf Sch. 190, ge-
hörig aufpaſſen. 12) Auch nicht-perſonif. Ggſt. (ſ.
5) werden A–n beigelegt als Bez. Deſſen, wodurch ſie
Licht, Glanz, Bedeutung erhalten (vgl. 13), z. B.:
a) Heute noch iſt Gellert’s Grab das allgemein geſuchte A.
des großen Gottesackers [in Leipzig]. Laube DW. 5, XXXII
= Glanzpunkt, und daher: Einem, einer Sache die A–n
ausſtechen (ſ. d.), ſie verdunkeln, nam. auch überſtrah-
len, übertreffen, vgl.: [Weil ſeine frühern Übertretungen]
viel wichtiger und dieſen allen, wie man ſagt, die A–n aus-
beißen möchten. Luther 5, 17 a ꝛc., auch: Mit den Lichten
vieler Gebot hat man dem Tag göttlichs Gebots gar nahe
die A–n ausgeleuchtet. 1, 166a ꝛc. b) Bergb.: ein
gediegnes Körnlein in Erzſtufen. c) bei Edelſteinen
und Perlen = Feuer, Waſſer, ihr Glanz: Mit jedem
andern Geſtein dem A. nach wetteifernd. G. 40, 141.
d) Glanz von Zeugſtoffen: A. des Tafts (ſ. 13a) ꝛc.
e) Fenſter, A–n des Hauſes (ſ. 13b): Dort in der Häu-
ſer Menge, | Stirn über Stirn vorſtrebend, mit den Reihn |
lichtdurſt’ger A–n blitzt es auf. Riemer Ged. 2, 321; Hack-
länder Stillfr. 1, 9; 168; Immermann M. 1, 101; Stahr
Par. 1, 214; Heine Reiſ. 3, 252; Die Häuſer ſchliefen mit
geſchloßnen Fenſter-A–n. 4, 47; Nothrahmen mit kleinen
trüben Glas-A–n. Freitag Soll 2, 267 ꝛc. Vgl.: Er ſchlug
mich in die A–n, daß ich mich wohl vier Wochen lang mit
einem blauen Fenſter ſchleppen mußte, ſ. Prutz DM. 1, 2,
690; Giſander Felſ. 2, 437 ꝛc. f) Geſtirne als A–n
der Natur, der Welt, des Himmels ꝛc., z.B. die Sonne.
Bodenſtedt 1, 147; Freiligrath 1, 371; Haller 2; 31; W. 10,
128; 12, 252; Des Tages Flammen-A. ſelber bricht.
Sch. 47b; Welt-A., liebe Sonne! Gleim 4, 171 ꝛc.,
der Mond: JP. 21, 33; Das blaſſe A. der Nacht. Heine
Reiſ. 3, 202; Nachtaug mit dem dunkeln Scheine. Freilig-
rath 1, 314; Sonn’ und Mondensſchein, die A–n dieſer
Welt. Opitz 1,⏑54 ꝛc., die Sterne: Die ſchönen A–n
der Frühlingsnacht. Heine Reiſ. 2, 260; Die Sternen-
A–n. Lied. 329 ꝛc. g) vom Waſſer: Langſam ringt |
im dunkeln Schacht die Fluth, bis ſie .. den goldnen Tag
mit klaren A–n grüßt. Geibel Rod. VIII; Die Ströme ſind
die A–n der Landſchaft [verleihn ihr Ausdruck und Glanz].
Novalis 1, 109; Kühne Fr. 1, 3; Das Land ... mit ſeinem
blauen A., dem klaren Bodenſee. Schwab 491. h) von
Blumen: Die Blümlein im Graſe mit klugem Aug. Boden-
ſtedt 1, 30; Die blauen Frühlings-A–n .., die Veilchen.
Heine N. Gd. 18; Die Erde, der noch die hellen Thränen in
allen ihren Blumen-A–n zitterten. IP. 21, 144; Schauen
dich die großen A–n der Sonnenblume feurig an. 148 ꝛc.
(ſ. i). i) (ſ. h) an Pflanzen, die aus der Schale
hervorbrechenden Keime, unentwickelte Knoſpen ꝛc.:
Ob der Weinſtock blühe und A–n gewonnen. Hohel. 7, 12;
A–n treibt das junge Reis. Sch. 54a; A–n drücken, ſetzen ꝛc.;
Die Eberzähne (bis) auf ein A. zurückſchneiden ꝛc. k) (ſ.
i) der Keim im Ei. Lenz Nat. 2, 7. 13) mehr von
äußrer Ahnlichk., nam. von der runden Form benannt:
a) (ſ. 12) die glänzenden Flecke -z. B. im Schweif des
Pfaus (Ramler F. 2, 431 ꝛc.), auf den Flügeln von
Schmetterlingen (ſ. Pfauen-A.), auf der Suppe ſchwim-
mende Fett-Tropfen ꝛc. So auch ſprchw.: Einer Pfütze,
dem Blinden ein A. austreten, in Koth treten ꝛc.
b) Löcher z. B. die im Brot, Käſe ꝛc.; Aſtloch in einem
Brett; Loch in der Thüre zum Durchſehn und ſo nam.
in vielen Werkzeugen die zu beſt. Zweck darin ange-
brachten Löcher, z. B. A. der Nähnadel [Ohr], des
Beils, Hammers, wo der Stiel —, des Mühlſteins, wo
das Mühleiſen hineinkommt, des Krans, wodurch das
Tau geht ꝛc., ſ. d. folg. c) Anat.: A. eines Ge-
fäßes, der von den Wänden des durchgeſchnittnen ein-
geſchloſſne Raum. d) Bauk. ꝛc.: A. der Schnecke,
Mittelpunkt einer Schneckenlinie. e) Buchdr.:
die Oberfläche der Linien, das Buchſtaben-Ende der
Lettern. f) Feuerw.: eine hölzerne Rinne, wo-
durch die Pulverwurſt in die Minenkammer geht.
g) Gärtn.: am Kernobſt der kleine Kreis der ver-
dorrten Blüthenkelche in der Mitte der Frucht.
h) Hüttenw.: am Schmelzofen das Loch zum Ab-
laſſen des flüſſigen Metalls; ein bei der Kupfergare
auf die Herdſohle gelegtes Stück Lehm, die Taſche.
i) Reitk.: der durchbrochne höchſte Theil an den
Stangen des Zaums zum Einſchnallen des Hauptge-
ſtells. k) Schiff.: jede abſichtlich gemachte, nam.
eingeſplißte Schlinge in einem Tau; der von der inner-
ſten Bucht umgrenzte leere Raum eines aufgeſchößnen
Taus; A. des Ankers, das Loch, wodurch der Ankerring
mit dem Tau geht; A. der Blinden, Loch zum Ablaufen
des Waſſers an den unterſten Ecken des Blindenſegels.
1) Schneider: das Loch in ihrem Tiſch, die Öff-
nung zu der „Hölle“ für die bei ihnen zu bleiben
verdammten Lappen, daher der Volkswitz: Der Schnei-
der ſtiehlt nicht ſoviel wie in ſein A. geht. Wickram Rollw.
99 b ꝛc. m) Spiel.: die Punkte auf den Würfeln,
dann auch die durch ihre Zahl den Werth der Nicht-
bilder in den Spielkarten beſtimmenden Zeichen.
Dazu ſprchw. (mit wechſelnder Zahl): Auf ſeinen neun
A–n halten. vHorn Schmj. 34; rhD. 2, 56 u. o., recht-
haberiſch bei Etwas beharren. n) Strumpf-
ſtricken ꝛc.: Maſche. Muſäus 2, 133. o) Weber:
Schleife, wodurch die Kettenfäden gehn ꝛc.
Anm. Oft einſilbig Aug, nam. auch die Zſſtzg.; Verkl.
Äuglein. Lenau A. 227 u. o. (ohne Uml. Mühlpforth 2,
13); Aus vielen kleinen Äugelchen zuſammengeſetzte Augen.
Burmeiſter Gſch. 380 u. v. Seltner Genit.: des Auge.
Rellſtab 1812, Bd. 4, 70. Als Bſtw. Augen-, daneben
Aug- in loſern Zſſtzg. mit Partic. und deren Fortbildungen,
vor Vokalen: Aug- entzückend, erquickend, erquicklich (G.
4, 32), enthüllt Regis Sh. 346, ferner ſeem.: Aug-Bolzen,
Spliſſung ꝛc., allgem. in: Augapfel, ſeltner in Aug-Brau,
Deckel, Lied, Lippe, Punkt, Sproſſe, Stern ꝛc. Goth.
áugó, ahd. ougâ ꝛc. mit entſprech. Formen ſkr., gr., lat. ꝛc.
Abſtammung fraglich, vgl. Auke.
Zſſtzg. z. B. mit den Namen aller Thiere, u. zwar
das A. des genannten Thieres, ein ihm ähnliches und
Etwas, nam. eine Perſon mit ſolchem Auge bezeich-
nend. So z. B.: Hundsaugen, „dunkle A. voll ſtillen
Feuers“. Auerbach D. 4, 275; Hundsaug! B. 187b; An-
rede an einen Schamloſen; Wer, Reh-A., biſt du? Rückert
N. 104 ꝛc. Ahnlich: Warf mir mit den Blau-A–en [blauen
A–n] ſchalkhaft drohende Blicke zu. Zſchokke 8, 339; Einen
Blick von dem Blau-A. [blauäugigen Mädchen] zu empfan-
gen. 302; Siehſt du denn nicht, Blind-A., daß ꝛc. Tieck N.
7, 171; Schimpfte er die Fröſche aus: Ihr Klotz-A–en!
Grimm M. 39; Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein.
290; Die Höhlen der gottloſen Einaugen [Cyklopen]. Kohl
Südr. 1, 236, ſ. Einäugeler; Der König Einaug war’s.
Freiligrath Garb. 105, und ſo öfter in der einſilbigen
Form: Triefaug Neokleides. Droyſen A. 3, 339, zuw. auch
zur Bez. von Männern als masc. (ſ. Zſſtzg. v. Bein)
z. B.: Rief der Blauauge. Jacobi Jr. 3, 167; 190; Neoklei-
des der Triefauge. V. A. 3, 225 ꝛc. So haben (oder
ſind) Menſchen ꝛc. nach der Schärfe des Blicks: Adler-
(Muſäus M. 2, 140), Falken- (W. 11, 127), Habichts-
(Gutzkow R. 3, 3), Luchs- (L. 13, 104), oder Eulen-
(Sealsfield Tr. 1, 56), Maulwurfs- (Kant Anth. 13),
nach dem Glanz, Ausdruck und ſonſtigen Eigenſchaften
der Augen, z. B.: Gazellen- (W. 19, 268), Hirſch-, Kalbs-
(Zelter 2, 241), Kuh- (W. 13, 34), Libellen- (Heine Reiſ. 1,
183), Lobſter- [Hummer-] (Sealsfield Leg. 2, 134), Robben-
(Vogt Oc. 1, 203), Schafs- (Gutzkow R. 2, 173), Stier- (W.
13, 27); ferner: Äther- [klare] (Schwab 150), Blinz(el-),
Blitz- (Gutzkow R. 1, 245), Feuer- (Uhland 206), Flammen-
(Sch. 8a), Funkel- (Kinkel E. 284), Glau-, Glotz- (Heine Reiſ.
1, 139), Gluthen- (Werner Kr. 1, 97), Himmels- (Börne 2,
235), Karfunkel- (W. 15, 62), Kohlen- (Prutz DM. 1, 1,
581), Kornblumen (Klencke Gſp. 2, 192), Leck-, Nick-, Roll-
(Kurz Weihn. 27), Schel-, Schiel-, Schlehen- [ſchwarze]
(Hartmann Pet. 60), Sonnen-, Staar- (Stilling 2, 45), Ster-
nen-, Unſchulds- (Zſchokke 8, 301), Veilchen- (KGroth 63),
Vergißmeinnicht- (Sch. 192a), Wachs-Augen, was z. B.
auch Augen von Wachs in Wachsfiguren bez. kann.
Gutzkow Bl. 1, 95, vgl. Glas-A. ꝛc. Wir erwähnen noch:
Der Elephant blickt mit großen, klugen Menſchen-A–n.
Platen 4, 318 ꝛc., undz. B.: Kinder-A–n [2a = Kinder]
nur fürchten ſich vor dem gemalten Teufel. B. 295a; Seine
Kinder-A–n haben die Freiheit geſehen [er als Kind]. Börne
2, 10; Ein unbeflecktes Kindes-A.. .., ein beſudeltes Thier-A.
IP. 1, XXII. ꝛc.; Jener ſieht Jtalien an mit begeiſterten
Korinna-A–en [d. h. wie Korinna im Werk der Staël],
die überall nur das Herrliche ſehen, während Goethe mit ſeinen
klaren Griechen-A. Alles ſieht. Heine Reiſ. 2, 22 ꝛc. So:
Dichter- (Lichtwer 18), Droher- (Gleim 4, 161), Eltern-, Engels-
(Hölderlin H. 1, 96), Feindes- (Hebel 3, 386), Feldherrn- (Heine
Lut. 1, 226), Freundes- (Rahel 1, 342), Geiſter- (Heine Rom.
138), Geſpenſter- (Freiligrath Garb. 14), Heiden- (Alxinger D.
100), Hexen- (OMüller Ack. 413), Hottentotten- (Sch. 105b),
Jäger- (Tieck N. 4, 10), Jünglings- (G. 10, 304), Jugend-
(Keller gH. 1, 29), Junos- (W. 19, 269) Kenner- (G. 18, 233),
Kunſt- (L. 11, 419) = Künſtler- (Reinhard G. 119) ꝛc. Au-
gen u. ä. nach Analogie ins Unendliche zu mehren.
Außerdem z. B.: Áll-: allſehndes: Das A. Gottes.
Simpliciſſimus 1, 488. Argus-: ſcharfes Hüterauge.
Chamiſſo 4, 269, vgl. Ramler Myth. 15 ꝛc., auch eine viel-
äugige Schmetterlingsart [13a] Lycaena, Bläulinge,
Viel-A–n. Bīēder-: treues, biedres Auge. W. 11,
126. Bírg- (veralt.): das bei Tage blinzt, bei
Nacht ſcharf ſieht. Grimm 2, 38. Blátt- [12i]:
Blattkeim. Blūmen-, Blǖthen-: [12h; 12i],
auch blumengleiches Auge. Bócks-: Perſon mit
einem kleinern Auge; Schüſſelmuſchel Patella Lepas
und Haliotis. Bóll-: Gotthelf U. 2, 333, Boller-A.
Nemnich, Bolz.A, Schm. 1, 173; hervorſtehndes Auge, ſ.
Bolſtrig. Bútter-: Trief-A. Chríſt-: Pflan-
zenname Inula oculus Christi; Tolpis. Elſter-:
Die Zeit, die jetzt mit tauſend E–n um ſich ſchaut. Arndt Ber.
39 [elſtergleich zu plaudern] ꝛc.; auch: Leichdorn, ſ.
Hühner-A. Ērd- [12g]: Jns Meer, das blaue E.
Meißner Gd. 139. Fálken-: ſ. o., bei Pferden
Auge mit hellbrauner Blendung. Faſānen-: ſ. o.;
Pflanzenname Adonis. Fêder- [13]: Orgelb.:
eine das Ventil ſchließende Ohſe in einer Feder.
Fénſter- [12c]. Fínken-: ſ. o., veralt. eine
pommerſche Scheidemünze. Flámmen-: ſ. o., u.
[12f]. Gänſe-: ſ. o.; Buchdr. Anführezeichen.
IP. 41, 25; Bez. eines ſchlechten Drillichs. Frúcht-
[12i]. Geiſtes- [4]. Knebel 3, 41. Glánz-:
glänzendes Auge. Tieck N. Kr. 3, 90; Abend-Pfauen-
auge. Glās-: Auge aus Glas; ſcherzh. = Augen-
glas; gläſern ſtarres, ausdrucksloſes Auge, auch ein
Auge mit glasähnlichem Ring um den Stern; eine
Perſon oder ein Thier (Pferd) mit ſolchem Auge.
Góld-: Baumente; Art Meerbraſſen Sparus chry-
sops ꝛc. Grōß-: großäugiges Geſchöpf, z. B. v.
Menſchen. Beck Mat. Dol. 1, 108; Art Meerbraſſen
Sparus boops. Hāſen-: ſ. o., auch Pflanze
Geum urbanum. Hūhner-: ſ. o.; Leichdorn.
Heine Tr. 120; Verm. 1, 310 ꝛc. Hōhl-: Dem Hohl-
aug’ jener Todtenköpfe. G. 12, 85. Júngfern-: ſ.v.;
Pflanze Coreopsis. Kátzen-: grünlichgraues Auge.
Alexis H. 2, 156 ꝛc.; ſcharfſichtiges: Die Liebe hat ein K.
Blumauer 2, 176; die kleine taube Neſſel; eine Abände-
rung des gemeinen Quarzes, auch Sonnen-A. genannt
und zu den Halbedelſteinen gezählt. Kēīm- [12i].
Monatblätter 1, 536b. Klēīn-: kleinäugiges Geſchöpf,
z.B. Art Pottwall, Physeter microps, ein maulwurf-
ähnlicher Nager, Mus talpinus ꝛc. Knóſpen-
[12i]: Gutzkow R. 7, 480. Krǟhen-: ſ. o.; Leich-
dorn. vHorn Schmj. 73; 140; Brechnuß, die als Arz-
nei gebrauchten giftigen Samenkörner eines indiſchen
Baums. Krêbs-: ſ. o.; Krebsſtein, rundliche
harte Körper im Magen der mauſernden Krebſe.
Krȫten-: ſ. o.; Vergißmeinnicht. Kohl A. 2, 48; Art
verſteinerter Fiſchzähne, auch Schlangenaugen genannt.
Kúh-: ſ. Ochſen- (1u. 3) u. Rand-A. Lēībes-:
Ggſtz. Geiſtes-A. Heine Rom. 231. Līēbes-: Auge,
aus dem Liebe ſpricht. G. 2, 43; Immermann M. 1, 439 ꝛc.;
auch Name mehrerer Pflanzen, auch Liebauge, Liebäug-
lein, z. B. Anchusa officinalis; Borrago; Calliopsis;
Cynoglossum officinale; Lycopsis arvensis; Lupi-
nusluteus ꝛc. Mármor-: aus Marmor; marmor-
ähnlich ſtarres Auge. JP. 2, 168. Mêêr- [12g]:
in Siebenbürgen, Name der Gebirgsſeen. Frommann 4,
405. Mílch-: krankes Auge, wie es bei Wöch-
nerinnen zuweilen durch Ergießen von Milch in die
vordre Augenkammer vorkommt. Mōnd-: bei
Pferden ein Auge, deſſen Sehkraft mit dem Mond
ab- und zunimmt. Moſaik-: ein aus kleinen
Augen moſaikartig zuſammengeſetztes, wie die In-
ſektenaugen. Ule Nat. 4, 50a. Nácht- [12f].
Nādel- [13b]. Nêben-: z. B. bei den Haut-
flüglern auf dem Scheitel außer den beiden gewöhn-
lichen Augen. Nēūn-: ein der Lamprete nahver-
wandter Fiſch mit aalartigem Leib, rundem Maul und
einem einfachen biegſamen Strang ſtatt des Rückgrats,
mit 7 Kiemenlöchern auf der Seite, die man als Augen
mitzählt, Petromyzon fluvialis, auch f.; ſ. Jahn
M. 312 ꝛc. Nónnen-: ſ. o.; Pflanze Nigella
damascena. Ochſen-: 1) Die Häßliche [Juno] mit
ihren O–n. Sch. 15b; auch geſchwollnes, vortretendes,
vom Liede unbedecktes Auge. 2) Bauk. [12e]: run-
des oder ovales Fenſter. 3) Bot.: Anthemis ar-
vensis; A. tinctoria; Chrysanthemum leucanthe-
mum, auch Kuh-, Rinds-A. 4) Kochk.: Spiegel-E.,
ein auf zerlaſſne Butter geſchlagnes und ſo daß der
Dotter ganz bleibt, gebacknes Ei; auch: Art Zucker-
gebäck. S. Clara EfA. 2, 786. 5) Meteorol.: eine
bei dickem Wetter ſich in den Wolken zeigende Offnung,
als Sturmvorzeichen geltend, vgl. Wettergalle.
6) Zool.: Zaunkönig (ſ. d.); Art Schnirkelſchnecke,
Helix ampullacea. Pārden-: Pferde-A.
Pfāūen- [13a]: Name von Thieren und Steinen
mit glänzenden augenförmigen Flecken: 1) Schmetter-
linge: Abend-, Dämmrungs-Pf., Smerinthus ocellatus
(Glanzauge), großes und kleines Nacht-Pf., Bombyx
pyri und B. carpini, Tag- Pfl. Papilio Io.
2) Fiſche: Labrus ocellaris und Chaetodon ocella-
tus. 3) Marmor mit augenförmigen Flecken.
Pfêrde-: ſ. o. [13l]; ſ. Pard. Púnkt-: Neben-
A. Ránd-: Kuh-A., Art Schmetterlinge mit
augenförmigen Flecken am Außenrand der Flügel,
Hipparchia. Rēēf- [131]: Reefgatt. Rínds-:
Ochſen-A. 1 und 3. Ríng-: Art Schlange. Co-
luber annulatus. Rōth-: ſ. o., auch m. und f.;
ein Fiſch Cyprinus erythrophtalmus, C. rntilus; Jſt
kein andrer Fiſch, ſo iſt Rothaug auch ein Fiſch (Sprchw.).
Ruge Nov. 97; Art Schnecke, Nerita pulligera.
Sāū-: ſ. o.; Pflanze, Paris quadrifolia.
Schlángen-: ſ. o.; Kröten-A.; Bot.: Aspe-
rugo procumbens. Schnécken- [13d].
Schwárz- ſ. o.; eine Porcellanſchnecke, Cypraea
ocellata. Sēēlen- [4]: Herrig 14, 84. Sílber-:
Art Raben. Corvus argyrophthalmus; Art Brachſen,
Sparus argyrops ꝛc. Sónnen- [12f]. JP. 1, 75;
ein leuchtendes Auge; Katzen-A.; Bot.: Heliopsis.
Stág- [131]: Der um den Maſt liegende Theil des
Stags. Stérnen- [12f]: Die Nacht mit ihren St–n.
Werner Kr. 173 ꝛc.; leuchtendes Auge. Tēūfels-: ſ.o.;
Adonisröschen; Bilſenkraut. Vīēl-: ſ. Argus-A.
Vīēr-: ſ. o.; ein Fiſch, deſſen Augen durch eine Quer-
leiſte doppelt erſcheinen, Anableps; eine Art wilder
Enten, Anas platyrinchos. Vōgel-: ſ. o.; eine
Primel, Primnla farinosa. Wēīn-: [12i]; Ber-
beritze. Wēīß-: weißäugiges Geſchöpf, nam. ein
Laufkäfer, Carabus leucophthalmus; auch eine Por-
cellanſchnecke, Cypraea erosa, wie Weit-A. C. ster-
coraria ꝛc. Wélt-: [12f]; All-A. [13a]; Art
Opal. Wúnder-: Was macht er denn für große
W–n [10]? Göckingk Lieb. 47 u. ä. m.